Hallo,
Macrolepiota gehört sicherlich zu den kompliziertesten Gattungen der heimischen Großpilze, trotz ihrer Häufigkeit und meist auffallenden Größe. Die Interpretationen der Arten sind oft einfach zu unterschiedlich und die Literatur zu unvollständig, außerdem geben die meisten Arten mikroskopisch nichts her.
Auch bei
Chlorophyllum gibt es noch einige Ungewissheiten, besonders was die Unterscheidung von
Chl. brunneum und
M. venenata betrifft. Ich habe mich deshalb mal daran gemacht, die mir bekannten bzw. in der Literatur erwähnten und allgemein mehr oder weniger akzeptierten europäischen Taxa zu sammeln und mit einem kurzen Kommentar zu ergänzen. Dazu gibt‘s häufig noch einen Link zu einem oder mehreren Fotos im Internet, die ich persönlich für vermutlich richtig bestimmt halte.
Ich würde mich sehr freuen, wenn hier Erfahrungen bezüglich der einzelnen Arten ausgetauscht, Kollektionen gezeigt, über Literatur diskutiert, etc. werden würde, damit wir möglichst viel über die Arten erfahren. Wenn einige Zeit vergangen und hoffentlich viele Meinungen ausgetauscht worden sind, würde ich einen Schlüssel zu den beiden Gattungen verfassen, der dann die Bestimmung hoffentllich etwas erleichtert. Denn das Hauptproblem ist meiner Meinung nach ganz einfach, dass in den häufig benutzten Werke wie Großpilze Baden-Württembergs, Pilze der Schweiz, Horak, Funga Nordica oder auch Krieglsteiner in ZMykol 47(1) viele Arten nicht oder nur ungenügend besprochen werden und so viele Fragen entstehen bzw. offen bleiben.
Ich muss auch dazu sagen, dass mir selber wichtige Werke wie Bellù & Lanzoni in Beiträge zur Kenntnis der Pilze Mitteleuropas, Candusso & Lanzoni in Fungi Europaei oder Vellinga in der Flora Agaricina Neerlandica fehlen und ich dort deshalb nicht nachschlagen konnte. Daher bin ich auch immer froh, wenn Besitzer dieser Werke die Meinungen dieser Autoren in die Diskussionen einfließen lassen könnten. Besonders toll wären Literaturvergleiche und eigene Erfahrungen natürlich in Artengruppen wie
M. konradii/
M. gracilenta/
M. rickenii/
M. mastoidea oder
M. procera/
M. fuliginosa/
M. konradii, nur so als Beispiel. Es gibt natürlich noch genügen andere sehr komplizierte Arten und Gruppen, über die es sich zu reden lohnt.
Chlorophyllum Massee 1898:
Chlorophyllum agaricoides (Czern.) Vellinga 2002:
Durch secotioide Fruchtkörper und olivbraunes Sporenpulver von den anderen Arten der Gattung unterschieden. Fotos:
http://www.mycokey.com/MycoKeySolidState/species/Chlorophyllum_agaricoides.htmlChlorophyllum brunneum (Farl. & Burt) Vellinga 2002:
Der klassische Garten-Safranschirmling. Unterscheidet sich vom ähnlichen
Chl. rachodes durch einen relativ einfachen Ring und eine deutlich gerandete Knolle.
M. venenata unterscheidet sich (nur?) durch fehlende Schnallen und ist vermutlich eher südlich (z.B. Frankreich, Italien) verbreitet. Synonyme sind
M. rhacodes var. hortensis und
M. rhacodes var. bohemica. Fotos:
http://www.apasseggionelbosco.it/forum/uploads/post-24-1106622928_thumb.jpg, schöne Funddarstellung hier:
http://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,786.msg8563/topicseen.html#msg8563.
Chlorophyllum molybdites (G. Mey.) Massee 1898:
In den Tropen und in Nordamerika verbreitete Art, die häufig große Hexenringe bildet und für viele Vergiftungen in den USA verantwortlich ist. Wurde in Europa z.B. schon in Deutschland (
http://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,786.msg8484.html#msg8484) oder in Schweden nachgewiesen und ist durch das grüne Sporenpulver charakterisiert. Eine schön bebilderte Beschreibung gibt es hier:
http://www.mushroomexpert.com/chlorophyllum_molybdites.htmlChlorophyllum olivieri (Barla) Vellinga 2002:
Chl. olivieri ist die Art, die man in den meisten Fällen meint, wenn man vom "Safran-Schirmling" spricht. Sie wächst meist in Wäldern und hat einen dunklen Hut mit dunklen Schuppen, die kaum einen Kontrast zur Unterseite bilden. War früher als
Macrolepiota rhacodes und später als
M. olivieri bekannt. Schöne Abbildungen findet man hier:
http://www.biopix.eu/Species.asp?Searchtext=Chlorophyllum-olivieri&Category=Svampe und in Pilze der Schweiz, Band 4, Nummer 256 als
M. rachodes var. rhacodes.
Chlorophyllum rhacodes (Vittad.) Vellinga 2002:
Diese Art steht nahe bei
Chl. brunneum, ist von dieser aber durch einen doppelten Ring, verdickte, aber nicht gerandete Stielknolle und kleinere Cheilozystiden unterschieden. Fotos: in Pilze der Schweiz, Band 4, Nummer 257 als
Macrolepiota rachodes var. hortensis.
