Xeromphalina cauticinalis / fraxinophila

Begonnen von UmUlmHerum, 4. Dezember 2019, 22:04

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Älbler

Hallo zusammen,

die Referenz von X. fraxinophila in der Arbeit von MORENO 2010 über X. setulipes stammt von MONCALVO 2002! Ich habe die Arbeit mal angehängt:

http://www.umich.edu/~mycology/publications_assets/moncalvo.mpe.2002.pdf

Wenn ich mir die Clades in den beiden Arbeiten so durchschaue fällt mir auf, dass die 4 Arten cauticinalis, campanelloides, cornui und fraxinophila immer auf dem gleichen Zweiglein sitzen. Alle 4 Arten haben eine Schnittmenge mit den hier diskutierten Merkmalen (Geschmack, KOH-Reaktion usw). Mir scheint, dass hier mehr Sequenzen gebraucht werden, um zu sehen, wie sich dieses Bäumchen artspezifisch mal aufdröselt.

Mein Resümee aus der Sache: Ich werde absofort alle bodenlebenden Glöckchennabelinge als Xeromphalina cauticinalis agg. ansprechen. Da macht man keinen Fehler. Denn die Merkmalskombinationen, die wir in diesem Beitrag inzwischen zusammen getragen haben, lassen keine eindeutige Trennung der Arten zu.

Viele Grüße
Christian

UmUlmHerum

Hallo miteinander!

Gestern habe ich nun das 2015-Material mit sehr dünnem KOH getestet, heute die Bilder zusammengestellt:
Sämtliche Teile des Frk. färben sich sofort rotbraun, also nicht nur die Stielhyphen, sondern auch der basale Myzelfilz, die Lamellen, die HDS. Dabei ist es egal, ob das KOH auf´s trockene Exsikkat oder auf eingeweichte Pilzteile aufgebracht wird. Mit den trockenen Frk. ist das Handling aber einfacher und die Grenzen der Benetzung klarer, deswegen die Fotos nur vom trocknen Exsikkat. Am Hut habe ich zum Farbvergleich auch mit Leitungswasser benetzt.
Art-Kommentare gebe ich lieber keine mehr ab...

Viele Grüße – Rika

Peter

ZitatWie würdest Du den KOH-Test bei Exsikkaten machen? Erst quellen lassen in lauwarmem Wasser (wäre meine Tendenz) oder auf´s trockene Material?

Hallo Rika,

wenn genug Material vorhanden ist, würde ich beide Wege probieren. Auch wenn die Stiele schmal sind, kannst du ja mit der Binolupe die Reaktion sehen.

BG, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

UmUlmHerum

#25
Hallo Peter,

merci für die Details!

Wie würdest Du den KOH-Test bei Exsikkaten machen? Erst quellen lassen in lauwarmem Wasser (wäre meine Tendenz) oder auf´s trockene Material? Wenn KOH auf die Lamellen ausreicht, kann ich mir das schon vorstellen. Wenn es aber unbedingt die Stielhyphen sein müssen, dann wird es beim Trockenmaterial schon sehr heikel – die hohlen Stiele sind auf Ø < 1mm zusammengeschrumpft, und dann noch die dunkelbraune "Rinde" – vielleicht 0,4mm helle Stielhyphen. In der keulig-verdickten Basis könnte es vielleicht besser aussehen.

Den 2015er-Fund habe ich vorhin probiert: im Prinzip mild, nach mehreren Minuten kauen wird er adstringierend. Wenn ich das Geschmackserlebniss mit dem von gestern (2019) vergleiche, so denke ich nun, dass der 2019er nur heftiger adstringierend war, nicht wirklich bitter, und zu Beginn schmeckte er eh mild. Von "stark bitter" kann in jedem Fall nicht die Rede sein.

Zu den Blutsee-Frk.: Die Stiele sind recht zäh und ausdauernd, die vergammeln sicher nicht so schnell. Für Geschmacks- und KOH-Test sowie die Genetik könnte das trotz event. Frost noch funktionieren.

Viele Grüße – Rika

Peter

Hallo Rika,

aus Österreich gibt es nur 2 X. cauticinalis-Nachweise (keine von fraxinophila bekannt!), der jüngere wurde sequenziert. Das war wohl dieser, weil der andere von Hausknecht bei Pinus vor 1990 liegt. Den werden wir aber wohl auch noch sequenzieren lassen, obwohl so alte Proben oft problematisch sind.

Das Mindeste, was wir bei den Proben m. E. brauchen sind KOH-Reaktion, Geschmack, gute Makrobilder und die Ökologie.

Ein halber FK reicht, ja. Das Wichtigste ist, dass die Proben frisch und schonend getrocknet wurden.

Ob es am Blutsee schon viel Frost hatte, kann ich nicht beurteilen, man sollte das eher nach der Konsistenz der Fruchtkörper entscheiden. Vielleicht hat Rudi eh schon einen Trockenbeleg gemacht. Es gibt ja auch noch einen zweiten Fundort im Großraum Würzburg.

Beste Grüße, Peter



"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

UmUlmHerum

#23
Nochmal hallo Peter, nun zu Deiner vorletzte Antwort!

