Ist das ein Blättling?

Begonnen von PDPAP, 4. März 2021, 19:46

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Christoph

Liebe abeja,

stimmt, den Shii-Take hatte ich ganz vergessen. Der kann bei Rohgenuss ja auch diese Peitscheinhieb-Dermatitis auslösen, insofern sollten auch seine Sporen potentiell allergen sein.

Nochmal zu Schizophyllum commune - ich möchte da Heinz Clémençon (indirekt) zitieren:

Zitat"Heinz Clémençon erläuterte in seinem Referat mit gewohntem Charme das Wesen des Gemeinen Spaltblättlings, Schizophyllum commune. Der Pilz ist ein ideales Studienobjekt und bestens untersucht. Er kommt  weltweit  vor  und  ist  nicht  nur  in  der  Lage,  extreme  Witterungsverhältnisse zu überdauern, er zeigt sich auch bei der Nahrung äusserst flexibel. Für einmal ging es im Referat nicht um den Speisewert  der  Pilze,  sondern  demjenigen  des  Menschen:  neben  der  Besiedelung  von  pflanzlichem Material  ist  Schizophyllum commune  auch  in  der  Lage,  den  Menschen zu parasitieren und kann auf Knochen,  in  den  Augen  oder  anderen  Organen wachsen."

Quelle: file:///C:/Users/chjha/AppData/Local/Temp/2017_1_SZP.pdf
Artikel "Neue Gesichter bei der VAPKO" von Marionna Schlater (SZP 2017(1): 18-19, Zitat stammt von S. 18)

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

abeja

Hallo Christoph,
mein Beitrag war auch nur zur Ergänzung des Themas gedacht.  :)
Roh würde ich auch keinen Spaltblättling in den Mund nehmen, gegart hatte ich ja keine (größeren) Bedenken.
Nur bedeutet jedes ausgedehntere Hantieren mit den Pilzen ja auch, dass man eventuell eine höhere Sporenfracht abbekommt - ich beziehe mich jetzt hauptsächlich auf die Zucht in Thailand, die mich deshalb etwas überrascht hatte (... ich war auch zum ersten Mal in Asien, hatte da keine Erfahrungen).

Shiitake, Lentinula edodes  ist auch ein Zuchtpilz, wo es Berichte über allergisches Asthma/ Hypersensibilität durch Einatmen der Sporen gibt (Betroffene in den Zuchtbetrieben).

FG, abeja

Christoph

P.S.: habe den Beitrag von Schorsch gefunden: https://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,1513.0.html

Da findest du weitere Literatur über Fälle mit Schizophyllum commune.

Liebe Grüße,
Christoph
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Christoph

Servus abeja,

ja, Schizophyllum radiatum meinte ich auch mit aggressivere Arten - ich hätte im Singular schreiben sollen). Ich hätte allerdings keine Bedenken, Schizophyllum gekocht oder gebraten zu probieren, zumindest wenn es ein Stamm (oder eine kryptische Art) ist, die ich in Thailand kaufen würde, wo er gegessen word.

Ich habe auch mal irgendwo gelesen, dass in der TCM (glaube ich) Sch. commune roh gekaut wird. Nun, das würde ich dann nicht machen...

Wir hatten hier auch mal das Thema (im Wissenschaftsbereich, müsste ich mal raussuchen), wo wir medizinische Fachartikel verlinkt haben (Schorsch war da mit dabei), wo es um Abszesse im Gehirn ging.

ZitatIn Asien sind Spaltblättlinge Kulturpilze und werden traditionell zu Speisezwecken verwendet. So sehr kritisch kann das mit dem gesundheitlichen Risiko nicht sein, jedenfalls nicht deutlich größer als bei anderen Kulturpilzen, deren Sporen bei den damit befassten Arbeitern auch Probleme auslösen können.

Hm, du meinst vermutlich das Problem der Austernpilzsporen? Die können heftige allergische Reaktionen auslösen (es wurden auch die Antigene untersucht). Ja, das ist bekannt. Bei Schizophyllum ist es aber eben so, dass die Sporen auskeimen und nicht nur Allergien auslösen, sondern z. B. die Lungen besiedeln können, im Mundraum Probleme bereiten können und eben ungünstigerweise Nervenfasern entlang wachsen und so bis ins Gehirn vordringen kann.

