Daedaleopsis tricolor vs. Daedaleopsis confragosa var. tricolor

Begonnen von Christoph, 11. Februar 2009, 20:46

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Gernot

Hallo Christoph,

interessantes Thema, da bin ich schon sehr auf die Erfahrungswerte der anderen Forumsmitgliedern gespannt.

Eines nur vorweg: Mikroskopiert habe ich noch keine Daedaleopsis, deshalb kann ich bei mikroskopischen Unterscheidungsmerkmalen nicht mitreden.

Makroskopisch zumindest kann ich mir auf meine Gegend bezogen schon eine Unterscheidung zwischen D. confragosa und D. tricolor vorstellen. Es gibt insgesamt kaum Kollektionen, die ich wirklich gar nicht zuordnen konnte. Die Unterscheidungsmerkmale nach meinen bisherigen Funden sind folgende (ich mach das mal gleich wie du):

D. confragosa:
Porig bis lamellig
Fruchtkörper klein bis groß und kräftig
Hutfarbe hell creme/beige bis hin zu schmutzig dunkelrot
In vielen verschiedenen Waldtypen und Substraten, auch auf dickem Substrat wie stehenden Stämmen

D. tricolor:
Lamellig
Fruchtkörper immer ziemlich schmächtig
Hutfarbe auch jung schon mit deutlichen braun- bis weinrotem Ton
Nur in den warmen Auwäldern meiner Umgebung, meist auf Prunus, immer auf relativ dünnen Ästen

Bei den lamelligen D. confragosa-Funden ist mir aufgefallen, dass das Hymenophor am Substrat noch etwas nach unten wächst (das tut es bei D. tricolor auch), da dann allerdings rein porig ist, im Gegensatz zu D. tricolor, wo sich die "Lamellen" auch nach unten hin +- lamellig fortsetzen. Weiters sind die "Lamellen" von D. confragosa meist gedrängter und gerader, während D. tricolor eher entfernte und oft wellige "Lamellen" besitzt.

Trotz dieser Unterschiede, die zumindest bei den Funden, die ich in meiner Region tätigen konten, meist vorhanden sind, fände ich Varietät-Status besser als eigene Arten:
-> Beide Arten können lamelliges Hymenophor ausbilden, die Unterschiede ""Lamellen" gedrängt, gerade" zu ""Lamellen eher entfernt, wellig" sind bei einer so variablen Art wie D. confragosa nicht unbedingt deutlich.
-> Schmächtigere Fruchtkörper von D. tricolor können stark vom Substrat abhängen; auch D. confragosa macht sehr kleine Fruchtkörper auf entsprechend dünnem Substrat.

Bleiben Hutfarbe und Substrat. Beides sind Merkmale, die bei mir wirklich ziemlich konstant sind, aber deinem Posting nach kann D. tricolor vielleicht auch auf einigen verschiedenen Hölzern wachsen.

Hier nun noch Bilder von D. confragosa und D. tricolor, ersterer mit lamelligem Hymenophor und letzterer mit typischem Aussehen.




Fotos 1+2: Daedaleopsis confragosa an Populus




Fotos 3+4: Daedaleopsis tricolor an Prunus

Schöne Grüße
Gernot

Christoph

#1
Hallo liebe Foristi,

ja, ich weiß, die Diskussion ist alt. Ist "die lamellige" Rötende Tramete eine eigene Art oder nicht? Ich finde allerdings bereits diese eingangsfrage verwirrend, da ich einerseits zwei Arten der Gattung Daedaleopsis in Deutschland zu kennen meine, aber weiß, dass beide lamellig sein können. Die eine ist es immer, die andere kann es durch Wuchsstörungen werden.

Doch warum denke ich an zwei Arten? Ich stelle mal schnell die Unterschiede nach meiner Erfahrung nebeneinander:

D. confragosa:
Meist porig, diese auch langgezogen, selten lamellig
Fruchtkörper im Schnitt meist deutlich dreieckig, relativ dickfleischig
Hutoberfläche mit gebrochenen Farben, matten Brauntönen, nicht rein rot, aber durchaus rot überhaucht, manchmal rostfleckig (im Alter)
Dendrohyphidien dünnwandig

D. tricolor:
immer lamellig
Fruchtkörper dünn, auffällig flach
Hutoberfläche mit einem leuchtenden, satten Rotbraunton (jung matt, die Farbe prägt sich beim Altern aus)
Dendrohyphidien zumindest basal dickwandig







(Daedaleopsis tricolor an Sorbus aria)

Ryvarden & Gilbertson beschreiben die Ökologie genau entgegengesetzt meiner Erfahrungen...

Ich finde D. confragosa praktisch in jedem Auwald flussbegleitend an Weide, aber auch in normalen Wäldern an beispielsweise Salweide, gerne aber auch an anderen Hölzern. D. tricolor finde ich persönlich meist an Sorbus (Eberesche, Mehlbeere usw.), insbesondere an Sorbus aria agg. (Mehlbeere). D. tricolor wächst auch an besonnten, sehr warmen Stellen, während D. confragosa m.E. mehr luftfeuchte Biotope bevorzugt. Wie gesagt, in Skandinavien scheint D. tricolor Weide zu bevorzugen (laut R. & G.).

Es gibt in Nordeuropa noch eine dritte Art: Deadaleopsis septentrionalis. Diese hat dünne, wellige Lamellen und einen braunen Hut und wächst bevorzugt an Betula. Mikromerkmale wie bei D. confragosa (auch dünnwandige Dendrohyphidien), lässt sich aber nicht mit ihr kreuzen (biologisches Artkonzept).

Wie seht ihr das? Könnt ohr auch zwei Arten trennen, sind es für euch "nur" Varietäten und vor allem: worauf beruht eure Entscheidung?

In Deutschland werden die beiden zurzeit meist zusammengeschmissen, in der Europamonographie der Porlinge getrennt (Ryv. & Gilb.).

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)