Servus Pablo,
ja, sieht sehr gut aus als
Dacrymyces enatus.

Liebe Grüße,
Christoph
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Liebe
Dacrymyces-Freunde,
in dem Artenkomplex rund um
Dycrymyces stillatus ist die Bestimmung teils sehr schwierig, wie ich finde. Hier ist immer noch viel zu tun.
Ich habe heute beim Gassigehen eine Gallertträne an einem Grauerlenast (
Alnus incana, finalfaul - zwar noch berindet, aber das Holz ist so weich, dass man es mit zwei Fingern ohne Kraftaufwand plattdrücken kann) gefunden, die ich gleich mal vorstellen möchte. Sie tendiert zwar zum Zusammenfließen, aber erst sehr alt. Sie ist jeweils an einem Punkt am Substrat angewachsen, aber nicht gestielt.
Dacrymyces cf. minor - Fruchtkörper bereits etwas angetrocknet
Dacrymyces cf. minor - Fruchtkörper wieder aufgequollen
Dacrymyces cf. minor - Fruchtkörper wieder aufgequollen; der große Fruchtkörper knapp rechts der Mitte ist von Tulasnella cf. thelephorea befallenDie Hyphen haben keine Schnallen. Die Tramahyphen haben einen Durchmesser von ca. 2,5-4 µm, die Septen erscheinen etwas eingeschnürt – es handelt sich also um Primärsepten, die sich gebildet haben, bevor die Zellen der Hyphen sich ein bisserl aufgebläht haben. Die Hyphen sind glatt, ohne Inkrustationen oder anderweitige Auflagerungen, etwas dickwandig bis dünnwandig erscheinend, aber auch dann offensichtlich steif, wenig biegsam.
Die Haare an der sterilen Unterseite der Fruchtkörper sind auch nur etwas dickwandig, deren Endzellen meist keulenförmig (wie Basidiolen von „normalen“ Basidiomyzeten) – jung sind sie auch banal zylindrisch, später aber eben keulenförmig.
Die Sporen sind reif dreifach septiert (je eine Spore, die bereits Konidien auskeimte, war vierfach respektive zweifach septiert). Die Septen waren meist verdickt, aber nur bis ca. 0,5 µm, gut sichtbar als dickes Septum, aber nicht so extrem, wie ich es von
Dacrymyces stillatus s.str. kenne. Manchmal drücken große Vakuolen das Zellplasma so an die Septen, dass diese dadurch sehr dick erscheinen. Da muss man aufpassen... Die Sporenmaße wiederum ergaben (10-)11,5-
13,2-14,5(-15,25) x (4,25-)4,75-
5,1-5,75 µm; Q = (2,0-)2,2-
2,60-3,0
Die Basidien sind ganz normal gabelig ausgeprägt; ich habe auch keinerlei Sekundärsepten gesehen. Die Epibasidien werden ziemlich lang (mindestens bis 50 µm), was aber auch normal ist.
Dikaryophysen fehlen bzw. ich habe keine gesehen.
Arthrokonidien: nicht gesehen (keine Anamorphe)
Hier meine Mikroskop-Notizen (Maße mal 0,95, mein Messokular ist nicht 1 : 1 kalibriert)



Zusammengefasst:
Sporen reif dreifach septiert (nur selten sogar bis 4-fach), Septen etwas verdickt (dicker, als ich sie von
Dacrymyces capitatus kenne, aber weniger massiv, als bei typischer
Dacrymyces stillatus.
Keine Schnallen, keine Dikaryophysen.
In den alten Fruchtkörpern steckt übrigens eine
Tulasnella, die dort sehr massiv wird. Sie hat auffällige Schnallen und die Basidien entwickeln sich in Büscheln. Leider habe ich keine Sporen derselben gefunden – sie ist noch etwas zu jung. Nach
Roberts & Piatek (2004): Heterobasidiomyecets of the families Oliveoniaceae and Tulasnellaceae from Poland. Polish Botanical Journal 49(1): 45–54 müsste es
Tulasnella thelephorea sein, da es nur wenige Arten mit Schnallen gibt. Mir wäre es aber lieber, wenn sich das durch passende Sporenmaße bestätigen ließe. (P.S.: ich habe später Sporen gefunden - es passt - auch in Einklang mit Roberts (1994) - siehe nächster Beitrag in diesem Thread)
Zurück zur hier vorgestellten Kollektion. An
Dacrymyces stillatus s.str. glaube ich nicht.
Im Vergleich – ich kenne
Dacrymyces stillatus s.str. deutlich breitsporiger. Kollektion CH01/2013 von einem liegenden Fichtenast (als Beispiel): (10,5-)14,25-
15-17 x 5,75-
6,5-7,5 µm; Q = 1,8-
2,26-2,8; die Sporensepten sind bis 2 µm dick. Bei dieser Kollektion hatte ich auch Dikaryophysen gefunden – sie entsprechen denen auf der Abb. 20b auf S. 93 in der Doktorarbeit von Göttel (1983):
Abb. 20b aus Göttel (1983: 93) - sorry für die schlechte Scan-QualitätGöttel (1983) nennt diese Strukturen allerdings nicht Dikaryophysen.
Jedenfalls ist das für mich
Dacrymyces stillatus s.str. - im Gegensatz zu meiner heutigen Kollektion.
Was bleibt als Alternativen?
Dacrymyces capitatus hätte größere Sporen und die kenne ich nur dünnwandig.
Dacrymyces minor würde hinsichtlich der verdickten Sporenwände passen. Was die Sporenmaße angeht, widersprechen sich die Literaturstellen etwas bis sehr deutlich (was in der Gruppe immer wieder auffällt):
Kennedy (1958) gibt an: 8-15 x 3-4(-6) µm
McNabb (1973) gibt an: 8-14(-15,5) x 3,5-5(-6) µm
Reid (1978) gibt an: 10,2-13,75(-16) x 4-4,5(-5) µm – er gibt auch das bilden eines vierten (bis fünten) Septums bei überreifen Sporen an
Göttlein (1983) gibt an: 13-15 x 5-7 µm
Shirouzu et al. (2009) geben an: 12,5-18 x 5-9,5 µm (kein Tippfehler!)
Dacrymyces minor wird also entweder als schmalsporige Art interpretiert (Kennedy, McNabb, Reid) oder als ziemlich bis deutlich breitsporig (Göttlein, Shirouzu et al.). Die japanische Interpretation dürfte allerdings wohl kaum das Gleiche sein.
Dacrymyces minor wurden von Peck aus den USA beschrieben und Kennedy hat den Typus von Peck studiert (bzw. hat die Art lectotypisiert). Insofern ist eine schmalsporige Interpretation das, was dem Originalkonzept entspricht.
Bleibt
Dacrymyces lacrymalis als Möglichkeit. Abgesehen davon, dass hier die Fruchtkörper größer, dreidimensionaler und schon bald (und nicht erst ganz alt, wenn sie von Parasiten befallen werden) gyrös werden, passt hier auch die Verdickung der Sporensepten nicht – wobei ich hier kaum Eigenerfahrung habe. Die Interpretation von
Dacrymyces lacrymalis fällt mir schwer.
Ich würde meine
Dacrymyces daher erstmal als
Dacrymyces cf. minor bezeichnen.
Viel zu oft habe ich nach der ersten Sichtung (Sporen dreifach septiert, keine Schnallen), die aufgesammelte Gallertträne wieder „entsorgt“. Jetzt werde ich das ganz sicher nicht mehr tun.
Liebe Grüße,
Christoph