Der Flammulina-Thread

Begonnen von Christoph, 27. Dezember 2009, 02:10

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Gernot

Hallo Christoph,

vielen Dank für diese wertvolle Information! Auf der Seite war ich sogar schon mal, hab aber nicht mitbekommen, dass es noch andere europäische Arten gibt. Ich werde in Zukunft die Samtfußrüblinge mikroskopieren und bin schon gespannt, wie häufig die anderen Arten wirklich sind.

Schöne Grüße
Gernot

Christoph

#1
Hallo zusammen,

der Winter ist da - und es gibt wieder feuchtwarme Zwischenperioden. Perfekt für das Wachstum von Samtfußrüblingen. Leider wurde im Winter bislang meist nur die Sammelart kartiert. Es gibt in Europa aber mindestens vier "Samtfußrüblinge": Flammulina velutipes, Flammulina elastica, Flammulina rossica und Flammulina populicola.

Naürlich gibt es auch Sommerarten wie Fl. fennae (die in der jetzigen Jahreszeit aber keine Rolle spielen).

Einen Schlüssel für die Gattung Flammulina gibt es hier: http://www.bio.utk.edu/mycology/Flammulina/default.html
Dort finden sich auch Beschreibungen und Fotos der Arten (weltweit betrachtet). Edit: leider ist die Arbeit nicht mehr online verfügbar.

Ich habe mir erlaubt, den Schlüssel ins Deutsche zu übersetzen und hier zu präsentieren (europäische Arten sind im Schlüssel von mir fett hervorgehoben).

Ich würde mich freuen, wenn der Schlüssel genutzt würde, Winterrüblinge genauer anzuschauen. Vielleicht gelingt ein Erstnachweis von Fl. populicola oder von Fl. rossica in Bayern? Fl. elastica hat bereits der alte Lasch als eigene Art beschrieben. Sie versank nur in der Versenkung und wurde mittlerweile wiederentdeckt.

Viel Spaß beim Sammeln und Bestimmen  :)

LG
Christoph




Flammulina-Schlüssel - der Schlüssel ist nicht mehr aktuell - eine aktuelle Version (Weltschlüssel) wurde mittlerweile publiziert: Hahn C. (2017): Bestimmungsschlüssel zu ausgewählten Gattungen der Agaricales 2: Die Gattung Flammulina. Mycol. Bav. 17: 7-24.

Ein Schlüssel für Bayern / Europa findet sich nun in einem eigenen Thread - Schlüssel zur Gattung Flammulina

1 Pileocystiden vorhanden, zumindest auf der Hutscheibe; Cystiden deutlich von anderen Huthautstrukturen differenziert. Pleurocystiden meist vorhanden, aber entweder selten oder anscheinend bei manchen Aufsammlungen / Arten fehlend; (Stiel trocken, gewöhnlich samtig oder überreift) ................................................................................. 2

1* Große, deutlich hervorstehende Pileocystiden vollkommen fehlend. ............... F. mediterranea
Beschr.: Huthaut bei feuchtem Wetter immer schmierig; Sporen 11,5-15 x 7-10 µm; in sandigen Habitaten, wurzelnd, mit Ammophila litoralis vergesellschaftet



2. Hutfleisch deutlich stratifiziert: oberes 2/3 aus einer dicken, hyalinen, gelatinisierten Schicht (überentwickelte Hypodermis) bestehend, welche von einer deutlich dünneren (ca. 1/10 der Schleimschicht) oberflächlichen Auflage aus keulenförmigen bis fusiformen Zellen nach außen begrenzt wird (Epicutis); unteres Drittel (Trama) nicht gelifiziert, besonders dicht verwoben, sodass keine Zwischenräume zwischen den Hyphen erkennbar sind; von der Hypocutis durch eine besonders dichte Schicht gut abgetrennt ; Lamellenschneide steril oder nahezu steril aufgrund dicht stehender Cheilocystiden ...................................................................................... 3

