Agaricus spec.

Begonnen von Schorsch, 13. August 2019, 18:48

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Schorsch

Lieber Christoph,
vielen Dank für Deine Antwort.
Ich denke die Diskussion war hilfreich für alle, die in der Pilzberatung tätig sind ohne jetzt selbst den Anspruch zu haben, jeden Pilz in der Beratung wissenschaftlich korrekt mikroskopisch oder gar sequenzierend auf Artebene zu bestimmen.
Gruß Schorsch
Frei di, dass regnt, wei wannst di ned freist, regnts aa.
frei nach Karl Valentin.

Christoph

Lieber Schorsch,

ob man Agaricus urinascens und Agaricus excellens komplett synonymisiert oder als Varietäten bestehen lässt, ist immer eine Ansichtssache. Ich weiß nicht, ob das schonmal genetisch geprüft wurde. Agaricus excellens fehlt halt der Anisgeruch - so wie er auch Agaricus osecanus fehlt. Es gibt also mindestens zwei große "Anisegerlinge" ohne Anisgeruch.

Ich halte es rein makroskopisch für schwierig. Hat er denn gegilbt? Gut, hilft auch nicht unbedingt, denn beide gilben ja nicht wirklich (Agaricus osecanus und A. iurinascens var. excellens - wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe).

Agaricus urinascens ist der Rekordhalter, was Cadmiumgehalt angeht - ich würde den nichtmal essen, wenn ich ihn ganz genau bestimmt habe  ;)

Jedenfalls ist klar, dass die Bestimmung aufgrund der Beschreibung allein kaum möglich ist. Das ist ja bei den Egerlingen das Problem in der Pilzberatung (und auch bei Täublingen, ehrlich gesagt). Deshalb mache ich es genau so, wie du es gemacht hast: ich gebe Egerlinge nur frei, wenn ich die Sektion sicher bestimmen kann. Die genaue Art interessiert die zu beratenden eh selten. Da reicht es oft, zu sagen, es sei ein "Blutegerling" oder einer der "Anisegerlinge". Und freigegeben hätte ich den hier auch nicht, denn nach deiner Beschreibung fällt es schwer, ihn irgendwo unterzubringen.

Mei Name für den Pilz wäre wohl gewesen "irgendein Champignon - mehr kann ich leider nicht dazu sagen; aber er sieht sehr interessant aus - kann ich ein Stück behalten, um den Pilz unter das Mikroskop zu legen? Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer geben, kann ich geren Bescheid geben, falls ich bzw. ob ich etwas rausbekommen habe."

So in der Art  ;)

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Schorsch

#1
Servus beinand,
ich hatte in der Münchner Pilzberatung einen Champignon vorgelegt bekommen, von dem ich natürlich keine Fotos oder sehr genaue Standortangaben habe. Wiese im Stadtgebiet von München.
Sehr kompakter Pilz, ca. 15 cm, auffällig dicker Ring mit deutlichem Zahnkranz. Geruch unauffällig, weder Anis noch Karbol.
Ich habe ihn, da ich ihn nicht als eindeutig essbaren Pilz bestimmen konnte, natürlich nicht freigegeben.
Mir ist auch klar, dass man ohne Fotos und Mikroskopie keine Aussage machen kann. Dennoch habe ich so meine Hypothesen entwickelt. Dabei sind mir ein paar Dinge unklar.
Ist A. urinascens und A. excellens synonym? In Pilze der Schweiz gibt es z.B. eine A. excellens, die Vollstieliger oder Schneeweißer Riesen-Champignon genannt wird. Beim Googeln kommt man z.B. auf Großsporiger Champignon, der vom Schneeweißen Champignon = Agaricus urinascens var. excellens (syn. Agaricus macrosporus subsp. excellens) unterschieden wird.
Die Leute in der Pilzberatung wollen oft einfach nur einen Namen für IHREN Schwammerl haben. Die stehen dann nicht so auf wissenschaftliche Erklärungen, obwohl sie die NICHT-Essens-Freigabe im großen Ganzen schon akzeptieren.
Und entschuldigt meinen ganz unwissenschaftlichen Beitrag aus dem Leben eines Pilzberaters.
Liebe Grüße Schorsch
Frei di, dass regnt, wei wannst di ned freist, regnts aa.
frei nach Karl Valentin.