Pilze an Xanthoria - Sammelthread zum Vorstellen der Arten

Begonnen von Christoph, 14. Februar 2018, 21:02

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Christoph

#8
Servus beinand,

ich möchte anhand neuer Bilder eines Funds vom Samstag (25.7.2020) eine Art nochmal zeigen, die ich schonmal vorgestellt habe. Es ist Pyrenochaeta xanthoriae.

Ich wurde mit der Handlupe auf einen grauen Belag auf drei Apothecium der Gelbflechte (Xanthoria parietina) aufmerksam,die auf einem trockenen Ast eines Roten Hartriegels wuchs.

Unter dem Bino habe ich dann gesehen, dass sich inb dem grauen Grind eine kleine, schwarze Kugel mit langen Haaren befindet:



Ich habe versucht, die haarige Kugel von der Seite zu fotografieren, aber beim Schneiden des Apotheciums und dem Herumhantieren sind die Haare teils abgefallen/zerbrochen (man sieht sie teils unscharf im Hintergrund). Deshalb zeige ich nur dieses Foto (es gab auf der Xanthoria nur dieses eine, große Gehäuse und nach langer Suche an anderer Stelle noch zwei sehr junge) und keines von der Seite (ideal wäre ein aufgeschnittenes gewesen – wenn ich einen üppigeren Befall finde, bekomme ich das vielleicht hin).

Die Haare sind sehr schmal, unter 10 µm im Durchmesser, aber im Bino gut zu erkennen.

Bei der Präparation des ersten Schnitts trat mal wieder Murpphy's Law in Erscheinung. Natürlich lag das Gehäusestück verkehrt herum. Links sieht man also das Excipulum von der Innenseite aus. Ich habe durchfokussiert, sodass man in der Mitte und rechts dann die Haare in der Tiefe erkennt. Der Maßstab gilt für alle drei Fotos. Das Sternchen markiert ein Haarende – diese sind immer farblos-hyalin, während die Haare sonst dunkelbraun sind.



Hier dann der zweite Versuch – und jetzt lag es besser, aber viele Haare sind gebrochen:



Wer nach Asci sucht, sucht vergebens. Die Kugel (das Pycnidium) ist im reifen Zustand von kleinen Konidien ausgefüllt. Unter dem Deckglas werden sie beim leichten Quetschen hersuagedrückt und schwimmen überall herum:



Man kann auch die konidiogenen Zellen sehen, wenn die meisten Sporen weg getragen wurden (Wasser durchzeiehen, etwas quetschen):



Unter dem Bino sehen die Pycnidien für mich wie kleine Miniseeigel aus. Es gibt aber mehrere Arten aus unterschiedlichen Verwandtschaftskreisen, die diese Seeigel-Fruchtkörper bilden. Man muss also zwingend mikroskopieren.

Pyrenochaeta xanthoriae ist sehr häufig – jedenfalls finde ich sie immer wieder, wenn ich Xanthorien prüfe. Und auch ohne Asci finde ich diese (rein imperfekte) Art sehr hübsch. Die Konidien sind etwas nichtssagend, haben aber mit dem meist zwei Öltröpfchen durchaus Wiedererkennungswert.

Der graue Belag war im Wasser übrigens weg. Insofern muss es wohl irgendwas gewesen sein, was ausgefallen ist, als Wassertropfen auf dem Apothecium verdunstet ist?!

Das einzige, was ich sonst finden konnte, waren kugelige, glatte, kleine, braune Konidien, die in großen Mengen auftreten. Ich sehe diese Konidien immer wieder, kann sie aber nicht zuordnen. Jedenfalls sind immer wieder zugehörige Hyphen zu sehen – es ist also keine braune Hefe. Nur was es ist: keine Ahnung. Falls ich es herausbekomme, werde ich es mal zeigen. ;-)

Vielleicht kann ich die eine oder andere (oder den einen oder anderen) auch animieren, mal an Xanthoria zu suchen. Durch den hohen Stickstoffeintrag durch die Luft ist diese Flechte ja aspektbildend geworden. Man findet sie als Substrat ja überall.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Werner E.

