Aktuelle Studie über die Trüffelnutzung in Spanien

Begonnen von Christoph, 21. Mai 2018, 19:39

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Christoph

Servus Peter...

Zitat von: Peter am 21. Mai 2018, 22:04
danke für die interessante Info.

gern geschehen.

ZitatWelchen Anteil hat denn das Sammeln von Wildpilzen im Verhältnis zu Habitatverlusten am vermuteten Rückgang selbiger?

Auf was beziehst du dich hier? Auf Wildpilze generell, auf Wildpilze in Spanien oder bei uns? Ich fürchte, ich kann auf die Frage keine Antwort geben.

ZitatWie wurden denn die Mengen in der von dir zitierten Quelle ermittelt? Nach offiziellen Marktanteilen?

Es wurden offizielle Export- und Marktzahlen aus Spanien zugrunde gelegt, was die Trüffelernte angeht. Es wurden auch weltweite Umsatzzahlen spanischer Händler recherchiert und zugrunde gelegt. Das Journal ist renommiert, insofern gehe ich davon aus, dass das Review-System hier auch geprüft hat, ob alles belastbar ist. Es geht um das kommerzielle Sammeln, nicht um privates Sammeln. Du kannst es ja nachlesen - der Artikel ist sehr ausführlich

ZitatDie Tatsache, das immer weniger Trüffeln aus Wildsammlungen in Frankreich, Italien und Spanien auf den Markt kommen, ist ja nicht neu.

Nein, natürlich nicht. Diese Studie ist aber recht aktuelle und sie ist eben sehr umfangreich.

ZitatWorauf ich hinaus möchte. Was bringen solche Vermutungen wie "Kombination aus Habitatsverlust, Sammeln und Klimawandel", wenn sie nicht differenziert nachgewiesen sind?

Woher nimmst du jetzt diese Aussage? Die Aussagen der Autoren sind durch weitere Verweise auf frühere Publikationen zumindest nicht per se Vermutungen. Man müsste dies erstmal prüfen - ich gehe erstmal davon aus, dass die Grundlagen seriös erhoben wurden. Ich habe auch nur den Artikel zusammengefasst und hierbei, weil die Aussage, die du jetzt hinterfragst, deutlich ist, auch die dazu gehörige Hintergrundquelle angegeben. Der Autor dieser Quelle ist Coautor des von mir zusammengefassten Artikels.

ZitatWie verträgt sich die These "Übersammeln von Speisetrüffeln" mit den Studien von Egli et al., nach denen die Einflüsse des Sammelns marginal sind?

Egli et al. haben nicht das Graben nach Trüffeln untersucht, insofern kann man diese Studien nicht als Vergleich anwenden. Das wäre unseriös. Zudem ist die Studie von Egli et al. auch partiell angreifbar - sie ist wenig reproduzierbar, da der Einfluss der Bearbeiter / Bestimmer auf die Datensätze recht groß ist. Zudem ist es trotz der langen Laufzeit der Studie kaum bis nicht möglich, Langzeiteffekte aufzuzeigen. Die Lebensdauer mancher Myzelien übersteigt die Länge der Studie. Zudem wurde nur der Einfluss des Sammelns auf die Fruktifikationsleistung der besammelten Myzelien untersucht und nicht die möglicherweise veränderte Neuansiedlungsrate imn der Umgebung. Ich bemühe mal folgenden Vergleich: sammle ich in einem Eichenwald 30 Jahre lang alle Eicheln, so werde ich feststellen, dass die Bäume, die die Eicheln produzieren, davon recht unabhängig weiter Eicheln produzieren. Die Eichenverjüngung in der Umgebung dürfte aber (logischerweise) zurückgehen. Insofern ist die Studie, so interessant sie ist, nicht in Bezug auf alles, was ihr nachgesagt wird, aussagekräftig.

ZitatWelchen Anteil haben die zunehmenden Wildschweinpopulationen?
Welchen Anteil haben die Überdüngung der Lebensräume und Aufgabe der Streunutzung?

Da ich selber nicht in Spanien lebe und keine Datengrundlage dazu habe, kann ich diese Fragen auch nicht beantworten.

