Forum der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft

Allgemein => Expertenforum Mykologie => Thema gestartet von: Älbler am 29. November 2017, 19:34

Titel: Hilfe bei einer Antrodia
Beitrag von: Älbler am 29. November 2017, 19:34
Hallo zusammen

diese Antrodia liegt mir schon lange auf der Platte und ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was ich da gefunden habe.

Beschreibung:
Basidiokarp resupinat, auf Buchenast in der Optimalphase der Vermorschung, kleinflächig, ca. 3 - 4 Poren pro mm, diese anfangs cremeweiß, dann schnell inkarnatbräunlich (Foto 1). Hyphensystem dimitisch, generative Hyphen mit Schnallen, keine Zystiden.
Sporen [95% • 23 • SAP • v • H2O(nat)] = 7,2-8,5-9,8 x 2,6-3,1-3,7 µm; Q = 2,3-2,7-3,2; Vm = 44 µm³. schmal zylindrisch, hyalin, glatt, dünnwandig (Foto 2).

Das könnte zu Antrodia malicola passen.

Laut RYVARDEN & MELO soll die Art nur auf den Azoren vorkommen. Im KRIEGLSTEINER sind auch Funde für BaWü gelistet. Ähnlich ist auch A. macra, die aber nur auf Salix und Populus beschränkt sein soll. Nicht einfach - die Gattung!

Kann mir jemand Bestimmungshilfe leisten?

Viele Grüße
Christian
Titel: Re: Hilfe bei einer Antrodia
Beitrag von: Beorn am 30. November 2017, 17:18
Hallo, Christian!

Wie dimitisch ist in dem Fall denn dimitisch?
Weil wenn der Porling frisch relativ weich war, würde das Aussehen und die Sporen ganz gut zu >Cartilosoma rene-hentic< (https://www.pilzforum.eu/board/thema-cartilosoma-rene-hentic-ockerweisse-weichtramete?pid=362943#pid362943) passen.
Das wäre vielleicht eine Idee, wenn zumindest die Röhrentrama doch eher "pseudodimitisch" wäre.


LG; Pablo.
Titel: Re: Hilfe bei einer Antrodia
Beitrag von: Älbler am 30. November 2017, 19:31
Hallo Pablo,

vielen Dank für den Hinweis!

Cartilosoma rene-hentic hatte ich auch geprüft. Die Sporen würden in den Maßen gut passen. Es ist schade, dass in Ryvarden & Melo keine Sporenquotienten angegeben sind. Ich habe diesen Kandidaten aber verworfen, weil er laut Beschreibung nodulos, also nicht rein resupinat wachsen soll und obendrein nur aus Frankreich, Italien und Luxemburg bekannt ist.

Was das Hyphensystem angeht - das ist so eine Sache! Mein Fund ist vom letzten Jahr und ich hatte leider nix aufgehoben. Ich habe noch ein paar Mikrofotos, auf denen man vielleicht was erkennen kann.

Die Subikularhyphen waren sehr dicht (gelatinisiert?, Fotos 3 und 4) und dickwandig. Auf Foto 5 sieht man Hyphenenden. Ich weiß allerdings nicht, ob die von den Dissepimenten stammen oder vom sterilen Rand. Ob die dickwandigen Hyphen echte Skeletthyphen sind, wage ich ncht zu beurteilen.

Hast du diesen Pilz schon mal mikroskopiert?

Liebe Grüße
Christian
Titel: Re: Hilfe bei einer Antrodia
Beitrag von: Beorn am 30. November 2017, 19:56
Hallo, Christian!

Das sieht schon eher wie dickwandige generative Hyphen aus als wie echte Skeletthyphen, was man auf dem zweiten und dritten Bild sehen kann. Theoretisch müssste man an eben diesen dickwandigen Hyphen die Septen (meist wegen den Schnallen gut erkennbar) suchen.

Ist natürlich schwieirg, wenn kein beleg mehr da ist.

Cartilosoma rene-hentic kommt auch in Deutschland vor und ist zumindest bei mir in der Gegend (Oberrheingebiet) nicht selten. Die Art ist halt noch nicht lange beschrieben, darum sehr lückenhaft dokumentiert.