Macrolepiota venenata Bon 1979 inval.:
Diese Art wurde nicht gültig beschrieben, weshalb Vellinga sie bisher auch noch nicht zu
Chlorophyllum kombinierte. Vermutlich sehr wärmeliebend und südlich verbreitet (z.B. Frankreich, Italien), aber angeblich gibt es einen Nachweis aus Österreich (ÖZP 13: 33). Von
Chl. brunneum hauptsächlich (nur?) durch fehlende Schnallen abgegrenzt, die makroskopischen Unterschiede sind zum Teil sehr widersprüchlich. Gerade bei Kollektionen mit älteren Fruchtkörpern, wo die Schnallen nicht mehr wirklich erkennbar sind, fällt die richtige Zuordnung bisweilen sehr schwer. Genetisch wurde die Art m.W. bisher noch nicht untersucht.
Macrolepiota Singer 1948:
Macrolepiota affinis (Velen.) Bon 1977:
Seltene Art, die einen ± glänzenden, rotbraunen Hut, genattertem Stiel, ± deutlichem Hutbuckel und vakuoläres Pigment in den HDS-Enzellen aufweist. Gehört in die komplizierte Gruppe um
M. mastoidea. Foto in Großpilze Baden-Württembergs Band 4.
Macrolepiota excoriata (Schaeff.) M.M. Moser 1955:
Sehr variable Art, die auf Wiesen wächst, keinen spitzen Buckel wie
M. mastoidea s.l. aufweist und weißliche bis braune Hutschuppen hat. Man ging davon aus, dass
M. excoriata keine Schnallen besitzt, weshalb
M. excoriata zum Teil auch mit
M. venenata in eine Gruppe gesteckt wurde, jedoch konnte Vellinga an der Basis der Basidien Schnallen nachweisen. Rötende Formen werden als
M. excoriata var. rubescens (L.M. Dufour) Bon 1981 unterschieden. Eine gute Beschreibung dieser Art gibt es hier:
http://www.natur-in-nrw.de/HTML/Pilze/Agaricales/PA-438.html#.
Macrolepiota fuligineosquarrosa Malençon 1979:
Eine Art baumloser Standorte wie Dünen mit glattem Stiel, einfachem Ring und dunkelbraunem Hut. Die Beschreibung von Pázmány in der ZMykol 51(1) ist wegen dem abweichenden Standort und dem genatterten Stiel evtl. einem anderen Taxon zuzuordnen.
Macrolepiota fuliginosa (Barla) Bon 1977:
Steht
M. procera sehr nahe und unterscheidet sich von diesem durch etwas dunklere Hüte und Schuppen, oft schwächer genatterte Stiele sowie ± braunrot verfärbendes Fleisch in der Stielrinde (am besten sichtbar, wenn man an der Stielrinde kratzt). Fotos:
http://forum.fungiworld.com/index.php?topic=601.msg2949#msg2949,
http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/parchive2007.pl?noframes;read=127661.
Macrolepiota gracilenta (Krombh.) Wasser 1978:
Schwierige Art, siehe die ausführliche Diskussion von Krieglsteiner (ZMykol 47(1)). Vielleicht ein Synonym von
M. mastoidea, so auch in der Funga Nordica.
Macrolepiota heimii (Locq.) Bon 1981:
Steht
M. excoriata sehr nahe und soll sich von dieser und anderen Arten durch den weißen Hut mit einer schwach gelbbräunlichen Mitte sowie eine glatten bis nur sehr schwach kleinschuppig werdenden Oberfläche unterscheiden. Bisweilen wird die Unterscheidung der beiden Arten angezweifelt. Ein schönes Foto einer typischen
M. heimii gibt es hier:
http://www.natur-in-nrw.de/HTML/Pilze/Agaricales/PA-438.html# (etwas nach unten scrollen).
Macrolepiota konradii (Huijsman ex P.D. Orton) M.M. Moser 1967:
Von vielen Autoren kritisch betrachtete Art. In der Funga Nordica wird
M. konradii mit
M. mastoidea synonymisiert, ebenso wie Vellinga diese Art in ihr Konzept von
M. mastoidea einschließt. Laut Pidlich-Aigner & Hausknecht in ÖZP 13 sind alle ihre bisherigen Funde
M. fuliginosa zuzuordnen, mit Ausnahme einiger Kollektionen, die zu
M. mastoidea gehören. Merkmale von
M. konradii sind je nach Autor kleiner Wuchs, schwach genatterter Stiel, braune Ringunterseite, Standort im Wald, fehlende Schnallen und/oder geschlossene, große, sternförmig aufreissende Zentralschuppe mit nur wenigen kleineren Hutschuppen. Foto:
http://www.pilzfotopage.de/Agaricales/slides/Macrolepiota_konradii.html.
