Verantwortungsarten

Begonnen von Christoph, 21. Mai 2014, 20:10

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Peter

ZitatWenn man eine Verantwortungsart gefunden hat, was soll man dann tun? Eine Möglichjeit wäre eine punktgenaue Datenerfassung, um das z.B. an das zuständige Landesamt zu melden. Sind aber häufige Arten dabei, ist die Frage, ob das Landsesamt so viele, genaue Daten davon haben will.

Hallo Zusammen,

aktuell ist das bayerische LfU nach meinem Kenntnisstand nicht an Meldungen häufiger oder verbreiteter Arten interessiert.

Seltene Arten, RL-Arten und/oder V-Arten sind aber sehr willkommen, wenn die Lokalität mit Koordinaten punktgenau (Abweichung max. 50 besser 20-0 m) angegeben wird.

Die Meldungen erfolgen i. d. Regel direkt am eigenen PC offline in PC-ASK und dann als Export.

Derzeit gibt es noch keine Schnittstelle zwischen der DGfM-DB und PC-ASK, aber wir arbeiten gemeinsam mit dem LfU daran.

Danach kann es einen Datenaustausch in beide Richtungen geben, damit die Daten nicht doppelt erfasst werden müssen.

Auch wenn die V-Arten derzeit noch nicht gesetzlich anerkannt sind, kann es ja nach Änderung der politischen Mehrheiten in Europa, D oder BY durchaus schnell gehen.

Und dann haben solche Meldungen sowohl für die Bewertung von Eingriffen als auch für Schutzprojekte eine hohe Relevanz.

Kurz gesagt, wer den amtlichen Natur- und Pilzschutz fördern möchte, sollte seine Funde auch kartieren.

Beste Grüße, Peter








"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Christoph

Servus Andreas,

schön, dich hier wieder zu lesen. Es würde mich natürlich freuen, wenn das öfters der Fall wäre  ;).

Zitatda die Botaniker die Rotbuche als Verantwortungsart definiert haben, sind logischerweise auch ale ausschließlich mit Rotbuche assoziierten Pilzarten V-Arten. Das ist zunächst mal unabhängig von ihrer Häufigkeit und letztlich auch im weltweiten Maßstab zu sehen.

O.k., das ergibt Sinn. Dan wird die Liste vermutlich noch erweitert werden. Hypoxylon fragiforme zum Beispiel kenne ich nur von Buche. Es gibt ja einige monophage Pilze an Buche.


Ich finde es ja gut, wenn die Verantwortungsarten erweitert werden. Ich fand es ja gerade schade, dass bei der allerersten Auswahl z.B. Cortinarien außen vor gelassen wurden. Da gibt es ja wirklich viele Buchenbegleiter.

Die Frage bleibt für mich, was daraus dann aber folgt, bleibt für mich aber weiterhin bestehen. Wenn man eine Verantwortungsart gefunden hat, was soll man dann tun? Eine Möglichjeit wäre eine punktgenaue Datenerfassung, um das z.B. an das zuständige Landesamt zu melden. Sind aber häufige Arten dabei, ist die Frage, ob das Landsesamt so viele, genaue Daten davon haben will. Oder sollen Arten nur dann punktgenau gemeldet werden, wenn sie die Schnittmenge Rote Liste und Verantwortungsart bilden? (bei der ersten Ausweisung sollten ja eher Arten gewählt werden, deren Verbreitungsschwerpunkt nicht in Schutzgebieten liegen - formallogisch unsinnig, aber politisch vorgegeben - wenn auch das jetzt gekippt ist wäre auch das sehr schön)

Was kann Ottonormalpilzfreund- und kartierer tun? Was ist sinnvoll? Oder sind die Verantwortungsarten mehr für größere Projekte wichtig?

Mir schwirrt eben noch die Analogie zu FFH-Zeigerarten durch den Kopf. Pilze wurden bei den FFH-Richtlinien ja nicht berüclsichtigt. Soweit ich es damals mitbekommen hatte, als die erste Liste erstellt wurde, war es ja eine der Ideen, durch die Verantwortungsarten eine Art Ersatzstatus zu bekommen. IN FFH-Gebieten gibt es die Vorschrift, dass der Bestand der Zeigerarten bei Maßnahmen nicht verschlehctert werden darf. Das kann ja nur durch Monitoring geprüft werden. Daher wäre es ja genial, wenn z.B. in Schutzgebieten auch ein Zeigerartenmonitoring finanziert würde.

Das sind so die Gedanken, die ich mit dem Thema assoziieren.

Schade wäre es, wenn eine Liste nur eine Liste wäre, die aber keinerlei Bewandnis hätte. Wenn, wie du schilderst, sie zumindest bei der Schnittmenge mit Rote-Liste-Arten deren Status noch erhärtet, wäre das ja auch noch was. In dem Fall würde ich sehr auf zukünftige Erweiterungen hoffen. Ich denke da an Arten wie Gyromitra sphaerospora, Phellinus pouzarii usw. Hier hat der Nationalpark Bayerischer Wald eine hohe Verantwortung - die würde noch gestützt werden, wenn es zudem Verantwortungsarten sind.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