GriasDi Christoph,
einfach nur toll!
Besten Dank.
An liabn Gruaß,
Werner

Christoph

#6
Servus beinand,

bei der aktuellen Trockenheit findet man ja fast gar nichts mehr. Das ist natürlich eine gute Gelegenheit, mal wieder auf spezielle Pilzgruppen zu achten.

Am 7. April 2020 habe ich an einem Waldrand beim Gassigehen eine schöne Xanthoria gefunden, deren Apothecien teilweise schwarze Punkte unter der Lupe zeigten. Oft ist sowas nur eine Mischung aus Staub, "Schmutz", welches am Apothecium festklebt oder dann auch ein bisserl umwachsen wird (und dann aussieht, als wäre es irgendein Parasit). Hier aber zeigten sich bei 100-facher Vergrößerung deutlich die schönen, starren Setae.


Pyrenochaeta xanthoriicola - Pcynidien mit Setae auf einem Apothecium von Xanthoria parietina


Pyrenochaeta xanthoriicola - Pcynidie mit Setae auf einem Apothecium von Xanthoria parietina

Unter dem Mikroskop findet man dann schöne Pycnidien mit Setae an der Pycnidienöffnung. Die Konidien sind sehr klein, 3-4 x 1,5-3 µm, mit je einem kleinen Öltropfen an jedem Ende.


Pyrenochaeta xanthoriicola - Pcynidie als Quetschpräparat in Wasser


Pyrenochaeta xanthoriicola - Inneres einer Pycnidie mit vielen Konidien - Quetschpräparat in Wasser

Das Ganze wird mit dem Namen Pyrenochaeta xanthoriae belegt. Ich hatte diese Art ja schonmal vorgestellt (aus dem Auwald bei Melk in Niederösterreich).

Interessant finde ich, dass bei jungen Pycnidien die Konidien von flaschenförmigen Zellen abgeschnürt werden, diese aber später auswachsen und zu schmalen, mehrzelligen kurzen Hyphenenden werden. In der Originalbeschreibung der Art werden nur letztere gezeigt, ich habe bei meiner Kollektion alle Übergänge gesehen.

Nebenbei angemerkt: Die Gattzung Pyrenochaeta ist genetisch betrachtet polyphyletisch (wen überrscht's?). Der Kern der Gattung gehört zu den Cucurbitariaceae innerhalb der Pleosporales. Wenn man nach Pyrenochaeta googelt, wird man feststellen, dass sich in dieser Gattung Wurzelparasiten (z. B. an Tomate, verursachen die Korkwurzelkrankheit) befinden, aber auch humanpathogene Arten. Extrem fand ich da eine Neubeschreibung einer Art aus Spanien, die in einem Auge eines lebenden Patienten wuchs, genauer gesagt in der Hornhaut - es ist Pyrenochaeta keratinophila - hier der Link zur Publikation https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19955009 (ist nur das Abstract, kann man "gefahrlos" anklicken).

Jedenfalls bewirkt das - finde ich - doch mal wieder Respekt vor dem Erfindungsreichtum der Pilze, was das Besiedeln von Substraten und Wirten angeht. Auch der Mensch kann befallen werden. Und wenn man sich über eine befallene, kranke Xanthoria "freut", dann sollte man vielleicht immer auch bedenken, dass es für die Xanthoria nicht so lustig ist. Jedenfalls ist Pyrenochaeta xanthoriicola für den Menschen - im Gegensatz zu anderen Verwandten dieser Art - harmlos.

Heute habe ich wieder mit der Lupe bewaffent Xanthorien angeschaut und wurde recht schnell wieder fündig. Leicht angeschwärzte Apothecien - "sehr schön". 


Mischbefall von Xanthoriicola physciae (v. a. die dunklen Erhebungen) und Intralichen christiansenii

Oft ist es der Beginn eines Befalls von Xantoriicola physciae, der später, wenn er massiv wird, sofort mit bloßem Auge kenntlich ist (siehe unten, habe ich ja auch schon vorgestellt). Und so auch hier erneut, nur eben der Anfang der Infektion.

Das braune Myzel wächst sich durch das Hymenium hindurch und bildet an der Oberfläche immer wieder kleine "Herde" mit Konidienträgern, an denen sich die kleinen, brauen, ornamentierten Sporen abschnüren.


