Was ist Boletus erythropus? - Nomenklaturchaos nach der Neotypisierung...

Begonnen von Christoph, 26. Dezember 2017, 12:05

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Christoph

Servus Pablo,

vielen Dank für die netten Geburtstagsgrüße und das wunderschöne Foto - ich freue mich schon auf die alpine Saison.

Liebe Grüße,
Christoph  ;)
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Beorn

Hallo, Christoph!

Auch von mir ein dankeschön für die übersichtliche und nachvollziehbare Nomenklatur - Erklärung.

Und wie, du hattest Geburtstag? Das ging an mir ja völlig vorbei, insofern nachträglich alles Gute, bleib gesund und munter, kritisch und entspannt und immer mit der Zeit für den einen oder anderen schönen Streifzug durch Natur und Pilze.




LG, Pablo.


Christoph

Servus Schorsch,

sehr gerne doch  ;)

und besten Dank für die lieben Glückwünsche. Habe trotz des Deutschlandspiels gut feiern können  :D

Liebe Grüße,
Christoph
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Schorsch

Frei di, dass regnt, wei wannst di ned freist, regnts aa.
frei nach Karl Valentin.

Christoph

Servus Schorsch,

zunächst nochmal zu dem Epitheton erythropus.

Ich persönlich (und das ist eine reine Meinungsäußerung) finde es aus nomenklatorischer Sicht völlig unsinnig, dass zwei unterschiedliche Pilzarten sich ein Epitheton teilen (bei gleicher Urheberschaft):

nach Simonini et al. (2017) ist

Boletus erythropus Pers.: Fr. der Flockenstielige Hexenröhrling,

während

Neoboletus erythropus (Pers.: Fr.) C. Hahn der Glattstielige Hexenröhrling sein soll.  :-X

Hintergrund: In der Gattung Boletus hat Fries den Namen Boletus erythropus sanktioniert und meinte damit den Flocki. Dieser Gebrauch hat sich lange Zeit unwidersprochen bewährt, bis zwischendurch Boletus luridiformis ausgegraben wurde. Da wurde das erste Mal diskutiert, ob man nicht diese - allerdings jüngere - Beschreibung nehmen sollte, da Persoon eventuell nicht den Flocki meinte, als er Boletus erythropus Persoon beschrieb.
Das wurde dann beigelegt und es wurde trotzdem weiter Boletus erythropus für den Flocki verwendet.

Als dann die Gattungen aufgesplittet wurden, haben die Autoren sicherheitshalber Boletus luridiformis als Typus der neuen Gattung Neoboletus angegeben, da sie vermutlich Sorgen hatten, dass rein theoretisch, wenn sie Boletus erythropus genommen hätten, das nachträglich wegen Persoons Originalinterpretation seiner Art doch zu einer anderen Gattung gehören könnte (zu Suillellus).

Den Plan, Boletus erythropus durch Boletus luridiformis zu ersetzen bzw. statt Neoboletus erythropus Neoboletus luridiformis zu verwenden, wird aber kaum aufgehen, denn "erythropus" für den Flocki ist weltweit zu sehr eingeführt und etabliert. Eigentlich soll man in solchen Fällen den Gebrauch erhalten, um keine nomenklatorischen Ambiguitäen zu erzeugen.

Jetzt kommt dazu, dass durch die Neotypisierung von Boletus erythropus eigentlich der Glattstielige Hexenröhrling Suillellus erythropus heißen müsste (wurde nur noch nicht so kombiniert). Man wird also ab jetzt, wenn man das dasnn wirklich macht, einen neuen Namen für den Flocki finden müssen. Und da ist (Neo)Boletus luridiformis nicht mal der älteste (Boletus praestigiator ist älter).

Alles völlig unnötig.

Jetzt aber zu Sutorius. Halling et al. (2012) hatten die Gattung Sutorius für Boletus eximius Halling, Nuhn & Osmundson (= Tylopilus eximius = Leccinum eximium usw.) aufgestellt. Das ist eine sehr aberrante Art, die einen Stiel wie ein Birkenpilz hat (sehr flockig), aber ein rotbraunes Sporenpulver ohne jeden Olivanteil, weshalb Tylopilus lange als Gattung verwendet wurde. Halling et al. (2012) haben aber gezeigt, dass die Art genetisch isoliert steht und sicher weder zu Boletus, noch zu Tylopilu ss.str. geschweige denn zu Keccinum gehört.

