Frage an Experten/Serpula Lacrimans

Begonnen von mycolli, 13. Oktober 2012, 12:59

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gabikob

Hallo Peter,
das ist ja echt spannend.

Hier ist noch ein Link, auf den ich vor einiger Zeit mal gestoßen bin mit ganz interessanten Informationen zum Thema und einem Schlüssel für gebäudezerstörende Pilze:

http://www.bfafh.de/inst4/44/welcome.htm

Gruß
Gabriele

Peter S

Hallo,

ich würde gern noch ein wenig ergänzen.
Serpula lacrymans benötigt wie alle sogenannten Bauholzpilze eine sogenannte Initialfeuchte. D. h. eine relative Holzfeuchte, die es den Sporen ermöglicht, auszukeimen und dem Myzel ermöglicht, zu wachsen.
Beim Echten Hausschwamm wird diese relative Holzfeuchte, die Voraussetzung für das Wachstum sein muss, mit etwa 30 % angenommen. Bei normalen Wohnverhältnissen stellt sich im Bauholz (ohne dass es tatsächlich irgendwoher freies Wasser bekommt) so etwa eine sogenannte Ausgleichsfeuchte von ca. 12 % ein.
Nun gibt es allerdings Situationen im Gebäude, die auch ohne einen eigentlichen Defekt von Wasserleitungen, Regenrinne oder schlechter Kellerabdichtung dazu führen können, dass Holz vorübergehend deutlich mehr als 12 % rel. Feuchte aufweist.

Solche Situationen entstehen z. B. regelmäßig in älteren Gebäuden mit ungedämmten Dächern und ungedämmter oberer Geschoßdecke (der Fußboden des Trockenbodens bspw.) im Winterhalbjahr. Sie werden verstärkt, wenn die Bewohner a. G. der draußen herrschenden Kälte schlecht lüften.

Beim ganz normalen Wohnen rechnet man pro Wohnungsbewohner etwa mit einem Anfall von 5 l Wasserdampf pro Tag. Das entsteht beim Duschen, Kochen, Blumen gießen, Wäsche waschen, transpierieren ...
Die Raumluft kann je nach Temperatur bestimmt Mengen Wasserdampf aufnehmen. Je höher die Teperatur umso höher die Möglichkleit der Wasserdampfaufnahme. Deshalb sollen wir ja regelmäßig lüften und die kalte Luft reinlassen und die wassserdampfgeschwängerte entweichen lassen. Erwärmen wir die kalte Luft kann sie wiederum mehr Wasser aufnehmen und so würden die 5 l pro Bewohner beim Lüften auch im Laufe des Tages immer wieder nach draußen gelangen.

Lüften wir nicht, steigt die wärmere Luft zwangsläufig nach oben, spätestens in der Decke zum unbeheizten Trockenboden wird es aber deutlich kälter, d. h. die warme Luft erkaltet auf dem Weg nach oben und kann in Folge dessen auch nicht mehr soviel Wasser halten. Im Laufe der Zeit wird also die Deckenkonstruktion nass und nässer, allein a. G. der Kondensationsfeuchte. Nicht selten kommt man dabei über den kritischen Wert von 30 % rel. Holzfeuchte.
Genau so kann das an jeder x - beliebig schlecht gedämmten Außenwand passieren, die warme wasserdampfgesättigte Luft streicht über die kalte Stelle an der Wand, wird abgekühlt und "lässt" Wasser.
Ist das eine Fachwerkwand oder haben auch die geschoßdecken Holzbalken wird es also kritisch.

Ist ein Hausschwamm schon da, reicht ihm das bisschen Wasser aus der Kondensation schon zum Weiterleben.

In alten Kellern funktioniert meist weder die horizontale Abdichtung unter der Kellersohle nicht (hat man früher gar nicht gebaut) und ganz oft ist auch die Vertikalabdichtung der Kelleraußenwände ungenügend.
D. h. Erdfeuchtigkeit wird über die Adhäsionskräfte der Steine nach innen gesogen, dazu bedarf es nicht einmal des sogenannten drückenden Wassers.

Überall da, wo es Luftbewegung gibt, führt die Luft die Feuchtigkeit wieder weg und führt sie ab. Schafft man aber ein Gewächshausklima, wo es nicht zieht, bleibt es ewig feucht und oft auch feuchtwarm, dann kann der Hausschwamm ungestört wachsen.

Ist er erst einmal da, kann er, wie schon gesagt über sein Rhizomorphensystem gezielt Wasser transportieren und dahin bringen, wo es für ihn neue potentielle Nahrungsquellen gibt. Dabei kann er auch dicke Mauerwände durchwachsen und über viele Meter auch für ihn nahrunsgtechnisch uninteressante Schüttungen überwinden.

Gibt es Trockenperioden kann er im Wachstum über mehrere Jahre sogar stagnieren, d. h. er stirbt nicht gleich ab, wächst aber auch nicht mehr weiter. Die Holzschützer sprechen von einer soegannten Trockenstarre und gehen deshalb in der einschlägigen DIN davon aus, dass Echter Hausschwamm für eine sachgerechte Entfernung immer bekämpft werden muss (in Deutschland nach DIN sachgerecht nur mit Chemie) international sind andere Bekämpfungsmethoden auch zulässig (Erhitzen). Befallenes Holz ist immer auszubauen. Durchwachsene Materalien sind immer zu behandeln oder zu entfernen.
Eine Bekämpfung des Echten Hausschwammes durch ledigliches Beseitigen des Defektes und Austrocknung der Fehlerquelle reicht also keinesfalls aus.

Während der Initialphase muss irgendwo eine relative Holzfeuchte von ca. 30 % vorhanden sein. Zum Weiterleben im Gebäude und zur weiteren Holzzersetzung reichen ihm in aller Regel aber nur 22 %. Wer ein Haus mit einer Holzbalkendecke hat, gehe mal hin und messe im Winterhalbjahr die rel. Feuchte in der Holzbalkendecke z. B. über dem Bad.
Und wer einen relativ kalten Keller hat, in welchem im Sommerhalbjahr an den Wänden das Kondenswasser runter läuft, weil die warme Sommerluft auf die kalten Wände trifft, der weiß, dass ein Echter Hausschwamm, wenn er denn einmal da ist, praktisch nicht ausgetrocknet werden kann.

LG Peter S

Christoph

Hallo Mycolli,

besser spät als nie ;-):

Es ist richtig, dass Serpula lacrymans eine "Wasserquelle" benötigt, so z.B. feuchte Holzbalken in undichten Dachstühlen, nasse Bereiche im Keller usw. (primär benötigt er nasses Holz). Da der Hausschwamm aber sehr effiziente Rhizomorphen ausbildet, kann er das Wasser über weite Strecken transportieren und so auch trockene Bereiche besiedeln, wenn er genügend Wasser aus anderen Bereichen heruasziehen kann. Findet man diese feuchten Stellen und legt sie komplett trocken, so stirbt das Myzel.

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

mycolli

Hallo, Pilzexperten,

nicht jeder Pilz ist willkommen, z.B. in einem Keller: der Serpula Lacrimans.
Zu diesem Echten Hausschwamm hab ich eine Frage:

Ist es richtig, dass sich dieser ,,Hausschwamm" nur dann z.B. in Holz (Möbel/Regale usw.) einnisten kann, wenn z.B. Wasserstaustellen (in Mauerwänden) vorhanden sind, wovon eine für ihn genügende Feuchtigkeit abgeht und keine 'Ventilation' vorhanden ist, in feuchten Räumen mit stagnierender Luft?

Danke und Gruß
Mycolli