Hygrocybe pseudoconica var. tristis?

Begonnen von Helmut, 10. Dezember 2017, 13:38

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Christoph

Servus Helmut,

das Hygrocybe-conica-Aggregat bedarf einer Revision. Auch Boertmann hat in seiner Monographie einen Bogen um die Schwärzenden Saftlinge gemacht und ein bewusst breites Artkonzept gefahren.

Ich finde in höheren Lagen der Alpen auch sehr häufig diese Schwärzenden Saftlinge ohne Rottöne. Die Frage ist natürlich, welche Rangstufe sie verdienen und wie sie heißen. Der Name Hygrocybe tristis ist nach Candusso zu verwerfen, da Hygrocybe tristis Pers. ss. Pers. wirklich nur H. conica s.str. sein soll (laut Candusso).

Als Name steht daher Hygrocybe olivaceonigra (P.D. Orton) M.M. Moser im Raum - für die wirklich trüb-düsteren Kollektionen. Hier sollen die Sporen aber recht lang sein, also Quotient über 2, was sie deutlich von Hygrocybe conica s.str. absetzt.

Der ganz helle, zitronengelbe Saftling könnte das sein, was Malencon beschrieb: Hygrocybe conica var. chloroides (Malencon) M. Bon

Es gibt noch einen weiteren Namen: Hygrocybe cinereifolia Courtecuisse & Priou - das kann auf die angewendet werden, die schon ganz jung auffallend graue Lamellen haben.

DNA-Stammbäume in Sachen Hygrocybe conica s.l. beziehen sich meines Wissens nur auf wenige Belege und nur auf die ITS (?! - müsste ich nochmal nachrecherchieren). Ich bezweifle, dass die Typusbelege von beispielsweise H. olivaceonigra oder H. cinereifolia sequenziert wurden.

Ich habe in Rothschwaig einen Schwärzenden Saftling mit sehr breitelliptischen Sporen, wo der Quotient zu klein für H. conica s.str. ist.

Ich kann mir auch ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass beispielsweise hygrocybe conicoides, die ja nicht mal richtig schwärzt, das gleiche sein soll wie H. conica, auch wenn z. B. Hygrocybe riparia / H. conicopalustris als Übergang gewertet werden könnte (da wurde m.W. auch nichts sequenziert - kann mich aber irren).

Ganz abraten würde ich, Mycobank oder Index Fungorum hinsichtlich der Synonymie als Quelle zu verwenden. Diese Datenbanken sind äußerst wertvoll, um alle Grunddaten eines Taxons nachzuschlagen und homotypische Synonyme zu finden. Die Entscheidung, welche Arten unter welchem Namen synonymisiert werden (also die, die auf unrerschiedlichen Typne basieren), ist nicht Ziel dieser Datenbanken. Die Manpower reicht da nie und nimmer, das auf dem aktuellsten Stand zu halten. Es ist schon mehr als extremer Aufwand, die Grunddaten zu sammeln und zu verwalten.

Eine ordentliche Revision fehlt halt, daher sind Schwärzende Saftlinge im Moment kaum zu bestimmen. Am besten gut dokumentieren und abwarten, bis eine Lösung publiziert wird, die nachvollziehbar ist. Im Moment ist die Lösung, alles zusammenzuwerfen, weil man nichts genaues nicht weiß.

Als Arbeitsnamen würde ich für die leuchtend schwefelgelbgrünen Hygrocybe conica var. chloroides nehmen und für die typisch düsteren, radialfaserigen eben H. olivaceonigra, wenn die Sporenmaße passen.

Welche Sporenmaße haben denn deine Funde?

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Peter

Servus Helmut,

das Arten- und Gattungskonzept in Funga Nordica II basiert auf den damals verfügbaren molekularen Studien. Die dritte Auflage ist ja für das kommende Jahr angekündigt.

Derzeit kannst du auch in Mycobank sehen, dass alle gängigen Literatur-Varietäten und Formen unter H. conica zusammenlaufen. http://www.mycobank.org/BioloMICS.aspx?Table=Mycobank&Rec=121753&Fields=All

Du kannst deine Funde ja dennoch als var. tristis kartieren, falls künftig noch feinere Methoden zu einem akzeptablen Artrang führen.

Ciao, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Helmut

Liebe Saftlingsfreunde,

im alpinen Bereich finden sich immer wieder auffallende schwärzende Saftlinge mit konischem Hut, nur schwacher Faserigkeit und leuchtend gelben Farben. Jamoni 2008 (,,Funghi alpini") führt sie unter dem Namen Hygrocybe pseudoconica var tristis (Pers.) Bon und bezeichnet sie als unabhängig in der Höhenlage, aber für dort oben recht gemein.

Nun gibt es in der Literatur (und auch im Netz) auch noch eine H. tristis (mit deutlicher faserigem Hut und eher düsteren Farben) sowie gelbe Formen von H. nigrescens / conica ( pseudoconica. Die Ansichten zur Nomenklatur und Synonymie unterschieden sich zwischen verschiedenen Autoren. Mikroskopisch geben die offenbar nichts her.

Meine hier vorgestellte Kollektion (August 2017, westliche Karwendelspitze, alpin) passt am besten zur genannten Darstellung bei Jamoni: Leuchtend gelb, nur leicht faserig, nie mit Orange- oder Rot-Ton. H. tristis soll einen deutlicher faserigen Hut haben und trübere Farben, da habe ich auch eine Kollektion von 2009, die dazu passen könnte (gelb mit düsteren oliven Anteilen und deutlich faserig-gestreift (durchscheinend?)). Schließlich ist mir 2013 mal eine leuchtend gelbe Kollektion vor die Linse gekommen, die zitronengelbe Farben aufwies, allerdings bei einem Exemplar mit deutlich orangeroten Stellen, und mit einem zierlicheren Habitus, in einem Laubwald mit auwaldähnlichem Charakter.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles ein und dieselbe Art sein soll. In der Funga Nordica (2-bändige 2. Auflage) kommen nur conica var conica und conica var. conicoides vor, mit Hinweisen auf ,,infraspecific taxa" (var. pseudoconica, var. conicopalustris, var. chloroides), eine ,,tristis" wird nirgends auch nur erwähnt. Gibt es dazu vielleicht neue Erkenntnisse, evt. auf DNA-Basis?

Meine Belege, von denen in der Regel auch Exsikkate vorhanden sind, stelle ich bei Interesse gerne zur Verfügung.

Winterliche Grüße

Helmut