Forum der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft

Allgemein => Expertenforum Mykologie => Thema gestartet von: Christoph am 11. April 2010, 20:23

Titel: Phellinus nigricans?
Beitrag von: Christoph am 11. April 2010, 20:23
Hallo zusammen,

zusammen mit Heinz Holzer fand ich in Regenhütte (Bayerischer Wald) in Ufernähe zum Großen Regen einen oberseits schwarzen Feuerschwamm aus dem Phellinus-igniarius-Aggregat:

(http://forum.pilze-bayern.de/index.php?action=dlattach;topic=577.0;attach=2090;image)
Phellinus cf. nigricans - junge Fruchtkörper

Das Holz muss ich bei Gelegenheit nachmikroskopieren, denn es war nur ein Stammstück, dessen Borke nicht klar genug für eine Bestimmung war. Jedenfalls war es wohl keine Birke, aber ein Laubgehölz.
Die Sporen waren rundlich und dickwandig, aber die Sporulation begann erst.

Aufgrund der feinen Zonierung des Hutes...

(http://forum.pilze-bayern.de/index.php?action=dlattach;topic=577.0;attach=2092;image)
Phellinus cf. nigricans - Hutoberseite mit enger Zonierung

... und der schmalen skelettisierten Hyphen ("echte" Skeletthyphen hat Phellinus ja nicht), die nur bis 4 µm breit sind, komme ich auf Phellinus nigricans, der vor allem an Birke wachsen soll. Phellinus igniarius s.str. hat bis zu 6 µm breite skelettisierte Hyphen. Die Setae sind kurz und pfriemförmig wie in diesem Aggregat üblich.

Ich finde es alles andere als einfach, hier sauber zu bestimmen. Klarheit kann ein Nachsammeln in der Saision erbringen. Phellinus nigricans hat auffallend dicke Sporenwände (bis 1 µm), was aber laut Ryvarden & Gilbertson erst in einem richtigen Sporenabdruck zu beobachten sein soll.

Ich habe Phellinus nigricans s.str. bislang noch nicht in Händen gehabt und bin daher bezüglich der Makroskopie unsicher. Kann jemand das Bestimmungsergebnis anhand der Fotos erhärten oder widerlegen?

LG
Christoph
Titel: Antw: Phellinus nigricans?
Beitrag von: AK_CCM am 11. April 2010, 20:28
Hallo Christoph,

erinnert mich makroskopisch an einen Feuerschwamm, denn wir heute am Ostufer des Lechs bei Mering gefunden haben. Weiß leider nicht mehr, ob ich einen Frk. geerntet und in meine Box gelegt habe - die hat Rainer mit nach München genommen, damit ich das Dingens morgen Abend zur Fundbesprechung nicht mitschleppen muss.

Wo ich Dir aber zustimmen muss ist die Tatsache, dass der ganze igniarius-Komplex recht anspruchsvoll ist, wenn ich mich so ausdrücken darf. Aber damit erzähle ich Dir als Porlingsspezi sicher nichts Neues. ;)

Gruß, Andreas
Titel: Antw: Phellinus nigricans?
Beitrag von: AK_CCM am 11. April 2010, 20:30
Nachtrag: Kann man generell bei den Feuerschwämmen aus der Gruppe eine vorhandene/ fehlende helle, wulstige Zuwachskante als Trennmerkmal hernehmen oder gibt's da Übergänge?
Titel: Re: Phellinus nigricans?
Beitrag von: Christoph am 6. Juni 2010, 21:12
Servus Andreas,

sorry, hatte vergessen, Deinen Nachtrag zu beantworten - bzw. habe dies im Prinzip durch den Phellinus-trivialis-Thread getan: http://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,605.0.html

Genau dies ist ein Diskussionspunkt, der seit langem geführt wird und wurde. Hermann Jahn hat die Kantenbildung als Merkmal verwendet, Ryvarden & Gilbertson legen keinen Wert darauf. Deshalb führen sie z.B. Phellinus trivialis nicht einmal auf Varietätsebene, was zumindest ein guter Kompromiss wäre, bis die Genetik entschieden hat. Ich meine, mal darüber gestolpert zu sein, dass die beiden trennbar seien (genetisch), bin mir aber nicht sicher (ich glaub, ich hab das mal in irgendeinem Gespräch aufgeschnappt, ist meinerseits also nicht belegbar).

