Misteln und Pilze

Begonnen von hans, 13. Januar 2013, 15:45

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hans

Tja Gabriele, klar ist, dass unter Pinus contorta Cortinarien zurückgedrängt werden und dann Russula und Piloderma vorherrschen. Bekannt ist, dass Laccaria, Piloderma, Tomentella und Tylospora saprotrophe Eigenschaften besitzen, die sie wahrscheinlich unabhängiger von Zuckern des Wirtes machen, weil sie Cellulose-abbauende Enzyme produzieren. Mehr dazu z.B. in CULLINGS K, COURTY PE (2009): Saprotrophic capabilities as functional traits to study functional diversity and resilience of ectomycorrhizal community. - Oecologia 161(4): 661-664 und in BALDRIAN P (2009): Ectomycorrhizal fungi and their enzymes in soils: is there enough evidence for their role as facultative soil saprotrophs? - Oecologia 161(4): 657-660.

Mehr weiss ich momentan darüber nicht. Vielleicht kann noch unser Mykologie-Profi Christoph etwas dazu sagen.

Servus, Hans

gabikob

Hallo Hans,
noch eine frage:
Welche Pilzarten oder -gattungen sind denn zuckerverbrauchsintensiv und welche genügsam?
Kann man das irgendwo nachlesen oder aus irgendetwas rückschließen?
Die Kenntnis könnte vielleicht helfen, den Blick zu schärfen.
LG
Gabriele

gabikob

Grüß Dich Hans,

ist ja spannend, echt ein Hauen und Stechen wohin man blickt.
Das mit den Pilzen wird gemacht, gute Gegend dafür hier...

..ist die Frage wie weit man da mit unsystematischen Beobachtungen kommt...
Naja, wir werden erstmal sehen.

LG
Gabriele

hans

Grüß Dich Gabriele,
es scheint tatsächlich so zu sein, dass die Misteln so viel Zucker aus dem Wirt abziehen, dass weniger davon in den Wurzeln ankommt. Das führt zu einer Bevorzugung von Mykorrhizapilzarten, die hinsichtlich Zuckerbedarf genügsam sind (Cullings et al. 2005*). Letztlich wird dadurch die Artenvielfalt der Mykorrhizagesellschaft herabgesetzt, was wiederum eine Schwächung der Widerstandsfähigkeit der Symbiosepartner gegenüber Kalamitäten zur Folge hat, wie etwa Trockenheit. Der Mistel als Parasit ist es erst mal wurscht, ob ihr Wirt geschädigt wird oder nicht. Die Mistel "verlässt" sich offenbar auf ihren hocheffizientes Verbreitungsmechanismus, v.a. über Vögel. Wenn also ein Wirt schlapp macht, wartet der nächste schon ein paar Bäume weiter.

Mehr kann ich dazu nicht sagen. Es wär halt toll, wenn möglichst viele Pilzfreunde auf diesen Zusammenhang achten und damit mehr Licht in diesen Effekt bringen.

Beste Grüße, Hans

*CULLINGS KCK, RALEIGH CRC, VOGLER DRVDR (2005): Effects of severe dwarf mistletoe infection on the ectomycorrhizal community of a Pinus contorta stand in Yellowstone Park. - Botany 83(9): 1174-1180.
   

gabikob

Hallo Hans,
sag mal, weiß man etwas über den Mechanismus, wie Mykorrhizapilze bei mistelbefallenen Bäumen unterdrückt werden und auch, warum?
Wofür soll das gut sein? Die Mistel würde doch von eiem kräftigeren Baumwachstum profitieren, bleibt der Wirt doch länger erhalten. Oder soll der Baum vielleicht nicht so abwehrstark werden, daß er sich gegen die Mistel wehren kann?
LG
Gabriele

gabikob

#4
Hallo Rainer,
besten Dank!
Bild 2 und 3 ist die gleiche Losung, einmal ganz und einmal auseinandergepopelt.
Ich versuche gerade, den/die Täter per Wildkamera in flagranti zu ertappen. Spricht zumindest hier alles (Filme und Spuren) für Steinmarder.
Ich habe unter hochwachsenden Misteln auch verstreute einzelne zerkaute Beeren gefunden. Die halte ich eher für von Vögeln verursacht als die kompakten Haufen, v.a. auch auf Stubben, Steinen und in der Wegmitte (als Markierung)
LG
Gabriele
Hier nochmal so eine Losung in alt und ausgetrocknet, oft bis in den Frühsommer zu finden, falls einer mal sowas sieht.

