Daedaleopsis tricolor vs. Daedaleopsis confragosa var. tricolor

Begonnen von Christoph, 11. Februar 2009, 20:46

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Christoph

#17
Servus beinand,

vor kurzem fanden wir (Exkursionsgruppe des VfP München) in Gelbenholzen/Fürstenfeldbruck (Bericht zur Wanderung kommt zeitnah hier ins Forum) an Kirsche die lamellige Daedaleopsi...
... und heute fand ich an Weide die klassische - und ich möchte beide vorzeigen.



Diese flachhütigen, tief dunkelrotbraunen Fruchtkörper fand ich heute ganz klassische an Salweide.

Die Flachheit war auffällig:



Am gleichen Baum befanden sich auch hellere, dickere und an der Oberseite stärker zerklüftete Fruchtkörper:





Man könnte meinen, dass hier (die dunkelrotscharz/rotbraunen) Daedaleopsis tricolor und (der dickliche, oberseits unebene Fruchtkörper) Daedaleopsis confragosa s.str. am gleichen Substrat wären.

Dreht man sie aber um, so fällt auf, dass beide porig sind, der dicke sogar mit langgezogenen Poren:





Vergleicht man damit den Fund von Wildkirsche aus Gelbenholzen...





... dann bleibt bei den dunkelroten von der Salweide die dicke Anwachsstelle der jungen Fruchtkörper (beim zweiten Bild oben gut zu sehen) und natürlich die Porenform.

Ich finde es immer noch seltsam, dass hier genetisch so wenig geht - Vorliebe für Prunus / Sorbus vs. Vorliebe für Salix... Porenausprägung... und bei Daedaleopsis (confragosa var.) tricolor die immer relativ kleinen, dünnen Fruchtkörper, die oft und gerne dachziegelig wachsen (wenn das Sunstrat nicht wie in Gelbenholzen ein liegenden Stamm ist). Wäre es nur eine reine Wuchsform, dann würde ich keine andere Substratpräferenz erwarten.

Ich vermute, die Fruchtkörper sind jahreszeitlich bedingt steril, weshalb die Suche nach Dendrohyphidien bei Daed. (confragosa var.) tricolor wohl wenig bringt. Jedenfalls habe ich von dem lamelligen aus Gelbenholzen einen Beleg gemacht und werde es bei Gelegenheit versuchen, nachzusehen, ob ich was finde. Die heutigen an Weide habe ichan Ort und Stelle gelassen. Insbesondere bei den dunklen, flachen Fruchtkörpern dürfte gar nichts gehen - die sehen von untern betrachtet schon sehr fertig aus.

Liebe Grüße,
Christoph

Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Beorn

Hallo, Christoph!

bei der Kollektion mit den hellen und dunklen nebeneinander bin ich nicht sicher, ob die nicht eher gleich alt waren. Alle Fruchtkörper waren da ziemlich verwittert (und die hellen wie die dunklen komplett steril), aber von Konsistenz und sonstigen Verwitterungserscheinungen ausgehend (Farbe ausgenommen) wirkten die helleren eher noch etwas jünger (weniger Zersetzungserscheinungen der Lamellen).
Kann also auch einfach eine Pigmentstörung entweder eines Teiles des Mycels oder eines benachbarten Mycels gewesen sein.

Ja, wenn man ein Labor für Kreuzungstests hätte...
Gehört jetzt nicht direkt hierher, aber das wäre schon eine faszinierende Vorstellung, wenn es in Deutschland ein Institut gäbe, das sich generell für Pilze (nicht nur für einzelne, wirtschaftlich interessante Gattungsgruppen) interessiert und für gut dokumentierte Funde auch von "Hobbymykologen" Kulturen und / oder Sequenzen anzulegen bereit wäre...
...und dabei natürlich die Daten (Belege, Sequenzen usw.) selbst sammeln und Publikationen auf Basis dieser Daten im eigenen Organ zu veröffentlichen.


LG, Pablo.

Christoph

Servus Pablo,

dass Daedaleopsis confragosa var. tricolor im Alter ausblasst, ist ja klar. Insofern stören mich die blassen FRruchtkörper neben den roten nicht. Junge kenne ich aber nur mit diesem schönen Rotbraun. Ich habe D. septentrionalis ja auch noch nicht bewusst vor Augen gehabt. Ich war zwar schon in Lappland zum Sammeln, habe da aber keine Deadaleopsis gesehen.

