Forum der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft

Allgemein => Plattform für Pilzfreunde => Thema gestartet von: abeja am 11. Juni 2022, 01:09

Titel: Hohenbuehelia cf. auriscalpium ?
Beitrag von: abeja am 11. Juni 2022, 01:09
Hallo allerseits,
heute im Wald trotz einigen, nicht sehr ergiebigen Regenfällen gähnende Pilzleere ... trotzdem gab es einen persönlichen Erstfund, der auch noch was Selteneres sein könnte.

Ich denke, Hohenbuehelia auriscalpium gefunden zu haben.

Fundort:
Hochrhein, feuchter Taleinschnitt auf ca. 440 m Höhenlage, Buchenmischwald auf Kalk mit eingestreuten Nadelbäumen,
auf bzw. neben finalmorschem Holz (würfelige Braunfäule) - ob Laubholz oder Nadelholz kann ich nicht sagen.
3 kleine weiße spatelförmige Pilze, einer deutlich auf sichtbarem Holz, 2 eher daneben, den "größten" Pilz habe ich fotografiert: 2 cm hoch und oben 1 cm breit.
Hut leicht faserig, Lamellen dichtstehend, untergemischt, herablaufend, nicht glattschneidig,
Stiel deutlich ausgeprägt, weißes Mycel zwischen den Holzfasern.
Fleisch weiß, dickliche Schicht unter Huthaut, Geruch kaum feststellbar, eventuell minimal "frisch"-mehlig
Geschmack deutlich bitter.  (Den Fruchtkörper habe ich mitgenommen.)

Ich stelle die Fotos hier mal ein, weil ich bei der Recherche auf ältere Funde und Forenbeiträge von Hias gestoßen bin, da geht es um sehr ähnliche Pilze und auch um die Frage auriscalpium oder abietina.
Da war auch der Geschmack bitter, obwohl die Pilze als mild beschrieben werden in der Literatur.

Dann habe ich ein Dokument von Oktober 2020 gefunden (Holec und Zehnalek)
"Taxonomy of Hohenbuehelia auriscalpium, H. abietina, H. josserandii, and one record of H. tremula": (https://www.researchgate.net/publication/344609600_Taxonomy_of_Hohenbuehelia_auriscalpium_H_abietina_H_josserandii_and_one_record_of_H_tremula)

Die Funde, die man bisher  H. auriscalpium oder abietina zugeordnet hat, sind molekulargenetisch nicht zu trennen.
ZitatThe recently published conclusion that H. auriscalpium and H. abietina are conspecific was confirmed. The species grows on wood of deciduous trees as well as conifers. The thickness of the gelatinous pileus layer and the presence or absence of pileocystidia proved to be taxonomically irrelevant....
M a c r o c h a r a c t e r s. There is no difference in basidiomata size and shape between collections from conifers and Fagus (Tab. 2). In both cases the basidiomata can be both pale, small, slender, spathuliform and, on the other hand, darker, larger, thicker, and flabelliform with a lobate margin. Principally, the basidiomata change during ontogeny, being pale and glabrous to finely white tomentose when young and becoming darker and more tomentose to white tomentose-squamulose at maturity

VG abeja

Bilder vom Holz (Pilze daneben, bzw. schon entnommen), am Ort war es extrem dunkel ("grünes Licht"), daher später mit LED, bzw. noch später im Sonnenlicht fotografiert.


Titel: Re: Hohenbuehelia cf. auriscalpium ?
Beitrag von: UmUlmHerum am 12. Juni 2022, 01:23
Hallo Abeja,

Deinen Fund finde ich schon recht eindeutig (auch ohne Mikro) – Form und Gestalt des Frk., der HDS, der Lamellen, die Farbe. Meinen ersten Ohrlöffel-Harpunenschwamm-Fund hatte ich durchmikroskopiert, beim Zweiten kurz "drübergeguckt!", den Dritten und Vierten nur makroskopisch mit sicherem Gefühl...

Pilztechnisch geht hier auch nicht viel, aber schon immer a bissi was wie z.B. Dachpilze, 2 Täublinge (von den Schnecken schon sehr zamgfressn), Gesäte Tintlinge, verschiedene blasssporige Rüblinge, eine Wahnsinnsmenge an Sommeraustern (leider 1...2 Wochen zu spät entdeckt, schon madig – so kommt´s, wenn man im Sommer fruktifiziert), riesige Schuppige Porlinge...

Viele Grüße – Rika

Fotos vom:
21.08.2017 (2 Fotos) – 23.07.2018 (1 F.) – 01.09.2028 (1 F.) – 22.09.2021 (2 F.)
Titel: Re: Hohenbuehelia cf. auriscalpium ?
Beitrag von: Hias am 12. Juni 2022, 09:10
Servus beinand,

sehr interessanter Artikel von Holec et al., danke fürs Verlinken!

