Hallo zusammen,
bei der Exkursion des Münchner Vereins für Pilzkunde in die Gegend zwischen Osterseen und Weilheim (Oberbayern, Lkr. WM) bei Untersiffelhofen am 14. Mai 2017 fand ich - dank der akribischen und erfolgreichen Suche nach
Pyrenopeziza plantaginis (siehe
http://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,1127.msg23642.html#msg23642) fand ich auch einen Einzelfruchtkörper eines Wasserkopfs:


Nachdem ich schonmal vor Jahren
Cortinarius atrocoeruleus im Frühjahr fand, hüte ich mich davor, jeden dunklen Wasserkopf im Mai als
Cortinarius vernus zu bezeichnen.
Die Mikroskopie bestätigte dann aber bald den ersten Verdacht im Gelände - Sporen sehr grobwarzig, Warzen vor allem am "Hinterteil" der Spore, Sporenmaße 7,25-
7,8-8,5 x 4,75-
5,2-5,5 µm (auf 1/4-µm gerundet), Q = 1,3-
1,50-1,6 (usw.).
Makroskopisch fällt das in der Stielbasis rötende Fleisch auf, dann die weinroten Töne am Hutrand und ein Hauch von Violett an der Stielspitze.
Jetzt ist der Name
Cortinarius vernus H. Lindstr. & Melot 1994 relativ neu. Ich blättere bei jedem Schleierling auch in dem französischen Atlas des Cortinaires - und siehe da, die Tafel des
Cortinarius suberythrinus Moënne-Locc. 1988 passt so gut, als hätte "mein Fruchtkörper" Modell gestanden. Die Beschreiubung der Mikromerkmale passt auch ganz gut: (6,5-)7-8(-8,5) x 5-6,5 µm (also nur etwas dicker werdend, ich habe aber nicht sehr viele Sporen gemessen), auch der Rest der Beschreibung passt sehr genau.
Als Mykorrhizapartner dürfte eine Pappel gedient haben, was auch zu
Cortinarius suberyhtrinus passt. Eine Birke war auch in der Nähe, aber ein paar Bäume weiter hinten, sodass die Wurzeln vermutlich nicht so weit reichen. Jetzt ist die Beschreibung des
Cortinarius suberythrinus 6 Jahre älter als die des
Cortinarius vernus, hätte bei einer Synonymie also Priorität.
Der alte Fries'sche Name Cortinarius erythrinus wird witzigerweise auch oft als Synonym zu
Cortinarius vernus gestellt, was gar nicht passen kann (wenn, dann umgekehrt) - ich gehe daher davon aus, dass dann ein "sensu" fehlt bzw. der Name generell als nomen dubium eingemottet wurde.
Leider hat der eine Fruchtkörper den am nächsten Tag folgenden Vereinsabend im Münchner Pilzverein nicht überlebt, da er beim Herumreichen am Stiel zu hart angefasst wurde, die letzten Spuren des eh schon verflogenen Velums weggewischt wurden und der Stiel auch nich gebrochen ist. Da es nur ein Fruchtkörper war, habe ich keinen Beleg angefertigt. Ich werde aber die nächste Zeit vermehrt auf die Frühlingswasserköpfe achten.
Das Habitat war hier der Zwischenbereich zwischen einem Kalkflachmoor und der höher gelegenen Straße, also nicht ganz so nass wie das Moor, aber luftfeucht - und nur einen Meter von dem Spitzwegerich mit der Pyrenopeziza entfernt.
Wer weiß aus eigener Erfahrung näheres über die Nomenklatur des Pilzes? Warum wird der Name
Cortinarius vernus angewandt, obwohl es einen älteren gibt? Ich habe nämlich nicht das Gefühl, dass
Cortinarius suberythrinus als eigenständig anerkannt wird. Ich finde den Namen jedenfalls öfters in Synonymlisten. Oder wird
Cortinarius vernus wirklich als eigenständig anerkannt?
Auf die Idee, die Nomenklatur zu prüfen, kam ich, nachdem ich herausfand, dass in Finnland teils der Name
Cortinarius suberyhtrinus verwendet wird.
Moenne-Loccoz (et al.) erkennt übrigens auch
Cortinarius erythrinus an (aber als Varietät von
Cortinarius castaneus, wie es Fries ursprünglich tat - und zeigt einen makroskopisch anderen Pilz als
Cortinarius suberythrinus).
Zusammenfassend:
Es gibt zwei Möglichkeiten:
Cortinarius vernus ist ein Synonym zu
Cortinarius suberythrinus und muss dann (weil jünger) fallen gelassen werden...
oder
Cortinarius vernus lässt sich von
Cortinarius suberythrinus abgrenzen.
Da wäre ich über eure Meinungen gespannt.
Und: hat jemand zufällig die Originalbeschreibung des
Cortinarius suberythrinus parat...?! - Reumaux, P.; Moënne-Loccoz, P. 1988. En marge de l'Atlas des Cortinaires (2ème partie). Bulletin Trimestriel de la Fédération Mycologique Dauphiné-Savoie. 28(111): 23-26
LG
Christoph