Das, was du hier an Buche zeigst, ist für mich natürlich eine typische D. confragosa var. tricolor:



ZitatHat man da eigentlich nicht mal Kreuzungstests durchgeführt?

Meines Wissens nur zwischen D. confragosa s.str. und D. septentrionalis. Es kann sein, dass es auch mittlerweile mit D. cofragosa var. tricolor vs. D. confragosa s.str. getestet wurde, mir ist da aber nichts aus der Literatur bekannt. Eigentlich schade, da es nicht sooo aufwändig ist, wenn man ein Labor zur Verfügung hat.

Danke für die Fotosstrecke! Tolle Bilder...

Liebe Grüße,
Christoph
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Beorn

#14
Hallo, Christoph!

Ja, so richtig klar ist mir die Trennung zwischen tricolor und septentrionalis (hatte ich noch nie in der Hand) auch nicht. Die Färbung der Fruchtkörper soll eine Rolle spielen, allerdings dürfte das mit Vorsicht zu genießen sein, wenn man sich folgenden Fund ansieht:





Substrat ist ein Kirschengehölz (Prunus sp.) in der Nähe des Ehrenfriedhofs Heidelberg.

Daneben sollte D. septentrionalis ein noch dünneres, kleineres Pilzchen sein, und eben wie erwähnt eine kontinental - boreale Art an Birke? Was dann bei Funden im Rhein - Neckar - Gebiet / Heidelberg irgendwie so gar nicht mehr passt.
Ich glaube auch nicht, daß Rotbuche so wirklich in das Substratspektrum von D. septentrieonalis passt, weder in der Umgebung von Offenbach:

Noch in den Hügeln oberhalb von Leimen (BaWü):






Auch Daedaleopsis confragosa (s.str.) habe ich schon an Rotbuche gefunden (wenn auch meist an Weide und Obstbäumen, aber auch an Prunus, Ahorn, Pappel etc.), und wenn die nun halt doch nicht zu trennen sind, dürfte doch die "var. tricolor" ebenfalls an Rotbuche gehen dürfen.

Hat man da eigentlich nicht mal Kreuzungstests durchgeführt?


LG, Pablo.

Christoph

Servus Gernot,

danke für den Link! Ich hatte auch den Artikel übersehen, da ich mich nicht mehr mir Daedaleopsis beschäftigt hatte.  ;)

Servus Pablo,

ich war/bin mir auch sicher, Daedaleopsis tricolor sicher im Gelände ansprechen zu können - abgesehen von Daedaleopsis septentrionalis, die ja irgendwie sehr ähnlich ist (weniger Rot im Hut?).
Insofern trenne ich die beiden Taxa sicherlich weiter, dann aber eben auf Varietätsebene als Daedaleopsis confragosa var. confragosa vs. Daedaleopsis confragosa var. tricolor (ist halt etwas umständlicher, weil länger).
Klar kann die DNA irren - es gibt ja Fälle von klar getrennten Arten mit identischer ITS. Wenn aber unterschiedliche Genloci eine nicht klare Trennung belegen und anatomisch nichts gehen sollte, dann gibt mir das durchaus zu denken. Die Ökologie bleibt dann trotzdem interessant. Funde von lamelligen Daedaleopsis (äh, wie lautet da der Plural?) an Substraten wie Buche würde ich aber sehr genau ansehen (Daedaleopsis septentrionalis? - der Artrang hat sich bestätigt, wobei der durch die Kreuzungstests ja schon gesichert war), solche an Birke auf alle Fälle (typisches Substrat für D. septentrionalis). Da kann man dann ja mal die ITS ansehen lassen...

Liebe Grüße euch beiden,
Christoph
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Beorn

Hallo, Christoph & Gernot!

Huch, na so was. Diese beiden Untersuchungen gingen an mir bisher auch vorbei. Interessant, da werde ich wohl auch ein wenig umdenken müssen. Das Substrat hatte ich nie so ganz ernst genommen (die var. tricolor kenne ich auch an Rotbuche zB), aber im Gesamtbild bestehend aus Fruchtkörperhabitus, Farbverläufen und Gestalt des Hymenophors meinte ich die beiden zumindest in 95% aller Kollektionen sicher trennen zu können. Da sind einige andere Pilze wesentlich schwieriger sauber zu trennen, die allerdings doch recht sicher unterschiedliche Arten darstellen.

