Schlüssel zur Gattung Tympanis (nach Groves)

Begonnen von Christoph, 26. Februar 2010, 14:10

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Christoph

#4
Hallo zusammen,

ich habe mittlerweile den Aufsatz von Yao & Spooner (1996) bekommen und habe den dort enthaltenen Schlüssel für die Gattung Tympanis in Großbritannien ins Deutsche übertragen. Ich habe den Schlüssel jetzt nicht umgestellt, um Kleinigkeiten zu korrigieren, da er ohnehin übersichtlich ist. So soll Tympanis alnea selten auch an Nadelholz (Abies, Larix) vorkommen, wird aber nicht unter den Nadelholzarten ausgeschlüsselt. Wie auch immer, es ist eine Alternative für den älteren Weltschlüssel, der hier weiter unten zu finden ist.

Auslöser, nochmal die Literatur herauszusuchen, war ein gemeinsames verlängertes Wochenende bei Boris Zurinski Erlangen. Wir sind in einen uralten Erlenbruchwald gegangen und haben dort unter anderem Camarops polysperma an Schwarzerle gefunden. Ich hatte Boris dann geraten, die Tage auch mal nach Tympanis alnea zu suchen. Offenbar hatte er Erfolg - jedenfalls hat er mir heute von Funden, die makroskopisch hinkommen, erzählt. Grund genug, diesen Thread hervorzuholen und zu aktualisieren (mit einem alternativen Schlüssel für Großbritannien eben - aber hier sind nicht alle deutschen/bayerischen Arten enthalten).

Ich präsentiere also:

Schlüssel der Gattung Tympanis für Großbritannien nach Yao Y-J & Spooner B.M. (1996):
Notes on British Species of Tympanis (Leotiales) with T. prunicola New to Britain.  Kew Bulletin, 51(1): 187-191


1. Apothecien an Nadelholz ...... 2
1*. Apothecien an Laubholz ...... 4

2. Ascosporen mehrfach septiert, 13,0-20,0 x 2,0-4,0 µm; an Pinus ................ Tympanis confusa
2*. Ascosporen einfach septiert, 6,0-12,0 x 2,0-4,0 µm; an Pinus und an anderen Konifernen ... 3

3. Ascosporen keulenförmig (clavat), 7,0-10 x 3,0-4,0 µm; Asci (70-) 80-110 (-120) x (11,0-) 13,0-15,0 (-17,0) µm .................................................................................................. Tympanis laricina
3* Ascosporen gewöhnlich ellipsoid-fusoid, (6,0-) 8,0-10,0 (-12,0) x 2,0-4,0 µm; Asci kleiner, (60-) 70-90 (-110) x (8,5-) 9,5-12,0 (-14,0) µm ....................................................... Tympanis hypopodia

4. Apothecien an Sorbus, häufig in Büscheln zu 20-50; Asci 140-190 (-215) x 12,5-15,0 µm; Ascosporen elispoid, zweizellig (einfach septiert) ........................................... Tympanis conspersa
4*. Apothecien an anderen Wirten, einzeln oder büschelig; Asci variabel in der Größe; Sporen ein- oder zweizellig .................................................................................................. 5

5. Apothecien an Populus und Salix; Asci (55-) 70-90 (-110) x (9,0-) 10,0-13,0 (-15,0) µm; Ascosporen zweizellig ................................................................................ Tympanis spermatiospora
5*. Apotecien an anderen Wirten oder falls an Populus und Salix, dann Asci 110-215 µm lang und dann Sporen einzellig .......................................................................................... 6

6. Apothecien an Viburnum und Cornus; Asci (75-) 90-120 (-145) x 10,0-16,0 (-20,0) µm; Ascosporen zweizellig ..................................................................................... Tympanis fasciculata
6*. Apothecien an anderen Wirten; Asci unterschiedlich groß; Ascosporen ein- oder zweizellig .. 7

7. Apothecien solitär oder in manchmal kleinen Büscheln an Ligustrum und Syringa; Asci (100-) 110-140 (-155) x (12,0-) 15,0-18,0 (-21,0) µm; Ascosporen keulenförmig, zweizellig, 7,0-10,0 x 3,0-4,0 µm ...... Tympanis ligustri
7*. Apothecien gewöhnlich in großen Büscheln von bis zu 20 oder mehr Fruchtkörpern an anderen Wirten; Asci variabel in der Größe; Ascosporen subglobos bis ellipsoid, ein- oder zweizellig, 4,0-8,0 x 3,0-6,0 µm ................................................................................................ 8 

