Rhizopogon aus Niedersachsen

Begonnen von Tomasz, 5. März 2021, 09:49

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Tomasz

Lieber Christoph,

Vielen Dank für deine Analyse. Eine so breitere Sichtweise ist immer besser - besser als es selbst zu tun. Du hast 100% Recht – nur Sporenmaße das ist viel zu wenig zur die Trennung der einzelnen Arten.
In meinem Fund sind die Peridienstrukturen viel mehr charakteristisch als die Sporen. Hier ist eine gute Arbeit über die Unterschiede zwischen R.vinicolor und R.vesiculosus

https://www.researchgate.net/publication/51056423_Rediscovery_of_the_vesicles_that_characterized_Rhizopogon_vesiculosus

Vielleicht ist das die richtige Richtung...?
Ich habe noch nie R.villosulus gefunden und ich habe kein Material zu vergleichen, aber ich habe auch nirgendwo gelesen, dass R.villosulus ein so charakteristisches Peridien hat. Vielleicht ist die einzige Lösung die Sequenzierung - das ist auch möglich. Ich habe eine reiche Kollektion und der Fundort zu ist 300 Meter von meinem Haus entfernt. :)

Nochmals vielen Dank und viele Grüße

Tomasz

Christoph

Lieber Tomasz,

du beziehst dich vermutlich auf die Arbeit von Bubriski & Kennedy (2014): A molecular and morphological analysis of the genus Rhizopogon subgenus Villosuli section Villosuli as a preface to ecological monitoring. Mycologia 106(2): 353-361.

Ich bin, was die Trennung der einzelnen Arten anhand der Sporenmaße angeht, etwas skeptisch. Betrachtet man einen Mittelwert des Länge-Breite-Quotienten von 2,5, dann passen sowohl Kollektionen von Rhizopogon vollosulus (schwankt zwischen 2,25 und 2,95) und Rh. hawkerae (liegt zwischen 2,36 und 2,84).

Und schaut man Rh. parksii an, dann schwankt dessen Quotient zwischen 1,93 und 2,32, kommt also zumindest nah heran. Auch was Sporengrößen angeht - wenn man das Chaos im Rhizopogon-roseolus-Aggregat anschaut.

Es wird auch die Sporenbreite verwendet, um zu trennen. Im Durchschnitt sieht das gut aus, aber...

Rh. villosulus: der Mittelwert der Breite schwankt zwischen 2,29 und 3,73
Rh. hawkerae: schwankt zwischen 2,47 und 2,57 (wenige Kollektionen)
Rh. parksii: schwankt zwischen 2,64 und 2,98

Rh. villosulus alleine schluckt damit die beiden anderen Arten, was die durchschnittliche Breite angeht. Oder das sind mehr Taxa, die mit ITS nicht trennbar sind. Aber die Schwankungsbreite des Mittelwerts bei Rh. villosulus zwischen 2,3 und 3,7 (gerundet), was die Sporenbreite angeht, ist schon sehr groß.

Vergleichen wir deine Mittelwerte:

Mittlere Breite 2,8 - würden die von Bubriski & Kennedy (2014) angegebenen Werte die gesamte Variationsbreite der Arten abdecken (Konjunktiv!), dann wären möglich: Rh. villosulus s.str. und Rh. parksii

Nimmt man dazu den mittleren Quotienten von 2,5 wären Rhizopogon villosulus s. str. und Rh. hawkerae möglich. Kombiniert man beides, dann fällt Rh. hawkerae ja wegen der Sporenbreite raus und dein Fund müsste Rh. villosulus s. str. sein.

Es wurden eben relativ wenige Kollektionen in der obigen Studie, die ich kenne, untersucht. Und selbst da überschneiden sich die Werte zumindest bei zwei Arten sehr deutlich. Und die mit dem im Schnitt kleinsten Quotienten überlappt im unteren Bereich. Wie man Rh. villosulus von Rh. hawkerae klassisch trennen soll, ist mir nicht klar.

Zu Rhizopogon vesiculosus: da habe ich keinerlei Erfahrung und ich habe im Moment keine Vorstellung, wie die Art aussieht.