mollisia

Hallo Christoph,

da die Botaniker die Rotbuche als Verantwortungsart definiert haben, sind logischerweise auch ale ausschließlich mit Rotbuche assoziierten Pilzarten V-Arten. Das ist zunächst mal unabhängig von ihrer Häufigkeit und letztlich auch im weltweiten Maßstab zu sehen. Auch der Rotmilan ist bei uns einer der noch häufigen Greifvögel und dennoch eine V-Art.
Inwieweit diese Allerwelts-Arten dann für Naturschutzbelange in Betracht kommen, das ist natürlich zu hinterfragen. Aber die Kombination "V-Art + Rote-Liste-Status" hat schon eine Aussagekraft. Für Thüringen suche ich gerade aus der Liste der 75 in Thüringen vorkommenden V-Arten diejenigen aus, für die Thüringen speziell eine Verantwortlichkeit übernehmen könnte. Weil einerseits (stark) gefährdet und andererseits mit Schwerpunkt innerhalb Deutschlands in Thüringen. Z. B. Flammulina ononidis. Natürlich siond da Lactarius subdulcis nicht mit dabei. Aber den Kriterien für eine V-Art entsprechen diese Buchen-Mykorrhizapilze eben trotzdem.

LG, Andreas

Christoph

Servus Peter...

ZitatEr wurde im September 2017 bei Olching gefunden und kartiert.

wow, das freut mich ungemein. Danke für die Info!

Es wäre super, wenn du als Zuständiger (Fachausschuss der DGfM) auch auf meine (kritischen) Fragen / Bemerkungen eingehen könntest (hat natürlich Zeit):

ZitatWarum jedoch extrem häufige Arten wir Lactarius blennius oder Lactarius subdulcis gewählt wurden, verstehe ich allerdings nicht (um nur zwei Arten als Beispiel zu nennen). Dann kann man ja alle Buchenmykorrhizapilze auswählen, die einen mitteleuropäischen Verbreitungsschwerpunkt besitzen?!

ZitatWird das Konzept durch banale Allerweltsarten nicht aufgeweicht / entwertet?

ZitatFür mich bleibt die Frage, was das Ganze jetzt nutzt - wofür die Verantwortungsarten verwendet werden können.

ZitatUnd ist es wirklich realistisch, zu glauben, dass auch Allerweltsarten, die in naturfernen Forsten vorkommen (sofern da eine Buche steht) den gleichen Status wie FFH-Leitarten (die wertvolle Biozönosen anzeigen sollen) erhalten können?

ZitatAusgewiesen ist die Liste schon länger. Ob sich was dadurch getan hat?

Andreas erklärte ja:
ZitatEs hat uns genau genommen beauftragt, unter allen möglichen Verantwortungsarten die Arten herauszufiltern und ausführlich vorzustellen, die den ZUSÄTZLICHEN Kriterien entsprechen, und denen deshalb Projektmittel aus dem Topf Verantwortungsarten zustehen.

Weißt du, was das bedeutet, dass diesen 19 Arten Projektmittel aus dem Topf Verantwortungsarten zustehen? Gibt/gab es Projekte für diese 19 Arten? Oder ging es nur um die Finanzierung der Autoren des Beiheftes?
Gibt es für die neu ausgewiesenen Arten jetzt keine Projektmittel?

Und zu guter Letzt als konkrete Frage: was sollen/können Kartierer in Bayern nun tun, wenn sie Verantwortungsarten wie Lactarius blennius oder Lyophyllum favrei finden? Sollte jeder Fundpunkt von Lactarius blennius an das LfU gemeldet werden?

Liebe Grüße,
Christoph
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Peter

ZitatWas das Lyophyllum angeht, verweise ich wohl lieber nicht auf den Status als Verantwortungsart, sondern direkt darauf, dass es das einzige, in Deutschland bekannt Myzel der Art ist (bzw. die einzigen zwei - es gibt in Tutzing zwei nahe Myzelien) - das erscheint mir griffiger.

Das ist Geschichte ;D http://brd.pilzkartierung.de/bwsqlart.php?csuchsatz=mgp

Er wurde im September 2017 bei Olching gefunden und kartiert.

BG, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Christoph

#12
Hallo zusammen,

die Liste der Verantwortungsarten wurde schließlich doch stark erweitert. Auf der Website der DGfM kann man sie lesen: https://www.dgfm-ev.de/naturschutz-und-kartierung/verantwortungsarten

Ich habe die Liste jetzt nicht durchgezählt, aber man findet nun diverse Buchenwaldarten, aber auch Tannenbegleiter. Warum wir nur für eine Stachelbartart Verantwortung tragen, weiß ich nicht (Hericium coralloides), aber die Ausweitung der Liste ist sicher sinnvoll, sofern diese Arten auch in irgendeiner Form im Naturschutz zum tragen kommen sollten.

Warum jedoch extrem häufige Arten wir Lactarius blennius oder Lactarius subdulcis gewählt wurden, verstehe ich allerdings nicht (um nur zwei Arten als Beispiel zu nennen). Dann kann man ja alle Buchenmykorrhizapilze auswählen, die einen mitteleuropäischen Verbretiungsschwerpunkt besitzen?!

"Lyophyllum" favrei ist nun auch auf der Liste, was mich natürlich freut. Der von mir publizierte Fundpunkt in Tutzing aus den 90er Jahren ist immer noch das einzig bekannte Vorkommen in Deutschland. Die Art ist aber in der Schweiz flussbegleitend verbreitet (und die Schweiz hat die größte Verantwortung für sie und nimmt sie m.W. auch wahr). So sehr mir die Auswahl dieser Art gefällt, weiß ich nicht, ob sie begründet ist.

Eine andere Frage, die sich mir aufdrängt, ist, was man nun wirklich konkret tun soll/kann?

