Gifthäubling ohne Mehlgeruch

Begonnen von Christoph, 1. Dezember 2017, 22:03

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Christoph

Servus Pablo  :)

ZitatWobei ich mir bei einem Pilzchen in dem Zustand auch vorstellen könnte, daß der Geruch einfach nicht mehr so kann, wie er vielleicht bei einem frischeren Fruchtkörper würde.

Völlig klar - hätte er nach gar nichts oder irgendwie fischig-verwesend gerochen, wäre es dem Zustand und der Jahreszeit geschuldet. Hier war der Geruch aber angenehm pilzig-würzig. Natürlich kann das auch ein Artefakt sein, aber ich war ziemlich verdutzt.

In meinen "Heimatwäldern" (Buchenwälder am Starnberger See mit eingestreuten Tannen und Fichten) finde ich Galerina marginata s.str. sehr häufig im Spätherbst und vor allem an Buchenstümpfen, nur deutlich seltener an Fichte (obwohl genug Fichtentotholz rumliegt / an Stümpfen vorhanden ist). Deshalb argumentiere ich auch regelmäßig gegen den völlig verwirrenden Namen "Nadelholz-Häubling" an.

ZitatDaß das als Sammelart irgendwie kein einheitliches Erscheinungsbild abgibt, ist aber auch auffällig.

Allerdings. Wobei es dann im Mikroskop doch wieder recht einheitlich wird - jedenfalls finde ich die Sporen mit dem sich ein bisserl  ablösenden Perispor zusammen mit den großen Cheilocystiden sehr charakteristisch.
Smith & Singer trennen ja diverse Arten, wo ich dann nicht mehr mitkomme. Inwiefern beispielsweise Gelifizierungen der HDS aussagekräftig sind, weiß ich auch nicht so recht (Stichwort Galerina autumnalis).

Zumindest sind sie alle gifitg. Für die Pilzberatung spielt es daher eh keine Rolle, welche Kleinart man vor sich hat. Der Geruch sollte hier aber wirklich nur ein Hilfsmerkmal sein.

ZitatDer Geruch taugt da meiner Ansicht nach ebensowenig als sicheres Merkmal wie die hygrophane Huthaut ("Spiegelei") oder gar das Substrat (Oberrheinebene: Mehr als 50% aller Funde von Galerina marginata s.l. an Laubholz) oder die Wuchsweise (an Laubholz gerne mal büschelig).

Absolut deiner Meinung  :)

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Beorn

Hallo, Christoph!

Wobei ich mir bei einem Pilzchen in dem Zustand auch vorstellen könnte, daß der Geruch einfach nicht mehr so kann, wie er vielleicht bei einem frischeren Fruchtkörper würde.  ;)
Ändert aber nichts dran: Natürlich hast du recht, und auch mir sind schon "Gifthäublinge" begegnet, die eben nicht "Muffig - mehlig" rochen. Der Geruch taugt da meiner Ansicht nach ebensowenig als sicheres Merkmal wie die hygrophane Huthaut ("Spiegelei") oder gar das Substrat (Oberrheinebene: Mehr als 50% aller Funde von Galerina marginata s.l. an Laubholz) oder die Wuchsweise (an Laubholz gerne mal büschelig).

Daß das als Sammelart irgendwie kein einheitliches Erscheinungsbild abgibt, ist aber auch auffällig. Besonders markant finde ich ja den Unterschied zwischen den kleinen, zierlichen Fruchtkörpern im Moos und / oder auf Detritus wie kleinen zweiglein und Nadeln (oft eben von Moos überwachsener Detritus), die trotz Moos und Ring nix mit Galerina uncialis zu tun haben. Dagegen die kräftigen, teils ganz schön groß werdenden Bewohner von dickem, liegendem Totholz: Klar, kann natürlich auch mit dem Substratangebot zu tun haben. Aber die Variationsbreiten sind schon ziemlich extrem. So richtig nachvollziehen konnte ich die verschiedenen Einzelarten / Varietäten auch noch nie. Ist aber auch nicht so ganz meine Baustelle. Wäre aber interessant, ob's dazu mal iregndwann noch weitere studien gibt (marginata - Komplex).


LG, Pablo.

Christoph

Servus beinand,

Galerina marginata, also "der" Gifthäubling, ist eine Sammelart. Im Moment tendiert man wieder dazu, das meiste, was früher getrennt wurde, wieder in eine Art zusammenzulegen. Für die Pilzberaterpraxis ist es egal, ob es nun eine sehr variable Art oder ein kleiner Artenschwarm ist - tödlich giftig ist tödlich giftig.

Jetzt habe ich selbst - allerdings einen Einzelfruchtkörper - einen Gifthäubling gefunden, der absolut nicht nach Mehl, sondern angenehm pilzig roch. Der Fund ist aus dem Rothschwaiger Trockenrasen (siehe hier: http://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,1552.0.html).





Der Fruchtkörper wuchs nicht an Holz, sondern am Boden zwischen Moosen. Der Ring sieht auf dem Foto sehr rudimentär aus, aber er ist noch vorhanden - ich hätte die andere Stielseite fotografieren sollen... Der Pilz hat Frist abbekommen, aber das ist im Spätherbst normal (Novemberfund).

Im Mikroskop ist es klar Galerina marginata s.l. - die großen Cheilocystiden, die Sporenmaße und die ganz schwache Ablösbarkeit des Perispors, alles passt. Smith & Singer schreiben in ihrer Weltmonographie der Gattung Galerina auch, dass es nicht nach Mehl riechende Gifthäublinge gibt.

Ich kenne den Fundpunkt ganz genau und werde nächstes Jahr schauen, ob ich Fruchtkörper vor dem Frost finde. Wenn die wieder nur angenehm pilzig riechen (es war deutlich und sehr angenehm), wäre das noch interessanter.

Kurz gesagt: das Geruchsmerkmal ist in meinen Augen nicht 100-prozentig. Jetzt würde wohl niemand bei dem Fruchtkörper hier auf die Idee Stockschwammerl kommen. Warnen will ich dennoch.  8)

Liebe Grüße,
Christoph
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