Liebe PilzfreundInnen,
ich hatte ja schon einen Thread über Pilze an Xanthoria
hier gestartet. Allerdings geht es da um den Schlüssel zur Bestimmung der Arten an
Xanthoria. Deshalb habe ich diesen neuen Thread gestartet, um Funde an
Xanthoria vorzustellen.
Drei Arten habe ich ja in der aktuellen Mycologia Bavarica vorgestellt (
Capronia suijae, Lichenoconium xanthoriae und
Didymocyrtis epiphyscia s.l.).
Ich hatte am 12. Februar für die ÖMG einen Vortrag zum Thema "Riesenschirmlinge" gehalten. Für die Rückfahrt hatte ich mir schon vorgenommen, einen Stopp einzulegen, um die Donauauen zu besuchen und dort zu sammeln. Meine Wahl fiel auf Melk - dort sind noch recht große Auwälder vorhanden. Und natürlich findet man dort auch befallene
Xanthoria. Ich habe einen Ast mitgenommen, der unter der Lupe interessant aussah (schwarze Punkte an der
Xanthoria). Zudem war schon makroskopisch (fast) klar, dass hier
Xanthoriicola physciae dran ist. Und wenn ein Parasit vorkommt, dann ja oft auch andere.
Ich habe folgende drei Arten schließlich bestimmen können (teils extrem häufig):
Xanthoriicola physciae, Pyrenochaeta xanthoriae und
Cladosporium macrocarpum. Leider kann ich keine guten Bino-Fotos machen. Ich habe durch das Okular geknippst, aber man kann ein bisserl was erkennen.
Xanthoriicola physciae wächst so massiv, dass dieser Parasit die Apothecien der
Xanthoria schwarz färbt:
Xanthoriicola physciae - die Bildqualität ist suboptimal, aber man kann halbwegs erkennen, wie der Parasit die Apothecien massiv befällt.
Im Mikroskop fallen kleine, kugelige, braune Konidien auf, die ein schönes Ornament besitzen. Es sind grobe Placken, die mich ein bisserl an einen Fußball erinnert hatten. Das Ornament kann aber auch feiner verteilt sein und erinnert mich dann an manche Gastromyzeten. Die Sporen erscheinen etwas unregelmäßig eckig wegen der Ornamentplaques:

Schöne Fotos findet man auch hier:
http://www.lichens.lastdragon.org/lichenicolous/Xanthoriicola_physciae.htmlDie Anatomie zeigt die Website der Pilze Großbritanniens und Irlands:
http://fungi.myspecies.info/taxonomy/term/4243/media (einfach mal durchklicken - auch die anderen Menüpunkte zur
Xanthoriicola sind interessant).
Die systematische Stellung war ziemlich lange völlig unklar. Neuerdings stellt man die Gattung in die Ascomyzetenordnung der Capnodiales und hier in die Familie der Teratosphaeriaceae.
Die nächst verwandte Gattung scheint
Piedraia zu sein - diese bildet kleine, schwarze Ascomata an menschlichem Haar (
P. hortae) und ebenso an Schimpansenhaar (
P. quintanilhae). In weiterer naher Verwandtschaft ist die Gattung
Friedmanniomyces.
Friedmanniomyces endolithicus lebt in (!) Steinen der Antarctis und scheint da wiederum an Flechten zu parasitieren, die auf/in Stein wachsen. All diese Informationen wurden von
Ruibal CR, Millanes AM, Hawksworth DL (2011): Molecular phylogenetic studies on the lichenicolous Xanthoriicola physciae reveal Antarctic rock-inhabiting fungi and Piedraia species among closest relatives in the Teratosphaeriaceae. IMA Fungus 2(1): 97-103 puzbliziert.
Die Welt der Pilze ist einfach aberwitzig.
Ach ja, das Artepitheton klingt seltsam, da
Xanthoriicola physciae nicht an
Physcia vorkommt, sondern nur die Gattung
Xanthoria befällt. Die Erklärung ist einfach, da die Gelbflechten früher der Gattung
Physcia zugeordnet wurden. Die Fichte war ja auch mal eine
Abies...
Was ich dann noch entdeckte, waren recht große Pycnidien mit kräftigen, auffallenden Setae:

Pyrenochaeta xanthoriae - hier ist die Bildqualität noch schlechter als oben, da es um feinere Details geht. Man kann aber die Setae erahnen.Zunächst war ja nicht klar, ob es nicht Ascomata, also Perithecien sind, aber ohne Asci, dafür mit konidiogenen Zellen ist klar, dass es ein "Coelomyzet" ist:
Den Schreibfehler in der Überschrift bitte ich gedanklich auszubessern ...chaeta statt ...chaete.Die Konidien sind sehr klein, um 3-4 x 1,5-2 µm. Zusammen mit dem Aufbau des Gehäuses und der Setae ist das ganze leicht bestimmbar:
Pyrenochaeta xanthoriae. Auch diese Art ist vermutlich häufig und weit verbreitet. Hier finden sich schöne Fotos und Beschreibung:
http://fungi.myspecies.info/all-fungi/pyrenochaeta-xanthoriaeNebenbei entdeckte ich zudem
Cladosporium macrocarpum. Die braunen, wazigen, großen Konidien sind sehr auffällig. Dann bildet sich auch eine dunkle Demarkationslinie in dem befallenen Bereich der
Xanthoria, was auch zu erkennen war. Ich habe aber nicht die konidiogenen Zellen gesehen.
Cladosporium macrocarpum ist allerdings auch sehr häufig.
Nun, das waren jetzt drei banale Arten, die in sich aber auch interessant sind, wie ich finde. Es lebe die Vielfalt

Liebe Grüße,
Christoph