Also werde ich wohl auch in Zukunft mindestens die beiden Varietäten getrennt auffassen und auch so festhalten. Manchmal ist die Genetik auch nicht der allerletzte Schluss. Und wenn eine Art durchaus mehrere Sequenzen haben kann, warum dann auch nicht mehrere Arten die selbe Sequenz?  ;)


LG; Pablo.

Gernot

Servus,

in dem Zusammenhang möchte ich auch noch auf die Arbeit von Mentrida et al. (2015) hinweisen, in der die Ergebnisse von Koukol et al. (2014) bestätigt werden (allerdings wurde hier ausschließlich ITS sequenziert).

Schöne Grüße
Gernot

Christoph

Servus beinand,

ich grabe mal ein ganz altes Thema wieder aus. Ich bin über einen Artikel in der Czech Mycology gestolpert:
Koukol et al. (2014): Taxonomic evaluation of the polypore Daedaleopsis tricolor based on morphology and molecular data. Czech Mycol. 66(2): 107-119.

Die Autoren haben zwischen Daedaleopsis confragosa und D. tricolor keine anatomischen Unterschiede ausmachen können (auch nicht anhand der Dendrohyphidien). In ihrem 3-Gen-Stammbaum lassen sich D. confragosa und D. tricolor nicht trennen, sodass nur die Makroskopie und die Ökologie bleiben (auch da wurde D. tricolor nur an Rosaceae festgestellt, aber eben auch D. confragosa s.str. an Prunus neben Salix).

Koukol et al. (2014) plädieren daher auch für den Varietätsrang. Daedaleopis septentrionalis hingegen ist auch in dem Stammbaum als Art abtrennbar (es besteht ja auch eine Kreuzungsbariiere, da passt also alles zusammen).

Die Frage ist nur, wie man ohne DNA-Untersuchung Daedaleopsis septentrionalis von D. confragosa var. tricolor unterscheiden kann.

Liebe Grüße,
Christoph
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Ingo W

Hallo!

Eigentlich brauche ich nichts mehr dazu zu sagen, weil alles erwähnt ist. Ich habe in keinem Punkt von Christophs oder Gernots Charakterisierungen andere Erfahrungen:

Daedaleopsis confragosa:

-Hutoberseite ziemlich verschieden farbig meist cremeocker bis schmutzig weinrot, frisch ockerbraun, 1x auch schwarzbräunlich gefunden, oft rostfleckig
-sehr gerne in luftfeuchten Habitaten
-verschiedene Laubhölzer, gerne Salweide
-Hymenophor porig, langgezogen porig oder lamellig mit porigen Bereichen, selten rein lamellig
-solo oder gesellig wachsend

Daedaleopsis confragosa var. tricolor:

-auffällig kräftig weinrot, braunrot
-ausgewachsene Frk. nie die Größe von confragosa erreichend
-wärmebegünstigte Standorte (deshalb kenne ich ihn nur von zwei Fundorten)
-beide Male Prunus avium
-sehr gesellig, relativ dicht, (versetzt-)etagenförmig übereinander
-Hymenophor lamellig, typische "fächer-lamellige" Bereiche

Probleme beim Auseinanderhalten hatte ich eigentlich nicht. Wenn Pilzfreunde fragen, wo denn die Unterschiede liegen, sage ich immer: Wenn du ihn siehst (tricolor), dann weißt du´s, dass er´s ist.

VG Ingo W
Kleine Pilze sind auch schön, sehen bloß die wenigsten!

Christoph

Hi ihr zwei,

ganz so einfach ist es leider nicht. Man braucht Einkernmyzelien. Dann muss man wissen bzw. testen, wieviele Geschlechter bzw, Kreuzungstypen der Pilz hat. Normal sind 4, Rekord sind 25000 bei einem Tintling. Geschöechter sagt man ungern, da Geschlecht in Form eines unterschiedlichen Phänotyps (Männlein, Weiblein als Beispiel) ausgeprägt sein muss.