Mir scheint, dass du die Studie, die ich zitiert habe, sehr kritisch siehst, ohne sie aber gelesen zu haben. Mein Vorschlag: lies sie - und wenn dich das Thema so interessiert, was ich gut finde, kannst du die Autoren sicher auch anschreiben. Ich denke, sie freuen sich über Feedback, auch über kritisches.

ZitatNicht, dass ich missverstanden werde. Ich bin gegen das Sammeln von gesetzlich geschützten Arten.

Darum geht es auch nicht, jedenfalls nicht in Spanien. Zudem geht es hier um die kommerzielle Nutzung, also der Landwirtschaft in mykologischem Sinn (eben inkl. Plantagen).

ZitatAber ich muss tagtäglich die immense Zerstörung von Lebensräumen in unserer industrialisierten Landwirtschaft erleben und halte das Anprangern von Pilzsammlern im Zusammenhang mit Artenrückgang für kaum relevant und nützlich.

Wo werden denn Üilzsammler angeprangert? Ich sehe, dass du kein Freund der industrailisierten Landwirtschaft bist, dabei geht es da ja auch nur um die kommerziellen Interessen der Landwirte. Sie düngen ja nicht, weil sie was kaputt machen wollen, sondern weil sie so mehr Umsatz pro Fläche erzielen. In China werden Wälder auch nicht zerstört, weil jemand sie kaputt machen will, sondern weil das kurzfristig einen kommerziellen Erfolg beschert.
Wie ich ja schrieb - Landwirtschaft, also kommerzielle Landnutzung - ist in meinen Augen kein Naturschutz. Eigentlich müsstest du das dann ja sehr ähnlich sehen.

ZitatFalls du neuere, belastbare Erkenntnisse als die von Egli et al. zum geringen Einfluss des Sammelns auf die Populationen hast, freue ich mich natürlich über Info's dazu.

Siehe oben. Und ich bin mir sicher, dass die Autoren der Studie kein Totschlagargument gegen jede Untersuchung hinsichtlich kommerzieller Nutzung der Pilze liefern wollten. Und wie gesagt -auf Trüffeln ist die Studie nun wirkluch nicht anwendbar.

Liebe Grüße,
Christoph




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Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Peter

ZitatIch zitiere Garcia-Barreda et al. (2017: ): "Declining black truffle harvest has been generally attributed to a combination of factors including habitat deterioration, overharvesting and climate change (Reyna 2012b)."

Hallo Christoph,

danke für die interessante Info.

Welchen Anteil hat denn das Sammeln von Wildpilzen im Verhältnis zu Habitatverlusten am vermuteten Rückgang selbiger?
Wie wurden denn die Mengen in der von dir zitierten Quelle ermittelt? Nach offiziellen Marktanteilen?

Die Tatsache, das immer weniger Trüffeln aus Wildsammlungen in Frankreich, Italien und Spanien auf den Markt kommen, ist ja nicht neu. Schon in Volbracht 2012 wurde darauf mit eindrucksvollen Zahlen eingegangen:
Ich zitiere mich selbst aus meiner ZfM-Rezension aus Trüffeln – Mythos und Wirklichkeit, Christian Volbracht 2012:
ZitatIn den Kapiteln ,,Vom Bauernwald zur Plantage" und ,,Kultur und Kommerz" wird der Leser über die Geschichte der Trüffelkultur, moderne Anbaumethoden und die Marktgesetze aufgeklärt. Die beeindruckende Menge von 2000 Tonnen wurde 1890 allein in Frankreich offiziell umgesetzt. Dagegen zeigen die in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt pro Saison erreichten 34 Tonnen, in welchem Zustand die durch intensive Landwirtschaft ausgebeutete Natur inzwischen ist.

Worauf ich hinaus möchte. Was bringen solche Vermutungen wie "Kombination aus Habitatsverlust, Sammeln und Klimawandel", wenn sie nicht differenziert nachgewiesen sind?
Wie verträgt sich die These "Übersammeln von Speisetrüffeln" mit den Studien von Egli et al., nach denen die Einflüsse des Sammelns marginal sind?
Welchen Anteil haben die zunehmenden Wildschweinpopulationen?
Welchen Anteil haben die Überdüngung der Lebensräume und Aufgabe der Streunutzung?

Nicht, dass ich missverstanden werde. Ich bin gegen das Sammeln von gesetzlich geschützten Arten.

