Streifzug durch die Fröttmaninger Heide

Begonnen von AK_CCM, 16. Mai 2010, 19:17

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Christoph

Servus Andreas,

ja, es gibt was schriftliches. Es war einerseits Ludwigs Diplomarbeit, andererseits wurden die Mykorrhizen in der Zeitschrift "Descriptions of Ectomycorrhizae" publiziert. Ludwig hat - denke ich - noch Sonderdrucke. Schreib ihn doch einfach mal an. Vielleicht kann er Dir auch die Diplomarbeit schicken/leihen.

Hier findest Du Ludwigs Kontaktdaten: http://www.env.ethz.ch/people/all/02720/beenkenl/index

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

AK_CCM

Servus Christoph,

werde bei Gelegenheit nochmals reinmikroskopieren.
Gibt's was Schriftliches über Ludwig Beenkens Arbeit?

Gruß, Andi

Christoph

Servus Hias und Andreas,

die Mallocyben haben es einfach in sich, da sie so wenig Mikromerkmale haben. Es sind ohnehin nicht "so richtige" Risspilze, da sie z.B. in der Mykorrhizamorphologie deutlich von dem Rest der Gattung unterscheiden (hat Ludwig Beenken erarbeitet).

Ich kann nur den makroskopischen Eindruck bestätigen, dass für mich diese Feinschuppigkeit gegen Inocybe dulcamara spricht. Da die Fröttmaninger Heide ja des öfteren begangen wird, sollte die Sache ja auf Dauer zu entscheiden sein. Vielleicht äußert auch Helmut seine Meinung, wenn er den Thread sieht.

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

AK_CCM

Servus Hias,

gebe Dir recht: Makroskopisch schauen die Dinger anders aus, insbesondere die Hutoberseiten. Aber, um mal in die andere Kerbe zu schlagen, rechtfertigt das noch keine eigene Art. Allerdings habe ich von der Gattung wirklich keinen blassen Schimmer. Insofern könnte durchaus ein anderer Risspilz infrage kommen.

Wenn ich nicht lieber Rötlinge mikroskopiere, würde ich mich gerne draufstürzen. :-\

Ich notiere jetzt "Inocybe spec." auf meinem Zettel und warte mal ab, ob sich noch etwas dazu ergibt.

Gruß, Andi

Hias

Servus Andi,

ich würde diesen Fall noch nicht ad acta legen. Gestern habe ich in Fröttmanning genau dieselben superschuppigen, fuchsigen Teile gefunden wie du. Wenn du die gegen eine typisch olivbraune, filzige Wald- und Wiesen-Dulcamara hältst, kommst du nicht auf die Idee, dass das dieselbe Art sein könnte.

Wenn diese "Form" völlig konstant sein sollte (und ich sah gestern in einer Kollektion über 20 Fruchtkörper, die so aussahen), kann man sie von einer "normalen" dulcamara leicht unterscheiden, auch wenn es mikroskopsisch zumindest schwierig ist. Ob das in Funga Nordica angegebene Schlüsselmerkmal der bräunlich pigmentierten Zystiden wirklich belastbar ist - keine Ahnung.

Warum sollten die schuppigen fuchsigen und die filzigen olivbraunen nicht durcheinanderwachsen und trotzdem verschieden sein?

Ich tät sagen, wir bleiben da einfach mal dran.


Grüße
Hias

AK_CCM

#13
Hallo Andreas, hallo Risspilzler,

Zitat von: mollisia am 19. Mai 2010, 21:41
Bei Inocybe dulcama mit einer so schön schuppigen Hutoberfläche tue ich mich auch sehr schwer. Könnte es nicht auch I. fuscomaginata oder I. perbrevis sein?

bemerkenswert, wie lange das Frischmaterial im Kühlschrank ausgehalten hat: Von 2 Frk. konnte ich gerade eben noch einen unversehrt unters scharfe Glas legen - der andere roch schon etwas vergänglich und wurde deshalb gleich entsorgt. Sicherheitshalber hatte ich den Rest der Kollektion getrocknet. ;)

Die Sporen maßen 9,1-10,2-(11,1) x (6,1)-6,7-7,3-(8,2) µm, die Cheilos waren 23-33 x 13-19 µm groß, zumindest die häufig aufgeblasen-keuligen bis annähernd sphaerischen Endzellen. Allerdings waren sie stets hyalin und nie bräunlich pigmentiert, wie zumindest einige bei I. fuscomarginata sein sollten. Die Ch.Z. bestanden übrigens aus mehreren aufgeblasenen, aneinandergeketteten Elementen - die Zeichnung im Stangl passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

Insofern gehe ich davon aus, dass meine Einschätzung I. dulcamara gepasst hat.

