Tödlich giftiger Röhrling (Gattung Rubinoboletus)

Begonnen von Christoph, 1. Juli 2018, 01:35

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Christoph

Servus Gernot,

aber gerne doch  ;)

ZitatIch hoffe auf jeden Fall sehr, dass diese Dinge in einer zukünftigen Publikation endlich geklärt werden.

Yep, schaun mer mal... ich bin jedenfalls gespannt. Irgendwann muss ja schließlich abschließend geklärt werden, ob es neben Chl. brunneum ein schnallenloses Taxon gibt, das Artrang (oder Varietätsrang?) verdient. Falls ja, dann werden die nomenklatorischen Probleme leicht zu lösen sein. Falls nein, ist's eh wurscht, ob gültig beschrieben oder nicht  ;)

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Gernot

Servus, Christoph,

danke für die Info. Ja, da sollte man natürlich auf die publizierten Ergebnisse warten.

Was die mikroskopischen Unterschiede betrifft, basierend auf den bisher veröffentlichten Ergebnissen, bin ich nach wie vor skeptisch. Schließlich neigt ja auch Vellinga (2006) dazu, M. venenata als Synonym von C. brunneum anzusehen [und das nach ihren, von dir bereits angesprochenen, Typusstudien (Vellinga 2003)!]. Wenn ich mir diese Typusstudien anschaue, dann fällt mir auf, dass die mikroskopischen Merkmale von M. venenata eigentlich komplett von der Variabilität der untersuchten Belege von Lepiota brunnea abgedeckt werden, mit Ausnahme der Schnallenverhältnisse (auch wenn von letzterem tendenziell größere Sporen und Cheilozystiden berichtet werden), und das mit den Schnallen ist ja immer so eine Sache bei den Riesenschirmlingen. Aber natürlich schadet es nicht, Funde aus dieser Gruppe genau zu mikroskopieren und dann eine eventuelle bessere Übereinstimmung mit einem dieser Taxa zu notieren! Dazu kommt ja auch, dass der Typus von Lepiota brunnea gewisse Abweichungen zur heutigen Auffassung von C. brunneum zeigt, also ist vielleicht auch da das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Was mich außerdem irritiert, ist die häufige Verwendung des Namens "Chlorophyllum venenatum", sogar in der aktuellen Arbeit von Ge et al. (2018). Abgesehen davon, dass Macrolepiota venenata Bon laut Vellinga (2003) ein ungültiger Name ist, hat es m. W. noch keine Kombination dieses Namens in die Gattung Chlorophyllum gegeben (vorher bräuchte man sowieso ein gültiges Basionym).

Ich hoffe auf jeden Fall sehr, dass diese Dinge in einer zukünftigen Publikation endlich geklärt werden.

Schöne Grüße
Gernot

Christoph

Servus Gernot...

ZitatSehr interessant, kannst du dazu vielleicht noch ein bisschen mehr schreiben (gerade was die genetischen Unterschiede betrifft)? Gerne natürlich auch in einem neuen Thema, falls das zu sehr off topic ist.

... gerne auch hier, zumal es ja noch nicht zitierfähig ist. Die anatomischen Unterschiede, z.B. Schnallenlosigkeit und andere Cystidenmaße, hat Vellinga ja bereits bei ihren Typusstudien veröffentlicht.

Ich hatte heuer in Stuttgart beim dortigen PSV-Treffen einen Vortrag über giftige "Riesenschirmlinge" gehalten und kam da auch auf Chl. venenatum zu sprechen. Bei der Diskussion meldete sich Björn Wergen, der auch anwesend war, zu Wort und bestätigte aus seiner Sicht den Artrang von Chl. venenatum und sagte, dass das auch genetisch gezeigt worden sei, aber noch nicht publiziert sei.

Insofern habe ich nur diese gerüchteweise Info, die erst spruchreif ist, wenn der entsprechende Artikel raus ist. Solange muss man noch warten. Mir reicht allerdings die Anatomie, um das Taxon abzutrennen - und auf welcher Rangstufe, ob als Varietät oder Art ist da ja erstmal nicht so wichtig.

Giftig sind wohl beide ;-).

