Clitopilus versus Rhodocybe

Begonnen von Schorsch, 25. Juli 2021, 13:03

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Christoph

Servus Schorsch,

perfekt. War mir nicht ganz sicher, ob wir aneinander vorbei reden.  :) Jetzt bin ich sicher, dass mir uns versteng.  ;)
Hab' dich sehr gerne beruhigt.  8)

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Schorsch

Lieber Christoph,
ich denke ich habe Dich schon richtig verstanden. Nach dem Schlüssel von Kluting bin ich eben auch bei Rhodocybe gelandet. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob ich das, was ich gesehen habe, auch richtig interpretiert habe. Insofern war Deine Einlassung sehr beruhigend für mich, dass ich eben nicht "falsch abgebogen" bin. Also bleibt es in meinem Pilztagebuch bei Rhodocybe gemina.
Alles gut.
Liebe Grüße Schorsch
Frei di, dass regnt, wei wannst di ned freist, regnts aa.
frei nach Karl Valentin.

Christoph

Servus Schorsch,

irgendwie reden wir aneinander vorbei, befürchte ich  ;). Ich drehe die Aussage von Kluting et al. mal um: Die Längsrippen der Sporen in der Gattung Clitopilus sind im Prinzip miteinander verschmolzene Warzen, was das Ornament mit dem von anderen Entolomataceae homolog macht. Man kann das elektronenoptisch manchmal noch erkennen, dass die Rippen aus längs hintereinander orientierten Warzen bestehen.

Die Sporen von Rhodocybe gemina haben keine Längsrippen und auch keine aus Warzen bestehenden Rippen, sondern grob warzige bis eckige Sporen.

Früher wurde alles mögliche in Clitopilus reingenommen. Jetzt ist Clitopilus wieder das, was es früher war und daher als Gattung leicht erkennbar. Das, was neu ist, ist, dass Rhodocybe im alten Sinn nun in mehrere Gattungen aufgetrennt wurde.

Dass auf einigen Internetseiten immer noch Clitopilus geminus als Name verwendet wird, liegt vermutlich daran, dass Kluting et al. diese Art nicht untersucht haben und es erstmal nicht klar war, welche der neuen Gattungen denn passt.

Du hast geschrieben:

ZitatBevor er allerdings in das Pilzgemüse wanderte, wollte ich auf Nummer sicher gehen und habe ihn nochmal mikroskopiert. Dabei habe ich feststellen müssen, dass er von Rhodocybe zum Mehlräslingsgeschwister geworden ist und jetzt Clitopilus geminus heißt

Dem widerspreche ich eben. Natürlich kann man ihn so nennen, aber eigentlich war das schon 2014 passé, als Kluting et al. publiziert hatten. Nur - wie gesagt - war gerade der Würzige Tellerling nicht explizit Teil der Studie.
Da die Benennung als Clitopilus geminus schon durch die Wiedereinengung der Gattung Clitopilus hinfällig wurde und 2017 schließlich auch genetisch bestätigt wurde, dass der Würzige Tellerling eben ein echter Tellerling ist, würde ich den Namen Clitopilus geminus eben nicht mehr verwenden, sondern wieder und immer noch Rhodocybe gemina als korrekten Namen aufgreifen.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
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Schorsch

Danke Christoph,
mit meinem Satz "Wenn ich meinen Sporenbildern anschaue, stelle ich wieder mal fest, wie schwierig die richtige Beurteilung der Schlüsselmerkmale sein kann und wie leicht man falsch abbiegen kann." wollte ich dezent auch andeuten, dass ich nach dem genannten Schlüssel auch Richtung Rhodocybe abgebogen wäre.
Das Ganze wollte ich einfach mal dokumentieren und zur Diskussion stellen.
Liebe Grüße Schorsch
Frei di, dass regnt, wei wannst di ned freist, regnts aa.
frei nach Karl Valentin.

Christoph

Servus Schorsch,

ich kann bei Rhodocybe gemina keine klare Längsausrichtung der Warzen erkennen. Kluting et al. (2014) haben Rhodocybe gemina auch nicht in ihre Studien einbezogen. Die Einordnung zu Clitopilus ist m.W. älter, als man alle Rhodocyben und auch manche Entolomen zu Clitopilus gestellt hatte, was sich genetisch (und morphologisch) nicht halten ließ.