Gruß, Andreas


PS: Jetzt muss ich wirklich mal mein Arbeitsgerät säubern, sonst sieht man bald mehr Artefakte als Mikromerkmale. :o

AK_CCM

Hallo Lorchelfreunde,

Zitat von: AK_CCM am 17. Mai 2010, 09:41
Bei Gelegenheit werde ich dort einmal gezielt den Bereich des Ölbachquelltopfs absuchen, denn dort herrschen ähnliche Strukturen vor, wie beim Fundpunkt in der Fröttmaninger Heide.

mein Kollege Andreas Staber fand am Montag ebenso wenig Helvella corium wie meiner einer gestern. Auch Helvella leucomelaena war nicht auffindbar. Die wenigen Pilze, die ich auf der Königsbrunner Heide fand, wiesen Trockenschäden auf (Grüne Schwefelköpfe an Wurzelresten im Boden sowie Wiesenstaubbecher und Nelkenschwindlinge auf den Freiflächen). Einzig 2 Frk. von Melanoleuca rasilis var. leucophylloides (im Sinne von Boekhout) waren noch einigermaßen frisch.

Gruß, Andreas

Peter

ZitatSieht für mich eher nach Cortinarius romagnesii aus. Eine sehr kleine Art des Frühjahrs, auf Xerothermflächen inkl. Brandstellen und gekieselten Grundstückseinfahrten.

Hallo Andreas & Andreas,

dieser Fund von heute aus einer alten Kiesgrube sieht eurer Aufsammlung bzw. Ansprache von C. romagnesii sehr ähnlich.

Sporen 8-10 x 4,5-5,5 µm
Cheilocystiden vorhanden, keulig

Geruch: null

Da ich die Arbeit von Bidaud, Moenne-Loccoz & Reumaux nicht daheim habe, bitte ich Andreas alias Molli hier mal um eine Plausibilitätsprüfung ;)


Grüße, Peter

 





"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Peter

Zitatnur kurz zur Helvella corium: Die könnte man viel öfter kartieren, würde man um diese Jahreszeit systematisch ehemalige Kiesgruben, die vom Alltagsbetrieb verschont bleibenden Randzonen noch aktiver Kiesgruben und vor allem Kiesgruben im Stadium der Rekultivierung aufsuchen.

Hallo Till und Kollegen,

sooo einfach erscheint es mir nach unserem heutigen Streifzug durch eines der wertvollsten ehemaligen Kiesgrubengebiete im Großraum München nun auch wieder nicht.

Leider Fehlanzeige trotz bester Bedingungen.

Dafür fanden wir den Kronenbecherling erstmals für das ehemalige Pionierkasernengelände.



Ein Tipp für alle Heidenfans. Er wächst also nicht nur an alten Waldrändern mit Buchen und bei Fichten sondern auch in warmen Kiefernwäldern.



Grüße, Peter




"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Hias

Servus,

den Risspilz habe ich ja "live" im Verein gesehen. Er ist schon arg schuppig für eine dulcamara.
Dennoch: Letztes Jahr habe ich drei Fröttmaninger Kollektionen mikroskopiert, die so ähnlich aussahen (also durchaus schuppig, wenn auch nicht so extrem), und alle drei wurden als dulcamara bestimmt.

Ich warte schon die ganze Zeit darauf, dass wir dort endlich auch eine fuscomarginata finden, denn der Standort ist perfekt.

Grüße
Hias

AK_CCM

Hi Andreas,

habe nichts mikroskopiert, d.h. Du kannst mit Deinen Zweifeln durchaus recht haben. Mal schauen, ob die aufgesammelten Kollektionen im Kühlschrank bis morgen überlebt haben - leider hatte ich es montags nicht mehr zur Frischpilzbestimmung des Münchner Vereins geschafft und die Funde versehentlich bei meinen Eltern stehen lassen. Wenn sie noch fit sind, schaue ich sie mir bei Gelegenheit gerne an. Super auch der Hinweis mit der Geopora, die hatte ich nicht registriert, nicht mal bei der Bildbearbeitung. Beim Risspilz hatte ich echt vergessen, ihn mit cf. anzuführen - mein Fehler.