Xanthoriiocola physiciae - Konidienträger und vergrößert eine Einzelspore (unten rechts); driekt links neben dem "Herd" mit Konidienträgern ist auch Intralichen christiansenii zu sehen - glatte, nicht ornamentierte Konidien

Man sieht das in dem allgemeinen Grauschwarz, in das sich das befallene Apothecium verwandelt, als kleine, schwarze Pickelchen (beim Anfang der Infektion). Ach ja, Xanthoriicola physciae gehört zu den Capnodiales (und hier zu den Teratopshaeriaceae). Sehr schöne Bilder hat Paul Cannon auf seiner Seite "all fungi": http://fungi.myspecies.info/all-fungi/xanthoriicola

Hier wird die Hintergundfarbe aber gemeinsam mit einem zweiten Parasiten gebildet.
Diese Art bildet Ketten aus ovalen Zellen, die etwas dickwandig werden und zu Konidien zerfallen (also die Ketten, nicht die Zellen zerfallen). Immer wieder bilden sich auch scheinbar zweizellige Konidien, die sich dann aber wieder abrunden und zu Einzelkonidien werden (diese Doppelzellen sind Teil der Kette, bevor diese zerfällt). Früher stand sowas in der Sammelgattung Bispora, jetzt in der Sammelgattung Intralichen - es ist Intralichen christiansenii.


Intralichen christiansenii - diverse Konidien im Quetschpräparat


Intralichen christiansenii - kurze Abschnitte zweier Ketten

Es gibt in der Gattung Intralichen Arten, die gar keine Doppelzellen bilden wie Intralichen lichenum. Manche Arten bilden auch wirklich zwei- bis dreizellige Konidien, die größer und dunkler braun pigmentiert sind als hier (z. B. Intralichen baccisporus). Wohin Intralichen gehört, ist meines Wissens noch völlig offen. Paul Cannon schreibt z. B. nur, dass weder Ordnung noch Familie bekannt wären: http://fungi.myspecies.info/all-fungi/intralichen-christiansenii (wieder mit tollen Fotos!). Also : Ascomycota incertae sedis... Zudem ist auch Intralichen wohl polyphyletisch, denn nicht gerade viele Merkmale halten die Gattung zusammen: wächst in Flechten, bildet dort braun pigmentierte Ketten, die zu Konidien zerfallen - das wär's dann auch schon.

Jedenfalls ein schöner Zeitvertreib. Und man weiß nie, was dabei rauskommt, wenn man Xanthorien genauer anschaut (und sie wachsen ja überall...).

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Christoph

#5
Servus beinand,

heute war so ein schöner, sonniger Tag - da habe ich mir meine Lupe und meine Kamera geschnappt, bin kurz raus und habe geschaut, on ich was Nettes für das Mikroskop nach Hause nehmen kann. Ein kleiner Zweig mit Xanthoria lag am Boden, also mit der Lupe mal schauen und siehe da, ein Perithecium war dunkel verfärbt und offenbar von einem Pilz befallen:



Lohnt sich sowas?! Nach dem Mikroskopierne ist ja nichts mehr übrig... Wenn man genau hinschaut, sieht man noch weitere Perithecien, die einen beginnenden Befall zeigen.

Also warum nicht? Unter dem Mikroskop zeigten sich die wohlbekannten, kleinen, braunen Konidien, die ein auffallendes Ornament haben:



Also mal wieder Xanthoriicola physciae, ein wirklich sehr häufiger Parasit an Xanthoria.

Da ich letztes Jahr schönere Fotos gemacht habe, zeige ich die gleich mit. Dieser Fund stammt aus Franken - es war eine gemeinsame Exkursion mit Boris Zurinski in die Fränkische Schweiz. Xanthorricola physciae wächst wirklich überall - jeder kann den finden und per Mikroskop leicht bestätigen.











Xanthoriicola physciae ist übrigens ein Ascomyzet (Dothideomycetes, Ordnung Capnodiales, Familie Teratosphaeriaceae).