Das freut mich, dass Du Licht ins Xeromphalina-Dunkel bringen möchtest! Vielen Dank! Wir müssen ja nix übers Knie brechen...
Von mir kannst Du Exsikkate von 2015 bekommen, von 2019 – reicht Dir ein schön halbierter Frk.?
Ich habe aber nix davon mikroskopiert, außer 2 Lamellenquerschnitte 20x und 80x (2015). Standorte sind natürlich klar, Makrofotos jede Menge.

Meinst Du, es macht Sinn, jetzt noch einen "frischen" Frk. zu trocknen (Rudi), wo es doch schon etliche Male Nachtfrost gegeben hat? Mein diesjähriger Fund (4) schaut durch den mehrfachen Frost sehr mitgenommen aus – die sind jetzt schon halber Matsch.

Ich habe Lothar mal auf diesen Thread aufmerksam gemacht – vielleicht hat auch er noch Exsikkate? Und Christian F. und Jürgen M. und Andreas G./Tanja B.?

Viele Grüße – Rika

UmUlmHerum

#22
EDIT: Ich hatte blöderweise den Thumbnail bearbeitet – jetzt die große Version, natürlich kann hier mehr gesehen werden...

Hallo Peter,

weißt Du, ob dieser Fund von Irmgard sequenziert wurde? Sprich: wie sicher ist die Bestimmung?
Ich habe mir mal erlaubt, dieses stark gelbstichige Foto zu überarbeiten. Die Hüte sind zwar immer noch heller als "unsere", aber nicht mehr soo viel. Hier noch Fotos meiner früheren Funde zum Vergleich, wobei meine alle nass waren.

(1) Rikas 1. Fund  29.10.15
(2) Rikas 2. Fund  27.11.16; ca. 100 m entfernt vom 1. Fundort
(3) Rikas 3. Fund  05.12.18; gute 2 km Luftlinie von (1) und (2) entfernt
(4) Rikas 4. Fund  16.11.19; gleicher Standort wie (4)
(5) Überarbeitetes "cauticinalis"-Bild von Irmgard Greilhuber

Bei den vielen Fotos, die ich mir im Web angeschaut habe, hatte ich den Eindruck, dass bei X. fraxinophila die dunkle Stielfärbung immer bis zum Lamellenansatz geht, während "andere Arten" eine hellere, gelbliche Stielspitze haben – natürlich vorbehaltlich aller Fehlbestimmungen... Bei meinen Funden kann die Stielspitze zwar etwas heller sein, aber in rostbraun und nicht gelb.

Viele Grüße – Rika

Peter

Hallo Zusammen,

hier kommt mal ein Bild von Irmgard Greilhuber von X. cauticinalis (früher  Xeromphalina fellea Maire & Malençon 1945) aus Österreich, die FK waren sehr bitter.

Die Farben schauen schon deutlich anders aus.

BG, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Peter

ZitatPeter: magst Du diese Geschichte in die Hand nehmen?
Ja, aber es braucht Zeit. Zuerst müssten alle verfügbaren und gut dokumentierten Belege bei mir eingetroffen sein, denn die sollten in einer Charge sequenziert und beurteilt werden.

@Rudi, kannst du bei euch noch frische Fruchtkörper finden und bei max. 40 Grad trocknen?

Ich frage mal in Wien nach, ob Belege aus den Lärchenwäldern existieren.

BG, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

UmUlmHerum

#19
Servus Peter,

Du sprichst mir aus der Seele – genauso ergeht es mir. Je mehr man drüber liest, desto unklarer wird´s.
Ich kann zwischen meinen Aufsammlungen, den Bildern von Dir, Christian F., Rudi M., Christoph H. usw. keine wirklichen Unterschiede erkennen. Deswegen hatte ich ja gehofft, X. fraxinophlia und X. cauticinalis wären vielleicht das Gleiche.

Zur Sequenzierung geeignet wären von mir Exsikkate von 2015 (viele Frk.) und das erste von 2019 (ein Frk., 2 Hälften) – zwei verschiedene Standorte hier am Hochsträß bei Ulm, gut 2 km Luftlinie auseinander. Alles Buchen-(misch-)wald über Kalk.

Peter: magst Du diese Geschichte in die Hand nehmen?

Falls Christoph mal wieder hier reinschaut: ich finde, dieser Xeromphalina-Teil sollte ins Experten-Board verschoben werden.

Viele Grüße – Rika

Peter

Hallo Zusammen,

je mehr man sich einliest, umso verwirrender wird die ganze Trennung der beiden Taxa.

Der von Hahn 2002 beschriebene Fund von X. fraxinophila (conf. Antonín) aus den französischen Seealpen war ja im Kiefern-Lärchenwald (ökologisch also cauticinalis), entsprach aber makroskopisch Ludwig Nr. 88.4, der Pilze auf Ästchen in einem Laubwald zeigt und als X. cauticinalis (caulicinalis) benennt.

Also sollten eigentlich, sofern verfügbar, milde und bittere Xeromphalina-fraxinophila-cauticinalis-Aufsammlungen aus beiden Biotop-Typen in einem Labor sequenziert und analysiert werden.