Ich habe mich beispielsweise selbstredend bemüht, den Fundort von Lyophyllum favrei (genauso wie von Hydnellum geogenium in Tutzing, aber keine Verantwortungsart) zu melden und schützen zu lassen.  Jetzt, wo zumindest der Rasling eine Verantwortungsart ist, könnte man es offizieller machen?!

Oder ist das eher nicht möglich, da durch andere Verantwortungsarten ja quasi jeder Buchenbestand solche Arten aufweist. Wird das Konzept durch banale Allerweltsarten nicht aufgeweicht / entwertet?

ZitatEs wird eine zukünftigen Roten-Liste-Bearbeitung überlassen sein, eine zusätzliche Spalte "Verantwortung" einzufügen, und alle Taxa auf die deutsche Verantwortlichkeit hin einzustufen. Ich denke, dass dabei mehrere hundert Arten herauskämen, aber dass dies auch eine irrsinnge Arbeit bedarf (alleine die Ermittlung des prozentualen Anteils am Weltareal!!).

Andreas hat es genau so beschrieben, wie es eingetreten ist (nur die Zahl ist geringer geworden).

Für mich bleibt die Frage, was das Ganze jetzt nutzt - wofür die Verantwortungsarten verwendet werden können.

ZitatNatürlich sind so Arten wie Königs-Röhrling oder wohl auch Herkules-Keule ebenfalls Verantwortungsarten für Deutschland, aber sie entsprachen eben nicht den zusätzlichen Kriterien

Ersterer hat es auf die neue Liste geschafft, die Herkuleskeule nicht.

Ich sehe die Erweiterung der Liste mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Die nur 19 Arten fand ich seltsam, was ich ja auch vor ein paar Jahren zum Ausdruck brachte. Die Erweiterung der Liste begrüße ich daher natürlich - auch wenn ich nicht verstehe, warum so wenig Holzbewohner dabei sind. Dass aber Arten wie "Phellinus" pouzarii, der weltweit so selten ist, dass das Vorkommen im Bayerischen Wald allein eine hohe Verantwortung für die Art beinhaltet, fehlt, während Lactarius subdulcis und Lactarius blennius auf der Liste sind, kann ich fachlich nicht verstehen (und weitere, sehr häufige Arten).

Ich hatte immer gehofft, dass man das Manko, dass kein Pilz als FFH-Art anerkannt wurde, über die Verantwortungsarten ausgleichen kann. Offenbar war ich hier immer schon auf dem falschen Dampfer.

Ich zitiere aus der DGfM-Website:

Zitat2014 wurden im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) die ersten 19 Großpilze als Verantwortungsarten publiziert. Weitere Arten wurden 2016 in der neuen Roten Liste der Großpilze Deutschlands ausgewiesen. Sie könn(t)en in Deutschland naturschutzrechtlich den FFH-Arten gleichgestellt werden.

Ist das, was ich hervorgehoben habe, geplant? Oder können sie es? Und ist es wirklich realistisch, zu glauben, dass auch Allerweltsarten, die in naturfernen Forsten vorkommen (sofern da eine Buche steht) den gleichen Status wie FFH-Leitarten (die wertvolle Biozönosen anzeigen sollen) erhalten können?

Ich bin gespannt. Ausgewiesen ist die Liste schon länger. Ob sich was dadurch getan hat? Ich erkenne es jedenfalls nicht.

Schade irgendwie.

Was das Lyophyllum angeht, verweise ich wohl lieber nicht auf den Status als Verantwortungsart, sondern direkt darauf, dass es das einzige, in Deutschland bekannt Myzel der Art ist (bzw. die einzigen zwei - es gibt in Tutzing zwei nahe Myzelien) - das erscheint mir griffiger.

Liebe Grüße,
Christoph

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Christoph

#11
Hallo Andreas,

vielen Dank, dass Du hier bereit stehst, genauere Informationen zum Auswahlprozess und zu den Vorgaben des BfN zu machen. Für die Leser des Beiheftes sind diese Informationen sehr wertvoll, wie ich finde, da nur so verständlich gemacht werden kann, weshalb genau diese Arten ausgewählt wurden.

Zitathier werden zwei Dinge bezüglich der Verantwortungsarten durcheinander geworfen:

Ich hoffe, Du hast hier Verständnis mit den Lesern bzw. mit mir, der aus Neugierde nachakt. Was Du uns hier erläuterst, finde ich im Beiheft nicht in dieser Form. Würde der Auswahkprozess so erklärt werden, dass man als Leser ohne Hintergrundwissen das nachvollziehen kann, wäre es viel leichter, keine Fehlschlüsse zu ziehen.

Ich zitiere aus dem Beiheft (S. 11, zweiter Absatz):
Zitat*) Im Laufe des Auswahlverfahrens der 19 Großpilzarten wurden von M. Lüderitz und A. Gminder alle in Frage kommenden heimischen Großpilzarten auf ihre mögliche Verantwortlichkeit geprüft.

Dies kam direkt unter der ersten Erklärung, in der ein * markiert war. Der zitierte Satz war nicht in einer Fußnote.

Vorher liest man (S. 10 Ende bis S. 11 Anfang):
ZitatDie Einstufung der 19 ausgewählten Pilzarten zur Verantwortung Deutschlands für deren globale Erhaltung erfolgte durch M. Lüderitz und A. Gminder nach dem Einstufungsschema für Verantwortungsarten von Ludwig & Schnittler (2007). Sie erfolgte zunächst provisorisch (im Rahmen einer unveröffentlichten Liste)* und wird mit der vorliegenden Arbeit offiziell veröffentlicht. Grundlagen für die Einschätzung der 19 Arten haben auch die DGfM-Landeskoordinatoren mit ihren jeweiligen regionalen Einschätzungen der Arten zugeliefert bzw. weitere Experten im In- und Ausland mit ihren europaweiten und globalen Arealeinschätzungen.

