Bestimmungshilfe: Inonotus?

Begonnen von Fredy, 9. Juli 2010, 11:37

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Christoph

Hallo Gernot,

oh, da bin ich ja absolut nicht mehr up to date... Vielen Dank für die Literaturtipps! Da habe ich einiges zum Nachlesen. Bin schon richtig neugierig.

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Gernot

Hallo Fredy und Christoph,

ein sehr interessanter Thread! Ich traue mir mittlerweile zu, typische Exemplare von T. ochracea (T. zonata und T. multicolor sind m.W. Synonyme) im Feld anzusprechen, und wenn man typische Exemplare von T. ochracea mit typischen Exemplaren von T. versicolor vergleicht, dann kommt man fast gar nicht auf den Gedanken, dass es zwischen diesen Arten zu Verwechslungen kommen könnte. Ich kenne T. ochracea so, wie sie z.B. in Aphyllopowers Blog (http://aphyllopower.blogspot.com/2007/02/ockerfarbene-tramete-zonentramete.html) dargestellt ist.

Diese Zwischenformen, wie sie auch Fredy hier zeigt, bereiten mir zum Teil aber schon Kopfschmerzen. Was bleibt denn da als Trennmerkmal? Nur die dunkle Linie zwischen Hutfilz und Fleisch? Mikroskopisch geht ja leider auch nur wenig bis gar nix...
Zur Verwirrung trägt leider auch die unkritische Verwendung der Namen bei. Alle gelblichen Formen werden schnell mal als T. ochracea bestimmt, alle stark gezonten als T. zonata und die besonders bunten als T. multicolor.

Genetisch ist T. versicolor übrigens durchaus schon öfter untersucht worden (z.B. Ko & Jung 1999; Zhang et al. 2006; Yang et al. 2010 und die für uns vermutlich interessanteste, weil alle verwandten Arten umfassende Studie von Tomšovský et al. 2006). Letztere Arbeit hat übrigens auch gezeigt, dass T. cervina gar nicht in die Gattung Trametes gehört, weshalb sie später in die eigene Gattung Trametopsis gestellt wurde (Tomšovský 2008), aber das nur am Rande. Leider gehen die ersten drei Publikationen nicht besonders auf die nahe verwandten Arten von T. versicolor ein.

Sehr interessant ist auch die Publikation von Tomšovský & Homolka (2004), die zeigt, dass sich die Arten um T. versicolor (T. hirsuta, T. ochracea, T. pubescens, etc.) nicht mit T. versicolor kreuzen lassen. Wie gesagt ist das nicht wirklich weiter erstaunlich, denn typische Exemplare von T. ochracea haben eine Reihe von Merkmalen, die eine eigene Art rechtfertigen, wären da nicht diese schwierigen Übergangsformen...

Schöne Grüße
Gernot

Literatur
Ko, K. S. & Jung, H. S. 1999. Molecular phylogeny of Trametes and related genera. Antonie van Leeuwenhoek 75: 191–199.
Tomšovský, M. & Homolka, L. 2004. - Mating tests among geographically separated collections of the Trametes versicolor (Fr.) Pilát (Basidiomycetes, Polyporales) group. Nova Hedwigia 79(3–4): 425–431.
Tomšovský, M.; Kolarík, M.; Pazoutová, S. & Homolka, L. 2006. - Molecular phylogeny of European Trametes (Basidiomycetes, Polyporales) species based on LSU and ITS (nrDNA) sequences. Nova Hedwigia 82(3–4): 269–280.
Tomšovský, M. 2008. - Molecular phylogeny and taxonomic position of Trametes cervina and description of a new genus Trametopsis. Czech Mycol. 60(1): 1–11.
Yang, X.-L.; Li G.-J.; Li, S.-F. & Wen H.-A. 2010. - Genetic diversity of Trametes versicolor revealed by inter-simple sequence repeat markers. Mycosystema 29(6): 886-892.
Zhang, X.-Q.; Yuan, J.; Xiao, Y.-Z.; Hong, Y.-Z. & Tang C. 2006. - A primary studies [sic] on molecular taxonomy of Trametes species based on the ITS sequences of rDNA. Mycosystema 25(1): 23–30.

Fredy

Hallo Pilzfreunde!