2* Hutfleisch nicht stratifiziert, sondern aus einer dicken Lage nicht gelifiziertem Hyphengeflechts bestehend, welches durch eine vergleichsweise dünne Huthaut (ca. 1/5 bis 1/10 der Fleischdicke) nach außen abgegrenzt wird; Huthaut gelifiziert, aus Hypodermis und Epicutis bestehend; Lamellenschneide mit unterschiedlich dicht stehenden, zerstreuten Cheilocystiden ............................................................. 4


3. Epicutis-Elemente bis zu 50% aus keuligen Zellen bestehend, dazwischen mit eingestreuten fusoid bis ventricosen (bauchigen) Pileocystiden (über 50%), die dazu tendieren, im Mikroskopiermedium umzuknicken; Hypodermis doppelt so dick wie das Hutfleisch, dadurch Hut makroskopisch durchscheinend gerieft; Sporen 6,3-6,5 x 3,8-4,3 µm, eiförmig, tränenförmig bis breit ellipsoid. Bekannt von Nothofagus, Neuseeland ........................................................................ F. stratosa

3* Epicutis-Elemente praktisch alle aus bauchigen Pileocystiden bestehend, dazwischen nur wenige keulige Zellen eingestreut; Epicutis daher eine Schicht dichtstehender Pileocystiden; Hypodermis ungefähr gleich dick wie das Hutfleisch; Sporen 5,5-6 x 3-3,5 µm; an Ästen von Drimys winteri, Feuerland ................................................................................... F. similis


4 HDS eine Schicht bzw. Palisade, wodurch ein hymeniformer bis subhymeniformer Eindruck entsteht; im Detail können auch einzelne, wenige, irregular geformte Zellen sowie dünne Hyphenende eingestreut sein; die basidiolenartigen HDS-Zellen können kleine, bisweilen auch gegabelte, spitze Auswüchse besitzen .............................................................................................. 5

4* HDS ein Ixotrichoderm aus aufsteigenden, fädigen, eng fusoiden oder äußerst irregulären (dornartigen) Elementen ..................................................................................... 9


5 Hymeniforme Pileipellis sehr deutlich ausgeprägt, diese aus keuligen bis gestielt kugeligen Zellen und Pileocystiden bestehend; Lamellentrama entweder gelifiziert und bilateral oder Hymenium ohne Pleurocystiden ..................................................................... 6

5* Hymeniforme bis subhymeniforme Pileipellis aus keuligen Zellen bestehend, welche mit wenigen bis vielen fusoiden, teils eingeschnürt fusoiden oder gegabelten, aufsteigenden Hyphenenden und Pileocystiden untermischt sind; Lamellentrama niemals gelifiziert noch bilateral ................................................................. 8


6 Pleurocystiden fehlend (oder zumindest sehr unauffällig); Lamellentrama nicht bilateral; rotbraune zentralafrikanische Art mit dunkel gelben Lamellen ............................................. F. ferrugineolutea

6* Pleurocystiden deutlich hervorragend; Lamellentrama bilateral, gelifiziert; Süd- und Mittelamerika  .................................................................. 7


7 Sporen 6.8-8 x 3.5-4.2 µm,dünnwandig; Stielbekleidung lückenhaft hymeniform (Inseln aus Bereichen mit keulig-blasigen und bauchig-flaschenförmigen Zellen); Lamellentrame untermischt; Subhymenium nicht gelifiziert; an Alnus jorullensis; Argentinien ............................................................... F. callistosporioides

7* Sporen 8-9 x 4.5-6.3 µm, mit etwas verdickten, gelblichen, lichtbrechenden Wänden;
Stielbekleidung sehr spärlich ausgeprägt, nur aus kleinen Gruppen bauchiger bis flaschenförmigen Zellen bestehend, nicht wie ein lückenhaftes Hymeniderm aussehend; Lamellentrame bilateral; Subhymenium gelifiziert; an Senecio; Zentralmexiko .................................................... F. mexicana