Hier sieht man, wo das Sternchen steht.

Ich kenne (wie wohl die meisten Leser des Beiheftes) die Publikation von Ludwig & Schnittler nicht. Insofern fällt es sehr schwer, etwas aus diesen Zeilen herauszuziehen, was konkret wäre. Ich gebe zu, dass ich es so gelesen habe, dass ihr alle in Frage kommenden heimischen Großpilzarten auf ihre mögliche Verantwortung geprüft habt (wie im Sternsatz geschrieben). Und dass dann eben 19 Arten dabei rauskamen. Wenn ihr aber alle geprüft habt, was ja eine Monsteraufgabe ist/wäre, und es werden also nur 19 ausgewählt, dann liegt der Schluss meines Erachtens sehr nahe, dass nur diese 19 Arten geeignet wären. Zumal man ja nicht wissen kann, wie das Einstufungsschema des BfN aussieht.

Deshalb finde ich Deine Erläuterungen so wichtig, da man jetzt besser nachvollziehen kann, wie es zur Auswahl kam.

Die Aussage "weitere Experten im In- und Ausland" ist auch sehr vage, finde ich. Natürlich findet man in der Danksagung Namensnennungen. Ich hätte hier mehr Gattungsspezailisten erwartet, da diese oft  genauere Aussagen als Allrounder (z. B. Landeskoordinatoren) treffen können.  Du schreibst, dass die Landeskoordinatoren aufgerufen waren, weitere Vorschläge zu machen und da dann nicht viel kam. Und so hatte ich es auch in Erinnerung. Zusammen mit den obigen Aussagen zur Prüfung aller möglichen Arten klingt das halt ein bisserl willkürlich.

Aber wie dem auch sei, jetzt klingt es zumindest für mich klarer. Es gibt viele Arten, für die Deutschland eine besondere Verantwortung hat. Nur fallen die meisten durch das Raster des BfN, da neben der Verantwortlichkeit, die ja dem Namen nach das Hauptkriterium sein sollte, vor allem andere Gesichtspunkte wichtig sind. So wie ja erklärt, Areale außerhalb von Schutzgebieten, keine Lebensräume, die durch FFH schon getroffen werden, Bambi-Effekt (Schönheit) usw.

Ich kann immer nur betonen, dass wir froh sein können, dass überhaupt Pilze im Vertragsnaturschutz nun Beachtung finden werden. Und dazu kann ich auch immer nur betonen, dass es von Euch beiden Autoren eine wichtige Arbeit ist, die ihr da gemacht habt.

Dass ich es etwas schade finde, dass in der Einleitung der Auswahlprozess sehr kryptisch beschrieben wird, ist da ein ganz anderes Thema. Das betrifft ja den Kern des Beiheftes, nämlich die Artenliste, die jetzt publiziert ist, nicht.

Was mich auch aus reiner Neugierde interessiert: Ich kenne den Fundort von Haasiella venustissima an der Salzach, den ihr auch eigens erwähnt. Wie kommt ihr darauf, dass der Pilz durch Angler / Fischer gefährdet ist? Der normale Angler geht auf den Schotterwegen zur Salzach, setzt sich an das befestigte Ufer und angelt. Die Haasiella kommt in den weiter hinten gelegenen Auen vor, die von den Anglern gar nicht betroffen sind. Die größte Gefahr für diesen Pilz (in Bayern, da dies der einizige Fundort ist), ist die Zerstörung des Habitats durch das schon lange geplante Salzachkraftwerk. Dann wäre der Fundort überflutet (Stausee ist geplant). Ich kenne ein zweites, großes Vorkommen in der Nähe von Stuttgart und erkenne auch dort keine Gefährdung durch Angler / Fischerei. Das ist jetzt natürlich nur ein kleines Detail, aber es gibt unter uns Pilzfreunden ja auch Angler, die sicherlich nicht gerne lesen, dass sie für die Gefährdug seltener Pilzarten mitverantwortlich sind.

Ich vermute, dass das Kriterium Fischerei auch von BfN vorgegeben wurde und hier bei gewässernahen Arten (bzw. Vorkommen der Arten) automatisch dort das Kreuzerl gemacht werden soll / muss?! Ich bin zwar kein Angler und damit nicht betroffen, aber ich verstehe nicht, dass dieses Kriterium gleichberechtigt neben Landwirtschaft / Forst / Eingriffen in die Biotope (wie das geplnate Kraftwerk) in der Tabelle bei jeder Art steht. Wie gesagt, vermute ich, dass auch das nur bei Kenntnis der BfN-Vorgaben verständlich ist.

Also nochmal: Vielen Dank, Andreas, dass Du uns hier mit Zusatzinfos versorgst. Ich hoffe, du nimmst mir mein Nachfragen nicht krumm. Es ist ja nicht bös gemeint, sondern beruht auf Neugierde und verstehen Wollen. nd ich habe zumindest das Gefühl, dass jetzt Vieles deutlich klarer wird.

