Trichaptum fuscoviolaceum - Dunkler Lederporling

Begonnen von Der Juergen, 13. Februar 2009, 15:24

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UmUlmHerum

Hallo miteinander!

Nachdem diese Violetten Lederporlinge hier schon öfters Thema waren, möchte ich versuchen, in diesem Forum eine Antwort auf meine Frage zu bekommen:

Diesen attraktiven "Violetten Lederporling" hatte ich am 27.1.2016 auf Kiefer fotografiert und ihn unter Trichaptum abietinum abgelegt – wohl ein wenig vorschnell, wie ich bei meinen aktuellen Recherchen über violette Trichaptum-Arten feststellen musste... was auch dran lag, dass ich von Trichaptum fuscoviolaceum als verwechselbare Schwesterart bis dato nichts wusste.

Nun bin ich mir unsicher in der Beurteilung des Hymenophors. Irpex lacteus ist mir gut bekannt – ich finde, mein Lederporling hat schon sehr ähnliche Formen. Da mir aber die Erfahrung bei den verschiedenen Lederprolingen fehlt, möchte ich Euch fragen, wie Ihr meinen Fund interpretiert.

Danke & viele Grüße – Rika

Werner E.

Griasdi Gernot,

bitte entschuldige die späte Antwort.
Ich hab den Pilz leider nicht selbst fotografieren können.
Anbei ein Foto des Fundes, das freundlicherweise unser Dünzl Schorsch geschossen hat.

An liabn Gruaß, Werner

Gernot

Servus Werner,

T. biforme meine ich relativ gut zu kennen, wobei ich zugegebenermaßen noch nie auf diese gelatinöse Schicht von T. abietinum geachtet habe. T. biforme erinnert im Habitus oft an Trametes versicolor, wird insgesamt deutlich größer als T. abietinum und hat gerne auch etwas regelmäßigere Poren. Kennst du den Artikel von Jürgen Marqua im Tintling 87 (2/2014)? Da ist die gelatinöse Schicht abgebildet, allerdings mit dem Hinweis "Die gelatinöse Schicht ist bei frischen und vor allem jungen Exemplaren kaum sichtbar." Hast du vielleicht ein Foto von deinem Fund?

Schöne Grüße
Gernot

Werner E.

Servus beinand',

das ist ja schön, dass hier im Forum schon mal über Trichaptum diskutiert wurde.
Ich bin über die Suchfunktion auf den Thread aufmerksam geworden, da ich gestern im Rahmen des Mykologischen Arbeitskreises München Umland MAMU ein Trichaptum an einem dicken Buchenast zusammen mit Stereum hirsutum gefunden habe.
Irgendwo hatte ich mal von T. biforme an Laubholz gelesen, ohne Näheres von T. biforme zu wissen, dachte ich deshalb gleich an diese Art.
Das ist sicher mein erster Trichaptumfund an Laubholz.
Jetzt hab ich gelesen, dass T. abietinum auch an Laubholz vorkommen kann.
Wie muss ich mir die gelatinöse Schicht vorstellen, die bei T. abietinum vorhanden, bei T. biforme aber fehlen soll? Ist die makroskopisch überhaupt nachvollziehbar?
Die relativ großen pileaten Fruchtkörper meines Fundes sind jetzt im Nachhinein auffällig.
Wie kann ich die beiden Arten sicher voneinander trennen?

T. fuscoviolaceum ist übrigens bei uns im Münchner Norden relativ häufig vertreten, immer an Kiefer...

An liabn Gruaß aus München,
Werner

Gernot

Hallo Jürgen,

wirklich ein tolles Portrait! Ich würde die Art bei mir auch als ziemlich unterkartiert ansehen.

@Christoph:
ZitatTrichaptum laricinum: Hymenophor rein lamellig: an Fichte und Kiefer, sicher auch an Lärche (Name) - bekannt aus Skandinavien, Russland und Polen.

Die Art ist auch schon aus Österreich bekannt, siehe Bernhard Pock in der ÖZP 16 (2007). Also wer weiß wann die Art das erste mal auch in Deutschland gefunden bzw. bestimmt wird.

Schöne Grüße
Gernot

Peter

ZitatIch warte da auf die Möglichkeit, meine ganzen Daten auf einen Ruck zu übertragen (Access-Datenbank mit ca 1600 Einträgen von 660 Arten), und wie es aussieht, bin ich da wohl nicht der Einzige, wenn ich da an manche Diskussion im DGfM-Forum denke.

Hallo Juergen,

in Bayern haben wir im Projekt BayFlora-Kryptogamen schon die technischen und personellen Möglichkeiten. Sofern du Datensätze aus Bayern hast, nur her damit.
Ich denke, für die DGfM wird es mit der geplanten neuen Datenhaltung dann auch bald eine solche Lösung geben.
Warten wirs ab.

Grüße, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Der Juergen

Hallo Peter,

Dir auch vielen Dank für Deine Bestimmung, mal gucken, ob ich die Nadel noch finde, dann mikroskopier ich die mal. Das mit der Kartierung ist bei mir so: Ich warte da auf die Möglichkeit, meine ganzen Daten auf einen Ruck zu übertragen (Access-Datenbank mit ca 1600 Einträgen von 660 Arten), und wie es aussieht, bin ich da wohl nicht der Einzige, wenn ich da an manche Diskussion im DGfM-Forum denke.