Liebe Grüße,
Christoph

Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Christoph

#4
Servus beinand, und gleich nochmal ich  ;)

Ich möchte hier noch der Vollständigkeit halber die Fotos der Athelia arachnoidea aus dem Athelia-centrifuga-Thread hier teils nochmal zeigen, da der Fund ja auch von Xanthoria parietina agg. war.



Der weiße, flockige Bereich oben ist fertil - die Basidien sind zweisporig, was für die Art charakteristisch ist. Die Sporen sind mit 8-11 x 4-5,5 µm relativ groß (bei diesem Fund hier lagen sie im unteren Bereich, also um die 8-9 x 4-5 µm, aber der Fruchtkörper war noch sehr jung und hatte wenig Sporen.

Es gibt noch eine Athelia arachnoidea var. leptospora, deren Sporen 8-10 x 3-3,5 µm groß sind - also viel schmaler und mit einem deutlich höheren Länge-Breite-Quotienten.

Athelia arachnoidea s.str. hat (fast) nur an den Basalhyphen Schnallen, in Bereichen näher am Hymenium fast gar keine Schnallen und an den Basidienbasen absolut keine.

Es gibt aber noch Athelia arachnoidea var. sibirica, die fast überall Schnallen hat, auch an den Basidienbasen. Die Sporen sind etwas größer als bei Ath. arachnoidea s.str.: 9.5-13 x 5-5,5 µm.

Diese beiden Taxa kenne ich aber nicht aus eigener Anschauung. Ich habe die Merkmale aus Jülich W (1972): Monographie der Atheliae (Corticiaceae, Basidiomycetes). Beih. Willdenowia 7: 1-283 zusammengestellt.

Wie ich Nachbarthread schon bescrieben habe, frisst Athelia arachnoidea nur die Algen aus der Xanthoria heraus, was dieser aber kaum gefallen dürfte, denn sie muss dann ja verhungern. Ob sich die ausgezutzelten, knallgelben Thallusbereiche wieder erholen, wenn andere Bereiche noch Algen enthalten, weiß ich nicht. Wäre interessant, das mal zu beobachten. Leider finde ich Athelia arachnoidea (sexuelles Stadium) nicht so häufig. Bei den teils massivem Befall in der asexuellen Form (mit Mikrosklerotien - "Athelia centrifuga") scheint der Thallus zumindest teils abzusterben.

Hier nochmal das reine Myzel, das die Xanthoria spinnwebartig umhüllt, um dann in den Wirt hineinzuwachsen, um die Algen aufzufressen...:



Und hier der ausgezutzelte, knallgelbe Thallus, der nach dem Befall übrig bleibt:



Die Athelia stirbt dann ab, es ist also nur ein kurzfristiges Phänomen, was das Auffinden erschwert.

Und natürlich (hatte ich erst vergessen, daher das nachträgliche Editieren) Illosporiopsis christiansenii, der auf Xanthoria noch mehr Farbnkontrast erzeugt:



Ich bin schon gespannt, was ich noch so alles an Xanthoria finde. Aktuell sind es 8 Arten:

Athelia arachnoidea s.str. (und als Athelia centrifuga - falls das immer konspezifisch ist)
Capronia suijae
Cladosporium macrocarpum
Didymocyrtis epiphyscia
s.l.
Illosporiopsis christiansenii
Lichenoconium xanthoriae
Pyrenochaeta xanthoriae
Xanthoriicola physciae


Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Christoph

#3
Und nochmal ich  :D

Ich kann zwar Themen teilen, aber offenbar keine Themen zusammenführen. Ich habe aber im Thread mit derm Schlüssel der Arten an Xanthoria noch Beschreibungen drin, die ich jetzt hier herüber hole. Es geht dabei eigentlich nur um die drei Funde aus Rothschwaig.

Ich hatte Capronia suijae ja schon im Rothschwaig-Thread vorgestellt. Zusammen mit Lichenoconium xanthoriae und Didymocyrtis epiphyscia s.l. habe ich sie hier publiziert:
Hahn C (2017): Capronia suijae (Erstnachweis für Deutschland) und weitere lichenicole Pilze an Xanthoria. Mycologia Bavarica 18: 97-108.

