Altlast: Mutmaßlicher Braunspor-Rindenpilz

Begonnen von AK_CCM, 15. Februar 2009, 22:26

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ursula

Hallo, da ich dieses Forum erst jetzt entdeckt habe kommt dieser Beitrag so spät.
C. arida und C. puteana werden in den Schlüsseln (Hallenberg und auch Jülich) makroskopisch und primär über die Dicke des FK unterschieden (arida: dünn und glatt, puteana: glatt bis warzig, fleischig). Ich hatte auch voriges Jahr wieder einen Fund der zunächst dünn war (also arida) nach kürzester Zeit war er aber dick und warziger (also puteana).
Fr. Maser meinte mal, man könnte sie über die Form der Sporen trennen: arida apikal stumpfe Spitze, nie gleichmässig / puteana gleichmässige Linie, elliptisch (das entspricht auch der Zeichnung bei Hallenberg). Ich meine aber auch hier Übergänge gesehen zu haben.
Und was die dextrinoide Reaktion anbelangt hält der Schlüssel sich doch auch alle Wege offen: von quickly dextrinoid bis not or weakly dextrinoid sind fließende Übergänge.
Es würde mich sehr interessieren wo andere bei der Bestimmung den Schwerpunkt setzen und diese Übergänge auch beobachtet haben.
Ursula

AK_CCM

Hallo Frank,

besten Dank für Deine Ausführungen. Für mich ist es schon ein kleiner Erfolg, dass ich in der richtigen Gattung gelandet bin - dennoch hätte ich gerne Wirtelschnallen gefunden. Sobald ich etwas Luft habe, schaue ich mir die Sporen noch in Melzer an, vielleicht bin ich danach etwas schlauer.

Gruß, Andreas

Frank D.

#8
Hallo Andreas,

die Sporenfarbe von C. puteana ist bräunlich, im reifen Zustand bis dunkelbraun, C. arida hat gelbliche Sporen, die im reifen Zustand natürlich auch dunkler werden (deshalb "gelbbraun", wie in der Literatur oft beschrieben). Z.B.: wird die Sporenfarbe in Breitenbach/Kränzlich für beide Arten mit gelbbraun angegeben und ist irritierend. Andererseits zeigt Breitenbach/Kränzlin Band 2, Seite 137 Membranomyces spurius. Nach der Beschreibung und dem Foto ist das für mich "eindeutig" Coniphora arida, vorallem weil die Sporen als dextrinoid (in Melzer rotbraun) beschrieben werden, was für
C. arida typisch ist. Die Sporen von C. puteana sind nicht oder nur schwach dextrinoid. Insgesamt sind die Unterschiede beider Arten also nicht ganz eindeutig. Ich kenne keine Sequenzierungsergebnisse, aber weit dürften beide Arten nicht auseinander liegen.
Wirtelschnallen können in der Gattung Coniophora bei allen Arten ausgebildet werden und sind also ein Gattungsmerkmal.
Mit schnallenlosen Hyphen und dickwandigen braunen Sporen bist du synoptischen Schlüsseln folgend, schon bei der Gattung Coniophora angelangt, auch ohne Wirtelschnallen gesehen zu haben.

Beste Grüße Frank

AK_CCM

Hallo Frank,

zunächst einmal herzlich willkommen hier im Forum der BMG e.V.!

Vielen Dank für Deine Einschätzung bzw. Bestimmung. Allerdings tue ich mich schwer, den Unterschied zwischen gelbbraun und braun zu beurteilen. Würde der Fund von Wirtelschnallen auch den letzten Zweifel an Coniophora puteana ausräumen? Aber so wie ich mitbekommen habe, besitzt auch C. arida Wirtelschnallen. *grübel*

Gruß, Andreas

Frank D.

Hallo bayerische Pilzfreunde,

als Einstand möchte ich erstmal auf diese Altlast antworten.
Coniophora arida schafft es nur zu gelblichen bis gelbbraunen Sporen. Reife Coniophora puteana hingegen bilden deutlich braune Sporen aus und haben dickere Fruchtkörper. Es könnte sich hier also um diese Art handeln. Bestimmungen nach Bildern sind natürlich immer etwas unsicher, aber die beschriebenen mikroskopischen Merkmale würden passen, auch wenn keine Wirtelschnallen gefunden wurden.
C. puteana ist eine häufige Art und kommt gleichermaßen an Nadelholz und Laubholz vor.

Beste Grüße aus Sachsen
Frank

Christoph

Hallo Andreas,

nur ganz kurz, da ich grad ein bisserl in Hetze bin...:
Coniophora gehört definitiv zu den Boletales (die ganzen Coniophoraceae). Sie haben hochdifferenzierte Rhizomorphen des Boletus-Typs, was diese Einschätzung stützt. Auch genetisch ist die Sache klar. In den Coniophoraceae gibt es auch Lamellenpilze - mein "Paxillus" gymnopus, den ich aus Kolumbien beschrieben habe, steht genetisch mitten in den Coniophoraceae.

