Pilznamen

Begonnen von dorle, 16. Mai 2010, 13:07

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dorle

Hallo Christoph,
die von Dir genannten Namen sprechen für sich.
Übrigens fällt mir da Folgendes ein:
Auf der ersten Bayerischen Mykologischen Tagung der BMG im Bayerischen Wald erzählte mir ein älterer Herr aus der ehemaligen DDR, dass dort der Amanita rubescens (Perlpilz), Rotpilz genannt wurde, wegen des rötlichen Anlaufens bei Verletzung oder "Anfras".
Thomas.

Christoph

Servus Thomas,

ich finde die deutschen Pilznamen schon allein kulturhistorisch interessant. Leider verschwinden diese immer mehr. Deshalb spreche ich hier (etwas off topic) auch den Aspekt der Vereinheitlichung der deutschen Namen an. Ich finde das sehr schade. Es wird z.B. sehr gerne das Abbildungsverzeichnis von Bollmann / Gminder / Reil als Referenz für deutsche Namen verwendet. Das ist sehr schade, weil es einfach die Sprachvielfalt reduziert. Zudem wird oft genug versucht, das gängige Gattungskonzept in die deutschen Namen zu pressen. So wird aus dem Maischwammerl (wie er für mich heißt und immer heißen wird) ein "Maischönkopf". Warum, frage ich... Georgsritterling ist auch ein schöner Name für die Art, auch wenn er wissenschaftlich kein Ritterling ist.
(So wie auch der Samtfußkrempling kein Krpemling ist, aber auf deutsch wohl immer so heißen wird).

In den deutschen Namen stecken Merkmale als Eselsbrücken und/oder regionale Sprachkultur.

Ich erinnere an das Wort Dobernigl, welches im BayerWald noch heute der Name für den Steinpilz ist. Im Sudetenland war Dobernigl einfach nur ein dicker Röhrling (Roßdobenigl = Boletus erythropus). Das Wort ist bis nach Kärnten verbreitet, dort aber nur noch als Nachname gebräuchlich (Dobernig). Kärntner haben den Namen durch Auswandern mit in die USA genommen...

Ich verstehe, was Du meinst, denke ich. Es wäre schade, wenn diese Namen auf Dauer verschwinden würden. Bei Neubeschreibungen von Arten, die keinerlei Relevanz für Ottonormalverbraucher haben, ergeben Namensbildungen aber oft nur Wortungetüme (z.B. Gattungsname "Zystidenrindenpilz" - es gibt sooo viele Cortis mit Zystiden, warum dann Peniophora so benamsen?), mit denen ich wiederum nichts anfangen kann.

Ich hoffe, dass Du keinen Durchfall bekommst, wenn Du im Herbst Pimpf und Pomeisl in die Pfanne haust und dazu noch Katharinenschwammerln mitbrätst, die so schön weinrot werden, denn die ganzen Schmerlinge an sich sind ja verdauungsanregend.

Wer nur einen oder keinen der Namen kennt, dem rate ich, mal ins Pilzbestimmungsforum zu schauen. Dort ist ein Sammelthread zu deutschen Pilznamen: http://forum.fungiworld.com/index.php?topic=1126.0

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

dorle

Hallo zusammen,
welche überragenden Vorteile die weltweit gültige Benennung der Pilze mit dem wissenschaftlichen Namen hat, ist allen bekannt.
Jetzt will ich wieder mal auf meine Anfänge zurückkommen. Was nach einer gewissen Zeit ganz gewohnt erscheint, war für mich anfänglich ganz ungewohnt, nämlich die wissenschaftlichen Pilznamen. Daher merkte ich mir erstmal die gewohnten deutschen Namen, mit dem Versuch mir auch die wissenschaftlichen zu merken. Mit der Zeit gelingt dies auch gut. Dennoch erhalte ich, wenn im Anschluss an den wissenschaftlichen Namen auch der deutsche genannt wird  oftmals noch einige Informationen, da in beiden Benennungen immer wieder Merkmale des jeweiligen Pilzes auftauchen.  Klar weiß der Fortgeschrittene schon beim wissenschaftlichen Namen "genug". Aber für Pilze interessieren sich glücklicherweise die unterschiedlichsten Menschen mit dem, unterschiedlichsten Kenntnisstand.  Mir fällt, zumindest was mich betrifft, auch immer wieder auf, dass bei Büchern in deutscher Sprache bei denen ausschließlich die wissenschaftlichen Namen genannt werden, ich mir immer wieder wünschen würde, auch die deutsche Bezeichnung dabei zu haben. Dass die wissenschaftlichen Namen wie bereits oben erwähnt von elementarer Wichtigkeit sind ist unbestreitbar, abgesehen davon dass eine wissenschaftliche Arbeit  ohne gar nicht denkbar ist.
Andererseits überlege ich, ob in der "allgemeinen" Literatur und u.U.auch in Gesprächen nicht auch im Interesse der Hobbypilzler, die nicht wenige sind, versucht werden sollte auch dies zu berücksichtigen, selbstverständlich nicht als Vorgabe, sondern im Interesse der allgemeinen Pilzkunde.
Beste Grüsse
Thomas.