Christoph, wie schon geschrieben, habe ich die aufgesammelten Frk. nicht näher inspiziert. Hätte ich mehr Informarionen, würdest Du sie zuerst erfahren.

Gruß, Andreas

Christoph

Hi Andreas (G.),

wow, die Geopora hatte ich glatt übersehen. Gut erkannt!

Den Cortinarius diasemospermus habe ich auch nicht wirklich geglaubt. Die Frage nach dem geruch steht noch offen... Wirklich Zitronenmelisse?

Zum Risspilz sage ich lieber nix, denn die Mallocyben finde ich schwierig, wenn es nicht was auffälliges wie I. terrigena ist... Aber jetzt, wo Du's sagst, finde ich Inocybe fuscomarginata als Tipp gar ned schlecht  8)

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

mollisia

Hallo Andreas,

also den Cortinarius diasemospermus hätte ich nicht erkannt. Sieht für mich eher nach Cortinarius romagnesii aus. Eine sehr kleine Art des Frühjahrs, auf Xerothermflächen inkl. Brandstellen und gekieselten Grundstückseinfahrten.

Bei Inocybe dulcama mit einer so schön schuppigen Hutoberfläche tue ich mich auch sehr schwer. Könnte es nicht auch I. fuscomaginata oder I. perbrevis sein?
Es ist übrigens Geopora arenosa/arenicola rechts davon zu sehen. Habt ihr die registriert?

beste Grüße,
Andreas

AK_CCM

Hallo Till,

Zitat von: Till am 16. Mai 2010, 22:46
nur kurz zur Helvella corium: Die könnte man viel öfter kartieren, würde man um diese Jahreszeit systematisch ehemalige Kiesgruben, die vom Alltagsbetrieb verschont bleibenden Randzonen noch aktiver Kiesgruben und vor allem Kiesgruben im Stadium der Rekultivierung aufsuchen. Das gleiche gilt für Sägewerke und deren Ränder, für  Baubrachen, überwachsenes Grubengelände etc - überall dort, wo auf gestörten Böden allmählich Weidengebüsche aufkommen und wo es obendrein nicht zu trocken ist.

der Gedanke kam mir bereits im Feld, als ich den zweiten Frk. aufsammelte: Pilzfreunde sind zu dieser Jahreszeit in solchen Biotopen eher selten unterwegs. Meist konzentriert sich alles wg. dem holden Gemörch auf auwaldähnliche Strukturen. Deshalb hatten Joe Reitmeier und ich gezielt eine frühere Begehung geplant, um den Frühjahrsaspekt des Areals kennenzulernen. Allerdings ist das Gelände derart weitläufig, dass mehrere Kollegen einige Wochen lang beschäftigt wären, das Gebiet auch nur annähernd flächendeckend zu begehen.


ZitatUnweit vom Tachinger See kenne ich so einen Kiesgrubenstandort, wo H. corium regelmäßig erscheint, außerdem wuchs sie am Rande eines Sägewerks im Salzachtal. Im Herbar habe ich auch noch eine Aufsammlung aus Hechendorf am Ammersee (Schotterweg zwischen Schilf, mit Weiden- und Birkenanflug) sowie deren 2 aus Schleswig-Holstein (Lägerdorfer Kreidegrube bei Itzehoe, alte Kiesgrube bei Idstedt).

Auch in der Lit. wiederholen sich solche Angaben. Bei Runge (1983) heißt es über Funde aus Westfalen: In der Nähe eines Sandsteinbruchs ... am Wegrand stocken angeflogene Salweiden...
... unter Weiden am Rande einer Ziegelgrube ... Bei Stangl (1966) heißt es: Langweidforst im Lkr. Augsburg, auf Betonfläche mit Bombenschutt unter angeflogenen Weiden, bei Benedix (1961): in einer Kiesgrube bei München ...

