Epicoccum nigrum - wächst auf allem (!), auch an toten Zweigen

Begonnen von Christoph, 2. April 2018, 17:29

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Christoph

Servus Thorben,

freut mich, dass dir dieser Beitrag über einen an und für sich häufigen Pilz gefällt. Wenn im EU-Forum das Unterforum "Anamorphe" (oder so ähnlich) eröffnet wird, eröffne ich auch da gerne das Thema (bin jetzt nur ein paar Tage unterwegs).

Ich habe nochmal genauer nachgelesen - es wurde ja mittlerweile Epicoccum mackenziei beschrieben, das aber kleinere Konidien besitzt und dessen Myzel weiß bis grau oliv ist, aber nie orange - siehe Jayasiri et al. (2011). Eigentlich interessanter finde ich die Arbeit von Fávaro et al. (2017) - dort werden genetisch 6 Arten im Epicoccum nigrum-Formenkreis erkannt. Eine davon ist gegenüber einer genetisch sehr klar abgesetzten Art paraphyletisch und würde wohl in grob drei Arten zerfallenb, will man für alle Monophylie erreichen.
Und ja, da geht auch morphologisch etwas - man kann grob unterscheiden, welche Myzelfarbe die Arten haben. Fávaro et al. (2011) trennen zwei Grobgruppen auf - Gruppe 1 hat das für Epicoccum nigrum s.str. typische orange Myzel (auf PDA), Gruppe 2 zeigt ein violettes, rosafarbenes, rotes, graues oder braunes Myzel auf PDA. Das sollte wohl auch mit der Farbe des Myzels der Sporodochien korellieren, was aber zu prüfen wäre. Hier wurde eben über Kulturen (wie üblich) gearbeitet, nicht mit Feldfunden.

Was aber auch aufgefallen ist: die Konidiengröße scheint auch je nach Clade ein bisserl bis deutlich unterschiedlich zu sein. Die gesamte Bandbreite ist ja recht groß, was die Konidienmaße angeht. Insofern wäre es wohl wirklich lohnendwert, Funde zusammenzutragen und mal morphologisch zu analysieren. Sollte man hier Gruppen trennen können, gibt es vielleicht auch Spezialisten, die die Funde dann mal nachsequenzieren.

Hier noch die Quellen (hatte ich beim Erstbeitrag vergessen):

Fávaro LCdL, de Melo FL, Aguilar-Vildoso CI, Araújo WL (2011): Polyphasic Analysis of Intraspecific Diversity in Epicoccum nigrum Warrants Reclassification into Separate Species. PLoS ONE 6(8): e14828. doi:10.1371/journal.pone.0014828

Jayasiri SC0, Hyde KD, Jones EBG, Jeewon R, Ariyawansa HA, Bhat JD, Camporesi E, Kang JC (2017): Taxonomy and multigene phylogenetic evaluation of novel species in Boeremia and Epicoccum with new records of Ascochyta and Didymella (Didymellaceae). Mycosphere 8(8), 1080–1101, Doi 10.5943/mycosphere/8/8/9

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

thorben96

Hallo Christoph,

vielen Dank das du auf diesen besonderen Pilz hinweist :)
Auch wenn er nicht selten ist, so wird er doch oft nicht beachtet.

ZitatEs handelt sich (klar, wie soll es auch anders sein) um ein Artenaggregat, das im Moment aber nur teilweise aufgedröselt wurde - z.B. Jayasiri et al. (2017). Genetisch kann man die Taxa trennen, aber morphologisch sieht es wohl düster aus.
Das wusste ich noch nicht.
Kannst du diesen Thread auch im Pilzforum.eu aufmachen, weil ich denke das dort auch Interesse an dem Thema gibt.
Normalerweise wäre Epicoccum nigrum ein 0815-Pilz gewesen, aber jetzt macht es durchaus Sinn viele Exsikkate von verschiedenen Substraten zu sammeln.
Vielleicht gibt es irgendwann jemand der diese bearbeitet und eine Arbeit darüber schreibt.
Bisher habe ich nur 1 Exsikkat auf Paepalanthus tatei, aber werde jetzt anfangen zu sammeln.

VG : Thorben

Christoph

#1
Servus beinand,

beim Versuch, ein Cladosporium an Euonymus europaeus zu bestimmen, bin ich im Bino am gleichen Substratstück über kleine, dunkle Haufen gestolpert, um die herum einzelne Sporen liegen:


Epicoccum nigrum - blassviolett eingerahmt - Sporodochien bedeckt von den Sporen und Sporen einzeln liegend


Wie oben, aber zum Selbersuchen

Die Sporen werden übrigens aktiv weggeschleudert, was deren Verteilung rund um die Sporodochien erklärt. Die Konidien sind zudem einzigartig - sie sind mehrzellig (ca. 15 Zellen), schön und kräftig ornamentiert und sie haben eine Art großen Apiculus. Natürlich sind die keine Ständerpilze, sondern gehören in die Ordnung Pleosporales / Didymellaceae, also zu den Dothideomycetes (bitunikate Ascomyzeten). In Kultur entwickelt Epicoccum kugelige Pycnidien (Name!), in der Natur hingegen findet man so gut wie nur die Sporodochien.

Die Konidien maßen bei meiner Kollektion 12,5-23,5 x 12,0-21,0 µm, können aber laut Literatur größer werden - z.B. Schol-Schwarz (1959):





Es handelt sich (klar, wie soll es auch anders sein) um ein Artenaggregat, das im Moment aber nur teilweise aufgedröselt wurde - z.B. Jayasiri et al. (2017). Genetisch kann man die Taxa trennen, aber morphologisch sieht es wohl düster aus.

Epicoccum nigrum scheint wirklich auf allem zu wachsen, selbst auf Papier, Stoffresten, auf Blättern, Stängeln, Früchten, Holz, Insekten... - und an und in Menschen, wenn deren Immunsystem zu schwach ist (es gibt Berichte z.B. von Epicoccum in der Muskulatur, auf der Haut usw. - ob es da besondere Arten gibt, die auf/in lebenden Tieren wachsen?!)
Ich gehe mal davon aus, dass meine Aufsammlung nicht humanpathogen ist, dass mein Immunsystem in Ordnung ist und ich einen Stamm bzw. eines Spezies vor mir liegen habe, die nur phytosaprob wächst.

Hübsch ist Epicoccum jedenfalls im Mikroskop, man muss aber hin und her fokussieren, um die Konidien wirklich genießen zu können.

Liebe Grüße,
Christoph
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