Die Mikros in der verlinkten Präsentation der Art sind alle von mir, also ja: Ich habe den schon mikroskopiert.
Die Wuchsform variiert je nach Lage des Substrates und alter der Fruchtkörper von resupinat über nodulos bis hin effus-reflex mit deutlicher Hütchenbildung. Hätte dein Fund etwas mehr Zeit gehabt (und niemand den Ast gedreht), dann wären da womöglich ja auch noch Hütchen entstanden.

Eine Frage am Rande: Ist Cartilosoma rene-hentic denn in der neuen Auflage der Poroid Fungi of Europe drin? In der ersten Auflage fehlte die Art noch.

Antrodia malicola kommt übrigens auch in Mitteleuropa und auch in Deutschland vor, hat aber neben einem etwas anderen Aussehen etwas breitere Sporen und ist eben deutlich dimitisch mit vielen sehr dickwandigen (und in KOH ockerlichen) Skeletthyphen.


LG, Pablo.
Titel: Re: Hilfe bei einer Antrodia
Beitrag von: Älbler am 30. November 2017, 22:43
Hallo Pablo,

klasse Dokumentation von dir! Hatte vorhin gar nicht gecheckt, dass dies ein Link ist.

Die jungen Formen sehen tatsächlich meiner Kollektion sehr ähnlich. Interessant sind auch deine Fundangaben: An hängendem Holz! Ich fand meine Kollektion in einem wärmebegünstigten Seggen-Buchenwald, Südhang auf 580 m ü.NN. Er wuchs auf kleineren Ästen, die den Boden nicht berührten.

Ich werde dort wieder schauen. Der kommt bestimmt wieder! Dann kann ich das Hyphensystem nochmal überprüfen.

In der 2nd Edition von "Poroid fungi of Europe" ist der Pilz drin als "Antrodia rene-hendic (Rivoire, Trichies & Vlasák) Melo & Ryvarden comb. nov.

lg
Christian
Titel: Re: Hilfe bei einer Antrodia
Beitrag von: Christoph am 1. Dezember 2017, 00:32
Servus Pablo,

ich sehe schon, ich muss mich bezüglich Antrodia s.l. wieder auf den neusten Stand bringen  :). Dane für den Link auf dieses Portrait - Klasse!

Servus Christian,

ich kann nur beitragen, dass ich Antrodia malicola dunkler, mehr ockerlich kenne und finde Pablos Idee, was es sein könnte, sehr plausibel  ;)

Liebe Grüße,
Christoph
Titel: Re: Hilfe bei einer Antrodia
Beitrag von: Älbler am 1. Dezember 2017, 20:05
Hallo zusammen,

welches ist jetzt der gültige Gattungsname? Cartilosoma oder Antrodia?

Viele Grüße
Christian
Titel: Re: Hilfe bei einer Antrodia
Beitrag von: Beorn am 1. Dezember 2017, 20:45
Hallo, Christian & Christoph!

Danke für die Info zur Einordnung im neuen Ryvarden - Buch.
Ich denke, welchem Gattunsgkonzept man da folgt, muss man mehr oder wewniger für sich selbst entscheiden. Ich kann die Entscheidung von Leif Ryvarden nachvollziehen, im Sinne eines weiter gefassten Gattungsbegriff diese bei Antrodia einzuordnen. Auch Oligoporus versteht er als weit gefasste Gattung und gliedert diverse abgespaltene Gattungen wieder ein.
So ist es im Rahmen eines solchen großen Bestimmungswerkes auch schlichtweg praktikabler.

Aus meiner sicht ist Antrodia eine ziemlich uneinheitliche Gattung, sicherlich auch polyphyletisch, einer Aufspaltung kann ich darum durchaus folgen. Cartilosoma ist morphologisch vor allem durch die weichen fruchtkörper und das weitestgehend monomitische / pseudodimitische Hyphensystem verschieden. Im grunde ähnelt das durchaus einigen Oligoporus - & Tyromyces - Arten, oder auch Frantisekia (Frantisekia mentschulensis bei Ryvarden unter Antrodiella). Fängt man aber da an, muss man weitere Arten aus Antrodia ausgliedern: Antrodia ramentacea müsste zB mit zu Cartilosoma gestellt werden, die Arten mit amyloiden Skeletthyphen bräuchen eventuell eine eigene Gattung, usw.
Ist ein bissel wie bei Boletus s.l., würde ich sagen.  ;)


LG, Pablo.