Wu et al. (2016) haben den Artikel "One hundred noteworthy boletes from China" publiziert - eine nette Idee, Hundert Boleten vorzustellen. Dabei haben sie aber erneut sequenziert bzw. nochmal die alten Daten durchgerechnet und einen Stammbaum erstellt (immerhin 4 Loci und nicht nur die ITS). Hier ist Sutorius eximius erneut sehr isoliert und stark von anderen Röhrlingen abgesetzt (zusammen mit Sutorius australiensis), Bootstrap 100. 
Es gibt noch ein paar andere Arten / kleine Artengruppen, die mit Bootstrapwerten von 100 abgegrenzt sind. Das meiste löst aber nicht richtig auf.
Jetzt haben Wu et al. (2016) den ganzen Gießkannenstammbaum als Surotius zusammengefasst - das stützt sich auf einen Bootstrapwert von 86 - die Bayesian Propability ist nichtmal angegeben (zu gering). Kurzum: das Ausweiten der Gattung Sutorius auf diverse Arten inklusive Neoboletus spp. ist nicht stichhaltig und basiert nur auf der Genetik - und da ist es wackelig.

Es kann gut sein, dass hier die Stammbäume noch länger nicht richtig auflösen - es gibt immer wieder Gruppen, in denen die (wenigen) bisherigen Loci nicht reichen - und vielleicht auch noch mehr nicht ausreichen (z.B. bei einer sehr schnellen Artbildung / Populationsaufspaltungen ist die Reihenfolge der Aufspaltungen genetisch nicht auflösbar. Deshalb ist auch und gerade das Finden von passenden Autapomorphien (neue "Erfindungen", die entstanden und durch die genetische Isolation nach dem Aufspalten nicht an die anderen Teilpopulationen weitergegeben werden konnte. So kann man die Reihenfolge zeitlich aufdröseln. Nur haben Pilz da zu wenig Merkmale (fürchte ich), um das gut hinzubekommen. Man muss aber dennoch Merkmale und DNA betrachten.

Gut, jetzt schlagen Wu et al. (2016) vor, dass man die sehr isolierte Gattung Sutorius ausweiten soll und weitere Rotporer einschließen soll, obwohl es genetisch mehr als wackelig ist. Natürlich dürfen sie das voerchlagen und gültig kombinieren. Man muss dem aber nicht folgen.

Hier kann ich diese Umgruppierung rein argumentativ nicht nachvollziehen. Ich bin ja für vieles offe, auch für diverse Spaltereien, wenn sie denn begründet sind. Das sehe ich hier nicht.

Leider übernehmen Datenbanken wie Mycobanki oder IF oft sehr unkritisch solche Schritte.

Mycobank und Index Fungorum sind extrem wertvolle(!) Datenbanken. Sie sammeln Daten zu Neubeschreibungen - also, welcher Beleg der Typus ist, wann das Taxon beschrieben wurde, natürlich auch von wem und in welcher Zeitschrift / Publikation. Man kann daher sehr gut alle Namen finden, die auf dem gleichen Typus basieren. Die sind natürlich per se Synonym.

Sobald aber eine Synonymie Taxa betrifft, die unterschiedliche Typen haben, ist die Synonymie eine reine These. Gerade aktuell sieht man, wie viele Taxa, die lange als Synonym galten, jetzt doch wieder abgetrennt werden. Welche Taxa, die auf unterschiedlichen Typen basieren, Synonym sind, kann man daher nicht festlegen. Der mit den besten Argumenten wird sich durchsetzen.

Leider gegen Mycobank und IF heterotypische Synonyme an - hier z. B. Sutorius und Neoboletus.

Sutorius basiert auf Boletus eximius und damit auf den Typusbeleg dieser Spezies.
Neoboletus basiert auf Boletus luridiformis Rostk. und damit auf das Originalmaterial von Rostkovius (falls vorhanden - ich glaube, da ist nichts) und somit zumindest auf dem Protolog von Boletus luridiformis.

