Cortinarius (Myx) barbatus/crystallinus vs. ochroleucus/eburneus - Teil 4

Begonnen von Helmut, 22. Januar 2011, 20:01

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Christoph

Servus Hias,

auf Dich ist Verlass - genial! Interessant finde ich die Geruchsbeschreibung - für mich war es typischer Fälblingsradi, für Dich weihrauchartig.

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Hias

Servus zusammen,

also den Weg nach Leutstetten kannst du dir sparen, Christoph, den Job hab ich für dich übernommen   ;D





Die Kollektion wuchs direkt am Würmufer bei Buche.

Beschreibung:
Funddaten: 27.09.2010; MTB 7934-3-1-2, 580 m; Leutstetten, Würmtal Ostufer, direkt am Ufer am Stammgrund einer großen Buche; gesellig bis büschelig (>8 Fk); Hut: bis 3,3 cm breit, meist recht schmächtig, schleimig bis klebrig, nur am Rand bisw. schwach eingewachsen faserig, oberhalb des Rands oft mit konzentrischen Wasserflecken, elfenbeinweiß bis cremefarben; Stiel: bis 4,5 x 1,5 cm, zur Basis hin meist spindelig verbreitert und dann ausspitzend, schleimig bis klebrig, weiß; Lamellen: aufsteigend bis ausgebuchtet angewachsen, gedrängt, jung cremeweiß, später cremegrau bis beige; Schneiden glatt; Fleisch: Grundfarbe weiß, vor allem unter der Huthaut gelb, auch im oberen Stielbereich oft gelblich oder gelb marmoriert; Geruch: schwach weihrauchartig; Geschmack: bitter; Mikromerkmale vom Exsikkat: Sporen: subamygdaloid, Apex schmal bis mittelbreit gerundet, mäßig warzig, Maße: 7,2 x 4,6 (6,5-8 x 4,5-5), Q=1,57 (1,44-1,78);
Mit Funga Nordica und Gminder 2010 komme ich problemlos zu C. barbatus (=cristallinus); zur Unterscheidung von nahestehenden Arten kann ich leider nichts beitragen, Helmut, weil ich noch keine anderen Kollektionen aus der Gruppe habe. In FN werden C. ochroleucus und eburneus vollständig ignoriert, wenn ich das richtig sehe.

Grüße
Hias

Christoph

Hallo Helmut,

ich hatte mich vor Jahren mit einer Kollektion aus Leutstetten (Buchenwald, Kalk) herumgeschlagen. Er kommt aber jedes Jahr - so dass ich ihn mal wieder neu aufsammeln kann...

Fotos habe ich leider keine zur Hand (noch ein Grund, den Fundort aufzusuchen). Kurzmerkmale, die ich charakteristisch empfand:

Stiel trocken erscheinend, Hut und Stiel falbblass, fast weiß - ich dachte an einen Fälbling, aber die von den Sporen rostige Cortina schrie nach Cortinarius. Geruch wie ein Fälbling: deutlich nach Radi, aber ohne auffällige süße Komponente. Habitus: schlankstielig, FK klein bis mittelgroß (Hutdurchmesser bis 4 cm).

Ich hatte damals mit Moser geschlüsselt und kam auch in die Ecke C. ochroleucus / crystallinus. Da ich sonst keine Schleierlinge mache, habe ich den Fund sträflichst schlecht/nicht dokumentiert. Ich nenne ihn immer C. crystallinus s.l.

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

mollisia

Hallo,

ich finde das passt sehr gut auf C. barbatus, ich hätte keine Bedenken, die Art so zu benennen.

C. croceocristallinus ist ein weitgehend fallengelassenes Taxon. Erstens ist es kaum fassbar, zumindest nicht in einer Abgrenzung zu C. barbatus, zum anderen sind fast alle nomenklatorischen Kombinationen ungültig, da die Art von LOCQUIN ungültig beschrieben wurde. Auch die Moserschen Umkombinationen basieren auf dem ungültigen Basionym von LOCQUIN. Erst HENRY hat in den Doc. Myc. 73 (1988) die Art gültig beschrieben. Sie muss also C. croceocristallinus Hry. oder C. croceocristallinus (Locquin ex) Hry. heißen. Ich habe das entsprechende Doc. Myc. nicht, um nachzusehen. Vielleicht ist dort auch eine Beschreibung dabei. Eine Farbtafel der Art existiert meines Wissens nicht.

beste Grüße,
Andreas

Helmut

Servus Cortinarienfreunde,

wer jetzt auch diesen Beitrag liest, muss sich schon ein wenig mehr für die Gattung interessieren.  :D

Und hier der letzte Beitrag, diesmal wieder eine aktuelle Kollektion von Ende Oktober 2010. Die Unterschiede zu den vorher präsentierten Funden:
- Sporen größer und stärker warzig, 7,5-8,5 (9) x 4,5-5,5 (5,8) µm
- Hutmitte ockerlich, Rand weißlich
- Geruch süßlich mit Rettichkomponente
Der Geschmack war wieder sehr bitter.

Ökologie: Unter Buche (entfernt Fichte und Kiefer) auf trockenem, lehmigem Boden über anstehendem Muschelkalk.

Damit entspricht dieser Fund recht gut den Literaturangaben zu barbatus (=crystallinus). Da diese Kollektion sich deutlich von den vorherigen unterschied (mikr., aber auch makr.) und ich den Namen barbatus wohl fälschlicherweise schon für eine andere Sippe ,,vergeben" hatte, suchte ich zunächst nach einer Alternative und fand sie in Moser 1983 mit C. croceocristallinus.

C. croceocristallinus ist nur bei Moser 1983 kleingedruckt (also unsicher oder sehr selten) enthalten und bei Marchand lediglich erwähnt. Mikroskopisch entspricht sie durch große Sporen (6,6-8,7 x 4,5-5,5 µm) eher C. barbatus. Der hygrophan wirkende Hut meiner Kollektion wäre nach Brandrud et al. ebenfalls eher C. barbatus zuzuordnen.

Somit werde ich diese meine jüngste Kollektion unter dem Namen barbatus ablegen – zumal die Abgenzung zur croceocristallinus nicht scharf genug zu sein scheint.

Gruß

Helmut

P. S.: Jetzt wisst Ihr vielleicht, warum ich mich beim Rätseln in letzter Zeit zurückhalte.  8)