Es gibt mehr als eine Halbfreie Morchel in Europa - Morchella populiphila!

Begonnen von Christoph, 3. April 2019, 17:43

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Christoph

Servus beinand,

die Morcheln sind ja mehr als unübersichtlich - die Artenzahl geht hoch, dann wieder runter, um dann durch die Decke zu gehen. Manche haben nur Clade-Nummern, andere schon Namen, aber wie man dann die gefundene Morchel dem Namen zuordnen kann, bleibt offen. Bei manchen Spitzmorcheln geht ja was über das Sporenornament (Längsstrein als Beispiel).

Pünktlich zur Morchelzeit habe ich mal wieder ein bisserl über Morcheln nachgelesen, so auch den Artikel von Richard et al. (2015). Dort findet man in einem DNA-Stammbaum (leider nur ITS...) Morchella populiphila aus Spanien. Neugierig, wie ich nunmal bin, habe ich dann nach Mirchella populiphila gegoogelt. Es ist eine "nordamerikanische Art", die im Prinzip wie unsere Morchella gigas aussieht und auch zwischen gelb- und braun-schwarz-hütig variiert.
Und siehe da, sie ist nun auch aus der Türkei bekannt - Acar & Uzun (2017) berichten über einen türkischen Nachweis aus Ostanatolien. Der Artikel ist über Research Gate frei lesbar, einfach auf den Link klicken...

O.k., ein Fund in Spanien und einer in der Türkei ist jetzt schon etwas wenig, aber zumindest scheint sie von Südeuropa bis nach Kleinasien vorzukommen. Und wer mikroskopiert schon eine Käppchenmorchel?

Ob sie auch bei uns vorkommt, ist folglich unklar, aber frosthart ist die Art sicher (in Nordamerika muss sie einiges im Winter aushalten und Ostanatolien ist auch kontinental).

Wie erkennt man sie?

Ich kenne sie ja selber nicht, aber wenn ich Acar & Unuk (2017) folge, so kommt sie nur unter Populus vor (da finde ich auch bei uns Käppchenmorcheln, klar) und sie hat etwas andere Sporenmaße:

20-27 × 11-16,5 μm - im Vergleich Morchella gigas: 22-30 x 12-18 μm

Hm, wie konstant das dann ist?! Aber ein bisserl kürzer, ein bisserl schmaler, könnte gehen.

Als zweites Merkmal dienen die Paraphysen - bei Morchella populiphila sind sie unverzweigt, bei Morchella gigas verzweigt.

Es lohnt sich sicher, darauf mal zu achten. Man kann sie bereits über die ITS allein von Morchella gigas unterscheiden. Wenn man also meint, eine Morchella populiphila gefunden zu haben, kann man mit der ITS-Sequenz den Fund zweifelsfrei absichern.

Literatur:
Acar I & Uzun Y (2017): An Interesting Half-Free Morel Record for Turkish Mycobiota (Morchella populiphila M. Kuo, M.C. Carter & J.D. Moore). Ekim (2017) 8(2): 125-128. Doi: 10.15318/Fungus.2 017.42

Franck Richard, Jean-Michel Bellanger, Philippe Clowez, Karen Hansen, Kerry O'Donnell, Alexander Urban, Mathieu Sauve, Régis Courtecuisse & Pierre-Arthur Moreau (2015) True morels (Morchella, Pezizales) of Europe and North America: evolutionary relationships inferred from multilocus data and a unified taxonomy, Mycologia, 107(2): 359-382, DOI: 10.3852/14-166
Liebe Grüße,
Christoph
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(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)