Lophiostoma compressum - leicht bestimmbar?!

Begonnen von Christoph, 1. April 2018, 21:15

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Christoph

Servus Gernot,

hm, ich denke, wir können uns auf alle Fälle darauf einigen, dass die Diskussion um die Abgrenzung der neuen Arten gegenüber P. compressum gewisse Schwächen aufweist. Und auch die Beschreibungen sind nicht so klar deutbar. Ich hatte die Abbildung des Ostiolums von P. compressum nochmal angesehen und meine, dass da Periphysen erkennbar seien (halt abgeschnitten, aber die Basen sind da, meine ich), während bei P. rosae keine zu sehen sind. Die Periphysen auf der Abbildung zu P. salicicola sind hingegen klar erkennbar.
Der Beschreibungstext hingegen ist bei beiden, P. rosae und P. compressum gleich, stimmt... Warum schreiben sie nicht explizit "Periphysen fehlen" vs. "Periphysen vorhanden"? Und warum bieten die Autoren keine Vergleichstabelle an?

Ich hatte allerdings, das gebe ich natürlich zu, bei meinem Fund nicht auf die Periphysen geachtet, sondern primär auf die Sporenmaße und das Excipulum. Muss ich dann wohl nachholen.

Ich weiß nur nicht, ob die Beschreibungen copy & paste-Fehler enthalten könnten. Gäbe es eine ausführliche Diskussion, würde man klarer sehen.

Danke für die kritischen Rückfragen!  :)

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Gernot

Servus, Christoph,

danke für die genaue Ausführung. Was mir immer noch nicht ganz klar ist: Wer sagt denn, dass P. compressum Periphysen hat? In der Arbeit steht Folgendes zu den Ostiolen der relevanten Arten:

P. compressum: Ostiole slit-like, central, papillate, with a reduced crest and a pore-like opening, plugged by gelatinous tissue, made up of lightly pigmented, pseudoparenchymatous cells.

P. rosae: Ostiole slit-like, central, papillate, opening by an apical, lysigenous pore or dehiscence, plugged by gelatinous tissue, made up of lightly pigmented, pseudoparenchymatous cells.

P. salicicola: Ostiole slit-like, central, papillate, periphysate, with a crest-like apex and opening by an apical, lysigenous pore or dehiscence.

Nur bei P. salicicola werden Periphysen ("periphysate") erwähnt. Das würde also gegen die Möglichkeit sprechen, dass in der Diskussion von P. rosae statt P. salicicola eigentlich P. compressum gemeint ist. Oder P. compressum hat tatsächlich Periphysen und die Autoren haben dann auch noch vergessen, dies in der Beschreibung anzuführen... :-X

Schöne Grüße
Gernot

Christoph

Servus Gernot,

stimmt, Jaklitsch et al. (2016) haben hier ein deutlich breiteres Gattungskonzept. Ich habe ja prinzipiell nichts gegen ein enges Gattungskonzept, nur sollte dies auch irgendwie begründbar sein. Und die fehlt mir in ihrer Aussagekraft bei der Studie von Thambugala et al. (2015).

Aber konkret zu dem Artenkomplex um Lophiostoma / Platystomum compressum:

Thambugala et al. (2015: 228-229) schreiben zu Pl. compressum (Hervorhebungen von mir):

Peridium 50–130μm wide [ ... ] comprising two strata, outer layer composed of dark brown-walled, flattened cells of textura prismatica, fusing and indistinguishable from the host tissues and the inner layers with 6–8 layers of brown to lightly pigmented cells of textura angularis...

Zu Pl. salicicola schreiben sie (p. 235):

Peridium 15–25μm wide at the base, 25–35μm wide at the sides, broad at the apex, comprising two strata, outer stratum comprising dark brown, somewhat flattened cells of textura prismatica to textura angularis...

und hinsichtlich Pl. rosae:
Peridium 15–25μm wide at the base, 18–30μm wide at the sides, broad at the apex, comprising two strata, outer stratum comprising dark brown, somewhat flattened cells of textura angularis...

Insofern ist bei Pl. compressum die Peridie breit (50-130 µm), bei Pl. salicicola und Pl. rosae schmal (bis max. 35 µm an den Seiten, an der Basis schmaler.

Jetzt schreiben Thambugala et al. (2015: 235) aber in der Diskussion zu Pl. rosae:
Notes: Platystomum rosae is morphologically very similar to P. salicicola, but differs in having small, subglobose to conical ascomata, an ostiole without periphyses, a thin peridium and light brown, 3–6 transversely septate ascospores, with 1–4 vertical septa.

