Fraßstellen an Pilzfruchtkörpern

Begonnen von Brigitte, 16. Juni 2019, 12:19

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hansecker

Serus,
da ist was schiefgelaufen! Will dazu sagen; 10 min bei 80 Grad Erhitzen auch bei Salmonellen ist Standard!
Pilze, Geflügel, Eier, Fische sollten immer so behandelt werden.
Schöen Gruß
Hans

Schorsch

Man könnte also einen Textbaustein für die Pilzberatung kurz und bündig so formulieren:
"Erforderlich ist ein generelles Erhitzen d.h. Kochen von Pilzen über 10 Minuten bei mindestens 80 °C, da
1.   etliche Pilze roh giftig, zumindest unbekömmlich, sind und
2.   viele Virus- und Bakterienarten, die durch Tiere mit einem Biss oder Kot auf die Pilze übertragen werden, aber auch die Eier des Fuchsbandwurms, unwirksam gemacht werden."
Ich werde dies in meinen Beratungen berücksichtigen. Vielen Dank Brigitte.
Gruß Schorsch
Frei di, dass regnt, wei wannst di ned freist, regnts aa.
frei nach Karl Valentin.

Brigitte

Auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hat nun auf meine Anfrage geantwortet:
"Virus- und Bakterienarten, die durch Tiere mit einem Biss oder Kot auf die Pilze übertragen werden können, werden durch ausreichendes Erhitzen über 10 Minuten bei mindestens 80 °C des Speisepilzes abgetötet. Auch die Eier des Fuchsbandwurm Echinococcus granulosus, die mit dem Kot des Fuchses ausgeschieden werden können, werden durch ausreichendes Erhitzen über 10 Minuten bei mindestens 80 °C abgetötet.
Günstig ist, die Fraßstelle vor dem Erhitzen großflächig zu entfernen."
Um Großes zu entdecken, bedarf es Aufmerksamkeit in Kleines. Wilhelm Busch

Christoph

Liebe Brigitte,

vielen Dank für diese interessante Info. Ganz ehrlich - an sowas wie Hanta-Viren durch Nagetierfraßstellen habe ich noch gar nicht gedacht. Eine wirklich wichtige Information!

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Brigitte

Gerade aktuell bei den ersten Pilzfunden der Saison befinden sich häufig Pilze mit Tierfraß-Stellen in den Körben, die Sammler zur Beratung bringen. Und da es die allerersten Flockis und Steinpilze im Jahr sind, sollen sie möglichst in der Pfanne landen, meinen die Leute.

Bei Schneckenfraß stellt das ja kein Problem dar, Schneckenschleim ist sogar desinfizierend. Man kann die betroffene Stelle wegschneiden (was ich nicht einmal tue) und den Pilz trotzdem verwenden.

Bei Fraß von Mäusen oder anderen Wildtieren war dies für meine persönlichen Funde bisher ein KO-Kriterium. Zu groß sah ich die Gefahr, dass mit dem Speichel der Tiere Krankheitserreger in das Fruchtfleisch getragen wurden, mit denen ich mich infizieren könnte. Und in verschiedenen Pilzkursen habe ich immer gelernt, solche Fruchtkörper stehen zu lassen.

Nun fragen mich die Sammler jedoch, ob diese Keime und Viren nicht zerstört würden, da man Speisepilze ja ohnehin gründlich erhitzen muss. Ich konnte dazu keine fachlich fundierte Antwort geben und fand auch im Internet keine Informationen dazu.  Deshalb habe ich verschiedene Stellen angefragt. Vom RKI (Robert-Koch Institut) und vom LGL (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) habe ich noch keine Antwort. Professor Sigmar Berndt, Arzt und Toxikologe der DGfM, hat bereits Stellung genommen und mir folgende Auskunft gegeben:

Tatsächlich können angefressene Fruchtkörper Viren (wie das Hantavirus, den Tollwuterreger sowie weitere) und Bakterien enthalten. Diese sind jedoch allesamt hitzelabil. Es reicht also tatsächlich aus, solche Fraßstellen großzügig wegzuschneiden. Wenn man den Pilz dann ausreichend kocht oder brät, ist der Verzehr unbedenklich.

Professor Berndt warnt allerdings davor, angefressene Steinpilze oder Champignons (die ja eh die einzigen wären, die man roh essen kann), roh zu verzehren. Hier wäre das Ausschneiden von Fraßstellen nicht ausreichend. Für Steinpilz-Carpaccio sollte man also tatsächlich nur völlig unbeschadete Fruchtkörper nehmen. Auch Geschmacksproben von angefressenen Pilzen könnten Viren übertragen.

Größere Geschmacksproben generell (z.B. bei Täublingen) oder gar Rohverzehr vor Ort in Regionen größerer Mäusevorkommen hält Professor Berndt für kritisch in Bezug auf das aktuell viel diskutierte Hantavirus.

Eine Geruchsprobe hält er "wegen zu geringer ggf. aufgenommener Viruslast" für unbedenklich.
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