Servus beinand,
bei der aktuellen Trockenheit freut man sich ja quasi über alles. Aus diesem Grund habe ich mich zunächst hier bei mir in Mammendorf nach einem trockenen, vorjährigen Urtica-Stängel (Urtica dioica var. longifolia) gebückt, weil auf ihm eine noch (zu) junge Aporhytisma urticae zu sehen war. Und siehe da, die Stängelbasis zeigt viele, winzige, schwarze Punkte.
Die Punkte waren so klein, dass ich an eine Phoma dachte. Also mal mitnehmen, schaden kann's nicht und soooviel gibt's im Moment eh nicht zum Mikroskopieren. Ich hatte auf Phoma acuta gehofft (nein, das ist eben nicht die Nebenfruchtform von Leptosphaeria acuta, auch wenn das in vielen Büchern, Foren und Websites - auch bei den Ehingern - so steht). Denn dann wüsste ich, dass ich im Herbst nochmal nach den Stängeln sehen sollte, um Leptosphaeris doliolum zu finden (ist der Gattungstypus und wächst an Brennessel - Phoma acuta ist dessen Nebenfruchtform).
Oder es könnte Phoma piskorzii sein (das ist die Nebenfruchtform von Leptosphaeria acuta! Hat deutlich größere Konidien als Phoma acuta).
Ja, ich weiß, one fungus - one name. Aber wenn man sowas wie Phoma acuta schreibt, ist klar, was gemeint ist...
Nun, umso mehr war ich überrascht, als ich dann im Mikroskop haufenweise Asci (reif) und Sporen fand. Und siehe da, die Sporen ähneln sehr denen von "Leptosphaeria" acuta (die Anführungszeichen, weil es sicher keine Leptosphaeria i.e.S. ist - die Gattung wird ja jetzt komplett zerlegt. Gerüchteweise wird sie eventuell Plenodomus acutus heißen, aber da passen die Sporen auch nicht wirklich?!). Naja, egal, jedenfalls sieht es im Mikroskop sehr nach Leptospharia acuta aus.
Perithecien im Wirtsgewebe - nur die Spitzen ragen aus dem Gewebe hervor. Im Schnitt die typische Form - denkt man sich das helle Gewebe weg, passt es makroskopisch.
Mikromerkmale - "d" in Lugol; man sieht, dass die Perithecienwand ca. 30 µm dick ist. Das - wie auch die Excipulumstruktur - passt zu Leptosphaeria acuta.Ich kenne die Art zwar nur aufsitzend und meine dann, mit der Lupe schon eine Vorbestimmung machen zu können, aber sie entwickeln sich erst unter der äußersten Schicht des Stängels und sprengen den dann ab. Insofern wären meine Leptosphaerien "frühreif". Kann passieren, vielleicht wegen der Trockenheit - der Wirt als Schutzgewebe vor dem Austrocknen?
Ich habe aber dennoch Zweifel an der Bestimmung. Die Sporen hatten 9-12 Septen, einmal sogar 13 Septen. Das ist nach klassischem Konzept (z. B. Müller 1950 - seine Promotion über Leptosphaeria) zu viel. Zudem meint Müller (1950), dass die Septen nicht eingeschnürt sein sollen, was sie bei meiner Kollektion sind. Das excipulum soll in Lugol rot werden, was meine Kollektion nicht macht.
Müller (1950, S. 301-302) gibt an:
Sporenmaße: 36-50 x 5-6 µm, bis zu maximal 10 Septen, an den Septen nicht (!) eingeschnürt.
Asci 130-140 x 10 µm
Meine Kollektion:
Sporenmaße 50,5-
56-62 x 6,75-
7,2-7,75 µm, häufig bis 12 Septen, einmal 13, an den Septen deutlich eingeschnürt, vor allem am Mittelseptum
Asci bis 160 x 13
Die Sporen sind schom auffällig - sie fangen in der Länge und der Breite erst da an, wo die Angaben von Müller enden.
Da ich in der Literatur sonst nichts gefunden habe, habe ich parallel im Forum Ascofrance den Pilz eingestellt. ich bin gespannt, was dort erwiedert wird. Falls es was zu berichten gibt, werde ich hier natürlich updaten. Oder ihr schaut den Thread dort direkt an:
http://www.ascofrance.fr/forum?page=1&id=62741Liebe Grüße,
Christoph