Forum der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft

Allgemein => Expertenforum Mykologie => Thema gestartet von: Pudelchen am 26. Juni 2021, 12:00

Titel: Rhizopogen pannosus???
Beitrag von: Pudelchen am 26. Juni 2021, 12:00
Hallo Freunde der oberirdischen und unterirdischen Pilze,
und Fachschaft für Rhizopogon  :D (vielen Dank für die Nachbestimmung der R. verii)

heute wende ich mich an euch, da ich mal wieder für eine Rhizopogon Bestimmungshilfe brauche.
Folgender Fund stammt aus einem bunt durchwachsenen Buchenmischwald mit Kiefer auf Kalk (Gegend un Gößweinstein) An einer Fundstelle hat mir Hägar eine Hysterangium und diese Rhizopogen gegeben.

Im Folgenden gehe ich auf die Rhizopogon ein.
Der Fruchtkörper ca 1,5 cm im Durchmesser und ca 0,7 cm dick.
Auffällig war vom ersten Anblick an die aufgerissene Oberfläche und der Hyphen-Äquator.
Die Sporen unauffällig in der Form, 7-9 x 3-3,5 µm, Appendix nicht erkennbar, doch diese Sporenseite ist etwas flacher.

Nach dem Schlüssel gelange ich:
1* Sporen mit abgerundeter oder trunkater Basis, Basis nicht becherförmig ... 2
2* Peridie aus nur einer Schicht, bei diversen Nadelbäumen ..... 3
3* Rhizomorphen umhüllen nicht den gesamten Fruchtkörper, Scheitel ohne Rhizomorphen ... 14
14(3) Peridie schuppig .... 15
15* Schüppchen irregulär geformt, aus verwobenen, nicht parallel verlaufenden Hyphen aufgebaut ... Rh. pannosus

Doch die Beschreibung wirft Fragen auf:
- Der markante Hyphen-Äquator wird nicht erwähnt
- Das Hyphengeflecht der Peridie wirkt auf mich eher extrem dicht
- Zum Teil sind an der Oberfläche Stellen erkennbar mit palisadenartig angeordneten Zellen
- Im inneren Bereich der Gleba sollen parallele Hyhen verlaufen, hier konnte ich nur runde Zellen mit ca 6 µm Durchmesser finden.

Titel: Re: Rhizopogen pannosus???
Beitrag von: Pudelchen am 26. Juni 2021, 12:03
Noch ein paar Bilder:
Titel: Re: Rhizopogen pannosus???
Beitrag von: Christoph am 26. Juli 2021, 22:03
Servus Pudelchen,

sorry für die späte Reaktion - ich war lange nicht mehr online (berufs- und gesundheitsbedingt).

An Rhizopogon pannosus glaube ich ehrlich gesagt nicht. Gut, ich hatte diese Art noch nie bewusst in der Hand, aber:

1.) Die Sporen sehen für mich so gar nicht trunkat aus. Das müssten sie aber sein.
2.) Die dichten Hyphen der Peridie passen nicht, denn die Schüppchen müssten aus sehr lockeren Hyphen aufgebaut werden.

Warum ist das nicht eine der vielen Formen des Rhizopogon-roseolus-Formenkreises? Hast du dickwandige Brachybasidiolen gesehen?

Zur Makroskopie: bei so alten Exemplaren, die schon sehr weit "fortgeschritten" sind, würde ich den Makromerkmalen weniger Gewicht beimessen, vor allem, was die Peridien von außen angeht. Der Rhizomorphenäquator sieht nett aus, dürfte aber eher eine Laune der Natur sein, als typisches Merkmal.

Rein von der Wahrscheinlichkeit her würde ich bei der Sporenform und der dichten Peridie Rh. roseolus agg. sagen. Wie gesagt: nach Brachybasidiolen schauen ;-).

Liebe Grüße,
Christoph
Titel: Re: Rhizopogen pannosus???
Beitrag von: Pudelchen am 6. August 2021, 13:09
Hallo Christoph,

mit deiner Einschätzung bist du gut gelegen.  Ich habe eine Probe analysieren lassen. Dabei ist herausgekommen, dass sie eine gute genetische Übereinstimmung mit Rhizopogon rubescens DQ068965 hat.

Doch was bedeutet das für die Hobby Bestimmung - Rhizopogon ist makroskopisch und mikroskopisch derzeit fast nicht bestimmbar!
Die Peridie - keine ähnlichkeiten zu Roseolus-Typ.
Brachybasidiolen - vorhanden, doch fällt es mir schwer, diese zu anderen Arten abzugrenzen.
Sporen - ich meinte beim mikroskopieren Abflachungen erahnen zu können. War wohl nicht so. Größe und Form variieren bei roseolus laut Lektüre. Zusätzlich babe ich bei den getrockneten Sporen dunkle Flecken mit Melzers erhalten. (frisch hatte ich dies nicht geprüft). Dieses Merkmal wird in der Lektüre / Schlüssel zu Roseolus nicht erwähnt.

Rhizopogon bleibt wohl spannend.

Vielen Dank und schöne Grüße
Doris
Titel: Re: Rhizopogen pannosus???
Beitrag von: Christoph am 8. August 2021, 15:51
Servus Doris

ZitatDoch was bedeutet das für die Hobby Bestimmung - Rhizopogon ist makroskopisch und mikroskopisch derzeit fast nicht bestimmbar!

Vermutlich ja, zumindest im Rh. roseolus-Aggregat. Das ist ja ohnehin noch völliges Chaos – mehrere, noch nicht definierte Arten. Aber wie viele Mykologinnen und Mykologen arbeiten aktiv an der Gattung? Gäbe es mehr, die hier detaillier die Morphologie/Anatomie untersuchen würden und das regelmäßig publizieren (egal ob in Zeitschriften oder in Foren), wären vielleicht weitere, griffige Merkmale gefunden worden?! Wer weiß?

Auf der anderen Seite hat man jetzt mit der Sequenzierung ein Tool, das einem gut weiterhelfen kann (wenn genügend Typusmaterial auch schon vorher sequenziert und in Datenbanken gespeichert wurde).

Die dunklen Flecken der Sporen mit Melzers sind ja spannend. Schade, dass du frisch nicht danach geschaut hast. Wobei das meiste (z. B. von Maria Paz Martin) an Trockenmaterial erarbeitet wurde. Vitaltaxonomie kann vielleicht noch gute Merkmale hervorzaubern.

Mal ein Quervergleich: lange hatte niemand Chroogomphus durchgeackert (selbe Familie, deshalb das Beispiel). Jetzt sind es zig Arten bei uns, die sich meist auch anatomisch definieren lassen. Bei Rhizopogon ist auch noch sehr viel zu tun. Möge dein Pudel noch viele Wurzeltrüffeln ausgraben :-).

Liebe Grüße,
Christoph
Titel: Re: Rhizopogen pannosus???
Beitrag von: Pudelchen am 15. August 2021, 12:29
Danke Christoph,
ich werde is ihm ausrichten.

Insgesamt ist es schwierig, alleine zu Erkennen, dass ein Rh. roseolus-Aggregat vorliegt. Das ist bereits die erste Hürde!

Hierzu mein folgender Beitrag als Beispiel:
Rhizopogon roseolus-Aggregat
https://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,2123.0.html