Guten Morgen!
Am 2.4.21 war ich hier in der Nähe von Erbach/Donau im "Morchelwald", wobei selbige noch nicht da sind. Dafür gab es hübsche Anemonen-Becherlinge/Dumontania tuberosa (falls es nicht Scharbockskraut-Becherlinge/Sclerotinia binucleata = ficariae sind – Buschwindröschen und Scharbockskraut wachsen durcheinander) und einige Morchel-Becherlinge/Disciotis venosa.
Jetzt aber zu meiner Hauptfrage:
Bei den Morchelbechern standen diese beiden winzigen Pilzchen, bei denen ich von oben zuerst an Fruchtkörper von Schleimpilzen dachte, dann von der Form her an den Buchen-Hütchenträger, weil die Oberfläche so staubig aussieht und weil sie so klein sind. Erst als ich vor ihnen auf dem Bauch lag, erkannte ich den glockigen Hut (Ø ca. 2 mm, Höhe knapp 3 mm) mit Stiel, beides sieht rotbraun "bereift" aus, mini-flauschig. Nach dem Fotografieren habe ich einen rausgezupft und von unten angeschaut: ein Dunkelsporer mit gelblichen Lamellen. Mangels Transportbehälter habe ich sie erst mal dort gelassen. Eine Woche später war ich wieder dort: es sind mehr geworden – wer um diese Jahreszeit fruktifiziert, muss mit Aprilwetter zurecht kommen – und sie sind weiter gereift:
Beobachtungen meiner neuen Aufsammlung (9.4.21):
– Hut–Ø jetzt bis 6 mm im schirmförmig-ausgebreiteten Zustand, dabei verkahlend
– 17 Lamellen erreichen den Stiel, 1-3 Lamelletten
– Sporen: SPP rotbraun, etwas dickwandig, Form siehe Foto; (7,4) 8-10 (11,6) x 4-5 µm; Q = (1,7) 2,0 (2,2)
– Cheilozystiden vielgestaltig, meist leicht keulig/kopfig(!), aber auch flaschenförmig, zylindrisch-verbogen... siehe Fotos
– Schnallen kaum zu finden/sehen, aber es gibt welche
– HDS aus großen blasigen Zellen, auch etwas langgestreckt, Trama aus langen, dünnen Hyphen
Trotz Mikro bin ich mir weiterhin über die Art nicht wirklich im Klaren – es gibt mehrere sich widersprechende Merkmale, falls man sich auf die verschiedenen Schlüssel und Beschreibungen verlässt.
Verwendete Literatur:
GpBW = zu wenig Arten, unbrauchbar
Hausknecht & Greilhuber (2013): Die Gattungen Flammulaster und Phaeomarasmius in Österreich
https://www.zobodat.at/pdf/OestZPilz_22_0031-0048.pdf = interessant, mit Schlüssel und tw. Mikro-Zeichnungen, aber nicht für alle Arten eine Beschreibung.
Flammulaster granulosus ist in Österreich ebenfalls selten. Zur Unterscheidung von der ähnlichen Art Flammulaster ferrugineus siehe oben. Auch anhand von älteren Belegen, zu denen oft keine Fundbeschreibung vorliegt, lassen sich die beiden Arten auf Grund der unterschiedlichen Huthautelemente gut unterscheiden.
Fazit: F. ferrugineus hat einen hygrophanen Hut + die HDS aus länglichen Elementen – F. granulosus nicht hygrophan (passt bei meinem Fund) und rundlichen HDS/Flocken-Zellen (ja), die aber auch F. muricatus (aber der sei nur auf Holz) und F. gracilis haben soll, siehe unten.
Else C. Vellinga (1986): "Flammulaster in the Netherland" (
https://www.mykoweb.com/CAF/species/Flammulaster_muricatus.html – von hier aus den Link
Vellinga bei "Description" anklicken = Vellinga-pdf):
Flammulaster gracilis:
Lamellae (L = 15—28, l = 1—5) ...