8. Apothecien an Prunus, glatt; Asci (85-) 100-160 x 13,0-18,0 µm; Ascosporen zweizellig, ellipsoid bis subglobos ...... Tympanis prunicola
8* Apothecien meist an Alnus oder Betula, aber manchmal auch an Abies, Crataegus, Kalmia, Larix, Malus, Populus, Quercus, Salix und Tilia; Apothecien kleiig; Asci (110-) 135-190 (-215) x (14,0-) 18,0-22,0 (-25,0) µm; Ascosporen einzellig, subglobos .......................... Tympanis alnea
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Christoph

Hallo Gernot,

danke für die Information! Dann schränke ich die Aussage, dass sie seitdem nich tmehr bearbeitet wurde, deutlich ein... Gut zu wissen (bin ja nicht gerade der Schlauchpilzkenner).

Falls jemand die beiden Artikel haben sollte, so melde ich ebenfalls Interesse daran an  ;D

LG
Christoph
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Gernot

#2
Hallo Christoph,

vielen Dank fürs Vorstellen des Schlüssels! Etwas neuere, umfangreiche Literatur gibt es noch von Y.-J. Yao & B.M. Spooner (Notes on British species of Tympanis [Leotiales] with T. prunicola new to Britain; Kew Bulletin, Vol. 51, No. 1 [1996], pp. 187–191) und G.B. Ouellette & K.A. Pirozynski, (Reassessment of Tympanis based on types of ascospore germination within asci; Canadian Journal of Botany 52(8 ) [1974], pp. 1898– 1917). Da ich aber selber bisher noch keine Tympanis gefunden habe, habe ich mich auch nicht allzu sehr mit der Gattung beschäftigt und bin bei der Literatur nicht auf dem Laufenden. Ich wäre aber trotzdem sehr an den beiden Werken interessiert, also falls sie jemand haben sollte... :)

Schöne Grüße
Gernot

Christoph

#1
Hallo zusammen,

ich hatte vor zwei Jahren im Pilzbestimmungsforum einen Schlüssel zur Gattung Tympanis vorgestellt: http://forum.fungiworld.com/index.php?topic=4084.msg24304#msg24304

Da jetzt bald die Saison für Tympanis alnea beginnt, dachte ich, dass ich den Schlüssel auch hier in unserem BMG-Forum vorstelle.

Grundlage ist der Schlüssel von Groves (Quelle: Can. Journ. Bot. 30) aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Seitdem ist die Gattung nicht mehr überarbeitet worden.

Tympanis bildet sehr kleine, meist sehr dunkle Becherchen aus, die aber dicht büschelig wachsen. Im Mikroskop wundert man sich, wenn man die Asci sieht - sie enthalten sehr viele, zig Hunderte kleine Sporen. In Wirklichkeit sind es erst acht Sporen, die dann zahllose Sekundärsporen abschnüren und den Ascus damit füllen. Daher ist für eine Bestimmung manchmal beides nötig: Primär- und Sekundärsporen.

Ferner sollte man darauf achten, ob die Fruchtkörper dem Substrat aufsitzen oder eingesenkt sind, oder ob sie aus dem Substrat hervorbrechen und z.B. die Rinde hochbiegen.

Nicht immer (aber meistens) stehen die FK in Büscheln - sie können auch direkt rasig oder vereinzelt sein, wobei sie dann wohl weniger auffallen. Da ich bisher nur eine einzige Art finden konnte (Tympanis alnea), habe ich selber wenig Erfahrung mit der Gattung und habe deshalb einfach nur den Schlüssel von Groves ins Deutsche übertragen.

Es kommen einige Arten in Europa vor und manche stammen aus Deutschland (Typus). Einige müssten wohl Rote Liste Null-Status bekommen (verschollen), aber es hat wohl kaum jemand auf die kleinen Büschelbecherlinge geachtet?!

Tympanis alnea finde ich zumindest bei mir recht sicher, wenn ich im Frühjahr (März / April) ansitzende, abgestorbene Grauerlenäste absuche. Ich werde vor allem dann fündig, wenn z.B. ein kleiner (senkrecht gewachsener) Stämmling mit wenigen cm Durchmesser abgestorben ist.