LG
Christoph

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mollisia

Hallo,

hier werden zwei Dinge bezüglich der Verantwortungsarten durcheinander geworfen:

1. Was sind ganz generell Verantwortungsarten für ein Land (konkret Deutschland):
Das habe ich oben stehend erklärt, bevor es zum ABER kommt.

2. Womit hat uns das BfN beauftragt?
Es hat uns genau genommen beauftragt, unter allen möglichen Verantwortungsarten die Arten herauszufiltern und ausführlich vorzustellen, die den ZUSÄTZLICHEN Kriterien entsprechen, und denen deshalb Projektmittel aus dem Topf Verantwortungsarten zustehen. Die Zusatzkriterien kommen nach dem  ABER

Keiner behauptet, dass es in Deutschland nur 19 Verantwortungsarten gibt! Aber die Auswahl für den Fördertopf Verantwortungsarten musste all diesen Kriterien entsprechen, und daher mussten leider die Verantwortungsarten Cortinarius elegantissimus, Boletus regius, Hericium coralloides und was noch alles eben gestrichen werden.
Würde man den Einstufungsprozess für verantwortungsarten über alle Pilzarten Deutschlands laufen lassen, dann kämen da bestimmt mehrere 100 Arten zusammen. Auch die gerade genannten. Aber wir konnten Sie nicht für das Förderprojekt Verantwortungsarten nehmen!

Wir (in erster Linie Matthias) begannen also von der Biotopseite her, Arten auszuwählen. Arten die einerseits in der Roten Liste stehen, andererseits in Biotopen schwerpunktmäßig vorkommen, die nicht FFH und NSG-Gesetze tangieren. Weidengebüsche, Erlenbrüche, Weide.Grasland, mesophiles Grasland - arg viel mehr gibt's da nicht. alles was da in Frage kam wurde daraufhin gecheckt, ob die Arten nur in Europa vorkommen (sonst wird es mit dem Areal bzw. dem Anteil an der Weltpopulation schwierig). Danach ob eine Betroffenheit durch irgendjemanden feststellbar ist (kann man jemandem die Schuld für den Rückgang in die Schuhe schieben? Was zumeist problemlos möglich war). Weitere Bedingung war, dass die Arten "einfach" zu bestimmen sein müssen, am besten im Feld ansprechbar sind. Weitere positive Eigenschaften waren mögliche Funktion als Signalart für hochwertige Biotope, ferner ob die Art auch "optisch was her macht".

Alle Landeskoordinatoren waren aufgerufen, eigene Vorschläge noch mit einzubringen. Nicht gerade überraschenderweise kam da nicht mehr viel, denn sooo viele Pilze, die all diesen Kriterien entsprechen, gibt es dann doch nicht.

Aber nochmal: Natürlich hat Deutschland viel mehr Verantwortungsarten - aber für dieses Projekt waren wir letztlich froh, so viele geeignete Kandidaten gefunden zu haben (eigentlich sollten es ja nur 8 sein ....).

beste Grüße,
Andreas

Christoph

#9
Servus Andreas,

danke für die Zusammenfassung  :). Genau so eine klare, deutliche Erklärung vermisse ich im Beiheft selbst. Schön, wenn das dann so im Nachhinein geklärt werden kann. Bei der Hauptversammlung, auf die Du anspielst, war ich aufgrund der Versammlungsleitung, den vielen Satzungsänderungsanträgen und der Wahlleitung geistig ziemlich beansprucht, weshalb wohl manches nicht hängen blieb. Die Kriterien des BfN sind mir ehrlich gesagt nicht ganz schlüssig, wofür Du natürlich nichts kannst.

@Peter:
Schön, dass Du in Deiner Funktion als Landeskoordinator in Bayern zu Wort meldest. Du hattest Dich ja aufgrund Deiner mykologischen Feldarbeiten bis Pfingsten quasi (intern) abgemeldet, weshalb ich helfend einspringen wollte. Und genau darum ging es mir auch, nämlich dass die Verantwortungsarten möglichst punktgenau kartiert werden sollten:

ZitatDamit diese Arten vertretend für alle Pilze von den Behörden beachtet werden, bedeutet das, dass Fundpunkte möglichst punktgenau erfasst werden sollten und in Bayern dem Landesamt für Umweltschutz gemeldet werden sollten. Das betrifft auch bekannte Funde, die bislang nur grob aus Quadrantenebene erfasst wurden. Sind die Fundpunkte bekannt, so sollten sie so genau wie möglich erfasst werden.

Das genaue Procedere hingegen sollte unseren Mitgliedern (und auch allen Pilzfreunden) nach Möglichkeit erläutert werden. Wenn es so ist, dass die DGfM wünscht, dass dies primär über die LK laufen soll, dann ist das für uns ja o.k., da Bayern ja einen solchen besitzt (in Deiner Person). Damit das gut machbar ist, wäre eine Möglichkeit, dass Kartierer z. B. über Google Earth den genauen Punkt des Ortes markieren (Bildschirmfoto, Kreuzerl als Beispiel) oder sind die Koordinaten, die Google Earth ausspuckt, genau genug? MTB 64tel erscheint mir dann doch noch etwas grob, da ich meinte, mich zu erinnern, dass die Landesämter wirklich exakte Fundpunkte wünschen. Eine Straße, die z. B. durch ein Biotop gebaut werden soll, wird ja auch meergenau geplant.

Da ich die Pilze im Vertragsnaturschutz sehr begrüße, versuche ich natürlich, hier aktiv zu werden. Die Saison startet, das Beiheft ist veröffentlicht... Also kein Grund, dass Du Dir irgendwie auf den Schlips getreten fühlen musst.