Ob aber Boletus eximius und Boletus luridiformis in die gleiche Gattung gehören, kann weder IF noch Mycobank festlegen. Dafür fehlt beiden Datenbanken die Manpower. Die Leitung der beiden Seiten müsste ja bezüglich aller Pilzartenh weltweit so viel Expertenwissen besitzen, dass sie als "Instanz" entscheiden könnten, was mit wem Synonym ist. Dem ist aber nicht so.

Insofern muss man selbst den Monographien und der Spezialliteratur folgen und muss auch nicht alles blind übernehmen. Leider scheint es sich zumindest bei uns etwas durchzusetzen, dass IF oder MycoBank als Entscheidungsträger angenommen wird. In anderen Foren lese ich das als Begründung immer wieder, es taucht auch in diversen Artikeln (deutschsprachig) auf. Ich fürchte, dass das auch bei der TaxRef-Liste Eingang bekommt.

In dem Fall muss man wirklich sagen, dass man auch würfeln oder pendeln könnte, denn die Datenbanken übernehmen gerne einfach den neuesten Artikel, der greifbar ist. Ob der recht hat, ist egal, denn das kann mangels Manpower nicht geprüft werden (eigentlich geht das eh nicht, denn die These, die der Artikel aufstellt, muss erst geprüft und diskutiert werden - nach ein paar Jahren kann man dann die Entscheidung fällen).

Bezüglich Sutorius habe ich z.B. im DGfM-Forum von einem Teilnehmer lesen "dürfen":

ZitatÜbrigens ist der Gattungsname Neoboletus Gelardi et al. 2014 ein Synonym von Sutorius Halling et al. 2012. Somit müsste unser Flocki dann folglich Sutorius luridiformis oder Sutorius praestigiator heißen - oder meiner Meinung nach als Verfechter der Konservierung des Namens erythropus im gebräuchlichen Sinne dann eben Sutorius erythropus ...

(Quelle: https://forum.dgfm-ev.de/thread/1683-flockenhexe-mit-artefakt-oder-was-anderes/?postID=9348#post9348)

Die Aussage "Übrigens ist der Gattungesname... ein Synonym von ..." dürfte durch IF / Mycobank ausgelöst worden sein. Denn dort wird das ja so angegeben - und viele folgen IF blind.

Wir müssen wieder dazu kommen, wissenschaftliche Artikel als das zu sehen, was sie sind: Thesen, die aufgestellt werden. Niemand hat per se Recht und niemand weiß, was mit wem wie verwandt ist. Wir vermuten nur und suchen Argumente pro und contra unserer Vermutung. Und haben wir sehr gute Argumente pro, dann kann sein, dass bessere für ein Contra gefunden werden (in Zukunft).

Folgt man einer Datenbank, die eigentlich nur die Grunddaten sammelt und nebenbei versucht, da, wo sie hinterherkommt, einem aktuellen Stand zu kompilieren, werden wir oftmals auch Unsinn übernehmen. Folgt man den aktuellsten Monographien, hat man begründete Thesen vor sich. Die Datenbanken folgen nur dem letzten Artikel, wie begründet das auch sein mag.

Hier konkret: Vielleicht stimmt das ja auch mit Sutorius - ich folge dem aber nicht. Für mich ist das weiterhin eine Gattung mit ein bis zwei Arten. Und Neoboletus ist nicht wirklich gut definiert. Da wird es spannend, das nachzubessern. Und dafür braucht man auch anatomisch-morphologische Merkmale. Die Rhizomorphen des Flocki unterscheiden sich von denen aller anderer Rotporer, die ich untersucht habe. Jetzt wäre es spannend, wie es bei Sutorius eximius aussieht. (Ich muss mal irgendwann meine Rhizomorphenstudien veröffentlichen).