Liebe Grüße,
Christoph
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Christoph

Servus Till,

du musst gar kein schlechtes gewissen haben - im Gegenteil! Dieses Forum (und auch speziell dieses Board für Pilzberater) ist ja schließlich ganz bewusst ein "Service der BMG". Es geht ja gerade darum, dieses Forum als Informationsquelle und als Diskussionsforum einzusetzen. Insofern gehört für mich in meiner Interpretation des Projekts das Engagement hier auch zu meiner Tätigkeit als Vorstand des Vereins.

Du stiehlst mir daher keine Zeit - ich freue mich über Rückfragen und freue mich über jeden Dialog. Und wenn auch du dich beteiligst, lesen vielleicht wieder mehr Mitglieder der AMIS hier mit und die Inhalte, die ja gerade auch für Pilzberater gedacht sind, werden weiter getragen. Zudem habe ich ja die freie Wahl - ich schaue hier rein, wenn ich die Zeit dazu habe. Und wenn ich im Moment keine Zeit habe, antworte ich später.  ;)

Ich bin auch neugierig, was aus dem Fall geworden ist und ob die Pilze nachträglich besser bvestimmt wurden. Ich werde mal bei Gelegenheit bei Bettina Haberl nachfragen (Giftnotruf München) - vielleicht hat die Tox der TU München aktuellere Infos. Oder vielleicht kannst du deine Asutralien-Connections nutzen und mal dort direkt bei Mykologen nachfragen?!

Liebe Grüße,
Christoph  :)

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Gernot

Servus, Christoph,

Zitat von: Christoph am  8. Juli 2018, 16:37
Chlorophyllum venenatum [...] unterscheidet sich anatomisch und wie mir mündlich mitgeteilt wurde auch genetisch von Chl. brunneum

Sehr interessant, kannst du dazu vielleicht noch ein bisschen mehr schreiben (gerade was die genetischen Unterschiede betrifft)? Gerne natürlich auch in einem neuen Thema, falls das zu sehr off topic ist.

Schöne Grüße
Gernot

Till

Hallo Christoph -

ich kann all dem nur zustimmen und habe schon fast ein schlechtes Gewissen, weil Du dir von mir so viel Zeit stehlen lässt ... Was mich unterm Strich halt sehr interessiert, ist die Frage, ob dieser Giftröhrling schon einen Namen hat. Wer immer ihn in welcher Gattung auch immer vielleicht beschrieben hat, wusste wahrscheinlich nichts von seinen toxischen Eigenschaften, denn der kulinarische Test ist ja keine Bedingung für eine Neubeschreibung. Es sind ja schon Dutzende, wenn nicht Hunderte von austral. Röhrlingen bekannt - und wenn sich nun einer als Killer entpuppt, wäre es eben toll, wenn sich die austral. Kollegen des Falles annehmen und sich nicht bloß mit "Rubinoboletus spec." zufrieden geben würden.
Alles Gute!
Till

Christoph

Servus Till,

ZitatWir wissen beide nicht, wer und aus welchen Gründen diesen austral. Giftröhrling ausgerechnet zu Rubinoboletus gestellt hat und welche Lit. dabei Pate stand. Zweifel müssen da aber erlaubt sein - gerade, wenn man herausfinden will, wie diese gefährliche Art nun wirklich heißt (oder benannt werden kann).

Zweifel sind völlig berechtigt und dürfen auch jederzeit geäußert werden, das ist doch völlig klar.  ;)

Ich versuche aber gerne, die Intention meines Postings zu erklären - denn die ist völlig unabhängig davon, welcher Pilz nun in Australien für den Tod verantwortlich ist.  8)

1. Ich bin bei allen Umkehrschlüssen vorsichtig - Beispiel: es gibt keine tödlich giftigen Röhrlinge als Aussage, nur weil (bei uns) keine bekannt sind.

2. Solche Aussagen sind weltweit betrachtet noch gefährlicher und hier im Fall Röhrlinge sogar zu widerlegen, da es ja einen Todesfall gab.

3. Aussagen zum Speisewert von Pilzarten, die nicht oder kaum gesammelt werden (weil extrem selten und kaum jemandem bekannt) halte ich für nicht auf ausreichend häufige, freiwillige Menschenversuche gestützt.

4. Man muss nicht alles essen - vor allem nicht das, was vor einem noch keiner gegessen hat.

Zu 1.: ein Parallelbeispiel: "Alle Scheidenstrefilinge sind essbar" - so lernt man es bei Pilzkursen, so liest man es in der Literatur... besser wäre "keine giftige Art bekannt". Ich frage immer wieder, wer schon Amanita friabilis gegessen hat - ich habe diese Art noch nie selbst gefunden oder in der Hand gehabt. Ich kenne niemanden. Woher weiß man dann, ob diese Art auch essbar ist?

