Gerade aktuell bei den ersten Pilzfunden der Saison befinden sich häufig Pilze mit Tierfraß-Stellen in den Körben, die Sammler zur Beratung bringen. Und da es die allerersten Flockis und Steinpilze im Jahr sind, sollen sie möglichst in der Pfanne landen, meinen die Leute.
Bei Schneckenfraß stellt das ja kein Problem dar, Schneckenschleim ist sogar desinfizierend. Man kann die betroffene Stelle wegschneiden (was ich nicht einmal tue) und den Pilz trotzdem verwenden.
Bei Fraß von Mäusen oder anderen Wildtieren war dies für meine persönlichen Funde bisher ein KO-Kriterium. Zu groß sah ich die Gefahr, dass mit dem Speichel der Tiere Krankheitserreger in das Fruchtfleisch getragen wurden, mit denen ich mich infizieren könnte. Und in verschiedenen Pilzkursen habe ich immer gelernt, solche Fruchtkörper stehen zu lassen.
Nun fragen mich die Sammler jedoch, ob diese Keime und Viren nicht zerstört würden, da man Speisepilze ja ohnehin gründlich erhitzen muss. Ich konnte dazu keine fachlich fundierte Antwort geben und fand auch im Internet keine Informationen dazu. Deshalb habe ich verschiedene Stellen angefragt. Vom RKI (Robert-Koch Institut) und vom LGL (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) habe ich noch keine Antwort. Professor Sigmar Berndt, Arzt und Toxikologe der DGfM, hat bereits Stellung genommen und mir folgende Auskunft gegeben:
Tatsächlich können angefressene Fruchtkörper Viren (wie das Hantavirus, den Tollwuterreger sowie weitere) und Bakterien enthalten. Diese sind jedoch allesamt hitzelabil. Es reicht also tatsächlich aus, solche Fraßstellen großzügig wegzuschneiden. Wenn man den Pilz dann ausreichend kocht oder brät, ist der Verzehr unbedenklich.
Professor Berndt warnt allerdings davor, angefressene Steinpilze oder Champignons (die ja eh die einzigen wären, die man roh essen kann), roh zu verzehren. Hier wäre das Ausschneiden von Fraßstellen nicht ausreichend. Für Steinpilz-Carpaccio sollte man also tatsächlich nur völlig unbeschadete Fruchtkörper nehmen. Auch Geschmacksproben von angefressenen Pilzen könnten Viren übertragen.
Größere Geschmacksproben generell (z.B. bei Täublingen) oder gar Rohverzehr vor Ort in Regionen größerer Mäusevorkommen hält Professor Berndt für kritisch in Bezug auf das aktuell viel diskutierte Hantavirus.
Eine Geruchsprobe hält er "wegen zu geringer ggf. aufgenommener Viruslast" für unbedenklich.