Liebe Grüße,
Christoph



Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Schorsch

Servus,
ich habe heute meinen ersten Flockenstieligen Hexenröhrlich des Jahres gefunden.
Wie heißt er jetzt? erythropus oder luridiformis?
In der Mycobank gibt es
Neoboletus erythropus (Pers.) C. Hahn, Mycologia Bavarica 16: 33 (2015) [MB#816338]
und
Neoboletus luridiformis (Rostk.) Gelardi, Simonini & Vizzini 2014 (Akzeptierter Name)
Current name: Sutorius luridiformis (Rostk.) G. Wu & Zhu L. Yang, Fungal Diversity 81: 145 (2016)
Aus Loyalität habe ich ihn in mein Pilztagebuch unter Christophs Nomenklatur eingetragen.
Dennoch interessiert mich dieses Wirrwar.
Was ist jetzt der heutige Stand?
Liebe Grüße Schorsch
Frei di, dass regnt, wei wannst di ned freist, regnts aa.
frei nach Karl Valentin.

Christoph

#1
Liebe Röhrlingsfreundinnen und -freunde,

jetzt ist es passiert. Boletus erythropus wurde neotypisiert. Persoon hatte bei seiner Originalbeschreibung 1795 keine Tafel und keinen Beleg erwähnt oder hinterlegt. Fries hatte den Namen ja übernommen und sanktioniert - und er verstand das darunter, was für uns alle seitdem "Boletus erythropus" war: den "Flocki".

Das Grundproblem ist/war aber, dass Persoon seine Originalbeschreibung nicht sehr ausführlich gestaltete und er neben den Schüppchen am Stiel auch blutrotes Fleisch in der Stielbasis beschreibt. Man kann daher in der Beschreibunf das sehen, was wir bislang als Boletsu queletii kennen/kannten, also den Glattstieligen Hexenröhrling (wobei da die Schüppchen am Stiel schon sehr klein sind) oder als einen Flocki mit rotem Fleisch in der Stielbasis (selten, gibt es aber) oder Persoon hat beide Arten nicht getrennt und die Beschreibung vermischt, was ich als am wahrscheinlichsten erachte.

Man hat also zwei Möglichkeiten, wenn man Boletus erythropus nachträglich typisiert - man wählt eine Kollektion eines Flockis mit rotem Fleisch unten in der Stielbasis oder einen Glattstieligen Hexenröhrling mit deutlichen Schüppchen am Stiel.

Warum ist es überhaupt nötig, einen so klar umrissenen Namen (die Interpretation als Flocki ist ja seit langem stabil) zu neotypiseiren? Ganz einfach: durch die Aufspaltung der Großgattung Boletus steht der Flocki nun in der Gattung Neoboletus und ist dort daher nicht mehr durch Fries sanktioniert. Es gilt also die Interpretation von Persoon.

Allerdings sollte meiner Meinung nach eine Neotypisierung die Nomenklatur stabilisieren und nicht alles umschmeißen. Leider ist nun genau das passiert.

Man sollte den Neotypus aus der Region wählen, aus der das Originalmaterial stammte, auf dem die Beschreibung aufbaut. Persoon sammelte und wirkte in den Niederlanden, also wäre die Region Belgien / Niederlande / Luxemburg /Nordhrein-Westfalen geeignet, um dort nach einem Neotypus Ausschau zu halten. Also eine Region mit ozeanischem Klima und die gemäßigt ist. Sonst könnte passieren, dass die Art, die durch den Neotypus nachdefiniert wird, in der Region gar nicht vorkommt, aus der die Beschreibung stammt. Das ist bei so weit verbreiteten Arten wie den Hexenröhrlingen jetzt zwar kaum denkbar, aber es wurde einmal sogar eine europäische Art mit amerikanischem Material neotypisiert - nachträglich stellte sich heraus, dass das, was dieser Typus festlegt, gar nicht in Europa vorkommt.

Hier ist eine Lücke im Nomenklaturcode.

Im Fall Boletus erythropus ist es nicht ganz so extrem, aber meiner Meinung nach dennoch extrem unglücklich. Der Neotypus stammt aus Italien, genauer aus den Ambruzzen und wächst bei Quercus spec. Ostrya carpinifolia und Castanea sativa.