Nach nunmehr zwei Jahren wurde die Bestimmung der Art heute abgeschlossen!

Das erstaunliche Ergebnis lautet: Schmetterlings-Tramete (Trametes versicolor)!

Hier der Schlussbericht von Christoph, der ein Exsikkat der neuen Probe vom März diesen Jahres freundlicherweise mikroskopiert hat, um dem Rätsel auf die Spur zu kommen:

Nun, der Porling ist noch steril, was aber nichts macht, denn die Bestimmung ist dennoch einfach. Es ist leider einfach nur Trametes versicolor.

Zunächst zur Gattung: Passt alles, trimitisches Hyphensystem (jetzt sieht man wunderschön die lebenden Vorstufen zu den Bindehyphen, da die Fruchtkörper gerade wachsen), Maße usw. Makroskopisch ist es auch klar was schmetterlingstrametisches. Auch die schwarze bzw. dunkle Linie, die unter dem Hutfilz beginnt und zur Anwachsstelle in das Fleisch hineingeht, ist schön ausgeprägt. Das fehlt bei Trametes zonata.

Es ist also eine ungewöhnliche Wuchsform bzw. das, was wohl meist als Trametes zonata bezeichnet wird. Die dicke Anwachsstelle und die jung eher ockerliche Hutoberseite sind "nicht normal", aber das kommt immer wieder vor. Till Lohmeyer kennt auch alle drei und wir haben viel drüber diskutiert: Trametes zonata s.str. (finde ich meist an Birke im Winter), Trametes versicolor s.str. und die Tr. versicolor, die sich als zonata ausgibt (was Du gesammelt hast). Interessanterweise fehlt dieser im Frischzustand bisweilen die dunkle Linie, beim Trocknen kommt sie dann aber dennoch. Genetisch ist hier noch nichts gemacht worden, Wäre aber spannend. In Regensburg gab es mal einen Ansatz dazu, der wurde aber aufgegeben. Trametes versicolor ist manchmal ein bisserl tückisch...


Ich hoffe, Euch mit diesem Ergebnis ein paar aufregende Momente bieten zu können und möchte mich hiermit noch einmal recht herzlich bei Christoph für sein Engagement bedanken!

Grüße Euch,

Fredy

Christoph

Hallo Fredy,

die Zonentramete ist und war wohl immer wieder Stoff für langwierige Diskussionen. Ich finde "meine" Zonentrameten meist in der kalten Jahreszeit und gerne an Birke, aber nicht ausschließlich. Hermann Jahn hat seine Meinung zu dieser Art (?) auch im Laufe der Zeit verändert und erweitert.

Falls es die Zonentramete wirklich geben sollte, sind vermutlich einige dickfleischige Schmetterlinge dort mit inseriert. Zusammen mit den früheren Bildern und den jung ockerlichen, sehr knubbeligen Hüten, sieht es aber nach Tr. ochracea im engeren Sinne aus. Trimitisch passt auch. Den Rest prüfe ich dann anhand des Packerls. Hoffen wir mal, dass sie schon reif sind... ;-)

LG
Christoph
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Fredy

Hallo Christoph!

Vielen Dank für Deine rasche Antwort! Die Probe ist am Trocknen! Ich schicke sie Dir gerne!

Nachdem zufälligerweise in den letzten Tagen mehrere Zonen-Trameten (T. ochracea) in Foren diskutiert worden sind, habe ich diese Art ebenfalls in Erwägung gezogen, obwohl sie für mich bis jetzt eher so eine Art Legende darstellte, die ich hier am Hochrhein selbst (wissentlich) noch niemals gefunden habe, obwohl sie ja im Allgemeinen recht häufig sein soll.

Die Tatsache, dass ausgerechnet diese Art die Lösung eines lange und in mehreren Foren ausgiebig diskutierten Themas, das sich über die Gattung Inonotus bis hin zu Perenniporia erstreckte, sein soll, wäre ja eine richtige kleine Sensation und für mich ein "Erstfund", der nunmehr schon zwei Jahre zurückliegen würde...

Ich bin gespannt, ob sich noch mehr Meinungen auftun werden, denn die Ansichten verschiedenster Stadien und das Vorhandensein einer Vielfalt von farblichen Aspekten setzt m. E. den Bestimmungsmöglichkeiten doch gewisse Grenzen!