Interessant auch ein Hinweis aus Frankreich: auf dem Schlamm ehemaliger Klärteiche einiger Sodafabriken in der Gegend von Nancy (Dangien & Maurice 1979)

Vielen Dank für die detailierten Angaben zur Ökologie.

In der Online-Kartierung sind noch 4 Datensätze enthalten: Einen Fund machte Axel Schilling 1992 in Niedersachsen, südl. Lohne Kokenger Berge. Der zweite Eintrag informiert über einen hessischen Fund von Harald Zühlsdorf im Lollar Steinbruch am Wegrand. Außerdem existieren noch zwei Datensätze aus Bayern, die auf Wolfgang Beyers "Pilzflora von Bayreuth" basieren - leider ohne genaue Funddaten. Ein Fund gelang dem Autor westl. von Schwarzenbach am Wald, am Zinkelberg, der zweite nahe des Kirchenthumbachs, am Fußweiher.


ZitatIch frage mich bei der Art, wo eigentlich ihre natürlichen Standorte liegen.

Die Primärstandorte von H. corium vermute ich bei uns in Südbayern in Flussnähe im Bereich der Schotterebenen. Ähnliche Strukturen wie in Kiesgruben entstehen z.B. wenn die Flussarme der Isar oder des Lechs ihren Lauf verlagern, einige der Kiesbänke trocken fallen und diese nach einiger Zeit schließlich durch Weiden- und Birkenanflug verbuschen.

Vom Lech weiß ich beispielsweise, dass er vor der Begradigung seines Laufs aus einem Netz mit mehreren parallel fließenden Armen bestand, die fortwährend den Schotter umschichteten. Ebenso ist mir bekannt, dass er seinen Lauf ins den letzten Jahrhunderten um einige Kilometer nach Westen verlagerte. Den Beweis liefert z.B. das Relief der Königsbrunner Heide. Insbesondere der Bereich der Hasenheide zeigt noch deutlich die Spuren des einstigen natürlichen Landschaftsgärtners. Dort habe ich die Art allerdings noch nicht nachweisen können. Bei Gelegenheit werde ich dort einmal gezielt den Bereich des Ölbachquelltopfs absuchen, denn dort herrschen ähnliche Strukturen vor, wie beim Fundpunkt in der Fröttmaninger Heide.

Gruß, Andreas

Till

Hallo, Gemeinde,

nur kurz zur Helvella corium: Die könnte man viel öfter kartieren, würde man um diese Jahreszeit systematisch ehemalige Kiesgruben, die vom Alltagsbetrieb verschont bleibenden Randzonen noch aktiver Kiesgruben und vor allem Kiesgruben im Stadium der Rekultivierung aufsuchen. Das gleiche gilt für Sägewerke und deren Ränder, für  Baubrachen, überwachsenes Grubengelände etc - überall dort, wo auf gestörten Böden allmählich Weidengebüsche aufkommen und wo es obendrein nicht zu trocken ist.

Unweit vom Tachinger See kenne ich so einen Kiesgrubenstandort, wo H. corium regelmäßig erscheint, außerdem wuchs sie am Rande eines Sägewerks im Salzachtal. Im Herbar habe ich auch noch eine Aufsammlung aus Hechendorf am Ammersee (Schotterweg zwischen Schilf, mit Weiden- und Birkenanflug) sowie deren 2 aus Schleswig-Holstein (Lägerdorfer Kreidegrube bei Itzehoe, alte Kiesgrube bei Idstedt).

Auch in der Lit. wiederholen sich solche Angaben. Bei Runge (1983) heißt es über Funde aus Westfalen: In der Nähe eines Sandsteinbruchs ... am Wegrand stocken angeflogene Salweiden...
... unter Weiden am Rande einer Ziegelgrube ... Bei Stangl (1966) heißt es: Langweidforst im Lkr. Augsburg, auf Betonfläche mit Bombenschutt unter angeflogenen Weiden, bei Benedix (1961): in einer Kiesgrube bei München ...

Interessant auch ein Hinweis aus Frankreich: auf dem Schlamm ehemaliger Klärteiche einiger Sodafabriken in der Gegend von Nancy (Dangien & Maurice 1979)

Ich frage mich bei der Art, wo eigentlich ihre natürlichen Standorte liegen. Auf jeden Fall hat sie sich den menschlichen Aktivitäten gut angepasst ...

Schöne Grüße
Till