Früher hieß es, alle milden Schleierlinge seien essbar, später alle milden Phlegmacien seien essbar, dann wurde eingescfhränkt auf die weißfleischigen...

Früher dachte man, alle Egerlinge, die nicht in der Stielbasis chromgelb anlaufen, seien essbar. Nun, Agaricus pseudopratensis (muss nicht in der Stielbasis gilben) und A. freirei werden heute als giftverdächtig eingestuft - sect. Xanthodermatei bzw. jetzt eine eigene Schwestersektion...

zu 2. - dass es manche giftigen Röhrlinge gibt, ist ja mittlerweile hinlänglich bekannt (z.B. Satanspilz). Das schützt manchen Touristen wohl davor, im Regenwald oder sonstwo Röhrlinge zu essen. Dass es offenbar auch tödlich giftige gibt (also mindestens einen), sollte man m.E. daher durchaus publik machen.

Parallelbeispiel Riesenschirmlinge - warum gibt es in den USA Vergiftungen bei Touristen? Ich gehe davon aus, dass viele sich gemekrt haben: "Ring beweglich = Riesenschirmling = essbar". So hat man es früher gelernt. Und siehe da, in vielen Regionen stimmt das nicht, da Chlorophyllum molybdites agg. teils recht unangenhm giftig ist.

Früher hieß es auch bei uns, dass alle mit beweglichem Ring essbar seien (womit wir wieder bei meinem Punkt 1 wären) - und was weiß man heute? Chlorophyllum brunneum ist giftig. Chlorophyllum venenatum ist giftig (unterscheidet sich anatomisch und wie mir mündlich mitgeteilt wurde auch genetisch von Chl. brunneum). Und - aller guten Dinge sind drei - Leucoagaricus nympharum (ehemals auch Macrolepiota) ist giftig und hat mehrere Vergiftungen ausgelöst.

Meist wurden eben Parasol und Safranschirmlihng gegessen. Das wurde dann auf alle "Riesenschirmlinge" ausgeweitet, die seien alle essbar.

zu 3.)
Ich habe auch schon gelesen, dass Hygrophoropsis morganii essbar sei - das geschah vermutlich in Sippenhaft, da der Falsche Pfifferling nicht wirklich giftig ist. Jetzt weiß man, dass der Duftende Afterleistling in die Hygrophoraceae gehört. Und wie ist jetzt sein Speisewert? Doch deshalb nicht anders als vorher...

Kann / darf man nur aufgrund ungiftiger Verwandter sagen, ein Pilz sei essbar? Sollte man da nicht Belege haben, dass die Art auch wirklich von mehreren nicht miteinander verwandten Personen ohne Schaden verspeist wurde?

Bei Rubinoboletus ist es m.E. ähnlich. Mir ist es ehrlich gesagt, was das angeht, egal, ob es ein Chalciporus oder eine eigene Gattung ist. Diese Pilzart wurde vermutlich noch nicht oft verzehrt. Nur weil der Pfefferröhrling nicht giftig ist, muss dann dieser rote essbar sein?

Dass für den australischen Pilz die Gattung Rubinoboletus genannt wurde, war für mich nur der Aufhänger für diesen Gedankenanstoß hier. Mir ist klar, dass der abgebildete Pilz alles mögliche sein kann, zumal der Artikel nicht wirklich auf den Pilz an sich eingeht.

zu 4.)
Und hier verstehe ich die aktuell beliebten Pilzapps und Websites für Mycophagen nicht, die wirklich alles, was nicht bei drei auf dem Baum hockt, als essbar bezeichnen. Das erinnert mich dann an die deutschen Pilzblätter, die während des Kriegs mit Artikeln bestückt wurden, bei denen z.B. über die Mengen an Seifenritterlingen spekuliert wurde, die man noch essen könnte ohne sich zu vergiften.

Wir haben doch keine Not mehr, keine Hungerszeiten mehr. Pilze sind ein tolles Hobby und der Verzehr von Pilzen kann richtig Freude bereiten. Und probiert man mal ein besonderes Rezept aus, muss man oft auch keine Unmengen mehr verzehren. Qualität statt Quantität.
Dass aber trotzdem eine Bestrebung vorzufinden ist, selbst die seltensten Pilze als essbar zu bezeichnen und anzuregen, sie zu verzehren, finde ich sowohl naturschutzfachlich als auch hisichtlich der Gefahr einer Vergiftung (durch Neuentdeckung von Giftpilzen) bedenklich.