Grüße,

Fredy

Christoph

Hallo Fredy,

für mich sieht das wie eine Tramete aus - die Schmetterlingstramete kann auch mal dickfleischiger sein. Oder es ist die Zonentramete... Jedenfalls ist das meine erste Idee, wenn ich die Bilder anschaue.

Ob die Fruchtkörper schon reif sind, ist noch ein bisserl die Frage, könnte aber durchaus sein, wenn es bei Euch schon länger warm ist. Ich kann mich gerne nochmal versuchen. Ich habe ja ab nächster Woche Osterferien.

LG
Christoph
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Fredy

Nochmals hallo!

Leider kann man nicht mehr als 10 Bilder auf einmal uploaden, so dass ich die Fotos der Pilze an "Substrat 2" hier gesondert hochladen muss.

"Substrat 2" ist das auf "Substrat 1" folgende Teilbruchstück des Stammes, welches sich ursprünglich in ca. 4 bis 6 m Höhe befand.

Das Holz ist gedreht, die gezeigte Bruchstelle (Bilder 1 bis 3) befand sich zwischen Erdboden und Holz, also an der Unterseite des liegenden Stammes.

Gruß und Dank,

Fredy

Fredy

#10
Hallo zusammen!

Nachdem ich letztes Jahr leider keine neuen Fruchtkörper entdecken konnte, ist es nun, ziemlich genau zwei Jahre nach meiner Erstanfrage, doch wieder so weit und ich kann mit neuen Fotos der Pilze aufwarten, die sich Dank deutlicher Hutbildungen nun doch etwas klarer präsentieren.

Der "Zwillingsbaum" ist mittlerweile umgestürzt und in mehrere Teile zerbrochen.
Meine Funde sind teilweise noch am stehenden Substrat gewachsen, deutlich sind aber bereits entsprechende Neuausrichtungen zu erkennen.

Die Pilze an "Substrat 1" haben sich am noch stehenden Stamm in ca. 2 bis 4 m Höhe befunden, diejenigen an "Substrat 2" in ca. 4 bis 6 m Höhe. Die "Substrate 1 und 2" bilden zusammengehörige Teilstücke eines der beiden Stämme.

Das Wetter im März war bis jetzt langanhaltend trocken, die Höhe des Fundortes über dem Meer beträgt ca. 370 m, Temperaturen von nachts ca. 9 Grad bis tagsüber teilweise über 20 Grad bescherten uns hier am Hochrhein bereits eine ausgiebige Wärmeperiode.         



Ich bin sehr gespannt, ob man meine Funde nun bestimmen können wird!

Für Interessenten habe ich ein Exsikkat gesichert, welches dieses Mal hoffentlich fertil ist!

Dieser Beitrag wurde auch im Pilzforum.eu veröffentlicht!

Grüße,

Fredy

Fredy

Alles klar Christoph!

Ich bleibe dran und werde auf jeden Fall ein Plätzchen im Tiefkühler freihalten!

Viele Grüße,

Fredy

Christoph

Hallo Fredy,

nicht zu danken! Ist ja leider relativ wenig bei rumgekommen...

An Perenniporia fraxinea glaube ich nicht recht. Ich habe die Art einmal gesehen. Sie ist kräftiger und bildet deutliche Konsolen/Hüte.

Dass die Probe unreif war, ist ja nicht deine Schuld. Auch nicht, dass sie nicht mehr gut beinand war. Porlinge solltest Du aber nach dem Trocknen(!) und Abpacken als Exsikkat immer erstmal drei Tage durchfrieren (Tiefkühltruhe), damit die Pilzkäfer und deren Eier absterben. Sonst sind Porlinge schnell nur noch Mehl.

LG
Christoph
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Fredy

#7
Hallo Christoph!

Vielen Dank für Deine Mühe!

Somit hätte ich einen Pilz mehr, an dem ich "dranbleiben" muß (es gibt noch diverse andere, so dass meine Waldspaziergänge mittlerweile eher einem Kontrollrundgang gleichen  :D ).

Ohne die Erwähnung Deines Arbeitstitels (Perenniporia) wäre ich wohl niemals auf die Idee gekommen, dass es diese Gattung sein könnte, denn auch auf den (spärlichen) Bildern im Net sind die Knubbelchen wenn überhaupt, dann aber nur andeutungsweise in dieser ausgeprägten, großflächigen Form zu sehen. Meine Abbildung "Lage ohne Hut" scheint wohl eher typisch zu sein.