Die Capronia suijae ist offenbar äußerst selten (von Brackel, pers. Mitt.) und war ein absoluter Anfänger-Glücksfund.

Lichenoconium xanthoriae bildet recht große, schwarze, eingesenkte Pycnidien:



Die Art ist entgegen der Darstellung auf pilze-deutschland sehr häufig und auch gut kartiert. Siehe auch von Brackel (2014) -  Katalog der flechtenbewohnenden Pilze Bayerns (Bibliotheca Lichenologica 109).

Die Kondien sind recht klein, 3-4 x 2,75-3,25 µm (auf Viertel gerundet), braun pigmentiert, dickwandig und werden einzeln an ampullenförmigen Phialiden gebildet.

Die weitere Suche und das Beproben von kleinen Gehäusen erbrachte dann nach der Capronia und dem Lichenoconium xanthoriae den dritten Fund, wieder an einem Perithecium. Hier gestaltet sich die Artbestimmung aber schwierig. Die Gattung ist schnell klar - hyaline Konidien mit einem Öltröpfchen, sodass sie wie kleine Spiegeleier aussehen (der Tropfen liegt asymmetrisch). Sieht irgendwie nach Phoma aus, wurde dann aber zu Didymocyrtis gestellt (nah bei Phoma, eine Phaeosphaeriaceae). Hier gibt es aber an Physcia und Xanthoria dank der Merkmalsarmut kaum unterscheidbare "Mikrospezies", sodass man wohl fast nur genetisch arbeiten kann. Die Konidien sind bei meiner Aufsammlung recht klein und breit: (4,5-)4,75-5,1-5,75 x 3-3,2-3,5 µm, Q = (1,3-)1,4-1,57-1,8

Die Konidienmaße sprechen für Didymocyrtis epiphyscia im weiteren Sinn. Ich habe das in dem Artikel in der Mycol. Bav. ausführlich diskutiert.

LG,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Christoph

Servus beinand,

jetzt kam ich auch dazu, ein Ästchen mit befallener Xanthoria anzuschauen, den ich am 25. Januar quasi bei mir um die Ecke (Holzhausen bei Schöngeising) aufgesammelt habe. Ich fand auch hier Xanthoriicola physciae. Die kugeligen, braunen Konidien sind wirklich sehr typisch, sie sehen aus wie kleine Gastromyzetensporen (nur ohne Pedicellen) - manchmal erkennt man noch die Abbruchstelle, was dann fast wie ein winziger Apiculus aussehen kann.

Die Maße diesmal: 4,5-5,75 x 4,25-5,5 µm.

Hier ein Foto von dieser Kollektion (es waren nur einzelne Apothecien betroffen):



Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Christoph

#1
Liebe PilzfreundInnen,

ich hatte ja schon einen Thread über Pilze an Xanthoria hier gestartet. Allerdings geht es da um den Schlüssel zur Bestimmung der Arten an Xanthoria. Deshalb habe ich diesen neuen Thread gestartet, um Funde an Xanthoria vorzustellen.

Drei Arten habe ich ja in der aktuellen Mycologia Bavarica vorgestellt (Capronia suijae, Lichenoconium xanthoriae und Didymocyrtis epiphyscia s.l.).

Ich hatte am 12. Februar für die ÖMG einen Vortrag zum Thema "Riesenschirmlinge" gehalten. Für die Rückfahrt hatte ich mir schon vorgenommen, einen Stopp einzulegen, um die Donauauen zu besuchen und dort zu sammeln. Meine Wahl fiel auf Melk - dort sind noch recht große Auwälder vorhanden. Und natürlich findet man dort auch befallene Xanthoria. Ich habe einen Ast mitgenommen, der unter der Lupe interessant aussah (schwarze Punkte an der Xanthoria). Zudem war schon makroskopisch (fast) klar, dass hier Xanthoriicola physciae dran ist. Und wenn ein Parasit vorkommt, dann ja oft auch andere.

Ich habe folgende drei Arten schließlich bestimmen können (teils extrem häufig):

Xanthoriicola physciae, Pyrenochaeta xanthoriae und Cladosporium macrocarpum. Leider kann ich keine guten Bino-Fotos machen. Ich habe durch das Okular geknippst, aber man kann ein bisserl was erkennen.