Angenommen, man hat vier Kreuzungtypen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Einkernmyzel ein anderes annimmt 1:4. Man muss also mehrere Kulturen anlegen und mehrere Petrischalen beimpfen.

Wenn die Myzelien übereinander drüberwachsen und sich vereinigen, geht man von einer Art aus. Man müsste theoretisch noch prüfen, ob das so entstandene Zweikernmyzel fertile Fruchtkörper bilden kann. Aber schon das Übereinanderwachsen (Ballungsmyzel) anstelle von Abgrenzung wird als solches der Praktikabilität wegen gewertet. Bei Daedaleopsis confragosa vs. Daedaleopsis septentrionalis wurde der Test gemacht und sie kreuzen sich eben nicht.

In so einem Fall ist es glasklar.

Es gibt aber Fälle, in denen die Kreuzungsbarriere nicht 100% ist. Beispielsweise klappt das Kreuzen bei 2% der angesetzten Schalen (trotz weniger Kreuzungstypen). Dann ist die Kreuzung erschwert. Man geht auch dann gerne von eigenen Arten aus, die halt sehr selten auch mal hybridisieren können. Bei Hebeloma scheint es das in der crustuliniforme-Gruppe zu geben.

LG
Christoph
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AK_CCM

Servus beinand,

überaus interessante Diskussion. Asche auf mein Haupt: Leider bin ich bislang nicht auf die Idee gekommen, reinzumikroskopieren. Dabei hatte ich letztes Jahr tricolor an Birke gefunden, als ich in der Gegend um Herrsching für die Augsburger Pilzausstellung gesammelt hatte. Mal sehen, ob ich heuer wieder über einen Fund stolpere, dann nehme ich ihn mir vor. Einstweilen bleibt mir nichts anderes übrig, als die Diskussion gespannt weiterzuverfolgen.

@Peter
Nach meinem Verständnis handelt es sich zumindest um verschiedene Sippen, wenn zwischen den beiden Myzelien kein Ballungsmyzel ausgebildet wird. Inwiefern die beiden Taxa dann als gute Arten auszuweisen sind, weiß ich nicht. Gibt es dazu Regeln oder wird das je nach Mykologe anders gehandhabt?

Bin gespannt, was Christoph dazu meint...

Gruß, Andreas

Peter

Zitatganz einfach: die beiden Hunderassen lassen sich problemlos kreuzen. Leider wurde dieser Test noch nicht anhand D. tricolor und D. confragosa durchgeführt.

Hallo Christoph,

vielen Dank für diese einfache Erklärung. In Halle läuft ja gerade das FUNWOOD-Projekt an, bei dem viele Holz abbauende Arten an Buche untersucht werden. Vielleicht ergibt sich in diesem Zusammenhang mal die Möglichkeit, Kulturen von unseren beiden Varietäten anzulegen.

Wenn von einer tricolor und confragosa je ein Mycelium auf einem gemeinsamen Nährmedium sich gegeneinander abgrenzen, ist dann schon der sichere Nachweis dafür erbracht, dass es sich um zwei Arten handelt?

LG, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Christoph

#5
Hallo Gernot...

ZitatBei den lamelligen D. confragosa-Funden ist mir aufgefallen, dass das Hymenophor am Substrat noch etwas nach unten wächst (das tut es bei D. tricolor auch), da dann allerdings rein porig ist, im Gegensatz zu D. tricolor, wo sich die "Lamellen" auch nach unten hin +- lamellig fortsetzen. Weiters sind die "Lamellen" von D. confragosa meist gedrängter und gerader, während D. tricolor eher entfernte und oft wellige "Lamellen" besitzt.

Absolut d'accord (was den Lamellenabstand betrifft, ältere Fruchtkörper im Kopf habend). Jung sind die Lamellen auch bei D. tricolor noch dicklich (siehe meine Fotos). Die Welligkeit kommt m.E. mit dem Alter und ist u.a. dadurch bedingt, dass es weniger stablilisierende Anastomosen gibt. Bei D. confragosa sind es im Prinzip immer noch Poren, nur sehr lang gezogen, daher die Querwände. Bei D. tricolor sind es mehr Gabelungen, was man sowohl auf deinen als auch auf meinen Fotos gut erkennen kann. Insofern finde ich auch die Lamellen an sich unterschiedlich.

