Forum der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft

Allgemein => Expertenforum Mykologie => Thema gestartet von: Till am 22. August 2019, 14:49

Titel: Neoboletus praestigiator ...
Beitrag von: Till am 22. August 2019, 14:49
... (R. Schulz) Svetash., Gelardi, Simonini & Vizzini: Soll das der neue Name für den Flockenstieligen Hexenröhrling sein? Kennt jemand zufällig die Originalbeschreibung von R. Schulz?

Schöne Grüße
Till
Titel: Re: Neoboletus praestigiator ...
Beitrag von: Till am 22. August 2019, 14:56
sorry, ich sehe gerade, dass es zu diesem Thema schon eine längere Diskussion gibt. Wird wohl nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird ...

Gruß, Till
Titel: Re: Neoboletus praestigiator ...
Beitrag von: Christoph am 22. August 2019, 23:04
Servus Till,

leider habe ich die Originalbeschreibung nicht. Sie ist in dem Vorgänger von Michael & Henning (später Michael, Henning & Kreisel) enthalten. Man kann das Buch günstig antiquarisch kaufen (für 20 Euro habe ich es gesehen).

Das Problem kommt daher, dass Vizzini den Persoon'schen Boletus erythropus ander interpretiert als es Freis tat. In der Gattung Boletus hat Fries sanktionierend Priorität, in der Gattung Neoboletus nicht. Daher bezieht man sich dort auf Persoon, der zumindest meiner Meinung nach eine Mischung aus Glattstieligem und Flockenstieligen Hexenröhrling beschrieben hatte - es gibt auch Flockies mit rotem Fleisch in der Stielbasis.
Leider wurde dann einfach ein italienischer (!) Beleg eines Röhrlings als Epitypus definiert, dabei noch die Genbank-Nummer falsch abgedruckt, sodass kein Bezug zu einer Sequenz möglich ist, der Epitypus nichtmal mikroskopiert bzw. keine entsprechenden Analysen dazu kamen noch, dass diskutiert würde, was dann der Neotypus ist (demnach müsste Suillellus queletii jetzt Suillellus erythropus heißen).

Das Problem, wie der Flocki dann genannt wird, bleibt dadurch offen. Es stehen mehrere Namen zur Disposition. Boletus luridiformis beispielsweise - ist älter als B. praestigiator, ist aber wohl ein Flocki in gelb, wo nicht klar ist, ob es eben ein gelber Flocki ist oder doch eine gelbe Art, die eben nicht der Flocki ist.

Hätte man einfach einen in der Basis roten Flocki, idealerweise aus den Niederlanden, aus Niedersachsen oder Belgien, NRW (usw.) als Epitypus verwendet, hätte man keinerlei weiteren Probleme eröffnet und den Gebrauch so belassen,w ie er seit Ewigkeiten konstant ist und war. Was das sollte, weiß ich nicht - deshalb erlaube ich mir, die schräge Epitypisierung einfach zu ignorieren. Ich bleibe daher bei Neoboletus erythropus für den Flocki und bei Suillellus queletii für den Glattstieligen. Die Namen sind so gut etabliert, dass ich eh hoffe, dass es zu einer Konservierung kommt und damit das italienische Chaos weggewischt wird.

Deshalb habe ich ehrlich gesagt nicht nach der Originaldiagnose des B, praestigiator gesucht ;-). Was nicht heißt, dass ich nicht auch neugierig wäre... Man muss dann aber erst das B. luridiformis-Problem lösen (und da nicht auch vorschnell aus einer völlig anderen Region epitypisieren).

Liebe Grüße,
Christoph