Xanthoriicola physciae wächst so massiv, dass dieser Parasit die Apothecien der Xanthoria schwarz färbt:


Xanthoriicola physciae - die Bildqualität ist suboptimal, aber man kann halbwegs erkennen, wie der Parasit die Apothecien massiv befällt.



Im Mikroskop fallen kleine, kugelige, braune Konidien auf, die ein schönes Ornament besitzen. Es sind grobe Placken, die mich ein bisserl an einen Fußball erinnert hatten. Das Ornament kann aber auch feiner verteilt sein und erinnert mich dann an manche Gastromyzeten. Die Sporen erscheinen etwas unregelmäßig eckig wegen der Ornamentplaques:



Schöne Fotos findet man auch hier: http://www.lichens.lastdragon.org/lichenicolous/Xanthoriicola_physciae.html
Die Anatomie zeigt die Website der Pilze Großbritanniens und Irlands: http://fungi.myspecies.info/taxonomy/term/4243/media (einfach mal durchklicken - auch die anderen Menüpunkte zur Xanthoriicola sind interessant).
Die systematische Stellung war ziemlich lange völlig unklar. Neuerdings stellt man die Gattung in die Ascomyzetenordnung der Capnodiales und hier in die Familie der Teratosphaeriaceae.
Die nächst verwandte Gattung scheint Piedraia zu sein - diese bildet kleine, schwarze Ascomata an menschlichem Haar (P. hortae) und ebenso an Schimpansenhaar (P. quintanilhae). In weiterer naher Verwandtschaft ist die Gattung Friedmanniomyces. Friedmanniomyces endolithicus lebt in (!) Steinen der Antarctis und scheint da wiederum an Flechten zu parasitieren, die auf/in Stein wachsen. All diese Informationen wurden von Ruibal CR, Millanes AM, Hawksworth DL (2011): Molecular phylogenetic studies on the lichenicolous Xanthoriicola physciae reveal Antarctic rock-inhabiting fungi and Piedraia species among closest relatives in the Teratosphaeriaceae. IMA Fungus 2(1): 97-103 puzbliziert.
Die Welt der Pilze ist einfach aberwitzig.
Ach ja, das Artepitheton klingt seltsam, da Xanthoriicola physciae nicht an Physcia vorkommt, sondern nur die Gattung Xanthoria befällt. Die Erklärung ist einfach, da die Gelbflechten früher der Gattung Physcia zugeordnet wurden. Die Fichte war ja auch mal eine Abies...

Was ich dann noch entdeckte, waren recht große Pycnidien mit kräftigen, auffallenden Setae:




Pyrenochaeta xanthoriae - hier ist die Bildqualität noch schlechter als oben, da es um feinere Details geht. Man kann aber die Setae erahnen.

Zunächst war ja nicht klar, ob es nicht Ascomata, also Perithecien sind, aber ohne Asci, dafür mit konidiogenen Zellen ist klar, dass es ein "Coelomyzet" ist:


Den Schreibfehler in der Überschrift bitte ich gedanklich auszubessern ...chaeta statt ...chaete.

Die Konidien sind sehr klein, um 3-4 x 1,5-2 µm. Zusammen mit dem Aufbau des Gehäuses und der Setae ist das ganze leicht bestimmbar: Pyrenochaeta xanthoriae. Auch diese Art ist vermutlich häufig und weit verbreitet. Hier finden sich schöne Fotos und Beschreibung: http://fungi.myspecies.info/all-fungi/pyrenochaeta-xanthoriae

Nebenbei entdeckte ich zudem Cladosporium macrocarpum. Die braunen, wazigen, großen Konidien sind sehr auffällig. Dann bildet sich auch eine dunkle Demarkationslinie in dem befallenen Bereich der Xanthoria, was auch zu erkennen war. Ich habe aber nicht die konidiogenen Zellen gesehen. Cladosporium macrocarpum ist allerdings auch sehr häufig.

Nun, das waren jetzt drei banale Arten, die in sich aber auch interessant sind, wie ich finde. Es lebe die Vielfalt  ;)

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)