Aber ich muss tagtäglich die immense Zerstörung von Lebensräumen in unserer industrialisierten Landwirtschaft erleben und halte das Anprangern von Pilzsammlern im Zusammenhang mit Artenrückgang für kaum relevant und nützlich. Falls du neuere, belastbare Erkenntnisse als die von Egli et al. zum geringen Einfluss des Sammelns auf die Populationen hast, freue ich mich natürlich über Info's dazu.

Beste Grüße, Peter



"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Christoph

Hallo zusammen,

in Spanien werden einige Pilzarten intensiv kommerziell genutzt. Dazu gehören neben Steinpilzen und Reizkern auch Schwarze Trüffeln. Garcia-Barreda et al. (2017) haben die Mengen an Schwarzen Trüffeln, die in Spanien gesammelt und kultiviert werden, verglichen und ausgewertet.

Dabei zeigt sich, dass die Zahl kultivierter Trüffeln deutlich steigt, während die wild gesammelte Menge deutlich abnimmt. Die Trüffel"produzenten" steigen also um auf Trüffelplantagen.

Interessant sind die Gründe für das verringerte Wildsammeln - denn Plantagen sind auch aufwändig.

Ich zitiere Garcia-Barreda et al. (2017: ): "Declining black truffle harvest has been generally attributed to a combination of factors including habitat deterioration, overharvesting and climate change (Reyna 2012b)."

Die Studie von Reyna 2012 - Reyna S (2012b) Sostenibilidad de la truficultura: aspectos ecológicos,
económicos y sociales. In: Reyna S (ed) Truficultura: Fundamentos y técnicas, 2nd edn. Mundi-Prensa, Madrid, p 49–71. - habe ich nicht gelesen bzw. nicht vorliegen.

Leider hat der Artikel keine Seitenzahlen (ist wohl modern, bei Onlinepublikationen Seiten wegzulassen...), weshalb ich die Zitate nicht genau angeben kann - aber man findet die entsprechenden Passagen schnell. Daher noch ein zweites Zitat:

"In recent years sustainability issues in public forests have been exacerbated by collective harvesting arrangements. As a result of decline in productivity, forests become economically unattractive to private harvesters, with municipality councils offering the floor price in auctions. Thus, every year residents interested in harvesting put their name down and share the rent."

Aber nicht nur in Spanien wird übernutzt und übersammelt. In China ist es noch extremer:

"Wild T. melanosporum decline in Spain is not a unique case among edible fungi. In China, the native T. indicum is intensively harvested for commercial purposes since the late 1980s, when it was originally exported to Europe. Its price sharply increased and pure extractivism and damaging picking techniques have been indicated as the general rule (Wang and Liu 2010). Wang (2013) reported that harvests
decreased by 30–50% in recent years, after about 30 years of intensive use, no harvesting regulation and no resource management."

Es ist wohl wie immer in unserer Welt. Sobald kommerzielle Interessen im Konflikt mit Natur- bzw. Biotopschutz stehen, hat der Schutz das Nachsehen. Die Wälder werden solange ünernutzt und überbesammelt, bis es sich nicht mehr lohnt, zu suchen, weil die Wildpopulationen einbrechen. Dann steigt man zur Kultur um. Vielleicht hilft das ja, dass sich sowohl die Wälder als auch die Artenzusammensetzung der Funga wieder regenerieren. Der Klimawandel kommt ja ohnehin als Druck auf die Artengemeinschaft dazu - da kann man grabende Trüffeljäger nicht auch nich gebrauchen. Aus China kenne ich Beschreibungen vom Zustand der Wälder von Augenzeugen. Dort wird (zumindest da, wo nach Trüffeln gejagt wird) teils hemmungslos  umgegraben und zerstört.

Da bin ich ganz froh, dass Trüffeln bei uns vollkommen geschützt sind. Und was die Vermarktung heimischer Trüffeln angeht, sind ja auch hier Plantagen ein Thema. Das nimmt dann den Sammeldruck ohnehin.

Hier das Zitat der Arbeit:
Sergi Garcia-Barreda, Ricardo Forcadell, Sergio Sánchez, María Martín-Santafé, Pedro Marco, J. Julio Camarero & Santiago Reyna (2017): Black Truffle Harvesting in Spanish Forests: Trends, Current
Policies and Practices, and Implications on its Sustainability. Environmental Management DOI 10.1007/s00267-017-0973-6

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)