Ja, inwieweit auch unser Schizophyllum commune einzelne aggressivere Stämme bilden kann, weiß ich nicht. Ich weiß aber auch nicht, wie ich Sch. commune von Sch. radiatum unterscheiden kann.

Ich habe keine Panik vor Schizophyllum, würde aber anhand dessen, was ich an medizinischen Papern gelesen habe, niemals rohen, lebenden Schizophyllum in den Mund nehmen. Auch wenn mein Immunsystem damit fertig werden würde - ich weiß nicht, wann ich gerade durch eine Infektion, die frisch ist, geschwächt bin. Oder ob das dann das i-Tüpfelchen ist.

Bekannt humanpathogene Pilze muss ich nicht roh essen. Da gibt es andere zur Wahl. Und ich würde humanpathogene Pilze auch nicht in meiner Wohnung kultivieren. Sie gebraten zu essen - damit hätte ich gar kein Problem, weil sie dann ja nicht mehr pathogen sind.

Ich wollte es ja eigentlich auch nur als Nebeninfo zum Spaltblättling bringen, dass es da potentiell Probleme geben könnte. Es kann aber gut sein, dass Austernpilze viel schneller und häufiger Probleme bereiten, da sie Unmengen an Sporen bilden (dass davon Zuchtsets für daheim im Keller oder Zimmer verkauft wwerden - ohne Warnhinweis - finde ich fahrlässig). Nur wenn es mal Probleme geben sollte, dann sind die bei Spaltblättlingen eben heftiger.

Ich mag auch keine stinknormale Zahnwurzelentzündung, in der Schizophyllum mitmitscht ;-).

Liebe Grüße,
Christoph
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abeja

#6
Hallo allerseits,
Spaltblättlinge finden wir in unseren Wäldern ja recht häufig, aber auch in Spanien (ganz trocken im Sommer) als auch in den Tropen habe ich immer wieder "wilde" Exemplare angetroffen.
Von der medizinischen Problematik (kritisch d.h. invasiv möglich bei immungeschädigten Menschen, ansonsten - wie es in diversen Dokumenten heißt - nicht-invasiv, aber auch allergische Krankheitsbilder auslösend) hatte ich schon gehört bzw. gelesen.

Umso überraschter war ich, als ich im letzten Jahr abgepackte frische (kultivierte) Spaltblättlinge in einem wohlsortierten Supermarkt in Thailand im Kühlregal fand. Ich habe sie dort nicht probiert, weil mir die Menge für einen Versuch viel zu groß war. Tatsächlich spielte ich mit dem Gedanken, hier bei uns gewachsene Exemplare einmal  zu versuchen.
Einen Geschmackstest ohne Verzehr (weil zu alte Pilze) hatte ich mal gewagt ... sie schmeckten "nach Pilz" und sind (auch gegart) eher "crunchy".
Leider waren es immer - mutmaßlich -  alte Pilze. Kurz vor dem diesjährigen großen Wintereinbruch sah ich mal welche, die ich für frisch gewachsen hielt, aber dann kam der Schnee mit Frost.

In Asien sind Spaltblättlinge Kulturpilze und werden traditionell zu Speisezwecken verwendet. So sehr kritisch kann das mit dem gesundheitlichen Risiko nicht sein, jedenfalls nicht deutlich größer als bei anderen Kulturpilzen, deren Sporen bei den damit befassten Arbeitern auch Probleme auslösen können.

Mein Beitrag zu Kulturpilzen (allg.) in Thailand im DGfM-Forum ... ist lang ....  :-[
https://forum.dgfm-ev.de/thread/2210-kulturpilze-in-thailand/

Daraus "extrahiert" dieses thailändische Video über die Spaltblättlingszucht:
https://www.youtube.com/watch?v=GfV5-d2L5R4

Das Dokument, in dem steht, dass der Pilz, der bei Lungenkrankheiten isoliert werden konnte, zu einer Clade gehört, die sich genetisch von Schizophyllum commune unterscheidet (Schizophyllum radiatum genannt, morphologisch wohl nicht trennbar) war dieses hier:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27440814/


Das ausführlichste Dokument zu Schizophyllum commune, was ich fand:
"The Chemistry, Nutritional Value, Immunopharmacology and Safety of the Traditional Food of Medicinal Split-Gill Fungus Schizophyllum commune Fr.:Fr. (Schizophyllaceae). A Literature Review"
darin auch ein Kapitel zu "Toxicity and Contraindications".

