Forum der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft

Allgemein => Expertenforum Mykologie => Thema gestartet von: Christoph am 17. Februar 2019, 21:50

Titel: Trechispora nivea an Fichte
Beitrag von: Christoph am 17. Februar 2019, 21:50
Servus beinand,

heute habe ich bei einem kleinen Spaziergang (das Wetter ist ja extrem im Moment) mal die Kamera mitgenommen. Es gab erschreckend wenig in meinen Mammdorfer Fichtenforst - abgesehen von Fichtenzapfenrüblingen. Dann drehte ich aber ein recht morsches Aststück um, das am Boden lag - und fand einen weißen, irregulär hydnoiden Pilz.

Da ich keine auffallenden Rhizomorphen gesehen habe, dachte ich erst an Hyphodontia s.l. - nicht meine Lieblingsgattung, aber warum nicht doch ein Foto machen?

(https://forum.pilze-bayern.de/index.php?action=dlattach;topic=1835.0;attach=20014;image)
Trechispora nivea

Daheim beim Mikroskopieren fiel schon beim Präparieren die wattig weiche Konsistenz auf. Und siehe da, das Mikroskop verriet sofort: eine Trechispora. Kleine, grobwarzige Sporen (3,25-4,5 x 2,5-3,5 µm), Zellen der Aculei normal langgestreckt, keine Konidien - alles passt perfekt auf Trechispora nivea. Der Fruchtkörper ist noch jung, aber schon voll sporulierend.

Auf Pilze-Deutschland gibt es keine südbayerischen Funde, ich denke aber, dass die Karte nicht ganz aktuell ist. Ich befürchte, dass viele bei rein weißen, odontioiden Cortis an selbigen vorbeigehen, da man etwas schwer zu bestimmendes befürchtet. Dabei haben sie ihre eigene Ästhetik:

(https://forum.pilze-bayern.de/index.php?action=dlattach;topic=1835.0;attach=20016;image)

(https://forum.pilze-bayern.de/index.php?action=dlattach;topic=1835.0;attach=20018;image)

Wer also ein bisserl was für's Mikroskop braucht: dreht's einfach ein paar Steckerl um und man findet immer etwas.

Liebe Grüße,
Christoph
Titel: Re: Trechispora nivea an Fichte
Beitrag von: Älbler am 18. Februar 2019, 18:11
Hallo Christoph,

Trechispora ist keine so einfache Gattung, drum freut es mich sehr, einmal einen Vertreter dieser Gattung hier im Forum bewundern zu können.

Ich hatte mehrmals das Glück eine Art aus diesem "nivea"-Komplex zu finden und komme bei der Bestimmung nicht so richtig klar.

Ich möchte hier einen Fund aus dem Westerholz bei Klosterlechfeld vorstellen, den ich als Trechispora stevensonii bestimmt habe.

Die Zähnchen (Foto 2) sehen aus wie auf deinem Foto, er hat allerdings Rhizomorphen (Foto 1), die Sporen sind sehr klein: 2,9-3,3-3,6 x 2,2-2,6-2,9(3,0) µm und im Präparat waren diese komischen Fragmente, die ich als Konidien interpretiert habe (Foto 3).

Was meinst du? Kann ich meine Bestimmung so stehen lassen? Die Sporen sind selbst für Tr. nivea zu klein! Oder gibt es da noch eine Art?

Viele Grüße
Christian
Titel: Re: Trechispora nivea an Fichte
Beitrag von: Christoph am 18. Februar 2019, 21:30
Servus Christian,

ich wüsste nicht, was bei deinem Fund gegen Trechispora stevensonii spricht. Die Konidien sind typisch, die Aculei erscheinen mir etwas zugespitzt (was auch typisch ist), die Nebenfruchtform meine ich auch auf dem Übersichtsfoto zu sehen - meist sind es mehrere kleine, weiße Häufchen rund um den Fruchtkörper; hier sehe ich - meine ich - einen solchen "Schimmelhaufen".
Die Konidienform findet man auch bei Trechispora elongata, die aber keine Stacheln ausbildet, die anders geformte Sporen besitzt (und auch die Konidien würden sich in den Maßen unterscheiden).

Interessant ist die Originalbeschreibung von Trechispora elongata (Miettinen & Larsson 2006), da dort die Abgrenzung zu Trechispora stevensonii diskutiert wird: https://helda.helsinki.fi//bitstream/handle/10138/42882/Miettinen2006Trechispora_elongata.pdf?sequence=2
(Artikel als pdf dort frei zu lesen).