Rhizopogon vesiculosus und Rh. vinicolor sollen sich sehr ähnlich sein - "R. vesiculosus and R. vinicolor produce sporocarps that are difficult to distinguish morphologically yet they differ greatly in life history." siehe: https://mycocosm.jgi.doe.gov/Rhives1/Rhives1.home.html
Wie gut die Quelle in Bezug auf Morphologie ist, weiß ich aber nicht. Inwiefern das zutrifft, kann ich also nicht beurteilen. Rhizopogon vinicolor hätte jedenfalls eine ganz andere Peridienstruktur.

Ich fürchte, man müsste, seit Bubriski & Kennedy (2014) gezeigt haben, dass man im Rh.-villosulus-Komplex mindestens drei Arten trennen kann, Funde erstmal jeweils durchsequenzieren und dann die bestimmten Proben mit Merkmalen korrelieren.

Ich empfinde die Trennung durch die Kombination der Sporenbreite und des Quotienten noch zu wenig bestätigt (anhand ausreichender Kollektionen, die entsprechend dargestellt werden). Vielleicht kann man zumindest manche Kollektionen klarer zuordnen. Würde ich nur nach dem Paper allein gehen, wäre ich wieder bei Rh. villosulus, was deine Kollektion angeht.

Kurz gesagt: muss man wohl seuqnezieren, dann sollte es klar sein.

Sorry, dass ich nicht mehr substantielles beitragen kann ;-). Vielleicht liest ja jemand, der sich in der Gattung besser auskennt, mit. Ich kann auch gerne mal bei Gunnar Hensel nachfragen (oder du schreibst ihn mal direkt an - falls du die Kontaktdaten brauchst, melde dich einfach oder ich frage bei ihm nach).

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Tomasz

Ups...  ;)

6,8 x 2,8 μm, Qm-2,5

Christoph

Servus Tomasz,

auch hier nochmal herzlich willkommen!

Was sind denn die Mittelwerte deiner Sporenmessungen?

Liebe Grüße,
Christoph
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blacky

Hallo Tomasz,
Herzlich willkommen im Forum und danke für deinen klasse Beitrag👍
Viel Freude und viele neue Erkenntnisse mit dem Forum.
Viele Grüße
Thomas
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Tomasz

Hallo zusammen,

Ich bin neu im Forum. :) :)
Zuerst möchte ich für mein Deutsch entschuldigen. Ich lerne Deutsch erst seit drei Jahren. Meine Leidenschaft sind hypogäische Pilze - zur Zeit in Niedersachsen.
Ich habe ein paar seltene Rhizopogon aus Kreis Gifhorn. Rhizopogon parksii (Smith 1966)...  mit einem kleinen Fragezeichen. Dieses Taxon ist auf Mycobank und nach Montecchii&Sarasini als Synonym von R.villosulus beschrieben. Aber viele der späteren, phylogenetischen Analyzen gaben ihm den vollen Gattungstatus.

Kurze Beschreibung: (nur wesentliche Merkmale)
Die Sporen: ellipsoid, beidseitig abgerundet aber viele Sporen leicht truncate
5,2-9,3 x 2,5-3,2 μm, Q=2,2-2,7(3,0)

Die Peridie: eigentlich plektenchymatisch, aus dickwandigen septierten, braunen Hyphen 5-12 μm. Im unteren Teil des Fruchtkörpers die Hyphen sind immer breiter bis zur Struktur vesiculosus (auf Deutsch - vesikuläre Struktur?). Es gibt auch zahlreiche dispersive hyphae (auf Deutsch – Dispersionshyphen?)  gerade, braun, nicht septierten, 2-5 μm breit bis 30-60 μm lang. Die Hyphen vielerorts deutlich grün, blaugrün nach Melzer oder KOH 5%.

Gefunden unter Pseudotsuga menziesii

Eigentlich alles passt zum R.parksii aber... die Peridienstruktur ist auch sehr ähnlich zu unbekannt in Europa R.vesiculosus.
Auf DGfM steht, dass diese Art dreimal in Deutschland gefunden wurde. Vielleicht hat jemand Zugang zu früheren deutschen Funden R.parksii - zum Vergleich.

Schöne Grüße,

Tomasz

Die Fotos:
1.   Habitat
2.   Fruchtkörper
3.   Fruchtkörper
4.   Peridienhyphen
5.   Peridien ,,vesiculose" Zellen
6.   Dispersion hyphae
7.   Sporen
8.   Reaktion mit Melzer/KOH