ZitatSo habe ich in meinem Ordner "Verantwortungsarten" eine Datei vom 02. März 2011 mit der persönlichen Einschätzung von Christoph Hahn zur Vorauswahl der Verantwortungsarten. Daher kann ich mich hier über solche Aussagen nur etwas wundern.

Vermutlich beziehst Du Dich mit dem Plural allgemein auf meine Hoffnung, dass die 19 Arten auf breiter Basis erstellt wurde. Klar, mir wurde damals eine Vorauswahl geschickt (und sicher auch anderen Mykologen in Deutschland). Das heißt aber nicht, dass der gesamte Entscheidungsprozess transparent verlaufen ist (das muss er auch nicht oft geht das gar nicht).

Ich habe mir die Datei vom März 2011 gerade nochmal angesehen. Ich hatte damals eine Vorauswahl von Arten erhalten und sollte diese kommentieren. So habe ich beispielsweise Hericium erinaceus als sehr gute Wahl bestätigt (wie auch die beiden Autoren es eingeschätzt haben) oder von Boletus regius abgeraten, da die Art in Italien verbreitet ist und Deutschland keine besondere Verantwortung für diese Art hat. Cantharellus melanoxeros s.str. oder Cortinarius elegantissimus hatte ich ebenfalls empfohlen. Wenn jetzt der Eindruck entstehen sollte, dass ich quasi verstimmt bin, weil diese Arten nicht erscheinen, kann ich nur sagen - nein, überhaupt nicht. Ich bleibe in Publikationen nur bei Aussagen wie "Wir haben alle in Frage kommenden Arten einzeln geprüft" hängen und wage, das bei der Pilzartenzahl in Deutschland zu bezweifeln. Bei zwei Autoren kann man mal schauen, wie viele Arten man wirklich ausführlich pro Zeiteinheit (Tag, Woche...) prüfen kann, wenn man nebenher auch noch andere Dinge wie Beruf, Leben etc. im Griff haben muss. Zudem haben natürlich die Autoren den Hut auf und sind am besten in die Kriterien eingearbeitet. Insofern ist das auch völlig o.k., wenn sie am Ene die Entscheidung fällen (unabhängig davon, ob alle oder viele Arten geprüft wurden).
Wenn nun 2011 Experten in einem späten Stadium befragt werden und 2014 die Publikation erfolgt, dann liegen ein paar Jahre dazwischen. Wenn dann im Beiheft die Auswahlkriterien nicht gerade ausführlich erläutert werden (meines Erachtens), dann frage ich halt nach. Und siehe da, manches klärt sich. Und damit keine falschen Schlüsse gezogen werden: in der Datei, die mir vorlag, wurden die Kriterien nur sehr grob erläutert. Mir war es also nicht so bewusst, wie Andreas es erklärt hat. Damals waren ja auch noch Buchenbegleiter, Tannenbegleiter, Totholzarten etc. in der Diskussion, die jetzt alle fehlen.

Wie gesagt, das Konzept der Verantwortung eines Landes bezüglich des Fortbestands einer Art wird, wie ich finde, unverständlich, wenn Kriterien wie "kommt zu über 60% in Schutzgebieten vor" herangezogen wird. Wie schnell in Deutschland respektive Bayern ein Schutzgebiet wieder seinen Status verliert, sehen wir ja live im Steigerwald. Da sehe ich beim BfN eine gewisse Fehlinterpretation in der Sicherheit heimischer Schutzgebieten.

In diesem Sinne mit besten Grüßen
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Peter

ZitatDoch das ist im Moment eben so und auch nicht mehr zu ändern. Ich hoffe, die beiden Autoren haben eine gute Wahl getroffen (wobei ich schon hoffe, dass die reine Auswahl auch über Miteinbezug anderer Experten erfolgte).

Wir leben ja (leider wie ich finde) in einer Zeit, in der vielfach Schnelligkeit vor Gründlichkeit zu gehen scheint.
Bei den Verantwortungsarten war das aber anders. Es war genug Zeit und alles Notwenige wurde frühzeitig an die Experten kommuniziert. Jeder konnte sich nach seinem Bemessen in die Entscheidungsprozesse einbringen. So habe ich in meinem Ordner "Verantwortungsarten" eine Datei vom 02. März 2011 mit der persönlichen Einschätzung von Christoph Hahn zur Vorauswahl der Verantwortungsarten. Daher kann ich mich hier über solche Aussagen nur etwas wundern.

Beste Grüße, Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

Peter

Hallo Zusammen,

vielen Dank Andreas für deine Erklärungen zur BfN-Definition von Verantwortungsarten bei Pilzen.

ZitatDie BMG wird aber auf alle Fälle beim BfN anfragen, wie die Dateneingabe erfolgen soll und kann. Da das Beiheft gerade druckfrisch ist, braucht es vermutlich ohnein noch etwas an Zeit, bis die Liste offiziell greift.

Hier muss ich leider eine Fehlinterpretation zurecht rücken und alle Kartierer bitten, ja nach Bundesland mit ihren DGfM-Landeskoordinatoren (s. www.dgfm-ev.de) Kontakt aufzunehmen . Diese werden über den FA Funga bzw. auf den regelmäßigen Treffen und in Rundbriefen informiert.