Miettinen& Larsson (2006) geben dort für Trechispora stevensonii an:
Sporen 2,8-3,4(-3,5) x (1,8-) 2,2-2,8 (-2,9) µm

Das passt sehr gut zu deinem Fund. Bernicchia gibt deutlich größere Sporen für Trechispora stevensonii an. Das könnte daran liegen, dass in den Corticiaceae of Northern Europe Trechispora farinacea als Sammelart verstanden wurde und Trechispora stevensonii nicht abgetrennt wurde. Nach aktuellem Stand hat Trechispora farinacea keine solchen Konidien (und ist ohnehin anhand der kurzelligen Hyphen der Aculei leicht kenntlich).

Summa summarum: für mich hast du sogar eine typische Trechispora stevensonii gefunden. Die ist m.E. gar nicht selten. Ich hatte sie früher den Corticiaceae of Northern Europe folgend nur selber auch unter Trechispora farinacea subsummiert (bei Trechispora hat sich in den letzen Jahren einges getan), hatte mich da aber auch schon über die zu kleinen Sporen gewundert (abgesehen vom Aculeiaufbau). Seit das aufgedröselt wurde, finde ich die Gruppe gar nicht so schwierig.

Liebe Grüße,
Christoph
Titel: Re: Trechispora nivea an Fichte
Beitrag von: Älbler am 19. Februar 2019, 21:02
Hallo Christoph,

vielen Dank für den Link und die Bestimmungshilfe! Jetzt sehe ich auch den Schimmelbüschel auf meinem Foto. Den hatte ich bisher noch gar nicht bemerkt.

Bei der Gelegenheit möchte ich noch eine weitere Trechispora-Kollektion anfügen, welche die gleichen Sporenmaße hatte, aber makroskopísch anders aussah und keine Konidien im Präparat aufwies. Ich habe diesen Fund wegen der kleinen Sporen als Trechispora nivea bestimmt. Kann es sein, dass deren Aculei so knollig sind (siehe Fotos 1 und 2)? Die Sporen (Foto 3) hatten die gleichen Maße wie Tr. stevensonii 2,9-3,2-3,5 x 2,2-2,5-2,8 µm. Ich konnte aber keine Konidien finden. Trechispora farinacea müsste wiederum deutlich größere Sporen haben. Kannst du diesem Fund enordnen?

Viele Grüße
Christian
Titel: Re: Trechispora nivea an Fichte
Beitrag von: Christoph am 21. Februar 2019, 01:11
Servus Christian,

aber gerne doch! Zudem freue ich mich ja, wenn sich auch andere mit solch hübschen und interessanten Pilzen wie der Gattung Trechispora beschäftigen  8)

Für die Bestimmung als Trechispora farinacea s.str. musst du unbedingt die Aculei mikroskopieren. Du erkennst Trechispora farinacea da sofort an den breiten, kurzen Zellen, aus denen die Aculeusyphen aufgebaut sind. Das springt direkt ins Auge.
Was die Sporenmaße angeht - Miettinen & Larson (2006) geben da ja genau die gleichen Maße von Trechispora stevensonii auch für Trechispora farinacea an, was also passen würde.

Ich selber habe Funde im Rahmen von früheren Kartierungsprojekten gehabt, wo man nicht so viel Zeit für die Analyse und Dokumentation der Fruchtkörper hatte - die Bestimmung lief direkt über den Aufbau der Aculei mit kleinen warzigen Sporen oder durch die Konidienform (was mittlerweile ja nicht mehr passt, weil aufgedröselt). Ich muss mal in meinen alten Unterlagen suchen, denn natürlich habe ich auch damals Sporen vermessen, wenn ich bestimmt habe. Nur war eben kaum Zeit, die ganzen Kurznotizen dann dauerhaft zu speichern / zu digitalisieren. Solche Projekte sind eben oft eine reine Fließbandarbeit.

Prüfe einfach mal den Aufbau der Aculei und wenn auffallend breit-kurzzellig, dann kannst du den Namen Trechispora farinacea im aktuellen Sinn mit bestem Gewissen einloggen. Die Sporenmaße sprechen nicht dagegen. Trechispora nivea hat da größere Sporen.

Liebe Grüße,
Christoph

Titel: Re: Trechispora nivea an Fichte
Beitrag von: Älbler am 21. Februar 2019, 16:43
Hallo Christoph,

vielen Dank für die Hilfe!

Der Fund stammt nicht von der Kartierung letzten Herbst, sondern aus früheren Tagen und leider habe ich kein Exsikkat gemacht.  :'(
Trotzdem habe ich jetzt einen Durchblick in dieser Sippe bekommen, der mir in Zukunft bessere Bestimmungsergebnisse liefern wird.

Beste Grüße
Christian