Hallo Pilz- und Fotofreunde,
wer schon einmal kleine Pilze mit seiner Kamera abgelichtet hat, kennt das Problem mit dem niedrigen Schärfebereich: Lichtet man beispielsweise einen Becherling ab, ist vielleicht der vordere Becherrand scharf aufgenommen, während der hintere Rand verschwommen angezeigt wird. Oder der hintere Becherrand glänzt mit knackiger Schärfe, dafür liegt der vordere Rand außerhalb des Schärfebereichs. Wie gelingen jetzt Bilder, die den Fruchtkörper vollständig scharf abbilden?
Klar: Einfach die Kamera ein Stück zurücksetzen, denn mit zunehmendem Motivabstand vergrößert sich auch der Schärfebereich. Nachteil: Dadurch verkleinert sich der Abbildungsmaßstab. Weiter kann der Fotograf die Blende bis zum Anschlag schließen (hohe Blendenzahl), auch das erhöht die Schärfentiefe. Allerdings wird dadurch auch der Hintergrund detailreicher eingefangen, d.h. das Freistellen eines Objekts (scharfes Motiv vor unscharfem Hintergrund) ist nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich.
Deshalb möchte ich in diesem Beitrag eine computergestützte Montagetechnik vorstellen, um insbesondere kleine Pilzfruchtkörper mit einem möglichst großen Abbildungsmaßstab und möglichst großer Schärfentiefe zu dokumentieren: die digitale Fokuserweiterung (engl. Deep Focus Fusion, kurz DFF).
Als Basis der Montage dient eine Bildfolge eines Motivs aus +/- derselben Kameraposition aber mit unterschiedlicher Fokussierung. Nehmen wir an, das Fotoobjekt ist kleiner Becherling. Dann stellen wir zuerst auf den vorderen Becherrand scharf und schießen ein Foto. Dann legen wir den Fokus schrittweise nach vorne und knipsen dabei weitere Aufnahmen. Abgeschlossen wird die Serie mit einem Foto, auf dem der hintere Becherrand scharf zu sehen ist.
Im nächsten Schritt werden die Einzelfotos zu einem einzigen Bild zusammengefügt. Dabei werden die einzelnen scharfen Bereiche kombiniert, so dass ein einziges Bild mit hoher Schärfentiefe entsteht. Auf unser Beispiel gemünzt erhalten wir also ein Foto, das den Becherling vom vorderen bis zum hinteren Becherrand scharf darstellt.
Das manuelle Verschmelzen der Bilder mit einem Bildbearbeitungsprogramm ist jedoch zu aufwändig. Denn mit jeder Fokusänderung ändert sich geringfügig auch der Abbildungsmaßstab. Deshalb müssen die einzelnen Bilder der Serie vor der Überlagerung in ihrer Größe und ggf. Position transformiert werden. Diesen Job übernehmen spezielle Programme:
CombineZP (kostenlos):
http://www.hadleyweb.pwp.blueyonder.co.uk/CZP/News.htmHelicon Focus (60 bis 300 US-Dollar):
http://www.heliconsoft.com/heliconfocus.htmlWelche beeindruckenden Ergebnisse mit der DFF-Technik möglich sind, könnt ihr beispielsweise auf dem Titelbild der
Mycologia Bavarica 10 sehen:

Peter Widmann hat das Bild mit der
Arachnopeziza aurelia mit Hilfe einer Bildfolge und der Digitalen Fokuserweiterung erzeugt. Auf den Geschmack gekommen? Dann empfehle ich euch einen Blick in die
Bildergalerie von Andreas Kuntze - hier ist so mancher Augenöffner dabei.
Ich hoffe, der Beitrag macht einige Pilzfreunde neugierig, die DFF-Technik selbst auszuprobieren. Mit CombineZP steht jedenfalls eine kostenlose Software parat, die zum Experimentieren einlädt. Alles was man dafür noch braucht ist eine Digitalkamera und ein Stativ oder ein anderer stabiler Untergrund (Kirschkernkissen, Reissäckchen etc.) - viel Vergnügen.
Viele Grüße aus dem Süden Bayerns
Andreas