Spores in side view (6.5-)7.0-9.0(-10.0) x (4.0-)4.5-5.0(-5.5) µm, Q = (1.55-) 1.6-1.85(-1.9), Q = 1.7, ellipsoid to oblong, a few slightly phaseoliform, in frontal view 4.5-5.0(-5.5)µm broad, Q = 1.55—1.8(—1.85),Q = 1.65-1.7, oblong, without germ pore, brown and thick-walled. Basidia 21—38 x 7—10 µm, 4- and also 2-spored, some with brown content. Cheilocystidia not crowded, 29—45 x 5—12 µm, very variable in shape, cylindrical, subutriform, narrowly clavate, without or with subcapitate apex, colourless and thin-walled. Pileipellis a cutis made up of cylindrical and inflated hyphae, with an upper layer of globose to oblong elements, 10—50 x 8—45 µm, with brown incrusting pigment. Stipitipellis a cutis, at apex with caulocystidia similar to cheilocystidia.
dito für Flammulaster granulosus:
Lamellae (L = 13—16, l = 1—3) ...
Spores in sideview (7.5—)8.0-9.5(-10.5) x 4.0—5.5 µm, Q = (1.45—)1.6—1.9(- 2.2), Q = 1.65—2.0, fusiform-amygdaliform with suprahilar depression and confluent hilar appendage, in frontal view (4.0—)4.5—5.5 µm broad, Q = (1.4—) 1.5—1.85(—2.0), Q = 1.6—1.9,slightly fusiform to oblong, without germpore, brown, moderately thick-walled. Basidia 22—40 x 6—8 µm, 4-spored, also some 2-spored. Cheilocystidia 25—75 x 3—9 µm, narrowly lageniform to narrowly cylindrical, irregularly flexuosein apicalpart, colourless, thin-walled. Pileipellis made up of chains of mostly globose to oblong, 10—30 µm wide elements with thickened wall and heavily incrusting brown pigment. Stipitipellis a cutis, at apex with caulocystidia similar to cheilocystidia, in lower part with loosely arranged cylindrical hyphae with rather short elements, thick-walled, with incrusting brown pigment.
Nach den Mikro-Zeichnungen von Vellinga sollte F. gracilis ein kleines Spitzle auf dem Hut und noch dickwandigere Sporen als F. granulosus haben. Im Aufsatz von Hausknecht & Greilhuber (2013) werden u.a. auch Funde beschrieben, die sich nicht genau an die vorgesehenen Artkonzepte halten (z.B. S. 46 Abbildung "Flammulaster spec.", der meinen recht ähnlich sieht) und auf Vellinga verwiesen.
Zu F. gracilis passen:
Form der Cheilos, aber sie wachsen sehr dicht zusammen, auch büschelig
Zu F. granulosus passen:
– Anzahl der Lamellen und Lamelletten
– Sporengröße und Q-Wert (einen Tick besser als zu Fl. grac., wobei sich das nicht viel schenkt)
– moderat dickwandige Sporen
Insofern tendiere ich eher zu Flammulaster granulosus, im
MOSER komme ich auch dort hin...
ABER mit solchen Zystiden???Fotoverzeichnis:
Erster Fund vom 2.4.21 (2 Fotos)
Kollektion vom 9.4.21 (2 Fotos)
Auflicht Hut von unten (2 Fotos)
Ansatz der Lamellen an der Stielspitze
büschelige Cheilos an der Lamellenschneide
granulierte Hutoberfläche
blasige Elemente von dort
Sporen 800x
HDS 320x
oberste Schicht HDS 320x
Cheilozystiden 320x
Cheilos 800x (4 Fotos)
Hias hat ja einen Flammulaster granulosus auf seiner HP, Rudi hat Flammulaster "granulosus" hier
https://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,1540.msg23867.html#msg23867 vorgestellt, den ich jedoch eher bei F. limulatus (s.l.?) verorten würde. In Bayern gibt´s diese Art offensichtlich (siehe Kartierung Pilze Deutschland) und wurde von "Euch" auch schon gesehen, während diese ganzen Flammulaster-Winzlinge für mich Neuland sind – was meint Ihr zu meinem Fund?
Merci & viele Grüße – Rika