Mit der Erwähnung von Perenniporia habe ich übrigens bei Aphyllopower die Art "Perenniporia fraxinea" (Eschenbaumschwamm) gefunden. Was hältst Du davon?

Also wie gesagt: ich werde dranbleiben! Und wenn sich was tut, werde ich mich bei Dir erkundigen, wie ich das mit der Probe etwas besser anstellen kann.

Viele Grüße aus Südbaden!

Fredy

Christoph

Hallo Fredy,

ich fürchte, ich kann das Geheimnis nicht lüften. Es ist jedenfalls definitiv kein Inonotus, wie es Peter schon anhand der Tramafarbe erklärt hat.

Tipp: Die poroiden Vertreter der Hymenochaetales (Inonotus, Phellinus etc.) verfärben sich im Fleisch mit Kalilauge schwarz (das machen zwar auch andere Porlinge, z.B. Ganoderma, aber nicht allzu viele).

Die Trama ist di- trimitisch (jedenfalls definitiv dimitisch, verzweigtem dünnere Elemente sind aber vorhande, die als Bindehyphen durchgehen können) und die generativen Hyphen haben Schnallen.

Insofern wäre Perenniporia eine Option. Ich denke da an Perenniporia medulla-panis. Die bildet an senkrechten Flächen durchaus diese undeutlichen, knotigen Hutknubbel. Hauptwirt ist allerdings die Eiche.

Leider ist die Probe völlig steril. Die Sporen wären diagnostisch wichtig (dickwandig, am Ende abgestutzt).

Leider braucht man hier die Sporen, um weiter zu kommen... Auf alle Fälle ist es ein interessanter Porling. Hoffentlich kommt er nächstes Jahr nochmal raus und wird dann reif.

Sorry, dass ich nichts genaueres sagen kann.

LG
Christoph
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Fredy

Hallo Peter, hallo Martin und Christoph!

Vielen Dank für Eure Antworten!

Es ist sehr interessant, Eure Vorschläge kennenzulernen, die auf jeden Fall schon einmal einen Bezug zum Aussehen des Pilzes darstellen!

Ich war heute die Proben für Christoph (Vielen Dank Christoph!) organisieren (die müssen übrigens schon fast nicht mehr getrocknet werden, so verschrumpelt sind sie schon wieder...) und konnte, wie schon Ende Juni, keinerlei Veränderung der Fruchtkörper in Bezug auf das Wachstum feststellen. Nachdem was ich herausgefunden habe, bewegen sich Eure Vorschläge in den "normalen" Dimensionen einer Hutbreite von 10 bis 20 cm, "meine" Pilzchen sind aber durchschnittlich nur 2 cm breit und sehen mittlerweile effektiv so aus, als seien sie bereits am Ende Ihrer Existenz angelangt... Ich bleibe weiterhin äußerst gespannt, was da noch dabei herauskommen wird!

Viele Grüße von Fredy


Christoph

Hallo Fredi,

erstmal herzlich willkommen hie rbei uns! Ich kann aber leider anhand des Bildes alleine keinen Namen ausspucken. Makroskopisch bin ich oft etwas bis sehr unsicher ;-). Du kannst mir aber gerne einen Fruchtkörper per Post zuschicken. Am besten getrocknet, da er bei den jetzigen Temperaturen ansonsten wohl nur schimmelig bei mir ankäme. Meine Adresse findest Du im Impressum unserer Hauptseite (www.pilze-bayern.de).

Liebe Grüße
Christoph
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MartinB

Hallo Fredy und Peter,

ich bin (auch) bei Aphyllos sauschlecht. Aber vor zwei Jahren wuchs an einer Esche bei meiner Arbeitsstelle Spongipellis spumeus (bestimmt von Christoph H.). Der scheint mir nicht unähnlich zu sein.
Hier zumindest ein Farbvergleich:
http://www.hlasek.com/spongipellis_spumeus_ai6357.html
Meine eigenen Bilder sind von viel älteren Fruchtkörpern und daher nicht vergleichbar.

Herzliche Grüße,

Martin