Hier nun der Schlüssel:

Schlüssel der Gattung Tympanis nach Groves: The Genus Tympanis


1    An Nadelbäumen..............................................................................................2
1*    An anderen Substraten bzw. an Laubbäumen .................................................15

2.   Sekundärsporen im Ascus kugelig, FK auf Harz .......................................................Retinocyclus oilvaceus
2*   Sekundärsporen im Ascus zylindrisch bis allantoid ...................................................3

3   Asci eine Länge von 175 µm übertreffend..............................................................T. pseudotsugae
3*   Asci kürzer...4

4   Asci meist 100 µm Länge übertreffend..................................................................5
4*   Asci meist kürzer als 100 µm............................................................................10

5   Primäre Ascosporen länglich oder spindelig.............................................................6
5*   Primäre Ascosporen subglobos............................................................................7

6    Primäre Ascosporen spindelig, 2-zellig; Asci meist kürzer als 110 µm, an Larix...............T. laricina
6*   Primäre Ascosporen länglich-spindelig, mehrzellig, Asci länger als 110 µm, an Pinus.......T. confusa

7   Reife Asci meist breiter als 15 µm, auf Pinus...........................................................T. pithya
7*   Reife Asci schmaler als 15 µm.............................................................................8

8   Apothecien kaum über 0,8 mm Durchmesser, nicht deutlich hervorbrechend; Asci meist 12-14 µm breit; an Tsuga...........T. tsugae
8*   Apothecien 1 mm Durchmesser erreichend oder größer, nicht an Tsuga.......................9
                                 
9   Konidienbildende Fruchtkörper auffällig, rasig auf dem gleichen Stroma wie die Apothecien; Asci meist 14-16 µm breit, an Picea ..........T. piceae
9*   Konidienbildende Fruchtkörper gewöhnlich zerstreut, einzeln bis rasig, nur selten auf dem selben Stroma wie die Apothecien; Asci meist 12-15 µm breit, an Abies ..... T. truncatula

10 (4)   Reife Asci bis 14 µm breit werdend oder breiter, an Larix..........................................T. laricina
10*   Reife Asci nur selten 13 µm Breite erreichend........................................................11

11   Reife Asci meist 10-11 µm breit werdend, an Juniperus..............................................T. juniperina
11*   Reife Asci meist 11-13 µm breit..........................................................................12

12   Asci meist kürzer als 90 µm, primäre Ascosporen 5-8 µm lang, an Picea........................T. piceina
12*   Asci häufig länger als 90 µm lang, primäre Ascosporen 7-10 µm lang..........................13

13   Apothecien zerstreut, an Pseudotsuga...................................................................T. hansbroughiana
13*   Apothecien gewöhnlich dicht rasig, nicht an Pseudotsugae......................................14

14   An Pinus...T. hypopodia
14*   an Abies...T. abietina   

15 (1)   Reife Asci meist breiter als 18 µm werdend...........................................................16
15*   Reife Asci meist schmaler als 18 µm.....................................................................26

16   Reife Asci häufig länger als 165 µm.......................................................................17
16*   Reife Asci kürzer als 165 µm...............................................................................20

17   Apothecien einzeln oder nur selten rasig................................................................18
17*   Apothecien büschelig zu mehr als sechs................................................................19

18   Apothecien irgendwie hysterioid (kaffebohnenartig, an Hysterium erinnernd), schwarz, sehr deutlich hervorbrechend, an Alnus........T. alnea var. hysterioides
18*   Apothecien von oben betrachtet kreisrund, graulich bereift, eingesenkt oder nur schwach hervorbrechend, an Salix.............T. saligna

19   Apothecien dicht weiß bereift, selten schwarz und glatt, an Malus oder Sorbus...............T. conspersa
19*   Apothecien schwarz, glatt, manchmal graulich bereift, an Alnus oder Betula...................T. alnea

20 (16) Asci meist kürzer als 110 µm, an Hydrangea.............................................................T. hydrangeae
20*   Asci meist länger als 110 µm werdend.....................................................................21

21   Asci meist kürzer als 130 µm..................................................................................22
21*   Asci meist länger als 130 µm werdend.....................................................................23

22   Apothecien sehr deutlich hervorbrechend, gewöhnlich über 0,3 mm lang werdend; konidienbildende Fruchtkörper gewöhnlich auffällig; an Viburnum ......T. fasciculata
22*   Apothecien nicht deutlich hervorbrechend, gewöhnlich kürzer als 0,3 mm; konidienbildende Fruchtkörper nur vereinzelt oder fehlend; an Syringa ......T. syringae