Meldungen von Verantwortungsarten sind an die jeweiligen Landesämter zu richten und zwar am Besten gebündelt über die Landeskoordinatoren. So schnell wie Christoph das hier suggeriert, geht es nun auch wieder nicht. 
In Bayern gibt es z. B. ein eigenes Programm (PC-ASK= Artenschutzkartierung). Dort werden die Funddaten möglichst genau den Biotopen bzw. Flurstücken zugeordnet. Nur damit kann ein amtlicher Naturschutz etwas anfangen, also im Endeffekt bei Eingriffs-Ausgleichsregelungen  berücksichtigen. 

Das Programm ist speziell auf die amtlichen Bedürfnisse ausgerichtet und benötigt eine Einarbeitung.
Daher macht es wenig Sinn, wenn sich da Dutzende Naturfreunde einarbeiten, um Dreimal im Jahr ein paar Arten zu melden.
Kartiert werden kann wie bisher über Online-Kartierung bzw. Mykis offline mit jährlichem Export an die LK.
Bei Arten, die für den Naturschutz relevant sind oder sein könnten, sollte dies wie oben erwähnt, so genau wie möglich erfolgen. Also Koordinaten bzw. MTB 64stel mit Angabe von Ldkrs./Gd./Gebietsbezeichnung.


Schöne Grüße und eine erfolgreiche Saison mit vielen Verantwortungsarten,

Peter
"Seit Millionen Jahren haben unzählige Organismen auf unserer Erde gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Mensch."

mollisia

Hallo,

tja, Christoph, genau deshalb hatte ich an der Mitgliederversammlung in Mainz kurz über das Beiheft berichtet und vor allem wie diese 19 Arten zustande kamen. Du scheinst da gerade nicht da gewesen zu sein?  :P

Verantwortungsarten generell werden über drei Kriterien definiert:
1. Anteil am Weltareal
2. Lage des Areals (im Arealzentrum, im Hauptareal oder Randlage)
3. Weltweite Gefährdung der Art

Man kann etwas vereinfacht sagen:
- Je größer der Anteil der deutschen Populationen am Weltareal, desto unerheblicher ist es, wie stark die Art weltweit gefährdet ist
- Je stärker die Art weltweit gefährdet ist, desto unerheblicher ist der mengenmäßige deutsche Anteil an der Weltpopulation

Damit ist klar, dass z. B. (nahezu) sämtliche obligat an die Rot-Buche gebundenen Arten zwangsläufig Verantwortungsarten für Deutschland sein müssen, da 70% der Rotbuchenwälder weltweit in Deutschland liegen.

ABER!!!!

Für das vom BfN ausgeschrieben Projekt "Verantwortungsarten" gelten noch zusätzliche Kriterien:
1. Die ausgewählte Art darf NICHT bereits durch die FFH-Richtlinien gefördert sein, noch dürfen ihre Vorkommen mehrheitlich in Schutzgebieten liegen (max. 60% ist der Grenzwert)
2. Die Arten müssen in der Roten Liste in Kategorie "1", "2" oder "3" stehen, nicht aber in "G"
3. Es muss eine Befindlichkeit gegenüber bestimmten Verursachern vorliegen, also gegenüber Land- oder Forstwirtshcaft, Fischerei, Straßen- oder Städtebau. Einfach nur "die Art ist rückläufig, wir wissen aber nicht warum" geht nicht!

Insbesondere der erste Zusatzfaktor "nicht durch FFH und NSG abgedeckt" hat uns sämtliche Buchenwaldarten gekostet, denn alle Buchenwälder sind in der FFH-Kulisse enthalten! Auch alle Halbtrockenrasen z. B.

Insofern war die Auswahl der Arten relativ schwierig. Zudem hatten wir als Vorgabe, dass wir 8 Arten auswählen dürfen. Deren Steckbrieferstellung ja dann auch durch das BfN finanziert wird. Wir haben dann dem BfN gegenüber letztlich eine Erhöhung durchsetzen können, unter der Maßgabe, dass es dadurch für das BfN nicht teurer wird ....

Natürlich sind so Arten wie Königs-Röhrling oder wohl auch Herkules-Keule ebenfalls Verantwortungsarten für Deutschland, aber sie entsprachen eben nicht den zusätzlichen Kriterien

Es wird eine zukünftigen Roten-Liste-Bearbeitung überlassen sein, eine zusätzliche Spalte "Verantwortung" einzufügen, und alle Taxa auf die deutsche Verantwortlichkeit hin einzustufen. Ich denke, dass dabei mehrere hundert Arten herauskämen, aber dass dies auch eine irrsinnge Arbeit bedarf (alleine die Ermittlung des prozentualen Anteils am Weltareal!!).
Ich denke sowieso, aber durch die Verantwortlichkeit mehr denn je, dass die Zukunft der Roten Liste der Pilze in eine Splittung in viele taxonomischen Gruppen sein wird, also eine Rote Liste der Röhrlinge, eine Rote Liste der Täublinge und Milchlinge, etc. Die Insektenleute machen das schon lange so, und es meiner Meinung nach einfach nicht anders machbar, eine Rote Liste als Checkliste und mit Einstufung zur Verantwortlichkeit zu erstellen.

beste Grüße,
Andreas

Christoph

Servus Pablo,

es wäre auch kaum sinnvoll, jedes jahr neue Arten nachzumelden. Ich glaube auch nicht, dass das anerkannt werden würde. Es sollte aber doch die Möglichkeit geben, z. B. in 10 Jahren eine erneute Prüfung durchzuführen. Wenn ich aber lese, Autoren hätten alle in Frage kommenden Arten geprüft, dabei aber nur auf unpublizierte, also kryptische Quellen, hinweisen, streuben sich mir rein fachlich gesehen die Nackenhaare.

