Klein und schwarz - Rhizodiscina lignyota

Begonnen von Christoph, 7. Februar 2021, 22:59

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Christoph

#1
Servus beinand,

dass ich mich so rar gemacht hatte, lag leider an einer längerwierigen Erkrankung (kein Covid, zum Glück), die aber mittlerweile völlig ausgestanden ist. Zudem gibt es etwas Familiäres im Hintergrund (Krankheitsfall mit sehr schlechter Prognose), was im Moment nicht so einfach ist. Ich wollte aber schon lange wieder etwas beitragen und aktiver werden. Es kann dennoch gut sein, dass ich erstmal nur sporadisch hier bin, bis die Situation im Hintergrund vorbei ist.

Also zum Pilz - eigentlich hatte ich einen Corti (corticioiden Pilz) gesammelt. Dank der Stürme sind ja viele Äste gebrochen. Beim Gassigehen hebt man dann den einen oder anderen auf. Und siehe da, ich fand etwas glitzernd odontioides, was sich daheim als Hyphodermella corrugata herausgestellt hatte. Ich kann die (häufige) Art gerne zeitnah ausführlicher vorstellen.

Unterm Bino habe ich dann auf dem final weißfaulen Eichenast, um den es geht, auf nacktem Holz schwarze Becherchen gefunden. Durchmesser bis maximal 0,5 mm, eher kleiner.



Kurz reinmikroskopiert und siehe da: bitunikate Asci, aber Apothecien.

Interessant fand ich vor allem, dass sich das Excipulum als ein Hypothecium bis fast die Fruchtkörpermitte als Kugelzellschichten fortsetzt.


Rhizodiscina lignyota - Schnitt durch den Fruchtkörper (habe vergessen, das Bild zu drehen)


Hypothecium

Die Sporen sind einfach septiert und erinnerten teils an Schuhabdrücke, finde ich.







Ich stehe bei Schlauchpilzen ja gerne auf dem Schlauch und hatte erst Probleme bei der Einsortierung. Sah nach Dothideomycetes aus, aber wo genau? Dothidea bildet keine Apothecien, kann's nicht sein. Also schaut man mal in den Ellis & Ellis und schlüsselt bei den plurovoren auf Holz. Da kommt man dann bei der Gattung Poetschia raus.

Und dann wird es klar... eine Patellariaceae, dazu passt der Aufbau des Fruchtkörpers und dort gibt es ja auch Arten, die Apothecien bilden. Die heimischen Poetschia-Arten haben deutlich größere Sporen (ich habe 12,8-15 x 4,1-5 µm gemessen, hatte aber kaum/keine freie Sporen - es ist ja Winter).

Hier noch ein paar Fotos:


Ascusbasis


Hymenium, man sieht auch hier, dass die Asci dünn wurzeln


Paraphysen

Also sucht man einen aktuellen Artikel, der die Familie behandelt - Yacharoen et al. (2015) haben einen Gattungsschlüssel (weltweit).

Also los - und schon kommt man ohne Probleme zur Gattung Rhizodiscina. Es gibt Rhizodiscina proteae, Rh. lignyota und Poetschia andina, die in Frage kommen würden. Poetschia andina ist hier aber nicht heimisch und das Hypothecium ist weniger stark ausgeprägt. Und Rhizodiscina proteae ist nur von Proteaceae bekannt und nicht heimisch.

Bei uns scheint nur Rhizodiscina lignyota vorzukommen. Die Art soll eine Vorliebe für ansitzende, tote, finalfaule Eichenäste haben und geht wohl auch auf Basidiomyzeten (auf sog. Aphyllophorales). Die Mikrodaten passen sehr gut überein.

Die Asci sehen interessant aus. Sie wurzeln auffallend tief und die Wurzel ist gerne etwas knorrig. Daher sieht man das Basalseptum selten oder kaum. Ob Haken vorkommen können, weiß ich nicht. Die Sporen liegen auch g'schlampert im Ascus, was ein Merkmal ist. Dann der Fruchtkörperaufbau, das Habitat, die Sporenform. Das Hymenium ist in Wasser auffallend grüngelblich gefärbt.

Es lohnt sich hier zu schneiden, da man sonst den Fruchtkörperaufbau schlecht nachvollziehen kann ("Wo kommen die ganzen braunen Kugelzellen her?" fragt man sich, wenn man blind quetscht - so gings mir, dann habe ich geschnitten).

Die Art scheint recht häufig zu sein - achtet mal auf sie. Kennt man sie, ist sie leicht kenntlich, finde ich.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)