Folglich unterscheide sich Pl. rosae durch eine dünne Peridie von Pl. salicicola. Das ergibt jetzt aber gar keinen Sinn, da bei beiden die Peridie in quasi gleichem Wortlaut beschrieben wurde, während Pl. compressum eine dicke Peridie besitzt.

Daher vermute ich, dass hier der Wurm drin war. Ich gehe davon aus, dass die Unterschiede zu Pl. compressum diskutiert wurden - und auch auf Pl. salicicola bezogen (ebenfalls dünne Peridie).

Kurz zusammengefasst:
Pl. rosae: keine Periphysen; Peridie dünn
Pl. salicicola: mit Periphysen, Peridie dünn
Pl. compressum: mit Periphysen, Peridie dick

Hier ein Foto der Peridie einer aktuellen Aufsammlung von Pl. compressum aus Kinding / Altmühltal:



Und zur Vollständigkeit hier die Sporen - die Maße waren (18,0-)19,0-21,4-25,75 x 6,75-8,0-9,0 µm; Q = 2,4-2,69-3,4


Liebe Grüße,
Christoph
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Gernot

Servus, Christoph,

Zitat von: Christoph am  8. April 2018, 23:07(ich finde allerdings die Gattung unglücklich - die Bootstrapwerte sind nicht gerade prickelnd, sodass ich das als zu früh empfinde, Platystomum wieder zu regenereieren, aber das ist ein anderes Thema)

Du hast sicher Recht, dass man die Ergebnisse dieser Arbeit durchaus skeptisch betrachten muss. Siehe auch die wichtige Diskussion diesbezüglich in Jaklitsch et al. (2016) (wobei diese Autoren hauptsächlich den Teil über die Floricolaceae diskutieren).

Leider kann ich dir was P. salicicola/P. rosae/P. compressum betrifft nicht ganz folgen – könntest du bitte nochmals erläutern, welcher Teil sich womöglich auf P. compressum bezieht?

Schöne Grüße
Gernot

Christoph

Servus Gernot,

ich meine, den Hauptunterschied zwischen Platystomum compressum (ich finde allerdings die Gattung unglücklich - die Bootstrapwerte sind nicht gerade prickelnd, sodass ich das als zu früh empfinde, Platystomum wieder zu regenereieren, aber das ist ein anderes Thema) und Pl. salicicola.

Ich vermute einen Tippfehler in der Diskussion. Sowohl Pl. salicicola als auch Pl. rosae, die ja neu beschrieben wurden, haben ein dünnes Excipulum, während Pl. compressum ein dickes, zweischichtiges Excipulum aufweist. In der Diskussion wird auf die Excipulumdicke als Trennmerkmal verwiesen, aber hinsichtlich der Abtrennung zu Pl. rosae von Pl. salicicola, die aber beide ein dünnes Excipulum haben.

Ersetzt man den Verweis auf Pl. compressum wird es klarer. Da Pl. rosae keine Periphysen besitzt, ist diese Art eh leicht kenntlich - die Diskussion müsste also auf diesem Merkmal aufbauen. Daher wohl ein reiner Schreibfehler...

Ich habe vor ein paar Tagen (ich war in Franken unterwegs) Platystomum compressum an einer Wildkirsche gefunden und hatte da nämlich wieder das Bestimmungsproblem - welches durch das Excipulum aber klar geklärt wurde. Ich muss die Fotos noch aufarbeiten - ich zeige es dann hier mal genauer...

Liebe Grüße,
Christoph
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Christoph

Servus Gernot,

vielen Dank für den Literaturhinweis - den Artikel hatte ich noch nicht gesichtet gehabt. Ich bin ja wie gesagt hier völliger Neueinsteiger und ir fehlt da noch der Überblick. Ich habe schon die Threadüberschrift etwas angepasst durch das Hinzufpgen eines "?!".

Im weiteren Sinne, also auf Gattungsebene, um etwas zu übertreiben, bleibt es bei der guten Ansprechbarkeit, aber im Detail...

Ich kann ja jetzt auch nur die Beschreibungen deuten. Da fällt auf, dass die Durchschnittswerte der Sporen bei den drei in Frage kommenden Arten sehr ähnlich sind:

Platystomum compressum: 22,5 x 7,9 µm
Platystomum salicicola:       22,3 x 8,3 µm
Platystomum rosae:            22,2 x 8,1 µm

Platystomum rosae soll ja deutlich kleinere Fruchtkörper haben und ihr fehlen die Periphysen.
P. crataegi fällt raus, da die Art u.a. blassere Sporen hat, P. actinidiae hat vorherrschend 3-fach querseptierte Sporen, fällt also auch weg.