Würden die Auswahlkriterien ausführlich erklärt werden, könnte man sich zumindest selbst ein Bild machen, aber auch das geschieht nicht.

Sehr schön finde ich am Beiheft die Aufmachung, die Steckbriefe und das dadurch in den Mittelpunkt Rücken der 19 Arten. Inhaltlich gibt es m. E. einige Punkte für Kritik, aber wer nichts tut, der macht auch keine Fehler. Das Beiheft ist sehr wichtig und es ist gut, dass es publiziert wurde. Deshalb möchte ich hier in diesem Thread auch mehr auf die positiven Seiten hinweisen und dafür werben, Fundpunkte an die Behörden (in Bayern das LfU in Augsburg) zu melden. Peter Karasch wird hierzu sicherlich noch etwas schreiben, da er als LK der DGfM und Mitglied des Fachausschusses Funga der DGfM genau dafür zuständig ist. Im DGfM-Forum schrieb er bereits, dass ein Manual für Kartierer in Vorbereitung sei.

Botryobasidium kommt übrigens als Verantwortungd nicht in Frage, da die Arten die Voraussetzung erfüllen müssen, leicht bestimmbar zu sein (am besten mit makroskopischer Erkennbarkeit). Das hat zwar keinerlei kausalen Zusammenhang mit einer Verantwortlichkeit, ist aber wohk genau so festgelegt worden (von Behördenseite). Ich vermute, weil die Arten ja auf wertvolle Biotope hinweisen sollen, die so mit geschützt werden können. Wie gesagt, ich vermisse Arten (oder nur eine...), die mächtiges Totholz benötigen und somit nur durch Biotopschutz zu erhalten sind - und dadurch vielen anderen Arten den (Mit)Schutz sichern würden. Antrodiella citrinella wäre hier prädestiniert. Es gibt aber sicherlich weitere Porlinge. Oder eine Art wie Pholiota squarrosoides.

Doch das ist im Moment eben so und auch nicht mehr zu ändern. Ich hoffe, die beiden Autoren haben eine gute Wahl getroffen (wobei ich schon hoffe, dass die reine Auswahl auch über Miteinbezug anderer Experten erfolgte). Jetzt haben wir 19 Arten, die konkret punktgenau kartiert werden sollen. Packen wir's an. Einige davon kommen auch in Bayern vor.

LG
Christoph

Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Beorn

Hallo, Christoph!

Ja, das liest sich mal etwas problematisch.
Mir fehlt zwar Wissen und Erfahrung, um das nun einschätzen zu können (ich arbeite noch dran), aber es ist schon schade, einen so guten Ansatz dann abzublocken und zu sagen: "Das war's, mehr kommt nicht."
"Alle heimischen Großpilzarten geprüft" ... das klingt schon sehr ambitioniert. Vielleicht gar ein wenig abenteuerlich.
Was haben wir denn für "umfangreiche" Daten von - sagen wir: Botryobasidium robustius für Deutschland?
Und von wem (außer vielleicht von dir und von Frank)?

Also wie auch immer: Ein wenig Skepsis hilft ja auch, am Ball zu bleiben und weiter zu machen.
Und daß nicht jedes Jahr 20 neue Verantwortungsarten dazu kommen müssen, ist auch nicht schlimm. Man muss ja auch weder die Behörden noch die Pilzfreunde überfordern.


LG, Pablo.

Christoph

Hallo Pablo,

die 19 Arten gelten bundesweit, insofern sind alle Landesämter zuständig. Ich weiß nicht, wie lange es dauert, bis die Landesämter die 19 Arten annehmen und entsprechend Daten sammeln, aber eigentlich müsste das sehr rasch gehen.

ZitatAuch wenn ich mir vorstellen kann, daß es noch weit mehr Arten gibt, die eine Aufnahme in die Liste "verdient" hätten

Ja, denke ich auch. Leider haben die Autoren im Beiheft nicht erklärt, wie die Auswahl stattfand, welche Kriterien herangezogen werden - jedenfalls nicht explizit. Es wird allerdings - und das halte ich für mehr als nur bedenklich - geschrieben, dass alle (!) heimischen, in Frage kommenden Großpilze (!) einzeln von ihnen geprüft worden seien und nur die 19 übrig geblieben wären. Wenn die Passage enrst genommen wird, kann niemals mehr eine weitere Art nachgemeldet werden. Ich hoffe, dass die Aussage in ein paar Jahren selbst verjährt ist.

Ich vermisse beispielsweise Arten, die an mächtigem Totholz wachsen - also Naturnähezeiger bzw. Zeiger von Waldstandorttradition und ausbleibender Nutzung. Konkret fällt mir z. B. Antrodiella citrinella ein. Deutschland hat vermutlich die größte Population Europas (im Bayerischen Wald) und trägt damit große Verantwortung. In Tschechien ist die Art bereits selten.

Ich sehe viele Rötlinge, aber keinen Porling.

Da über die Auswahl nichts verlautet wird, kann ich aber die Gründe nicht annähernd abschätzen. Nichtsdestotrotz haben wir jetzt zumindest 19 Verantwortungsarten und damit kommen eben endlich auch die Pilze in den Genuss des Vertragsnaturschutzes (zumindest diese 19). Und das ist der erste, große und wichtige Schritt. Hoffen wir, dass die Autoren nicht gleichzeitig eine mögliche Erweiterung selbst beerdigt haben.

LG
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
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