FG, abeja


Christoph

Servus Stefan,

ZitatEine Frage wird beantwortet und 10 neue stellen sich. Aber das macht meine Beschäftigung mit Pilzen um so interessanter.

eben, ganz genau. Das macht es so spannend. Und egal, wie lange man sich mit Pilzen beschäftigt, egal wie intensiv man sich mit den Pilzen befasst, es wird immer so bleiben, dass mehr Fragen als Antworten greifbar sind.

Anders ausgedrückt: einem wird niemals langweilig und man ist niemals mit dem Hobby wirklich durch, weil es dazu viel zu viele Pilze gibt. Man wird nie alle kennenlernen können. Und die Freude, eine neue Art für sich entdeckt zu haben, bleibt (so ist es jedenfalls bei mir) jedesmal ähnlich.

Spaltblättlinge sind auch ökologisch interessant. Sie ertragen große Hitze und Austrocknen ihres Substrats, weshalb man sie so oft auf besonntem, im Sommer völlig trockenem Holz findet.

Ihre Sporen sind sehr keimungsfähig und keimen beispielsweise auch in der Lunge. Ist man immungeschwächt, kann Schizophyllum sogar gefährlich sein (wobei es aggressivere Arten weltweit gibt, als unser Spaltblättling). Ich habe aber gewissen Respekt vor ihm, denn ich will nicht, dass mein Immunsystem mit aukeimenden Schizophyllum-Myzelien kämpfen muss (wegen allergischem Asthma, das ich habe - könnte ungünstig sein).

Auf alle Fälle ist der Spaltblättling ein Überlebenskünstler.

Liebe Grüße,
Christoph
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(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

PDPAP

Danke Till!
Danke Christoph!
Im Moment geht es mir so: Eine Frage wird beantwortet und 10 neue stellen sich. Aber das macht meine Beschäftigung mit Pilzen um so interessanter.
Schönen Gruß aus Bingen am Rhein
Peter

Christoph

#3
Servus Peter,

noch ein "fun fact" zu dem Pilz: Die Lamellen erscheinen längs gespalten zu sein und sie rollen sich dann, im Querschnitt einen Scheitel bildend, zusammen. In Wirklichkeit sind sie die Ränder von zusammengewachsenen Becherchen.
Der Spaltblättling ist ein ehemaliger Lamellenpilz, der sich zu einem schüsselförmigen, cyphelloiden Pilz umgewandelt hat, um dann durch Verschmelzen mehrerer der Schüsselchen wieder Ähnlichkeit mit einem - allerdings stiellosen - Lamellenpilz zu haben.

Evolution kann schon recht verrückt sein.

Liebe Grüße,
Christoph
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Till

Hallo, Peter -

das sind Spaltblättlinge (Schizophyllum commune). Insofern war "Blättlinge" sprachlich schon halb richtig ... Mit dem bekannten Laubholz-Blättling (Lenzites betulina) oder auch den Gloeophyllum-Arten wie dem Zaunblättling hat der aber wenig zu tun - die deutschen Namen halten sich oft nicht an die wahren Verwandtschaftsverhältnisse ...

Schöne Grüße
Till

PDPAP

#1
Hallo miteinander,
Anfang der Woche sahen die Pilze noch besser aus, aber erst heute hatte ich die Möglichkeit zu fotografieren.
Da ich mich noch nicht lange mit Pilzen beschäftige, habe ich meine Bilder mit anderen Bildern verglichen und glaube, dass es Blättlinge sein könnten.
Kann man man genug auf den Bildern erkennen?
Um welchen Baum es sich handelt kann ich leider nicht sagen.
Ich bitte um Eure Meinung.


Schönen Gruß aus Bingen am Rhein
Peter