Servus beinand,
die Artenliste kann ich noch nicht vervollständigen, da ich noch nicht dazu kam, die Pyrenomyzeten und die Cortis, die ich mitgenommen habe, zu bestimmen. Ich habe mich erst um die Lamellenpilze gekümmert...
Und einen davon will ich jetzt schonmal vorstellen: Russula insignis, den Milden Kammtäubling.
Thomas (batman) hat unter einer Eichenreihe auf trocken-hartem Boden eine vergammelte Russula und einen frischen Hortiboletus engelii (Eichenfilzröhrling) gefunden. Der gammelige Täublingsfruchtkörper führte zu einem intensiveren Nachsuchen und dann habe ich mit etwas Glück ein frisches Exemplar entdeckt:
geriefter Hutrand, graue Hutfarben und gelbe Flecken am HutDass es sich um einen Vertreter der Untergattung Ingratae handelt, war schon im Gelände klar. Deshalb habe ich mich auch des Einzelfruchtkörpers angenommen. Der Hutrand war deutlich gerieft, die HDS etwas speckig-klebrig (Substratpartikel hafteten an), der Geruch war unauffällig, vielleicht etwas fruchtig gemischt mit Gummi, aber schwer zu interpretieren. Leider hatten wir erst "geerntet" und dann fotografiert.
Auffällig waren gelbe Flecken an der Huthaut und eine gelbe Stielbasis bzw. unregelmäßige Flecken an der Stielbasis:

gekammert-hohler Stiel - wie üblich in der Untergattung IngrataeDer Geschmack war völlig mild, selbst in den Lamellen. Damit kam das, was man früher als Russula pectinatoides bezeichnete (habe den aktuellen Namen gerade nicht im Kopf, das Original ist ein Nordamerikaner), nicht in Frage. Ergo mitnehmen und genauer nachbestimmen.
Einen halben Hut ließ ich aussporen, aber der weigerte sich beharrlich. Vermutlich war er durch die Hitze und den langen Transport (Wanderung, Einkehren, Heimfahrt) etwas beleidigt. Zum Glück ging es aber auch ohne Sporenpulverfarbe.
Die Chemie machte es eigentlich schon klar (KOH, NH
3) - aber erst strich ich Guajak auf den Stiel - macht man ja so bei Russula. Die Reaktion kam recht bald, nach ca. 3 Sekunden färbte es sich um und nach ca. 10 Sekunden war es tiefblau.

Da die ganze Ordnung der Russulales potentielle Weißfäuleerreger sind (auch die Symbionten), ist eher das Ausbleiben der Reaktion interessant. Dann bildet der Fruchtkörper nämlich keine Phenoloxidasen. Wie stark die Reaktion aber ausfällt... da traue ich der Aussagekraft eh nicht.
Interessanter war also KOH - die Stielbasis färbte sich, dort wo sie gelb war, knallorange. Ich hatte Fotos mit dem Handy gemacht, dann aber blöderweise beim Übertragen der Fotos einen Fehler gemacht und die Bilder waren alle futsch (auch die Mikroaufnahmen). Ich musste dann alles nochmal machen und da war der Fruchtkörper schon angetrocknet. Will sagen, die Laugenreaktion war nicht mehr so deutlich, aber noch erkennbar. Ganz unten habe ich Ammoniakdampf verwendet - da wurde die Stielbasis wieder rot:

Die HDS ist auffällig, denn v.a. dort, wo gelbe Flecken sind, findet man sehr viele Hyphen, deren Endzellen auffällig inkrustiert sind. Selten ist auch die subterminale Zelle mit inkrustiert, meist aber nur die Endzelle. Manchmal sieht man, dass die Inkrustationen gelblich sind, aber das ist variabel. Mein erstes Präparat war voll mit diesen Endzellen - um die Fotos zu wiederholen, musste ich aber dreimal nachpräparieren - die Häufigkeit dieser inkrustierten Elemente schwankt stark - man muss wirklich das richtige Stück erwischen.

Die Erklärung ist recht einfach: Die gelben Bereiche der Stielbasis und auf der HDS sind Reste des Velum universale, dass Russula insignis relativ deutlich aufweist (es reicht aber nicht für einen Abrisskante, makroskopisch ist es v.a. die Färbung). Das Velum ist es auch, das mit Laugen rot wird. Die Strukturen sind aber leicht hinfällig. Am Herbarbeleg kann es daher schwierig sein, dies zu überprüfen (aber es ist mit Fleiß und etwas Glück möglich).
Auffällig ist auch, dass (jedenfalls bei meinen insgesamt vier Präparaten der HDS) keinerlei SV-positiven Pileocystiden vorhanden waren. Sie werden als fehlend bis selten, vereinzelt beschrieben. Die HDS besteht nur aus schmalen, verzweigten, geschlängelten Hyphen, Haaren (ohne Inkrustation) und den Hyphen des Velum universale.
Die Sporen messen 6-8 x 4,75-6,25 µm, Q = 1,18-1,5
Das Ornament ist recht kräftig, bis 1 µm hoch im Profil und besteht aus Warzen, jurzen Graten und angedeuteten Netzmaschen, aber ohne diese zu schließen - es ist also eben kein Netz. Die Grate können sich aber verzweigen und über die ganze projezierte Sporenfläche reichen.



Russula insignis ist eigentlich makroskopisch gut erkennbar - dieser Hut mit Grautönen zusammen mit der gelben Stielbasis und den gelben Flecken am Hut zusammen mit der orangeroten Laugenreaktion der gelben Bereiche der Stielbasis machen die Bestimmung einfach. Die auffälligen, inkrustierten Endzellen bestätigen dann den Fund leicht. In dem tollen Werk von Helga Marxmüller sind die genau so gezeichnet, wie ich sie im Mikroskop gesehen habe.
Russula insignis ist eine eigentlich sehr wärmeliebende, xerophile Art. Penzberg liegt fast am Alpenrand, sollte also klimatisch nicht passen. Andererseits werden auch dort die Sommer immer extremer und trockener-heiß. Laut Pilze-Deutschland ist es jedenfalls der erste Nachweis am Alpenrand.
Ich habe um Russula ja meist einen kleinen Bogen gemacht - aber ich muss zugeben, mit Helgas Buch in Verbindung mit Sarnari macht das Bestimmen dann doch Spaß. Ich hatte eh vor, Russula mal genauer anzugehen. Bisher habe ich mich hier nur mit den Weißtäublingen und der Gruppe der Säufernasen intensiver beschäftigt (und ein bisserl noch die Schwärztäublinge angeschaut). Jetzt werde ich aber zukünftig ein paar mehr Russulen unter die Lupe nehmen. Vor allem Speitäublinge werde ich mir mal genauer anschauen - dank des aktuellen Pidlich-Aigner-Artikels in der Ö.Z.P. (zudem habe ich das ominöse Speitäublingsbuch aus Frankreich...). Bevor ich aber endgültig abschweife, mache ich jetzt mal Schluss mit diesem Beitrag.
Die anderen Arten folgen im Lauf der Zeit. Bald habe ich ja Ferien.
Liebe Grüße,
Christoph