Grüßle
Juergen

Peter

Hallo Juergen,

T. fuscoviolaceum ist bei uns nicht so häufig, aber dennoch unterkartiert wie Christoph schon festgestellt hat. Umso mehr würde es uns Bayern freuen, wenn du Grenzgänger deine
Funde unter http://brd.pilzkartierung.de/bwsqlart.php?csuchsatz=mjr verewigst.

Zu deiner Asco-Frage. Das auf den Nadeln ist klar ein Lophodermium, die Art können wir über die Mikrodetails definieren.

LG, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Der Juergen

#4
Hallo Andreas und Christoph,

vielen Dank euch beiden fürs Lob und den guten Tip auf T. laricinum zu achten.

Grüßle
Juergen

p.s.: Auf dem zweiten Foto sieht man halb verdeckt noch ein Ende einer Kiefernnadel; da ist wohl was asco-mäßiges drauf?! Kann da einer was dazu sagen? Wär doch elegant, so en passant noch einen Asco mitzukartieren *g*

Christoph

Servus Jürgen,

natürlich sind auch Grenzschwaben hier willkommen :-).

Klasse Portrait dieser wenig beachteten Art! Ich finde Trichaptum fuscoviolaceum (oder Tr. hollii) ausschließlich auf Kiefer, während ich Tr. abietinum auf allen möglichen Nadelhölzern finde (auch auf Kiefer) und manchmal (selten) auch an Buche. Auch auf Kiefer finde ich häufiger das "normale" Trichaptum. Trotzdem ist Tr. fuscoviolaceum eindeutig unterkartiert.

Die Gattung hat im Übrigen vier Arten:

Hymenophor lamellig oder stachelig:
Trichaptum laricinum: Hymenophor rein lamellig: an Fichte und Kiefer, sicher auch an Lärche (Name) - bekannt aus Skandinavien, Russland und Polen.
Trichaptum fuscoviolaceum: Hymenophor stachelig/irpicoid, mit gelatinöser Schicht zwischen Hymenophor und Fleisch; FK effuso-reflex; Nadelholz, meist Kiefer
Trichaptum biforme: Hymenophor zwischen geschlitzt poroid und irpicoid, auch rein irpicoid, ohne gelatinöse Schicht zwischen Hymenophor und Fleisch; Fruchtkörper pileat bis fächerförmig, nicht effuso-reflex; Laubholz, gerne an Eiche, Esskastanie, Birke, Buche etc., wärmeliebend bzw. kontinentales Klima bevorzugend (sowohl im Mittelmeerraum wie auch in Finnland, Russland etc.)... auch in Deutschland!

Hymenophor poroid:
Trichaptum biforme: siehe oben; rein pileat
Trichaptum abietinum: effuso-reflex, mit gelatinöser Schicht zwischen Röhren und Fleisch; Nadelholz, seltener Laubholz


Insbesondere auf Trichaptum laricinum ist zu achten. Wer also ein rein lamelliges Trichaptum findet, sollte unbedingt einen Beleg machen und den Fund nachbestimmen.

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

AK_CCM

Hervorragendes Portrait, Juergen,

vielen Dank fürs Vorstellen dieser Art. Ich hatte sie bislang erst einmal während einer Exkursion mit Christoph in einem bodenfeuchten Spirkenwäldchen in Ufernähe des Deutensees bei Peiting gesehen, wenn ich mich recht entsinne. In dem Biotop könnte man sicher mehrere Tage verbringen und etliche interessante Fudne machen. *schwärm*

Gruß, Andreas

Der Juergen

#1
Hallo zusammen,

ich hoffe, ein Grenzgebiets-Schwabe wie ich, wird hier nicht gleich rausgeekelt *g* Mal ein kleines Portrait einer relativ häufigen Art, die aber seltener gefunden wird als ihr Pendant Trichaptum abietinum. Gefunden an einem relativ frisch abgebrochenen Kiefernast. Bei mir liegt Schnee, es ist langweilig ... ich habe Zeit fürs Mikroskop *g* Früher hieß die Gattung übrigens mal Hirschioporus.

Da der Christoph hier neulich etwas über Skeletthyphen und Hyphensystemen geschrieben hat, passt das mal ganz gut zur Veranschaulichung. Auf den Mikrofotos sind generative Hyphen mit Schnallen und dickwandige, unseptierte und unbeschnallte Skeletthyphen zu sehen, und, was sehr überraschend "exotisch" für so einen schlichten Holzbewohner ist; die Kristallschopf-tragenden, keulig, dickwandigen Zystiden, die sehr zahlreich im Hymenium zu finden sind. Trichaptum ist laut Literatur dimitisch, besteht also nur aus generativen Hyphen und "Skelett-Zellen".

Die andere, häufigere Art Trichaptum abietinum unterscheidet sich nurmehr in der Ausformung des Hymeniums, es ist poroid und wohl auch farblich etwas knalliger.  Laut KRIEGLSTEINER und JÜLICH sind dies jedoch zwei verschiedene nicht kreuzbare Arten.


Basidiocarp von oben; das filzig-haarige Tomentum ist von Algenwachstum grün gefärbt.


Hymenium, sehr gut als lamellig-irpicoid zu erkennen.


Detailaufnahme des Hymeniums. Die violette Färbung ist hier gut zu sehen.


Zystiden in Wasser (1000x)


Generative, verzweigte Hyphe mit Schnallen in Wasser (1000x)


Dickwandige, unseptierte Skeletthyphen in Wasser (1000x)


Sporen; glatt, hyalin, allantoid, in Wasser (1000x)