Die Struktur der Hutoberseite (wie schnell schwarz, ob aufreißend oder eher intakt bleibend, Art der Zonierung) wird aber auch von Ryvarden & Gilbertson höher gewichtet, weshalb sie z.B. Phellinus nigricans auf Artebene akzeptieren.

LG
Christoph
Titel: Re: Phellinus nigricans?
Beitrag von: AK_CCM am 6. Juni 2010, 21:40
Griaß Di Christoph,

hat nicht FISCHER zur Artabgrenzung von Phellinus-Arten Kreuzungsversuche durchgeführt? Kann mich aber auch täuschen, aber ich meine, da war was...

Gruß, Andi
Titel: Re: Phellinus nigricans?
Beitrag von: Gerd am 10. Februar 2015, 00:23
Hallo Christoph,

ich bin zufällig auf der Suche nach Literatur zum "Ph. ignarius"-Komplex auf diese Diskussion gestoßen und möchte zu "Ph. nigricans" meinen Senf abliefern:


(1) Ich zitiere Dr. H. Jahn in Jahn, H.: Die resupinaten Phellinus-Arten in Mitteleuropa, ... :Seite 124 (http://wwwuser.gwdg.de/~rjahn/Pilzbriefe/PB_Bd_6_11.pdf)

Ph. igniarius var. trivialis wurde und wird heute noch in West- und Mitteleuropa irrtümlich bisweilen Ph. nigricans (Fr.) P. Karst. genannt. Nach Niemeä (1975) ist Ph. nigricans eine in Nordeuropa (Anmerkung Gerd, z.B. Finnland) verbreitete, aber kaum häufige Art, schwarzkrustige Art, die sich von Ph. igniarius var. trivialis besonders durch strikte Bindung an Betula, fehlende Tendenz zu effusem Wuchs und dickwandige Sporen unterscheidet. Ph. nigricans ist mir aus Mitteleuropa überhaupt nicht bekannt (!), alle so benannten Herbarstücke, die ich prüfte, waren entweder Ph. igniarius (meist var. trivialis, auch alte var. igniarius) oder Ph. lundellii.


(2) Und jetzt setze ich noch eine Schaufel drauf und zeige welch guter Beobachter Dr. H. Jahn war.

- Nach "Fischer, M. (1987): Biosystematische Untersuchungen an den Porlingsgattungen  Phellinus Quél. Und innonotus  Karst. ; Bibl. Mycol. 107: 1-133" ist "Ph. nigricans" (hat 2 finnische Funde untersucht) nicht kreuzbar mit den sonstigen europäischen Sippen des Ph. igniarius-Komplexes:

(a) Ph. alnii (Bondarzew 1912) Parmasto 1976

(b) Ochoporus cinereus (Niemelä 1975) M. Fischer 1986

(c) Ph. igniarius (L. 1753 : Fr. 1821) Quél. 1886 = Ph. trivialis (Bresadola 1931) Kreisel 1960

(3) Und schlussendlich zitiere ich dich mit "Jedenfalls war es wohl keine Birke"


Mein Fazit:
- Bei deinem Fund kann man m.E. Ph. nigricans definitiv ausschließen.

- Und deshalb ist hier "Bildle" anschauen leider (wie so oft) für die Katz.

Grüße
Gerd

@Andi

Zitat:
hat nicht FISCHER zur Artabgrenzung von Phellinus-Arten Kreuzungsversuche durchgeführt? Kann mich aber auch täuschen, aber ich meine, da war was...

- Richtig, und die hat er in der von mir oben zitierten Literatur veröffentlicht.

- Und wenn du die nicht im Regal hast, dann empfehle ich dich folgende Lektüre:

(1) G.J. Krieglsteiner (2000): Die Großpilze Baden Württembergs, Bd. 1: Ph. igniarius s.l

(2) Diese Diskussion bei ERIC (http://forum.fungiworld.com/index.php?PHPSESSID=8k10r078lu41v3l7l4abkio1p7&topic=1700.msg8607#msg8607%5B/url), an der du dir rege beteiligt hast.