8 Sporen im Mittel 6-8.7 x 4-4.8 µm (Q = 1.51-1.64; Qm = 1.61), mehr oder weniger ovoid, ellipsoid bis mandelförmig; häufig mit Populus assoziiert, seltener auch mit Betula, Alnus, Pinus, Picea; Skandinavien, westliches Nordamerika ............................................................................. F. populicola

8* Sporen 9.2-10.3 x 3.9-4.5 µm (Q = 2.05-2.58; Qm = 2.3), mehr oder weniger gestreckt eiförmig, ellipsoid bis mandelförmig; meist mit Salix assoziiert, seltener mit Populus tricocarpa, P. tremuloides, Betula, Alnus; Westküste Nordamerikas, Nordostasien, selten auch in Osteuropa ...............................................................................................F. rossica


9 Lamellentrama ausgeprägt bilateral; Subhymenium gelifiziert; Sporen 6.3-8.9 x 3.2-4.1 µm (Q = 2); Osthänge der Sierra Madre Oriental, Mexico ................................................ F. "bilateralis" ad. int.

9* Lamellentrama nicht bilateral, ohne gelifizierte Schicht  ....................................................... 10


10 Sporen 7.2-14.8 x 3.7-6.5 µm breit (im Durchschnitt 4.5-5.4 µm breit), stämmig, oft verlängert; häufig in von verholzten Leguminosen dominierten Habitaten, nicht im dichten Wald ....................................................... 11

10* Sporen schmaler als 4.5 µm ........................................................................................................ 13


11. Europa ......................................................................................................... 12

11* Westküste Nordamerikas; (mit Lupinus arboreus assoziiert; Hut schmutzig gelblich mit zimtfarbiger Scheibe, bis zu 65 mm im Durchmesser; Fruchtkörper wurzelnd, häufig im Sand oder gesellig an verholzten Ästen  .......................... F. velutipes var. lupincola


12 Mit Ononis assoziiert, über kalkreichen Böden in Magerwiesen; Hut typischerweise klein, nur 5-35(-45) mm breit, honiggelb bis orangebraun (gegen Hutrand), mit orangfarbener Scheibe; Fruchtkörper einzeln, wurzelnd; Deutschland, Italien, Westrussland ..................................................................... F. ononidis

12* Mit Cytisus, Ulex oder anderen Leguminosen vergesellschaftet; Hut nicht dunkelbraun, sondern gewöhnlich blasser ......................................................... Varianten von F. velutipes


13 Sporen 6-8 x 4-4.5(-5) µm, eiförmig bis breit ellipsoid (Q = <2, gewähnlich 1.5-1.7); Pileipellis, vor allem an der Hutscheibe, dicht mit aufstehenden Pileocystiden und einigen fusiformen bis schmal keuligen Hyphenenden besetzt; Hut blass, elfenbein bis ledergelblich, mt dunklerer Scheibe; gewöhnluch wurzelnd (auf vergrabenem Holz); September; Schweiz, Deutschland, Niederlande .................................................. F. fennae

13* Sporen gewöhnlich länger, ausgezogen-ellipsoid bis zylindrisch (Q = 2-3); Pileipellis ein Ixotrichoderm aus filamentösen, oft verzweigten Hyphenenden und Pileocystiden ................................................................. 14

14 Sporen 8-11.5 x 3-4 µm (Qm = 2.5-3); häufig mit Salix assoziiert; Europa .................................................. F. elastica 
Bemerkung: von F. velutipes fast nur durch die längeren Sporen unterscheidbar, mit dieser Art aber nicht kreuzend, daher eine eigene, biologische Art bildend


14* Sporen 6-9.5 x 3-4 µm (Qm = 2-2.3) .......................................................................... 15


15 Hut gelblich bis rötlich braun; Stiel gelblich bis fast Schwarz; Kosmopolit ..............  F. velutipes var. velutipes

15* Hut und Stiel elfenbein bis fast weiß und nicht im Alter dunkelnd  ............................................ F. velutipes var. lactea


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Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)