Pilzmikroskopie - welche Färbemittelchen?

Begonnen von Christoph, 14. Februar 2010, 17:08

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hans

Liebe Leut, noch ein Wörtlein zum Baumwollblau: Christoph erwähnt den Farbstoff, wenn er auf Cyanophilie prüfen will. Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang ganz nützlich zu wissen, dass Baumwollblau vor allem mit Polysacchariden, z. B. Glucanen reagiert. Deshalb kann man den Farbstoff auch gut nutzen, um Schleimstoffe darzustellen, so wie man sie z.B. an der Stielbasis von Saftlingen beobachten kann (siehe angehängtes Foto).

Bis dann und wann, Hans

dorle

Hallo Andreas,
besten Dank für Deinen Beitrag und vor allem für die Liste.
Ich werde beim nächsten Mikroskopieren gleich mal damit arbeiten.
Falls mir was auffällt bzw. falls ich irgendwelche Ideen dazu habe, gebe ich Dir Bescheid.
Beste Grüsse
Thomas.

mollisia

Hallo,

zum Thema färben habe ich mir für meine Kurse eine Übersichtstabelle gemacht, die ich gerne hier anhänge.
Es ist schon richtig, dass man eigentlich erst mal alles ungefärbt anschauen sollte. Nicht nur Kristalle lösen sich in anderen Reagenzien gerne mal auf, auch Pigmente verschwinden oder werden maskiert. Gerade bei Entoloma sehr wichtig, da dort Arten mit vakuolärem und gleichzeitig membranärem Pigment vorkommen können. Das vakuoläre löst sich aber in KOH oder NH3 und nur das membranäre bleibt übrig ....

Phloxin B ist ein Plasma-Färbemittel, färbt also das Zellinnere besonders gut an. Kongorot ist ein Wandfärbemittel und färbt besonders die Zellwände gut an. Das sind zwei grundverschiedene Anwendungsbereiche, die man nicht miteinander verwechseln sollte. Die Porlingsleute nehmen traditionell gerne Phloxin, weil man da meist generative Hyphen (plasmareich, daher pink in Phloxin) von Skeletthyphen (plasmalos, daher nicht gefärbt in Phloxin) ganz gut unterscheiden kann. Kongorot bzw. Trypanblau (L4T) färbt wiederum selektiv die Wände, aber das Plasma kaum. Das erhöht den Kontrast, besonders wenn man nach kurzer Einwirkzeit das Färbemittel wieder absaugt und in Wasser mikroskopiert. Zystiden, Basidien, Schnallen und solche Elemente sind deutlich besser zusehen so. Auch die Haken bei den Ascomyceten sind so besser sichtbar zu machen. Kongorot in SDS oder in NH3 ist letal (schwach), Kongorot in Wasser ist dagegen nicht letal.

Bei allen Gruppen gilt, mit einem einzigen Präparat kommt man selten aus, eigentlich nur dann, wenn man gezielt ein Merkmal sucht und sonst nix anzuschauen braucht. Wenn ich meine Mollisien mikroskopieren, dann brauche ich mindestens zwei Präparate: Das erste in Wasser, dann wird Lugol zuegegeben wegen der Ascusreaktion. Das zweite erst in Wasser, dann wird KOH zugegeben wegen der KOH-Reaktion. Darin messe ich dann auch. Hier kann man dann auch noch Kongorot/NH3 (nicht in SDS!!) oder Kongorot(H2= zuegeben, um die Haken oder Paraphysenseopten besser zu sehen, oder bei anderen inoperculaten die Haare besser zu sehen (Hyaloscypha z.B.).

Neben der Chemikalienliste habe ich noch eine 3-seitige Liste gemacht, in welchen Blätterpilzgattungen welche Mikrodetails zur Bestimmung eine Rolle spielen können (xxx = sehr wichtig, XX = weniger wichtig, X = kann für Ausnahmefälle wichtig sein).

Die Liste steht als pdf hier zur Verfügung: http://www.pilzkurs.de/sonstiges/Mikroskopie.pdf

beste Grüße,
Andreas

dorle

Hallo Christoph,
danke für Deine Informationen. Oft probiert man viel rum -was auch immer mal wieder nützlich sein kann- verliert dann manchmal den Überblick, so dass erfahrene Mikroskopierer-innen da weiterhelfen. Ich weiß jetzt nicht, ob Du von Otto Baral, der doch viel "Vitalmikroskopie"? betreibt, weißt, ob er gar nicht, wenig oder viel färbt.
Unverschämterweise stelle ich gleich noch eine Frage: Verwendest Du Reagenzien oder Färbemittel auch im Makroskopischen Bereich und wenn, welche, für was?
Mach`s gut
Thomas.

Christoph

Hallo zusammen,

ich werde oft gefragt, welche Reagenzien ich zum Färben von Präparaten verwende...

Meine Antwort erstaunt dann doch ab und an. Nämlich: gar keine! Ich schaue mir alles erstmal einfach in Wasser an, da ich bei Frischmaterial die Zellen gerne im lebenden Zustand sehen möchte. Oft wird erstmal gequetscht und gleich gefärbt, bis alles knallrot oder blau oder ... ist.

Mein Tipp: weniger quetschen, dafür besser schneiden und in Wasser anschauen.

Falls ich wegen zu geringen Kontrasts beispielsweise für die Schnallensuche dann doch färbe, verwende ich meist Kongorot in Ammoniak. Das Ammoniak macht das Bild oft klarer (gutes Lösungsmittel!) und das Kongorot färnt die Zellwände an, was die Schnallensuche erleichtert. Wenn ich mir erst alles in Wasser anschaue, kann ich beim Färbeprozess auch zuschauen, da das Kongorot ja von alleine vom Deckglasrand eindiffundiert.

Ansonsten verwende ich persönlich natürlich Melzers Reagens für den Nachweis der der Amyloidie (bzw. Lugolsche Lösung für Ascomyzeten) und selten Baumwollblau, wenn ich feststellen muss, ob Zellwände cyanophil sind.

Ansonsten färbe ich eigentlich gar nicht, es sei denn, ich brauche für einen Schlüssel spezielle Merkmale (siderophile Granulation, manche Reaktionen bei Täublingen usw.).

Auch bei Herbarmaterial nehme ich erstmal nur Wasser, auch wenn man dann wenig sieht (alles ist zusammengeschrumpelt). Es gibt aber Arten, bei denen sich wichtige Strukturen in Lauge auflösen und die dann unbestimmbar werden. Deshalb auch hier: erst in Wasser nach Kristallen und Pigmentmerkmalen schauen, dann erst mit Lauge (z.B. KOH) aufquellen lassen.

Zusammenfassung:

Amyloidie: Melzers Reagens oder Lugolsche Lösung (ersteres für Ständer- letzteres für Schlauchpilze)

Cyanophilietest oder Sporenornamente bei Ascomyzeten und/oder Ramarien: Baumwollblau. Ich nehme meist Baumwollblau in Milchsäure - Erhitzen macht die Reaktion schneller (kann sonst auch mal 24 Stunden brauchen)

Kontrastverbesserung: Kongorot in Ammoniak (gefällt mir besser als in SDS)

Und für "Notfälle", wenn Kongorot nicht gut färbt: Phloxin B (färbt fast alles quitschpink)

Nach dem Färben wasche ich das Präparat etwas mit Wasser aus, damit der Hintergrund durchsichtig/farblos ist und das Objekt gefäbt. Denn rot auf rotem Hintergrund hat auch wenig Kontrast ;-).

Liebe Grüße
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)