Das unterschiedliche ökologische Verhalten ist hingegen schwer einzuschätzen.

Leider werden die Dinger zu selten mikroskopiert. Die Dendrohyphidien müssten mal auf Merkmalskostanz ausgetestet werden. Ist auch da die Dickwandigkeit bei D. tricolor konstant und sind sie bei D. confragosa immer dünnwandig, würde ich sogar sehr sicher auf Artebene pochen. So tendiere ich einfach nur zur Trennung auf Artebene, ohne dafür meine Hand ins Feuer legen zu wollen  ;)

LG
Christoph
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Christoph

Servus Peter,

ganz einfach: die beiden Hunderassen lassen sich problemlos kreuzen. Leider wurde dieser Test noch nicht anhand D. tricolor und D. confragosa durchgeführt. Gemacht wurde es aber zwischen den selbst anatomisch identischen D. septentrionalis und D. confragosa - und siehe da, im Gegensatz zu deinen zitierten Hunden, lassen sie sich nicht kreuzen, ergo zwei gute Arten.

Daraus auf D. tricolor rückzuschließen wäre Kaffeesatzleserei, aber immerhin gibt es hier konstante Merkmale. Bei den Hunden sind die Merkmale durch gezieltes Züchten künstlich vermehrt worden. Ohne den Menschen wären es einfach Wölfe und fertig  ;)

Die Diskussion, ob ein rein merkmalsorientiertes Konzept zur Artunterscheidung taugt, wird immer wieder geführt. Letzten Endes ist es ein Hilfskonstrukt. Um es auf die Pflanzen zu übertragen: was bringt es einem, wenn man aus allen Knabenkräutern und ein paar verwandten Gattungen eine einzige Art macht? Die lassen sich sogar alle kreuzen! Teils eben über die Gattungsgrenzen hinweg. Dennoch sind sie in der Natur eigene kleine Genpools. Die Kreuzung wird teils durch unterschiedliche Blütezeiten und/oder Bestäuber verhindert.

Bei dem vorliegenden Fall ist es sicherlich grenzwertig. Ich kann Gernots beobachtung bezüglich der Lamelligkeit nur unterstreichen: D. tricolor hat Lamellen bis zur Anwachstelle, D. confragosa beginnt poroid und kann dann sekundär auf lamellig umsteigen.

Ich finde auch die Hutfarben gut unterscheidbar (D. tricolor hat einen so typischen Farbton). Dass alte Schlappen dann wieder ähnlich sind - nun, alte Schleierlinge sind auch alle irgendwie braun  ;D

Gernots Argument der Variabilität der Fruchtkörpergröße und -form bei D. confragosa hingegen wiegt auch einiges. Ich bin auf weitere Meinungen gespannt...

LG
Christoph
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Peter

Servus Christoph et al,

deine Beobachtungen kann ich bestätigen.

Viel spannender finde ich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage: Was ist eine gute Art? Dürfen/Sollen Mykologen andere Maßstäbe anwenden als Zoologen?

Ich habe hier mal ein Beispiel von zwei Rassen (sind das Varietäten im mykol. Sinn ?) EINER ART: Canis lupus familiaris

Irish Terrier                                                      vs. Irish Wolfhund

Fellfarbe einheitlich rotbraun                                grau meliert
Haarlängen bis 320 µm, oft gekrümmt                    Haare bis 560 µm, nur wenig gewellt
Ohren bis 170 mm                                              Ohren bis 240 mm
Mittlere Beinlänge 580 mm                                   785 mm
Krallen bis 35 mm                                               bis 42 mm
Stockmaß 850 mm                                             1020 mm
Schwanz +/- stehend, bis 250 mm                        meist hängend, bis 470 mm

Auch wenn die Maße frei erfunden sind, haben wir hier deutlich mehr als zwei verschiedene Merkmale, ohne das Mikroskop hinsichtlich der Darmflora und etwaiger Begleitmilben zu benutzen. Warum sind es nicht zwei Arten?

In der Hoffnung auf eine erschöpfende Diskussion verbleibe ich mit

herzlichem Gruß,

Daedaleopsis confragosa var. tricolor





"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."