Schlesier

Hallo Gabi,
von Vögeln ists ja bekannt, dass sie Mistelbeeren fressen und dadurch u.a. auch für deren Ausbreitung sorgen. Warum sollten das nicht auch Säuger tun? Zu "Deinen Exkrementen" kann ich nicht viel sagen:
nur, Bild 1 und 4 könnten auch Speiballen (Gewölle) von Rabenvögeln sein; Bild 2 kann ich leider nicht vergrößern, Bild 3 ist definitiv kein Vogelkot.
Wenn Du den Kot unter rel. hochwachsenden Misteln gefunden hast, kämen nur Marder und Eichhörnchen als Verkoster in Betracht, bei abgerissenen Misteln auch alles andere, vom Wildschwein bis zum Fuchs.
LG
Rainer

gabikob

Hallo Thomas,

ich habe dazu zwei Fragen bzw. Anliegen:

1. Steht da auch 'was drin, ob das auch für (vorverdaute Mistelbeeren gilt?

Denn hier im östlichen Nürnberger Reichswald gibt es viele Kiefermisteln.
Ich beobachte hier seit 2 Wintern das Phänomen von 'Mistellosung' zuhauf.
Mein Hauptverdächtiger hier ist derzeit Steinmarder.

Laut mündl. Mitteilung von einem sehr erfahrenen Naturschützer aus der Oberpfalz sollen wohl auch Füchse und andere Raubsäuger Mistelbeeren fressen und wieder ausscheiden.
Viele Jäger, Förster etc., die ich gefragt habe, haben das Phänomen aber noch garnicht beobachtet

Deshalb nutze ich die Gelegenheit ( :-* 'tschuldigung Hans :-* ) und frage Euch:

2. Hat jemand von Euch bei der Pilzpirsch ähnliche Beobachtungen gemacht?
Falls Ihr sowas gesehen habt oder sehen werdet, wäre ich für eine Mitteilung echt dankbar!

Nachdem ich sowieso ein Auge auf die Misteln habe, werde ich zukünftig die Pilzflora unter den vielen befallenen Bäumen und Losungsstellen verschärft beobachten.

Herzliche Grüße
Gabriele

Hier drei Losungsbilder und zwei Mistelbilder aus Kronen gefällter Überhälter

hans

Liebe Leut,
ich bin heute über einen anregenden Artikel gestolpert, in dem auf die ökologische Bedeutung von Mistelblättern für die Streu unter den Wirtsbäumen gestolpert. Demnach tragen die herabgefallenen Blätter von Misteln erheblich zur Substratgüte des Bodens und zur Artenviefalt bei. Hier der Link zu einem Artikel dazu: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3415901/pdf/rspb20120856.pdf. Pilze sind leider nicht erwähnt. Die im Artikel beschriebenen Erkenntnisse lassen sich auf unsere heimische Art (Viscum album) übertragen, sie reichert ebenfalls Nährstoffe im Boden an (s. http://opensiuc.lib.siu.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1000&context=pb_pubs&sei-redir=1&referer=http%3A%2F%2Fscholar.google.de%2Fscholar%3Fq%3D%2522viscum%2Balbum%2522%2Blitter%26btnG%3D%26hl%3Dde%26as_sdt%3D0#search=%22viscum%20album%20litter%22).
Bekannt ist auch, dass Mykorrhizapilze bei befallenen Bäumen unterdrückt werden. Das alles müsste dazu führen, dass unter oder an befallenen Bäumen besondere oder/und besonders viele saprotrophe Pilze gefunden werden.

Das als Anregung, in Zukunft bei Funden von Pilzen bei Bäumen das Auge auch nach oben schweifen zu lassen, ob Misteln da sind. Vielleicht gibt es da ja wirklich Zusammenhänge.

Beste Grüße, Hans

PS: Leider gibt es zu dem Thema nur Internetquellen auf Englisch