Langer Rede kurzer Sinn:

Es geht mir hier in diesem Thread nicht darum, ob "unser Rubinoboletus" giftig ist. Es geht mir auch nicht darum, ob der australische Pilz wirklich ein Rubinoboletus ist. Mir geht es auch nicht darum, wer die Gattungsgrenzen wie definiert und ob der als Tylopilus balloui bekannte Pilz wirklich zu Rubinoboletus gehört oder ob die Gattung ein Teil von Chalciporus sein soll.

Mir geht es nur darum, dass man keine Umkehrschlüsse machen sollte und seltene Pilze, die (fast) niemand vorher gegessen hat, nichts im Kochtopf zu suchen haben. Deshalb hatte ich diesen Thread hier auch im Bereich "Pilzberatung" eingestellt.

;)

Liebe Grüße,
Christoph  :)
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Till

Hallo, Christoph -

Rubinoboletus ist eine in Europa für den "Zwergröhrling" R. rubinus geschaffene und zum damaligen Zeitpunkt monotypische Gattung mit rundlichen Sporen und roten Röhren. Wie man mit dieser Gattung später umgegangen ist, haben Klofac & Krisai-Greilhuber in ÖZP 15 (2006: S. 32) sehr kritisch rekapituliert und im gleichen Aufsatz die Gattung zu einer Untergattung von Chalciporus "degradiert". Ohne jetzt im Einzelnen die Erweiterung von Rubinoboletus auf diverse tropische Taxa nachvollziehen zu können - ich bin sehr skeptisch ob man ihr folgen kann.

Das Bild von "Rubinoboletus" balloui erinnert mich an Gyroporus, und genau in diese Gattung hat Horak in seiner Corner-Revision den Pilz auch gestellt - ob zu Recht, weiß ich nicht, aber zumindest der Index fungorum folgt ihm.

Wir wissen beide nicht, wer und aus welchen Gründen diesen austral. Giftröhrling ausgerechnet zu Rubinoboletus gestellt hat und welche Lit. dabei Pate stand. Zweifel müssen da aber erlaubt sein - gerade, wenn man herausfinden will, wie diese gefährliche Art nun wirklich heißt (oder benannt werden kann). "Rubinoboletus spec." kommt mir da vor wie eine Scheuklappe, die den Blick auf das große Feld "Boletus ss. lato" versperrt.

Kann sein, dass die Molekularbiologie hier auch schon aktiv war und den kleinen roten Röhrling aus Mitteleuropa mit dem großen giftigen aus Australien untrennbar verbindet - aber das glaube ich eigentlich nicht.

Sei gegrüßt!

Till










Beorn

Hallo, Christoph!

Zitat von: Christoph am  1. Juli 2018, 21:18
Rubinoboletus balloui - hier findest du schöne Fotos: http://toolate.s7.coreserver.jp/kinoko/fungi/rubinoboletus_ballouii/index.htm

Ui, das überrascht noch mehr, als die Existenz eines potentiell tödlich giftigen Röhrlings: Ein Chalciporus, der total wie ein Gyroporus aussieht.
Irgendwie schade, daß da kein Schnittbild dabei ist. Oder ein Bild von einem Sporenabwurf.
Scheint aber schon zu passen, auch wenn der wohl auch zu Tylopilus gehören könnte >siehe zB hier<, was ich aber nicht beurteilen kann.

Wenn man mal etwas stämmigere Pfefferröhrlinge findet, ist das vom Habitus jetzt ja auch nicht soooo weit weg.


LG, Pablo.

Hias

Sakradi, das lese ich vielleicht einen Tag zu spät.
Gut möglich, dass ich gestern im Mangfallgebirge so einen Röhrling gesehen habe. Von oben hielt ich ihn für einen Pfefferröhrling und hab ihn unvorsichtit geerntet (Anfängerfehler!!!), war aber durch die Röttöne in Fleisch und Röhren irritiert, außerdem schmeckte er mild. Allerdings war der Stiel gelb.
Als bekennender Röhrlingsignorant und weils nur ein einzelner Fk war, hab ich ihn nicht mitgenommen. Aber wenigstens weiß ich jetzt, wo er wächst.