23   Apothecien-Büschel rasig, häufig mehr als sechs Apothecien pro Büschel; gewöhnlich graulich bereift.......................................24
23*   Apothecien-Büschel vereinzelt bis angedeutet rasig, gewöhnlich weniger als sechs Apothecien pro Büschel; schwarz, glatt..........................................25

24   Asci meist eine Länge von 145 µm überragend, an Magnolia.............................................T. magnoliae
24*   Asci meist kürzer als 145 µm, aber einzelne bis 175 µm erreichend; an Prunus.....................T. prunicola

25   Reife Asci meist eine Länge von 145 µm überragend; an Diospyros.....................................T. diospyri
25*   Reife Asci meist kürzer als 145 µm, an Oxydendrum........................................................T. oxydendri

26 (15) Reife Asci meist 15-18 µm breit................................................................................27
26*   Reife Asci meist schmaler als 14 µm...........................................................................35

27   Asci meist kürzer als 115 µm......................................................................................28
27*   Asci meist eine Länge von 115 µm überragend..............................................................30

28   Apothecien-Büschel dicht rasig; Apothecien zu mehr als 15 pro Büschel; an Betula................T. mutata
28*   Apothecien(-Büschel) vereinzelt bis angedeutet rasig.....................................................29

29   Apothecien nicht deutlich hervorbrechend, selten länger als 0,3 mm; an Forsythia.................T. forsythiae
29*   Apothecien sehr deutlich hervorbrechend, bis zu 1 mm lang; an Acer..................................T. acericola

30 (27)  Asci meist eine Länge von 150 µm überragend; an Myricaria............................................T. myricariae
30*   Asci meist kürzer als 150 µm........................................................................................31

31   Apothecien nicht deutlich hervorbrechend, selten länger als 0,3 mm, gewöhnlich vereinzelt; an Ligustrum......T. ligustri
31*   Apothecien gewöhnlich länger als 0,5 mm werdend, deutlicher rasig.....................................32

32   Apothecien mehr oder weniger graulich bereift...................................................................33
32*   Apothecien schwarz, glatt.............................................................................................34

33   An Amelanchier...T. amelanchieris
33*   An Rhus...T. rhoina

34   Primäre Ascosporen subglobos, 4,5 x 3,5-4,5 µm, an Fraxinus................................................T. columnaris
34*   Primäre  Ascosporen ellipsoid, 5-6 x 2-3 µm, an Salix...........................................................T. salicina

35   Asci kürzer als 60 µm lang (?), an Cephalanthus...................................................................T. cephalanthi
35*   Asci eine Länge von 60 µm überragend.............................................................................36

36   Asci meist 70-90 µm lang................................................................................................37
36*   Asci meist 85-100 µm lang..............................................................................................38

37   Asci nur selten 12 µm Durchmesser übersteigend; an Malus.....................................................T. malicola
37*   Reife Asci häufig breiter als 12 µm; an Populus .............................T. spermatiospora

38   Primäre Ascosporen subglobos; an Sorbus............................................................................T. sorbi
38*   Primäre Ascosporen angedeutet keulenförmig, ein- oder zwei-zellig; an Fagus .............T. rhemiana
38**   Primäre Ascosporen länglich, mehrzellig, an verschiedenen Wirten ...........Corynella atrovirens


Von den behandelten Arten kommen mindestens die folgenden in Europa vor (nach Reihenfolge des Erscheinens im Schlüssel): T. confusa, T. pithya, T. piceae, T. laricina, T. hypopodia, T. piceina, T. juniperina, T. saligna (Typus aus Deutschland), T. myricariae (Typus aus Österreich, Tirol), T. conspersa, T. alnea, T. syringae, T. ligustri, T. acerina, T. columnaris, T. mutata, T. spermatiospora, T. rhemiana (Typus aus Deutschland)...

Laut Onlinedatenbank (Schilling) auch T. fasciculata, T. hypopodia, T. truncatula und die nicht im Schlüssel enthaltene "Tympanis" xylophila, die aber besser bei Claussenomyces aufgehoben ist (muriforme Sporen etc.)...


Viel Spaß mit dieser interessanten und wenig beachteten Gattung  :D

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)