Bleiben nur P. compressum und P. salicicola, wobei erstere ja alles mögliche an Substrat zu wählen scheint, auch Salix?!
Was mir aber an der Beschreibung auffällt, ist die bei P. compressum stark rechtsschiefe Verteilung der Sporenmaße - es gibt also neben den normalen Sporen, die die Durchschnittswerte ausmachen, hier mehr "Ausreißer" nach oben, was zu den Maßen von 17-32,5 x 7-9,5 µm führt (wie gesagt bei Durchschnitt von 22,5 x 7,9 µm!). Genau so sah es bei mir auch aus, nur dass ich dafür eben einen Klammerwert verwendet habe. Insofern passt es bei meinem Fund wohl zufälligerweise mit P. compressum. Das Substrat ist mir noch unklar, mehr als "Laubholzast" ohne Rinde habe ich nicht. Ich sollte mal das Holz mikroskopisch näher bestimmen... Nach Weide sah es aber nicht aus, ich hätte eher Crataegus getippt (steht auch drüber am Hang). wobei P. crataegi aber ja mikroskopisch völlig ausgeschlossen werden kann.

Die Studie macht die Arbeit nicht leichter  ;) - das wäre aber kein Problem. Nur die völlig fehlende Diskussion gegenüber P. compressum bei P. salicicola hätte den Reviewern auffallen können/müssen. Schade, denn das macht es wirklich schwieriger.

Über das Schwärzen des Substrats finde ich auch dort nichts. Mich wundert das Schwärzen nicht, zumal das nah verwandte P. viridarium auch das Substrat färbt (nur eben grün)...

Liebe Grüße,
Christoph
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Gernot

Servus, Christoph,

schönes Schwammerl. :) Die Art(engruppe) ist in der Tat ziemlich häufig, insbesondere an Salix wirst du sie öfters antreffen. Mittlerweile heißen sie (wieder) Platystomum, wenn man Thambugala et al. (2015) folgt... Dort werden aber auch ein paar neue Arten beschrieben – gerade die Abgrenzung der neuen Art P. salicicola zu P. compressum wird leider nicht diskutiert, die morphologischen Unterschiede sind mir daher unklar (falls es überhaupt welche gibt).

Schöne Grüße
Gernot

Christoph

#1
Servus beinand,

wieder mal in Rothschwaig habe ich eine weitere Lophiostoma-Art auffinden können. Auffällig war, dass das Holz vom Pilz oberflächlich komplett geschwärzt wurde - das habe ich in der Literatur nicht finden können.

Von außen erkennt man makroskopisch die keilförmige Verlängerung des Peritheciums:


Lophiostoma compressum - Perithecienmündungen in Aufsicht

Schneidet man dort in das Holz, findet man darunter kugelförmig und ziemlich groß den eigentlichen Fruchtkörper, der innen hohl ist. Die Sporen sind groß, bei diesem Fund hier 21-23,9-25,75(-30,5) x 8,25-9,2-10,5 µm; Q = (2,0-)2,4-2,62-3,0; die Sporen haben 3 bis 6 (meist 5) Quersepten und eine bis drei Längssepten; die Sporen sind in ihrer Form sehr variabel, aber gewöhnlich in der Mitte (etwas asymmetrisch) deutlicher eingeschnürt und oft insgesamt etwas keulenförmig.


Lophiostoma compressum - Sporen mit Quer- und Längssepten


Lophiostoma compressum - in der Form etwas aberrante Spore

Laut Holm & Holm (1988) handelt es sich um die häufigste Lophiostomataceae an Laubholz.

Man kann die Keile schon gut mit der Lupe sehen, sodass man gezielt aufsammeln kann. Auf unserer Ammersee-Seite wurde bislang ein Fund eingetragen (mit der sicher richtigen Anmerkung, dass die Art wohl häufiger vorkommt, als dass sie kartiert wird).

Mit dem Mikroskop ist Lophiostoma compressum leicht bestimmbar: Sporen ohne Gallerthülle / ohne Anhängsel; Sporen braun; Sporen meist mit 5 Quer- und 1-2(-3) Längssepten. Die Art ist also gut erkennbar.

Also: wer suchet, der findet  ;)

Liebe Grüße,
Christoph
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