Forum der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft

Allgemein => Pilzvergiftungen => Thema gestartet von: Helmut am 23. September 2017, 19:17

Titel: Probleme nach Genuss von Perlpilzen
Beitrag von: Helmut am 23. September 2017, 19:17
Servus,

vor Kurzem hatte ich über die Giftnotrufzentrale einen etwas sonderbaren Fall. Die Ärztin einer Kinderklinik hatte angerufen und mitgeteilt, dass ein 6-jähriges Kind dort liege wegen Pilzvergiftung. Symptome: Übelkeit und Erbrechen. Betroffen seien auch die Mutter und eine Tante gewesen. Dem Vater, der am Meisten gegessen hätte, habe nichts gefehlt. Die Mutter habe die Pilze gesammelt und neben Perlpilzen auch Fliegenpilze mitgenommen und wer weiß was noch.

Da schrillen natürlich erstmal die Alarmglocken. Ich ließ die Eltern kommen mit der Bitte, vor allem Putzreste mitzubringen. Sie hatten aber nur viele paniert "Schnitzel" dabei und ein paar unpanierte. Letztere waren noch eindrutig als Perlpilze zu erkennen. Auf intensive Nachfrage und nach Zeigen  vieler Pilzfotos stellte sich heraus:
- Sie hatte nur Perlpilze gesammelt und kannte diese relativ sicher
- In Rumänien würden auch Fliegenpilze gegessen (solche habe sie aber nicht dabei gehabt)
- Graue Wulstlinge und Pantherpilze waren offensichtlich nicht dabei gewesen

Für die Symptome kamen somit drei Möglichkeiten in Frage:
- Zu viel Schwammerln gegessen am Abend
- panierte Pilzschnitzel waren zu fettig (sie trieften vor Fett)
- Die ganzen Hüte waren nur paniert und nicht "durch" (Perlpilze roh giftig)

Unerklärlich blieb, warum der Vater nicht betroffen war. Er hatte wohl einen "Saumagen" wie man in Bayern sagt. Demonstrativ verspeiste er vor meinen Augen einen weiteren halben panierten Hut (ließ sich nciht davon abhalten). Der Ärztin konnte ich weitgehend Entwarung geben, riet aber sicherheitshalber, das Kind über Nacht noch zu beobachten und Blutuntersuchungen auf die relevanten Inhaltsstoffe von Amaniten zu veranlassen (was sie schon getan hatten).

Der Fall blieb dann ohne weitere Folgen. Für mich war es wieder ein Beispiel, dass das eigene direkte Gespräch mit den Betroffen, vor allem den Pilzsammlern, ein wesentlicher Teil der Recherche ist.

Gruß Helmut