Mit dem Hausschwamm, also Serpula soll auch Austropaxillus nah verwandt sein (sehen aus wie Kremplinge - sehr frappierend).

Die Boletales sind sehr weitreichend... auch Scleroderma, Pisolithus, Chamonixia, Rhizopogon, Melanogaster usw. (also "Gastromyzeten") sind Boletales. Die primitivsten Boletales sind allerdings die Tapinellaceae (Tapinella, Pseudomerulius), da sie noch keine boletoiden Rhizomorphen besitzen und auch chenisch betrachtet sehr primitiv sind.

LG
Christoph

P.S.: um die Artbestimmung kümmere ich mich noch. Habe nur grad die Gattungsmonographie von Ginns nicht zur Hand, was dies ein bisserl erschwert.
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

AK_CCM

#4
Hallo in die Runde,

übrigens sehr interessant: Die Kellerschwämme (Coniophora) zählen wohl zur Röhrlingsverwandtschaft:
http://www.bioimages.org.uk/HTML/P1/P11309.php

Vermutlich wurde dies an einer DNA-Analyse festgemacht, denn anhand der Sporen lässt sich keine Verwandtschaft ausmachen: Dickröhrlinge haben farblose, länglich-spindelige und dünnwandige Sporen. Sofern die Erkenntnis als gesichert gilt, müssten die Coniophora-Arten weiterentwickelte Pilze des boletoid Clade sein, wenn ich die Vorlesungen von Prof. Dr. Oberwinkler richtig interpretiere. Man geht wohl davon aus, dass sich einfache Strukturen hin zu komplexeren entwickelt haben: Dünnwandige Sporen wurden dickwandig und farblose Sporen wurden pigmentiert. *grübel*

Nachtrag: Habe noch ein Mikrofoto von einer Wirtelschnalle aufgestöbert - hier geht's zum Portrait von Markus Wilhelm - auf dem Foto des Frk. ist übrigens ein deutlich weißes Zuwachsgeflecht erkennbar.

Gruß, Andreas

AK_CCM

#3
Hallo Ingo,

was ich noch verraten kann: Der Fundort (siehe Karte) war eine von Westen bogig nach Nordosten verlaufende Niederung auf rund 430 m über NN mit kalkhaltigem, nährstoffreichen Boden. Die Umgebung wird durch Eschen und Weiden dominiert - letztere wachsen vor allem im unteren Bereich, der nach der Schneeschmelze durch Staunässe geprägt ist und dann mehrere Tage lang Sumpfcharakter besitzt. An den Hängen stehen einige Eichen, Tannen und ein paar Fichten dazwischen. Das Substrat war ein teils entrindeter Fichtenstumpf (Picea abies) am südlich exponierten Hang. Der Standort war licht bis sonnig exponiert, da in unmittelbarer Nähe aufgrund von Holzeinschlag keine größeren Bäume mehr standen. An der Hangkante gen Süden schloss sich ein lockerer Jungfichtenbestand mit dichtem Brombeerbewuchs an.

Ich hoffe, die Angaben helfen bei der Arteingrenzung weiter.

Gruß, Andreas

Ingo W

Hallo Andreas!

Coniophora arida (Dünnhäutiger Braunsporrindenpilz) kenne ich irgendwie anders, nicht mit so leuchtenden Farben und auch nicht mit dem breiten weißen Zuwachsgeflecht. Das Hymenium sieht irgendwie leicht meruloid aus, kann das sein? Vielleicht kannst du noch was über´s Substrat schreiben und wo er da gewachsen ist.

VG Ingo W
Kleine Pilze sind auch schön, sehen bloß die wenigsten!

AK_CCM

#1
Servus Holzpilzfreunde,

heute möchte ich euch mit einer Altlast vom Januar 2006 auf den Wecker gehen - die Aufsammlung zählt zu den ersten Trockenpilzen in meiner Sammlung. Seinerzeit hatte ich leider noch keine makroskopischen Beschreibungen angefertigt. Aber ich hoffe, man kann das Wesentliche erkennen. Seinerzeit hatte ich den Dünnhäutigen Warzenschwamm (Coniophora arida) in Verdacht. Meine Gattungstheorie wird jedenfalls durch die mikroskopische Untersuchung gestützt:

Die Sporen waren braun, elliptisch bis eiförmig, glatt, dickwandig, bei einzelnen Sporen mit sichtbarem und 0,5 µm langen Apikulus. Die Sporenmaße betrugen 10,2-11,4-12-(13,1) x (5,8)-6,1-7,1-7,6-(8,8) µm, der Quotient lag zwischen 1,3 und 1,9. Die Hyphen besaßen keine Schnallen bzw. zumindest habe ich keine gesehen. Das Hymenium bestand aus schlank-keuligen Elementen, ob es sich dabei um Zystiden oder Basidolen handelt, vermag ich nicht zu beurteilen - dickwandige Objekte waren jedenfalls keine dabei. Die Hyphen waren dünnwandig und schnallenlos, dabei hatte ich mich schon auf Wirtelschnallen gefreut.

Was meint ihr: Liege ich mit meiner Einschätzung richtig?

Gruß, Andreas