Macrolepiota mastoidea (Fr.) Singer 1951:
Variable Art mit glattem bis genattertem Stiel, einfachem Ring, Schnallen (immer?) und ± deutlich ausgeprägtem Buckel. Es werden einige Kleinarten unterschieden, deren taxonomischer Status nicht immer ganz klar ist (
M. rickenii,
M. prominens,
M. affinis, siehe dort). Auch
M. konradii, eigentlich eine Art ohne Schnallen, wird bisweilen zu
M. mastoidea gestellt.
Macrolepiota nordica Bellù & Lanzoni 1986:
Kaum bekannte Art, die sowohl
M. procera (Größe, doppelter Ring) als auch
M. mastoidea (glatter Stiel, deutlicher Hutbuckel) ähnlich sehen soll.
Macrolepiota nympharum (Kalchbr.) Wasser 1985:
-> Leucoagaricus nypmharum.
Macrolepiota olivascens M.M. Moser 1953:
Gleicht im Prinzip
M. procera, unterscheidet sich von diesem aber durch im Schnitt rötendes Fleisch, rosafarbenes Sporenpulver (? - Breitenbach/Kränzlin geben für
M. procera ebenfalls rosacremefarbenes Sporenpulver an) und einen (grau)grün fleckenden Hut. Der Standort im montanen Nadelwald scheint nicht immer ein gutes Merkmal zu sein, da einerseits
M. procera ebenfalls in solchen Habitaten vorkommen kann, andererseits
M. olivascens schon in niedrigeren Gebieten unter Kiefern und Laubbäumen gefunden wurde. Eine Form im wärmeliebenden Laubwald mit schwächer rosafarbenem Sporenpulver und manchmal schwächer rötendem Fleisch ist
M. olivascens f. pseudoolivascens (Bellù & Lanzoni) Hauskn. & Pidlich-Aigner 2004. Fotos:
http://www.drustvo-bisernica.si/macrolepiotaolivascens.htm.
Macrolepiota permixta (Barla) Pacioni 1979:
Unterscheidet sich von
M. procera und
M. fuliginosa durch deutlich rötendes Fleisch und dunkle Hüte, die meist auch einen rötlichen Farbton besitzen. Fotos:
http://www.fungoceva.it/CHIAVI/LEPIOTE/Macrolepiota_permixta.htmMacrolepiota phaeodisca Bellù 1984:
Südlich verbreitete Art der offenen Standorte wie Grasländer oder Dünen, gerne auf sandigen Boden, Stiel glatt, Huttmitte sehr dunkel braun, Fruchtkörper meist ziemlich klein. Soll im Alter einen Geruch ähnlich
Lactarius camphoratus bekommen. Foto:
http://digilander.libero.it/sunflower45/macrolepiota/macrolepiotaphaeodisca.jpg.
Macrolepiota procera (Scop.) Singer 1948:
Sehr bekannte Art mit deutlich genattertem Stiel, doppeltem Ring, stattlicher Größe und geschupptem Hut. Bisweilen nur schwer von ähnlichen Taxa wie
M. fuliginosa zu unterscheiden. Foto:
http://ciuperci.org/pics/014-Macrolepiota-Procera.JPG.
Macrolepiota prominens (Fr.) M.M. Moser 1967:
Kurz zusammengefasst wird die Diskussion um den Namen
M. prominens in den Großpilzen Baden-Württembergs, Band 4. Weitere, wirklich brauchbare Beschreibungen stehen mir im Moment nicht zur Verfügung.
Macrolepiota psammophila Guinb. 1996:
Aus Frankreich beschrieben, evtl. zu
M. fuligineosquarrosa?
Macrolepiota rickenii (Velen.) Bellù & Lanzoni 1987:
Steht nahe bei
M. mastoidea und wir zum Teil mit diesem synonymisiert. Soll sich durch schlankere und längeren Stiel (Stiele länger als der Hutdurchmesser) unterscheiden. Foto:
http://www.mycodb.fr/photos/Macrolepiota_rickenii_2006_rp_1.jpg.
Macrolepiota subsquarrosa (Locqu.) Bon 1981:
Art mit einfachem Ring, glattem Stiel, braunen, feinen und deutlich zum Hutuntergrund kontrastierenden Schuppen und Vorkommen im Grasland. Horak gibt zudem einen stark säuerliche Geruch an (ähnlich wie bei
M. phaeodisca?). Foto:
http://www.funghiitaliani.it/index.php?showtopic=43393&st=0&p=477448&#entry477448.
Schöne Grüße
Gernot