Grüße
Hias

Christoph

Servus Pablo...

ZitatSicherer wäre es jedenfalls, man würde wirklich nur Pilze verzehren, die nicht nur sicher bestimmbar, sondern auch einigermaßen gut untersucht sind hinsichtlich ihrer Wirkungen auf den menschlichen Organismus.

ja, exakt, da sind wir genau der gleichen Meinung ;-). Ich würde es aber, da ich Tierversuchen kritisch gegenüber stehe, die nicht absolut nötig sind (wobei dann auch wieder diskutabel ist, was absolut nötig heißt), so sagen:
Arten, die oft genug von Menschen nachweislich verzehrt wurden und keine Schäden ausgelöst haben und von denen nicht aus anderen Quellen (Inhaltsstoffanalysen, Tierversuche) ein gesundheitsschädliches Potential abgeleitet werden kann.

Beispiel Phaeocollybia aurea - man weiß, dass der Pilz Blausäure abgibt, das aber langsam macht und durch Kochen nicht ganz entgiftet werden kann. Das ist für mich absolut kein Speisepilz, auch wenn manche ihnschon vertragen haben. Es gibt auch Vergiftungen, die bekannt sind. In der aktuellen Z. Mykol. wird der Verzehr empfohlen (Reaktion auf einen Leserbrief). Da sage ich, dass es genug andere Pilze gibt, die man essen kann. Wir haben ja keine Notzeiten. Und wenn man gar nichts weiß... Roulettespiel, finde ich. Ebenso Umkehrschlüsse...

Liebe Grüße,
Christoph
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Christoph

Servus Till,

klar habe ich mir das Bild angschaut. Es schließt die Gattung Rubinoboletus nicht aus. Vergleiche mal z.B. Rubinoboletus balloui - hier findest du schöne Fotos: http://toolate.s7.coreserver.jp/kinoko/fungi/rubinoboletus_ballouii/index.htm

Wie und von wem die Pilze bestimmt wurden (auf Gattungsebene), weiß ich natürlich nicht. Auch nicht, ob die Gattung überhaupt stimmt. Mir ging es mehr darum, vor Pauschalaussagen zu warnen.

Als ich beispielsweise in Südamerika im Regenwald unterwegs war, habe ich nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, dort die Pfifferlinge und Craterellen (die teils zu Clavulina gehören), zu essen. Die Aussage, alle Leistlinge seien essbar war mir zu suspekt.

Bei Röhrlingen könnte man auf die Idee kommen, auch Exoten zu probieren, wenn man meint, maximal mit gastro-intestinalen Symptomen davonzukommen. Wobei auch das sehr heftig sein kann, auch bei uns, was uns ja klar ist (dem Laien, der z.B. im USA-Urlaub Chlorophyllum molybdites isst, wohl nicht).  ;)

Und den eigentlichen Bogen wollte ich zu Speisewertangaben nur anhand der Vermutung, alle "Zwergröhrlinge" seien essbar, spannen. Ich weiß natürlich nicht, ob die Angabe der Essbarkeit von Rubinoboletus daher kommt oder ob die Autoren ihn wirklich gefunden haben und gegessen haben (oder sie es aus anderen Quellen haben). Jedenfalls bin ich persönlich vorsichtig.

Ich wäre mir auch nicht sicher, ob alle Scheidenstreiflinge essbar sind. Wer sammelt schon im Erlensumpf z.B. Amanita friabilis (den ich auch noch nie selber gesehen habe) und kann bestätigen, dass der auch essbar ist?

Um deine Erlebnisse in Queensland (wo auch die Vergiftung passierte) und anderen Regionen Australiens beneide ich dich ja eh schon sehr lang. Diese bunten Röhrlinge mal selbst gesehen zu haben, muss grandios sein. In Südamerika habe ich auch tolle Röhrlinge gesehen, z.B. "Boletus" loyo (jetzt Butyriboletus loyo - schmeckt übrigens gervorragend) oder Boletellus ananas. Aber die Vielfalt Australiens ist damit kaum vergleichbar.

