Crassosporen in der Gattung Amanita - Sporen mit z.B. netzigem Ornament

Begonnen von Christoph, 29. Juli 2019, 17:32

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Rudi

Danke Christoph,

Ja beim Schauen ins scharfe Glas gibts öfter Unklarheiten- jedenfalls für mich.
Ganz Merkwürdiges tritt da oft ins Licht des Mikroskops- Sporen, die scheinbar (oder anscheinend) nicht reingehören, Minitierchen, aber auch Bruchstücke von außerirdischem Material- teils Edelstein, teils Dreckhaufen.
Wie schön, dass es da ab und zu ErKlärungen gibt!

LG Rudi
Medicus curat, natura sanat (Während der Arzt kuriert, heilt die Natur-auch ihn)

UmUlmHerum

Servus Christoph,

ganz schön krass, diese Crassosporen! Danke für die Info!
Hoffentlich erinnere ich mich daran, wenn ich mal eine Amanita mit solch ornamentierten Sporen erblicken sollte...

Guad Nacht – Rika

Christoph

Servus beinand,

während des Moduls II unserer PSV-Ausbildung (Krankenhausdiagnostik) werden natürlich auch Knollenblätterpilze näher betrachtet. Wir haben z.B. Amanita phalloides oder auch Amanita pantherina gekocht und ungekocht mikroskopiert (gekocht, um eben ein Pilzgericht mit Giftpilzen zu simulieren).

Beim letzten Kurs im Allgäu (Pilzzentrum Zick) sind uns nach dem Amanita-Kochen einige genetzt ornamentierte Sporen mit gleichen Sporenmaßen wie die normalen, glatten Sporen aufgefallen.

Ich dachte erst an Fremdsporen, aber es war dann irgendwie klar, dass sie zur Amanita gehören. Wie gesagt: Form und Größe waren gleich. Kollabiert können sie aber nicht sein, denn beim Kochen würden sie sich eher etwas aufblähen.

Ich hatte es dann zunächst als Kuriosum abgetan, aber es hat mir keine Ruhe gelassen. Und siehe da - es gibt zu dem Phänomen eine Publikation (allerdings ohne Bezug auf das Kochen) - Kotilova-Kubickova & Pouzar (1988).

Dass es in der Gattung Amanita zum Auftreten von Crassobasidien (Sklerobasidien mit deutlich verdickten Zellwänden, aber nicht massiv sklerifiziert) kommt, war mir vorher schon klar. Ich habe das auch schon selber mehrfach im Mikroskop gesehen. Dass es aber auch Crassosporen, also dickwandige Sporen bei Amanita gibt, ist mit vorher nie wirklich aufgefallen. Woran man erkennt, dass man das, was man nicht kennt, auch nicht sieht.
Jedenfalls bilden diese dickwandigen Sporen dann das Ornament aus  - das Ornament entsteht aber zunächst unter der Sporenoberfläche und dann dellt sich die äußerste Sporenwandschicht ein und das Ornament wird sichtbar. Junge Crassosporen erscheinen daher noch glatt.

Offenbar hat sich durch das Kochen die äußerste Sporenwandschicht entweder aufgelöst oder aber sie ist durch das Kochen schneller eingedellt, sodass nun das Ornament klar sichtbar war.

Da mich das Phänomen eben nicht losließ, habe ich nachrecherchiert. Und die oben schon erwähnte Publikation - Kotilova-Kubickova & Pouzar (1988) - zeigt ganz genau diese ornamentierten Amanita-Sporen:


Crassosporen in der Gattung Amanita - aus Kotilova-Kubickova & Pouzar (1988: 68)

Der dritte Sporentyp sind Sporen mit aufgelagerter, amyloider Substanz, sodass die Sporen dann wie amyloid ornamentiert erscheinen. Diese werden von den Autoren "examylospores" genannt.

Ornamentierte Crassosporen haben die Autoren bei folgenden Arten nachgewiesen:

Amanita caesarea
Amanita citrina
Amanita pantherina
Amanita phalloides
Amanita umbrinolutea
Amanita vaginata
Amanita verna
Amanita virosa
Amanita vittadinii

Examylosporen haben sie gesehen bei:

Amanita citrina
Amanita phalloides
Amanita porphyria
Amanita rubescens
Amanita spissa

Leider haben wir beim Kurs keine Fotos gemacht. Falls ich das Phänomen nochmals sehen sollte, werde ich das natürlich entsprchend dokumentieren.

Die Erstautorin sollte ohnehin jedem Amanita-Interessierten ein Begriff sein. Nach ihr wurde ja auch die K-K-Reaktion benannt (abgekürzt für die Kotilava-Kubickova-Reaktion) - dabei geht es um Amyloidie in Hpyhen der Stieltrama (vor allem im Bereich, wo der Stiel in den Hut übergeht, alsoan der Sollbruchstelle). Leider wurden diese Publikationen zu wenig beachtet.

Tulloss & Halling (1997) haben das Phänomen aufgegriffen und bei Typusstudien an argentinischen Amaniten bei einem Beleg sogar bis zu 90 Crassosporen gesehen. In diesem Fall ist das Ornament aus sehr regelmäßigen, halbkugeligen Eindellungen gebildet (ebenfalls in der mittleren Sporenschicht gebildet, doe äußere Schicht dellt sich dann ein), was man an REM-Bildern gut sehen kann.

Für mich ist ein kleines Rätsel gelöst. Ich fand das ziemlich spannend und hoffe, dass es auch für Andere von Interesse ist.

Liebe Grüße,
Christoph

Literatur:

Kotilova-Kubickova L.& Pouzar Z. (1988): Three types of Basidiospores in Amanita. Czeská Mycologie 42(2): 65-70. - frei zum Herunterladen: http://www.czechmycology.org/_cm/CM422.pdf#page=3

Tulloss R.E. & Halling R.E. (1997) Type studies of Amanita morenoi and Amanita pseudospreta  and a reinterpretation of crassospores in Amanita. Mycologia 89(2): 278-288, DOI: 10.1080/00275514.1997.12026782 
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)