In einem Stammbaum mit Rhodocybe gemina ist diese Art klar in Rhodocybe s. str. (wo sie meines Erachtens auch am besten reinpasst) verortet:

Sesli E, Vizzini A (2017): Two new Rhodocybe species (sect. Rufobrunnea, Entolomataceae)
from the East Black Sea coast of Turkey. Turk J Bot 41: 200-210. online unter https://dergipark.org.tr/tr/download/article-file/414941

Für mich sind die Sporen von Rh. gemina durchaus eckig und deutlich warzig. Schnallen fehlen auch. Insofern komme ich mit dem Schlüssel von Kluting & al. auf Rhodocybe.

Liebe Grüße,
Christoph
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Hias

Servus Schorsch,

ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Kluting seine 2013er Doktorarbeit 2014 in der Mycologia noch etwas ausgebaut hat. Danke für die Verlinkung!

Ja, die Sporen in dieser Gattungsgruppe sind unterm Mikro recht gewöhnungsbedürftig - vorsichtig formuliert :D Der Schlüsselpunkt mit der Sporenornamentation ist ein wenig seltsam. Wenn ich das Englisch richtig verstehe, schreiben die Autoren:
1) Sporen mit Pusteln, die in Längsrippen angeordnet sind - Clitopilus
1') Sporen ohne Längsrippen - 2

In der Tat schwer zu sehen auf deinen Fotos. Zum Glück kann man Clitopilus geminus ja auch makroskopisch einigermaßen sicher bestimmen. Die Arbeit von Kluting ist trotzdem nützlich, immerhin wissen wir seither auch, dass Clitocella popinalis und Clitocella mundula zwei gute getrennte Arten sind.

Hier mal ein Sporenfoto von Clitocella mundula zum Vergleich (in Kongo):


Grüße
Hias

blacky

Klasse👍Georg und Danke!
Viele Grüße
Thomas
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Schorsch

#1
Servus beinand,
Letzte Woche habe ich zum ersten Mal den Würzigen Tellerling gefunden und auch gleich als solchen identifiziert. Bevor er allerdings in das Pilzgemüse wanderte, wollte ich auf Nummer sicher gehen und habe ihn nochmal mikroskopiert. Dabei habe ich feststellen müssen, dass er von Rhodocybe zum Mehlräslingsgeschwister geworden ist und jetzt Clitopilus geminus heißt. In der Südwestdeutschen Pilzrundschau Heft 2021/1 hat Björn Wergen eine Arbeit von Kluting et al. (2014), Toward a stable classification of genera within the Entolomataceae: A phylogenetic re-evaluation of the Rhodocybe-Clitopilus clade, downloadbar unter:
https://www.researchgate.net/publication/263704444_Toward_a_stable_classification_of_genera_within_the_Entolomataceae_A_phylogenetic_re-evaluation_of_the_Rhodocybe-Clitopilus_clade
zusammengefasst unter: ,,Über die neuen Gattungen um Clitopilus und Rhodocybe" und darin den Schlüssel von Kluting ins Deutsche übersetzt.
Schlüssel zu den Gattungen:
1 Basidiosporen mit Pusteln, die in Längsrichtung angeordnet sind und damit
   linienförmige Zeichnungen verursachen ................................................... Clitopilus
1* Basidiosporen ohne diese Längszeichnungen ..................................................... 2
2 Basidiosporen mit unauffälligen Pusteln versehen oder auch scheinbar glatt sowie nur
   undeutlich eckig ......................................................................................... 3
2* Basidiosporen mit deutlichen Pusteln versehen und deutlich eckig ........................... 4
3 Sporenwand sehr dünn, unter 0,5 µm ..................................................... Clitocella
3* Sporenwand etwas dicker, über 0,5 µm ............................................... Clitopilopsis
4 Schnallen fehlend ........................................................................... Rhodocybe
4* Schnallen vorhanden ................................................................... Rhodophana

Wenn ich meinen Sporenbildern anschaue, stelle ich wieder mal fest, wie schwierig die richtige Beurteilung der Schlüsselmerkmale sein kann und wie leicht man falsch abbiegen kann.
Bei einige Sporen sehe die Pusteln in Längsrichtung, bei anderen sehe ich eher eine netzige Struktur oder einzeln stehende Pusteln.
Liebe Grüße Schorsch



Frei di, dass regnt, wei wannst di ned freist, regnts aa.
frei nach Karl Valentin.