Vielleicht hat Australien nicht nur besonders viele Gifttiere und Giftpflanzen, sondern auch Giftpilze?  :o ;)

Liebe Grüße,
Christoph
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Till

Hallo, Pablo & Christoph -

habt ihr euch mal das dem Artikel beigefügte Bild von "Rubinoboletus spec." angeschaut? Das hat mit Sicherheit nichts mit unserem europäischen Verständnis dieser Gattung zu tun, die offenbar Chalciporus nahe steht, sondern schaut mir wie ein ganz "normaler" Boletus im vormolekularen Sinn aus ... Ich habe sowas Ähnliches in Australien selber gesehen, aber wenn dort die Boleten sprießen, verschlägt es einem sowieso die Sinne. Unvorstellbar, dieser Reichtum an Farben und Formen. Ich weiß jetzt nicht genau den Link, aber Roy Halling hat eine Vielzahl von schönen Röhrlingen von Fraser Island fotografiert und ins Netz gestellt. Dass die nicht alle für den Kochtopf geeignet sind, liegt auf der Hand. 

Einen schönen Sonntag!
Till 

Beorn

Hallo, Christoph!

Das ist wirklich interessant.
Vermutlich ist es aber auch in Europa so, daß bei einigen Röhrlingen gar nicht bekannt ist, wie sie wirken, was sie beim Verzehr auslösen können. Selbst bei einem so häufigen Pilz wie dem Kahlen krempling (Paxillus involutus s.l.) hat es ja lange genug gedauert, bis man auftretende vergiftungen mit dem Verzehr dieser Pilze in Verbindung bringen konnte.
Bei sehr viel selteneren Arten, die kaum gefunden und so gut wie nie verzehrt (bzw. bei denen über den Verlauf nach dem verzehr nichts dokumentiert ist), kann man doch eigentlich nicht wirklich viel sagen?

Ein interessantens Beispiel wäre da zB Gyroporus ammophilus, aber auch Boletus lupinus (*) wird nicht einheitlich beurteilt, über einige Verwandte des Satansröhrlings wie zB Boletus pulchrotinctus dürfte auch wenig bekannt sein.

Sicherer wäre es jedenfalls, man würde wirklich nur Pilze verzehren, die nicht nur sicher bestimmbar, sondern auch einigermaßen gut untersucht sind hinsichtlich ihrer Wirkungen auf den menschlichen Organismus.

(*) Der Einfachheit halber mal nach der "alten" Taxonomie also Boletus im weiteren Sinne.


LG, Pablo.

Christoph

#1
Servus beinand,

ich hatte im Hinterkopf, dass es mal eine tödliche Vergiftung mit einem Röhrling gab und habe deshalb heute mal nachrecherchiert. Und ich wurde fündig...

Es gab in Australien einen Todesfall einer 53-jährigen Frau, die eine Kollektion Rubinoboletus verspeist hat. 10 Stunden nach der Pilzmahlzeit ist sie verstorben!

Der Fall wird hier online beschrieben: https://www.mja.com.au/journal/2005/182/6/fatal-muscarinic-syndrome-after-eating-wild-mushrooms

(hier als pdf des Fachartikels lesbar)

Nebenbei angemerkt:
Es gibt in Europa eine Rubinoboletus-Art, Rubinoboletus rubinus. Früher war sie unter dem Namen Chalciporus rubinus bekannt. Ich selber habe Rubinoboletus rubinus noch nie gefunden - wer weiß, ob dieser Röhrling schonmal gegessen wurde?! Sind bis auf die wenigen, bekannten Ausnahmen wirklich alle heimischen Röhrlinge essbar?

Ich finde solche Umkehrschlüsse (man kennt ein paar giftige - also sind alle anderen essbar) ohnehin gefährlich. Hier ist es aber spannend. Wer weiß, vielleicht ist Rubinoboletus rubinus giftig?!

Bei 123-Pilze wird er als essbar geführt: https://www.123pilze.de/DreamHC/Download/KreuzsporigerRoehrling.htm

Ihm wird sogar eine Wertigkeit gegeben (Wertigkeit "4"). Wurde er aber wirklich gegessen und getestet?

Ich finde es eh problematisch, so extrem seltene Pilze als Speisepilze zu bezeichnen - abgesehen vom Artenschutzaspekt ist aber die Frage, wie viele Personen die Pilzart schadlos verspeist haben, dass man sie noch als essbar bezeichnet. Besser wäre m.E. "Inhaltsstoffe nicht ausreichend bekannt" oder schlicht "Speisewert nicht ausreichend bekannt"

Liebe Grüße,
Christoph
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