Peniophora piceae - ein Portrait (und Erstnachweis für Bayern?)

Begonnen von Christoph, 30. März 2010, 19:43

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Ingo W

Hallo Christoph!

Du übertriffst dich!
Nun habe ich eine gute Vorstellung von der Art, das Finden könnte nun nur eine Frage der Zeit sein.
Dankeschön!!

VG Ingo W
Kleine Pilze sind auch schön, sehen bloß die wenigsten!

Wolfgang D.

Servus Christoph,

es lohnt sich sicher, wenn man der Verbreitung und der Verbreitungsdichte von P. piceae einmal gründlich nachzugeht. Ich kenne aus D auch nur die Nachweise aus BW sowie Nachweise aus dem Saarland. Aufgrund der relativ hohen Fundanzahl aus diesen beiden Ländern bin ich in Hinblick auf die Bestimmungssicherheit skeptisch. In Ö haben wir eine Reihe von Fundmeldungen, davon sind aber nur die wenigsten belegt und geprüft. Oft wurde P. piceae nur aufgrund des Namens mit P. pithya verwechselt! Teilweise liest man bei Literaturangaben auch noch andere Substratgattungen (außer Abies), aber das Bestimmen der Substrate ist ja oft noch schwieriger und dubioser als das Bestimmen der Pilze ...
Übrigens, es ist gerade eine Peniophora-Monografie von Eugene Yurchenko im Druck. Die bringt zwar taxonomisch nicht wahnsinnig viel Neues, aber es ist eine sehr ausführliche und detaillierte Darstellung dieser Gattung.
LG
Wolfgang

AK_CCM

Nachtrag: Den Tannenzystidenrindenpilz kenne ich übrigens auch nicht persönlich - da habe ich ja noch einiges, das zu finden es sich lohnt. 8)

AK_CCM

Tolles Portrait, Christoph!

Habe die Art bis dato leider noch nicht live gesehen - bin fast ein wenig neidisch auf Dein Finderglück. Zystidenrindenpilze finde ich generell sehr spannend, zumal Arten aus der Gattung auch als Wirt für einige Tremella-Arten herhalten müssen. Wenn es dann noch eine eher seltene Art ist, geht einem bei solch einem Fund das Herz auf. :)

Gruß, Andreas

Christoph

#1
Hallo zusammen,

der Name Peniophora piceae suggeriert zwar ein Vorkommen an Fichte (Picea abies), aber der Tannenzystidenrindenpilz - was für ein Wortungetüm - wächst nur (?) an Tanne (Abies alba).

Wie erkennt man ihn makroskopisch?

Nun, er sieht irgendwie aus wie eine Mischung aus den Arten Peniophora pithya, P. cinerea und P. limitata:

Peniophora pithya, die Schwesterart an Fichte, ist äußerst ähnlich. Im Mikroskop hat diese aber neben den Kristallzystiden auch Gloeozystiden. Makroskopisch kann man sie aber neben dem Substratunterschied gut im Trockenzustand unterscheiden:
Peniophora piceae (die an Tanne) hebt ihre Fruchtkörperränder ab, während sie bei P. pithya immer am Substrat bleiben, sich also nicht abheben.


Peniophora piceae - eingetrocknete Fruchtkörper mit sich abhebenden Rändern

Nicht zu trocken, also bevor sich die Ränder abheben, sieht P. piceae auch aus wie ein Grauer Zystridenrindenpilz, Peniophora cinerea, der aber nur an Laubholz vorkommt und ebenfalls keine sich abhebenden Fruchtkörperränder zeigt. Beim Eintrocknen reißt P. piceae genauso mosaikartig auf wie P. cinerea.

Ältere Stadien von P. piceae haben einen deutlichen, dunkleren Rand, der dann an P. limitata, die nur an Esche vorkommt, erinnert (und sich ebenfalls nicht abhebt). Man sieht das auf dem Foto ganz gut:


Peniophora piceae - alte Fruchtkörper mit dunklerem Rand

Junge Fruchtkörper von P. piceae, die gerade zuwachsen, haben dagegen weiße oder weißliche Ränder. Daran kann man sie auch gut erkennen:


Peniophora piceae - junge Fruchtkörper mit teils noch weißlichem Rand

Insgesamt lässt sich zusammenfassen:

Fruchtkörper resupinat, grau-violettlich ("peniophorafarben"), jung mit weißer Zuwachskante, dann Kante gleichfarben, um schließlich dunkler (etwas bräunlich) als der Fruchtkörper zu sein. FK eng am Substrat anliegend, beim Eintrocknen erst mosaikartig aufreißend, schließlich die Ränder abhebend.
Im Mikroskop sind zudem das dunkelbraune Subiculum (gemeinsames Mermal mit P. pithya) und das Fehlen von Gloeozystiden (Unterschied zu P. pithya) kennzeichnend.
Vorkommen: An ansitzenden, abgestorbenen Ästen von Abies alba, der Weißtanne.

Ich selber habe Peniophora piceae zum ersten Mal gefunden. Ich konnte zum Glück alle Stadien fotografieren (es waren mehrere Äste voll damit). Wie häufig oder selten die Art ist, kann ich nicht abschätzen. In der Onlinekartierung ist jedenfalls nur ein Fund aus Baden-Württemberg verzeichnet. Besl & Bresinsky führen die Art nicht in ihrer Checkliste. Es scheint somit ein Erstnachweis für Bayern zu sein!

Schaut mal, ob ihr die Art nochmals finden könnt. Am besten kurz nach einem Sturm (so wie aktuell letzten Freitag - dieser Sturm bescherte mir gestern den Fund). Durch die vielen Merkmale ist sie gut makroskopisch ansprechbar!

Liebe Grüße
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)