Ich habe noch Kenntnis und Bilder von einer Aufsammlung von X. fraxinophila (mild, leg./det. Lothar Krieglsteiner) aus einem Eichenmischwald am italienischen Appennin (Provinz Parma). Die sind makroskopisch mit denen am Blutsee vergleichbar.


BG, Peter

"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

UmUlmHerum

#17
Hallo Christian,

jetzt mach´ mich nicht ganz verrückt! Hut-Ø 2018 bis 40 mm und humoser Buchenwald über Kalk, siehe http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?read=337596 – Zitat von mir daraus: "und sollen (meist) bitter schmecken – tun meine nicht. Aber sie duften würzig-zitrus-süßlich ähnlich Bergamotte!" Irgendwie finde ich dauernd widersprüchlichen Angaben von mir, was den Geschmack betrifttt... Den Wald von den 2018/2019-Aufsammlungen kennst Du, das Hangquellgebiet im Spitalwald, wo ich Dir vor ein paar Jahren einerseits einen Haufen Tarzettas an der Böschung direkt oberhalb des Quellgebiets gezeigt hatte – vielleicht 50m darüber ist der Xeromphalina-Standort. Ursprünglich warst Du wg. einem gelben Rindenpilz gekommen, der auf Bauholz neben der Forststraße zugange war – ich weiß den Namen nicht mehr, Du hattest gesagt, dass der normalerweise in/an Häusern lebt u. nicht in freier Wildbahn vorkommt – erinnerst Du Dich?

So langsam glaube ich an gar nichts mehr, weder an Geruch noch an Geschmack noch an KOH-Tests. Also doch Zeit für molekularische Untersuchungen?!

Viele Grüße – Rika

Älbler

Hallo Rika,

na Geschmack bitter und Geruch nach Bergamotte würde ja gut zum "Wohlriechenden Glöckchennabeling" (Xeromphalina cauticinalis) passen.

In welchen Habitaten (Waldtyp, Bodentyp) hast du deine Aufsammlungen denn gemacht? Vielleicht lässt sich über die Ökologie was sauber trennen.

Viele Grüße
Christian

UmUlmHerum

#15
Servus alle mitanand!

Darf ich noch ein bisschen mehr Verwirrung stiften?

Nach Peters Angebot zur Sequenzierung (vielen Dank!) habe ich meine Exsikkate (29.10.15 - gut, 16.11.19 - gut, 9.12.19 - schlecht) rausgesucht ... und als Erstes das Exsikkat vom 16.11.19 gekostet: nach längerem Kauen adstringierend und bitterlich! Die spätere Aufsammlung vom 9.12.19 schmeckte frisch mild, ebenso wie das Exsikkat (gestern getestet). Die erste Kollektion vom 29.10.15 kann ich erst später probieren, wenn sich mein Mund wieder neutralisiert hat (dann editiere ich auch meinen Beitrag hier vom 7.12.19 bezgl. Geschmack – da hatte ich nur aus dem Gedächtnis raus geschrieben). In meinen 2015er Notizen hatte ich leider weder Geschmack noch Geruch vermerkt. Bei der Kollektion vom 5.12.18 (gleicher Standort wie 2019, aber von den Funden von 2015 und 2016 gute 2 km Luftlinie entfernt) hatte ich notiert: Geschmack bitter, Geruch nach Bergamotte.

Also hat die diesjährige Aufsammlung Mitte November bitter und die vom 9. Dezember – nach mehreren leichte Frösten! -– mild geschmeckt. Gleicher Standort, vermutlich sogar die gleichen Frk., weil nach den Frösten nix mehr nachgekommen ist.
Bitter, adstringieren, mild – kein zuverlässiges Trennungsmerkmal zwischen X. fraxinophila und X. cauticinalis! Zumindest, wenn Frost drüber gegangen ist... was bei einer Spätherbst-Art jederzeit vorkommen kann.

So, und nun? Jedenfalls werde ich in den kommenden 2 Monaten nicht dazu kommen, die Exsikkate grundlegend durch zu mikroskopieren...

Viele Grüße – Rika

Älbler

Hallo Peter,

ich erkenne in deinen Fotos die X. fraxinophila, so wie ich sie auch gefunden hatte:

http://www.pilzflora-ehingen.de/pilzflora/arthtml/xfraxinophila01.php

Die Literaturangabe von Rudi, insbesondere der Artikel von Antonin & Betak von 2013, habe ich mir mal durchgeschaut. Die Charakterisierung der fraxinophila entspricht gut unserer Interpretation. Allerdings ist mir die Abgrenzung zu cauticinalis nicht ganz klar (Standort? Abgrenzung zu cornui?). Interessanterweise heißt die cauticinalis in der Onlinekartierung der DGfM "Wohlriechender Glöckchennabeling". Kann man dies als Merkmal heranziehen? GRÖGER beschreibt den Geruch als "fehlend bis aromatisch", KRIEGLSTEINER als "unauffälig, sehr schwach bis aromatisch süßlich". Vielleicht muss man darauf noch achten.

Viele Grüße
Christian