H. abietina "beerdige" ich trotzdem erst, wenn ich die Sequenz aus dem GBOL-Projekt habe, falls das überhaupt irgendwann mal passiert.

Beste Grüße
Hias
Titel: Re: Hohenbuehelia cf. auriscalpium ?
Beitrag von: abeja am 12. Juni 2022, 16:54
Hallo,
danke für die Ergänzungen/ Kommentare.  :)

Du hast auf jeden Fall die optisch schönere Kollektion, Rika ... die machen ja sehr viel mehr her. Bei mir guckten zum Teil nur die Oberkanten aus den gruseligen Holzresten.
Ich bin mir rein makroskopisch auch recht sicher. Was vor Ort nicht so gut funktioniert hat, war Geruchsfeststellung und diese gelatinöse Schicht meinte ich (bei einem zerflückten Pilz) gesehen zu haben, aber es war keine Elastizität irgendeiner Hautschicht feststellbar. Das hatte ich aber schon mal bei einem Hohenbuehelia-Fund (H. geogenia/petaloides), da konnte man das erst bei einem Pilz, der über Nacht im Kühlschrank gelegen hatte, erfolgreich testen.

Genau so war es hier auch wieder: am nächsten Tag konnte man die oberste Hutschicht, mit dem was exakt darunter liegt, ein klein wenig dehnen, ohne dass sie sofort zerrissen wäre. Auch war der Geruch etwas eindeutiger "mehlig" (aber immer noch schwach).

Ich habe noch ein Detailbild eines Schnittes gemacht, da kann man vor allem auf der rechten Seite diese gelatinöse Schicht ganz gut sehen.

VG abeja

(PS. pilzlich gähnende Leere meint hier: am Dienstag in einer Stunde: ein Tintling Richtung C. domesticus o.ä. + einen winzigen Hortiboletus, mit vielen Maden und am Freitag in 3 Stunden: einen völlig zernagten Dachpilz und eine Dreiergruppe frische Pfeffermilchlinge. Keine Täublinge, keine Röhrlinge, keine Faserlinge, keine Tintlinge, keine Austern - nur ein bisschen Zuwachs bei Porlingen und Spaltblättlingen. Die Schuppigen Porlinge kommen hier früher, eher so Anfang Mai. An einer bekannten (aber vergessenen Stelle) konnte ich Ende Mai nur noch die riesigen Reste sehen.
Titel: Re: Hohenbuehelia cf. auriscalpium ?
Beitrag von: UmUlmHerum am 12. Juni 2022, 22:34
Hallo Abeja,

bei Hohenbuehelia auriscalpium ist die Gallertschicht eh relativ dünn (Mikro-Foto), nicht so ausgeprägt wie bspw. bei H. mastrucata – siehe Makro-Foto.

Heute war ich noch mal bei der Peziza (dazu später), habe eine Scutellinia mitgenommen (damit mir nicht langweilig wird), später noch 2 milde Täublinge gefunden (sporen gerade aus) und einen kleinen Goldröhrling. Ansonsten: ein 1/2 Dutzend Runzelige Dachpilze und immer noch Gesäte Tintlinge. Das war´s! Aber auch schön waren die beiden Waldhyazinthen, der Türkenbund hat schon ganz dicke Knospen. In den verdichteten, beschatteten Rückegassen ist es noch richtig nass, aber daneben alles f...trocken. Wo sich die für heute Nacht angekündigten Gewitter wohl abregnen??

Gute Nacht – Rika
Titel: Re: Hohenbuehelia cf. auriscalpium ?
Beitrag von: abeja am 13. Juni 2022, 21:27
Zitat von: UmUlmHerum am 12. Juni 2022, 22:34
nicht so ausgeprägt wie bspw. bei H. mastrucata – siehe Makro-Foto.
In den verdichteten, beschatteten Rückegassen ist es noch richtig nass, aber daneben alles f...trocken. Wo sich die für heute Nacht angekündigten Gewitter wohl abregnen??

Hallo Rika,
diese Gallertschicht bei H. mastrucata finde ich außergewöhnlich (für die Art ist es das wohl nicht, aber für die Gattung schon) - sie erinnert mich an die "Glibbermatte" in Dominosteinen  ;) . Bei H. geogenia/ petaloides muss man die Schicht auch eher suchen, mit bloßem Auge ist höchstens eine ganz dünne Linie sichtbar.
... hier hat das Gewitter sich nicht abgeregnet, es hat nur geblitzt in der Ferne. Aber in Rückegassen steht tatsächlich auch hier und da noch etwas Wasser und das "Grüne" ist sehr hoch, da wo alte Pfade selten gegangen werden. An manchen Stellen kommt man kaum durch. Heute habe ich einen winzigen Abstecher in den Wald (in Höhenlage gemacht): 1 madiger Düsterer Rotfuß und tatsächlich nochmal Schuppige Porlinge ... ganz klein bis mittelgroß im Wachstum gestört und steinhart eingetrocknet ...

VG abeja