Zur Ökologie von Gamundia striatula s.l. / Gamundia pseudoclusilis

Begonnen von Christoph, 11. Februar 2018, 16:55

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Beorn

Hallo, Christoph!

Wenn nur nicht die Krusten am Holz so ablenken würden...
Aber stimmt ja, den wollte ich doch in den Binnendünen um Monnem rum auch mal finden. Hatte ich bisher noch nicht, kommt hier aber sicherlich auch vor.

Was die Ökologie betrifft, da fällt mir ein Fund ein aus dem NSG Itzehoe / Kremperheide vom November 2016. Die waren uns auch deshalb aufgefallen, weil sie wie Arrhenia peltigerina direkt auf Hundsflechten (Peltigera spec.) wuchsen:


Im Mainzer Sand hatte ich zu wenig auf den Untergrund geachtet, beim nächsten Fund (hoffentlich mal hier in der Umgebung) achte ich da genauer drauf.


LG; Pablo.

blacky

Keine Verzehrfreigaben. Alle Beiträge, Auskünfte und Darlegungen sind unverbindlich.

Christoph

#1
Liebe Pilzfreundinnen und -freunde,

manchmal lohnt es sich, wenn man ein bisserl über den Tellerrand schaut und sich nicht zu sehr spezialisiert. Ich habe mich ja von lichenicolen Pilzen begeistern lassen, wobei es sich dabei neben Zitterlingen, Corticioiden meist um diverse, winzige Ascomyzeten und Imperfekte handelt.

Um so überraschter war ich, als ich auf der Seite http://www.lichenicolous.net/ vorbeigeschaut habe. Man muss nur etwas herunterscrollen und findet eine Tabelle über quasi alle (fast alle) lichenicolen Pilze. Und siehe da, unter Basidiomycota / Agaricales fand sich neben der doch sehr bekannten Arrhenia peltigerina (früher Omphalina peltigerina) auch die Gattung Gamundia (auf deutsch werden die manchmal Rußnabelinge genannt, warum auch immer).

Gamundia striatula parasitiere auf Cladonia und Peltigera (druch Fettdruck hervorgehoben, also obligat lichenicol). Zwei weitere Arten der Gattung Gamundia wurden als fakultativ lichenicol (und da als "doubtfully") bezeichnet.

Nun, ich hatte einmal eine sehr reichliche Kollektion von Gamundia striatula s.l. machen können (ich hatte sie als G. pseudoclusilis bestimmt, aber meist wird da alles zusammengeschmissen). Und eine Nachsichtung der Fotos ergab folgenden spannenden Befund:
Sie wuchsen auf einem Grünalgenrasen!


Gamundia pseudoclusilis (= Gamundia striatula s.l.) an einem stark gedüngten Waldrand (und auch auf dem angrenzenden Feld) auf nacktem Boden mit grünem Algenrasen)





Da dachte ich direkt an die Athelien, die ja sowohl auf Flechten als auch direkt auf Algen wachsen können und diese "auffressen". Und jetzt wird es natürlich spannend: Ist Gamundia striatula s.l. obligat auf Algen angewiesen? Was ist dann mit Funden, die nur in der Streu ohne Algen gemacht wurden (wenn richtig bestimmt...). Als Beispiel nehme ich die Fotos auf Pilze-Deutschland: http://www.pilze-deutschland.de/organismen/gamundia-striatula-k%C3%BChner-raithelh-1983 - Peter Karasch hat einen Fund aus dem BayewrWald vorgestellt, wo die Fruchtkörper ohne Algen in der Nadelstreu wuchsen. Wie bei meiner Aufsammlung (Peter K. war da übrigens auch mit dabei) ist es ein Winterfund.

Also ist entweder die Aussage auf lichenicolous.net zu eng gefasst und es ist ein fakultativer Algenfresser, oder die Kleinarten in dem Aggregat um Gamundia striatula s.l. unterscheiden sich in ihrer Trophie.

Falls also jemand zufällig über eine Gamundia stolpert: bitte unbedingt schauen, was im Einzugsbereich des Myzels an potentiellem Substrat vorhanden ist, insbesondere in Richtung Flechten und Algen - und vielleicht versuchen, so eng wie möglich zu bestimmen, um eine mögliche Korrelation der "Kleinart"(?) und der Lebensweise zu überprüfen. Sooo selten ist Gamundia striatula s.l. auch nicht - nur wer sucht im Winter nach trichterlings- bzw. nebalingsartigen Pilzen?

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)