Diese Wahl ist äußerst unglücklich, zumal Ostrya und Castanea keine typisch holländischen Bäume sind und Persoon ganz sicher nicht in Italien seinen Boletus erythropus festgelegt hat. Es hätte zumindest Westeuropa sein können - und nicht eine ganz andere Florenregion, also den Mittelmeerraum.

Die Publikation ist aktuell (Herbst 2017):
Simonini G, Gelardi M, Vizzini A (2017): Neotypification of Boletus erythropus. Boll. AMER 100-101, Anno XXXIII, 2017 (1-2): 77-82.

Simonini et al. (2017) geben hierbei nur einen Herbarbeleg an, zeigen ein Foto der Kollektion und diskutieren die Übereinstimmung des Fotos mit dem Protolog von Persoon. Es wird noch eine DNA-Squenz angegeben, die aber laut Genbank von einer anderen Kollektion stammt.  :-X Nun ja...

Leider geben die Autoren keinerlei Informationen zur Anatomie ihres Neotypus' an. Die Mikromerkmale fehlen ja auch in der Originalbeschreibung - aber das wird vermutlich den Anderen überlassen, diese "Knochenarbeit" der Herbarbelegmikroskopie zu übernehmen. Die Sequenz in der Genbank stammt jedenfalls von einer Kollektion von "Boletus queletii", aber unter einer anderen Herbarnummer (gleiches Herbar, andere Nummer).

Was folgt nun aus der Neotypisierung?

Nun, zunächst ist damit der Gebrauch des Epithetons "erythropus" für den Flocki Geschichte (es sei denn, die Typisierung wird nicht anerkannt wegen formaler Fehler). Das bedeutet, dass der Glattstielige Hexenröhrling nun nicht mehr Boletus queletii, sondern Boletus erythropus genannt werden muss bzw. er bald als Suillellus erythropus benamst werden wird. Das erschwert die Auswertung zukünftigerr Daten, da man jetzt immer prüfen muss, ob "Boletus erythropus" im klassischen oder im neuen Sinn verwendet wird. Ferner muss der Flocki einen neuen Namen erhalten. Und auch da ist nicht ganz klar, ob der nun Boletus luriudiformis oder Boletus praestigiator ist, da Boletus luridiformis irgendeiner der diversen "discolor"-Funde ist.

Tja, hätte, hätte, Fahrradkette.

Es wäre so einfach gewesen...

Der Flocki wäre "erythropus" geblieben,
der "Glatte" hieße weiterhin "queletii" und die Nomenklatur wäre stabil geblieben.

Jetzt muss der "Glatte" "erythropus" heißen,
der "Flocki" braucht einen gesicherten Namen, der entweder "luridiformis" oder "praestigiator" als Epitheton führt.
Ach ja, falls die Wahl doch auf "luridiformis" fallen sollte, dann wäre das Chaos perfekt - denn erkennt man diese gelblichen als Varietät an, dann müsste der normale, häufige Flocki ja als Varietät des selteneren, gelb-braunen "discoloroiden B./S. luridiformis" beschrieben werden (bzw. wieder ein alter Name ausgegraben werden und als Varietät kombininiert werden - wie wäre es mit Neoboletus luridiformis var. praestigiator?

Und warum das ganze? Weil ein in Sachen Stabilität der Nomenklatur ein denkbar ungeeigneter Neotypus gewählt wurde, der nichtmal aus der Sammelregion des Originalbeschreibers stammt und Symbiosepartner hat, die in dieser Region untypisch sind.

Und die Moral von der Geschichte?

Schwer zu sagen. Fachlich kann man ja nicht abstreiten, dass Persoon durchaus den Glattstieligen meinte bzw. eine Mischbeschreibung ablieferte. Offensichtlich spielt aber Benennungstradition, also Stabilität der Nomenklatur keine Rolle mehr, obwohl der Nomenklaturcode genau das als Ziel hat / haben sollte. Jedenfalls werden wir Artenlisten von Exkursionen kaum noch auswerten können, da man immer rückfragen muss, welchen "erythropus" man meinte. Aber wir werden uns daran gewöhnen.  8) Verstehen kann ich dieses Vorgehen allerdings nicht.

Liebe Grüße,
Christoph
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